OmNamahOm hat geschrieben: ↑20. Apr 2024, 06:34
Trotzdem würde ich hier gerne über Erfahrungen lesen, in denen Isomatten auf dem/den Camino/s zum Einsatz gekommen sind. Vielleicht ist ja auch die ein oder andere herzerwärmende Anekdote dabei.
Naja, und wenn ich es schon anspreche, dann kann ich ja auch meine Erfahrung(en) teilen:
Perspektive 1: Auf meinem CF 2013 von SJPdP nach Fisterra habe ich meine Isomatte (ein Überbleibsel meiner abenteuerlichen Anreise über Italien und Frankreich) auf dem Camino in Spanien kaum gebraucht.
Perspektive 2: Auf meinem CF 2013 kam ich in SJPdP schnell mit einem lieben Franzosen und einem Italiener in Kontakt. Gleich am 1. Wandertag nach Roncesvalles hatten wir uns in Herz geschlossen und wollten daraufhin die nächste Zeit gerne zusammen pilgern (am Ende traf man sich, wie sollte es auch anders sein, nach vielen Tagen der Gemeinsamkeit, aber auch nach Etappen mit Abstand, natürlich in SdC wieder). Am 3. Tag in Zubiri fanden wir noch ein Doppelzimmer in einer privaten Pension. Wir durften zu viert, zusammen mit einem jungen Spanier, den wir kennengelernt hatten, dort übernachten. Meine Isomatte kam zum Einsatz - na immerhin - und wir konnten ein Stück weit sorglose Zeit miteinander verbringen, und diese Übernachtung schweißte uns im positiven Sinne auch irgendwie zusammen.
Viele Tage später kamen der Italiener, seine liebgewonnene französische Bekanntschaft, ich und eine rumänische Pilgerin, die sich uns seit einigen Tagen angeschlossen hatte, nach O Cebreiro. Die Municipal war voll, anscheinend keine weiteren Unterkünfte frei. Wir hatten schon gedacht, auf Pappkartons unter einem Vordach(?)/Unterstand zu nächtigen. Dann tat sich doch noch ein freies Doppelzimmer auf, in dem wir dann (zugegeben heimlich) zu viert übernachteten. Meine Isomatte hatte ich der Rumänin angeboten und diese hat ihr dann in der Nacht ganz sicher geholfen, Schlaf zu finden. Ich schlief auf blankem Boden. Ich hab's überlebt, aber es war alles andere als bequem.
Dennoch eine schöne Geste, eine schöne Zeit und eine verbindende Erfahrung und Erinnerung.
Hatte ich meine Isomatte jetzt umsonst mitgeschleppt, weil sich für die beiden Einsätze auch andere Lösungen hätten finden können? Ich denke: nein. Die Matte war zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Dafür hat es sich "gelohnt".
Edit: Im Folgejahr hatte ich auf dem CdN und dem CPrimitivo keine Isomatte dabei. Ich habe sie auch nicht vermisst, wobei ich häufig schon früh an den Albergues war. Bei voller Belegung mussten dann "die anderen" weiterziehen oder sich anderweitig behelfen. Karma.
Ich persönlich denke, dass alles seinen Sinn und Zweck hat (ggf. auch, dass etwas zur Einsicht führen mag, dass man (auch im übertragenen Sinne) etwas mit sich trägt, was man lieber abgeben oder loslassen sollte). Doch: Was ein:e Pilger:in vielleicht zu wenig hat, wird teils dadurch ausgeglichen, dass ein anderer, der etwas hat, es (weiter)geben kann bzw. will. Vieles, was Pilger mitschleppen, ist Ballast. Manches davon mag dennoch nützlich sein, wenn es gebraucht wird. Wer weiß das schon? Camino bedeutet für mich auch, mich auf das Ungewisse einzulassen -- mit Vertrauen, dass der Weg (das Leben) mich unterstützt. Es gibt den Spruch "
Trust in God, but tie your Camel (Vertraue Gott, aber binde dein Kamel trotzdem an)". Das ist nur ein teilweises Vertrauen; rational gestützt und "unter Vorbehalt". Zum Glück bietet uns das Leben (der Weg) viele Lektionen an -- für jede:n andere, die aber schließlich auch auf eine gemeinsame Schlussfolgerung hinführen können: Liebe dich selbst und liebe deinen Nächsten als Dein Selbst.
Unbestritten sind jene große Vorbilder, die wirklich nur das "Nötig(st)e" mit sich führen und leicht und unbeschwert dem Flow des Caminos ergeben sind. Finde ich toll!
In jedem Fall aber gilt: Hike your own hike.
Danke, dass ich hier meine Gedanken mitteilen durfte. So "wärme" ich mich schonmal für meinen Jakobsweg im Mai auf.
Liebe Grüße & Buen Camino
Dirk