Gibt es Engel auf dem Camino?
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Gibt es Engel auf dem Camino?
Ich muss euch was erzählen. Meine Familie würde es nicht verstehen. Auf meinem ersten Camino 2013 traf ich eine junge Frau. Wir sind 2 Stunden von Linares nach Tricastela zusammen gelaufen. In dieser kurzen Zeit habe ich ihr von einem furchtbaren Konflikt in meinem Leben berichtet . Ich habe weder vorher noch nachher je wieder mit einem Menschen darüber gesprochen. Allein durch ihr Zuhören war die Angelegenheit für mich gegessen. Ich fühlte mich wieder sehr gut und bin dieser unbekannten Frau unendlich dankbar.
Auf allen folgenden Wegen passierte nichts.
Heute bin ich von Carrión de los Condes nach Legidos gelaufen. Da steht auf einem eine Frau vor dem in tiefem gelb blühenden riesigen Rapsfeld, im Hintergrund die schneebedeckten Gipfel der Gebirgskette und sagte ganz leise: C'est manifique. In diesem französischen Wort liegt alles für mich: Die Mode von Christian Dior, der Duft von Yves Saint Laurent, die Mona Lisa im Louvre, Notre Dame, Sacre Coeur, Champagner, Foie gras, Mont Saint Michel, Wildpferde in der Camarque, Riesling aus dem Elsass. Da musste ich stehen bleiben. Innerhalb von 5 Minuten war alles was ich seit Jahren mit mir herumtrage wie weggewischt. Mir ist diese Frau gar nicht aufgefallen. Sie war auf einmal einfach da. Ich habe in diesem einzigen Dorf auf dieser Etappe einen Kaffee getrunken. Die Frau tauchte nicht auf.
Ich weiß, es hört sich bescheuert an, aber vielleicht gibt es doch manchmal einen Engel, der einem weiter hilft.
Danke.
Buen Camino
Auf allen folgenden Wegen passierte nichts.
Heute bin ich von Carrión de los Condes nach Legidos gelaufen. Da steht auf einem eine Frau vor dem in tiefem gelb blühenden riesigen Rapsfeld, im Hintergrund die schneebedeckten Gipfel der Gebirgskette und sagte ganz leise: C'est manifique. In diesem französischen Wort liegt alles für mich: Die Mode von Christian Dior, der Duft von Yves Saint Laurent, die Mona Lisa im Louvre, Notre Dame, Sacre Coeur, Champagner, Foie gras, Mont Saint Michel, Wildpferde in der Camarque, Riesling aus dem Elsass. Da musste ich stehen bleiben. Innerhalb von 5 Minuten war alles was ich seit Jahren mit mir herumtrage wie weggewischt. Mir ist diese Frau gar nicht aufgefallen. Sie war auf einmal einfach da. Ich habe in diesem einzigen Dorf auf dieser Etappe einen Kaffee getrunken. Die Frau tauchte nicht auf.
Ich weiß, es hört sich bescheuert an, aber vielleicht gibt es doch manchmal einen Engel, der einem weiter hilft.
Danke.
Buen Camino
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- Frau Holle
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Re: Gibt es Engel auf dem Camino?
Ja, es gibt Engel auf dem Camino, ich bin schon mehreren begegnet.
Letztes Jahr in Carrion ging in meiner Albergue zur Andacht und musste stark weinen.
Neben mir saß eine Frau, die mich ganz lieb getröstet und begleitet und danach noch zum Singen mit den Nonnen in die andere Albergue mitnahm. Sie war die Erste, der ich erzählte warum ich auf dem Weg war und ihr Name war am Ende Beweis genug: Sie hieß Angela
Letztes Jahr in Carrion ging in meiner Albergue zur Andacht und musste stark weinen.
Neben mir saß eine Frau, die mich ganz lieb getröstet und begleitet und danach noch zum Singen mit den Nonnen in die andere Albergue mitnahm. Sie war die Erste, der ich erzählte warum ich auf dem Weg war und ihr Name war am Ende Beweis genug: Sie hieß Angela
u l t r e i a
Re: Gibt es Engel auf dem Camino?
Definitiv!
Ich wurde mal von einem "gerettet", bei einem Bahnhofswechsel in Madrid. Die Zeit war knapp und allein hätte ich das nie geschafft, zumal ich in Großstädten eh völlig verloren bin. Er hatte schon im Zug meine Verzweiflung mitbekommen....und nahm mich dann praktisch an die Hand, Schleuste mich durch alle möglichen Barrieren, rannte mit mir von einer U-Bahn zur nächsten, kannte sich bestens aus und wir kamen 2 Minuten vor Abfahrt an meinem Zug an.
Ich fiel ihm unendlich dankbar und erleichtert um den Hals und fragte ihn nach seinem Namen: "Jesus"....
Ich wurde mal von einem "gerettet", bei einem Bahnhofswechsel in Madrid. Die Zeit war knapp und allein hätte ich das nie geschafft, zumal ich in Großstädten eh völlig verloren bin. Er hatte schon im Zug meine Verzweiflung mitbekommen....und nahm mich dann praktisch an die Hand, Schleuste mich durch alle möglichen Barrieren, rannte mit mir von einer U-Bahn zur nächsten, kannte sich bestens aus und wir kamen 2 Minuten vor Abfahrt an meinem Zug an.
Ich fiel ihm unendlich dankbar und erleichtert um den Hals und fragte ihn nach seinem Namen: "Jesus"....
- Pater Norbert
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Re: Gibt es Engel auf dem Camino?
Kerkeling beschreibt den Abend in Leon: "Evi räusperte sich und stellt beherzt eine Frage an die Runde: "Hat Gott eigentlich auf dem Weg mit euch gesprochen?"
Sheelagh ist die Erste, die sich traut und sagt knapp, aber überzeugend: "Sure he did!"
So kann ich auch die Frage nach den Engeln beantworten: "Sicher gibt es sie!"
Sheelagh ist die Erste, die sich traut und sagt knapp, aber überzeugend: "Sure he did!"
So kann ich auch die Frage nach den Engeln beantworten: "Sicher gibt es sie!"
Wer pilgert, wird von einem Virus infiziert, das nicht vergeht.
Gemerkt im März 2022. Avatar stammt aus Juni 2023.
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Re: Gibt es Engel auf dem Camino?
Natürlich! Meiner hieß Martin. Ich war am Morgen von Calzada del Coto aufgebrochen - und war mental irgendwie schon schlecht drauf. Dann habe ich mich verlaufen und stand plötzlich vor der Baustelle (damals) der neuen Autobahn. Kein Durchkommen - ich musste zurück. Nach einer Stunde mühsamen Gehens war ich im Endeffekt grad einen Kilometer vom Refugio entfernt. Und vor mir lag diese mühsame Pilgertrasse. Ich konnte nicht mehr und rettete mich von Bank zu Bank. Und dann kam Martin.
Und wir liefen zusammen weiter, hatten wunderschöne Gespräche, die uns beiden existentiell wichtig waren - und blieben zwei Tage bis Leon zusammen. Ich musste dort auf eine Freundin warten, die von Deutschland nachkommen wollte - und Martin ging weiter.
Auch das haben Engel so an sich. Sie bleiben nicht, sondern kehren zu dem zurück, der sie geschickt hat.
Solche Engel gibt es aber nicht nur auf dem Camino, sondern auch im ganz normalen Alltag.
Buen camino - und Grüße an alle Engel, Andrea
Und wir liefen zusammen weiter, hatten wunderschöne Gespräche, die uns beiden existentiell wichtig waren - und blieben zwei Tage bis Leon zusammen. Ich musste dort auf eine Freundin warten, die von Deutschland nachkommen wollte - und Martin ging weiter.
Auch das haben Engel so an sich. Sie bleiben nicht, sondern kehren zu dem zurück, der sie geschickt hat.
Solche Engel gibt es aber nicht nur auf dem Camino, sondern auch im ganz normalen Alltag.
Buen camino - und Grüße an alle Engel, Andrea
Re: Gibt es Engel auf dem Camino?
2014, der dritte Franziskusweg. Ich wollte von Ravenna nach Rom. Ich kam aber nur bis Forlì und zwar ziemlich dehydriert. Ich hab' im Hotel dann eine Unmenge kaltes Wasser getrunken; mit der Wirkung, dass ich umgekippt bin und mit der ambulanza in die Klinik transportiert wurde. Mir war so schlecht, dass ich mindestens fünfmal hervorkrächzte, der Wagen soll bitte kurz halten. Der paramedico war so geduldig und lustig, das hat mir während der Fahrt total geholfen. Sein Name war Francesco...

Mario

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Hans Magnus Enzensberger (1929 - 2022)
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Re: Gibt es Engel auf dem Camino?
oja, die Engel gibt es - in kleinerer und größerer Form
Der Camino Engel der half, als vor uns ein Mann schwer stürzte. Es stellte sich heraus, dass die Frau Krankenschwester war und sämtliche Utensilien mithatte.
mir ist oft vorgekommen, es hilft mir wer - das Universum war für mich da, wenn ich flehentlich um etwas fragte, sei es um eine Bar gleich um die Ecke in einer sonst verlassenen Gegend, ein unteres Bett für mich Schwergewicht, ein freundliches Wort von einem Unbekannten, das mich wieder aufgebaut hat.
Man muss die Dinge allerdings auch zulassen,
BC Andrea
Der Camino Engel der half, als vor uns ein Mann schwer stürzte. Es stellte sich heraus, dass die Frau Krankenschwester war und sämtliche Utensilien mithatte.
mir ist oft vorgekommen, es hilft mir wer - das Universum war für mich da, wenn ich flehentlich um etwas fragte, sei es um eine Bar gleich um die Ecke in einer sonst verlassenen Gegend, ein unteres Bett für mich Schwergewicht, ein freundliches Wort von einem Unbekannten, das mich wieder aufgebaut hat.
Man muss die Dinge allerdings auch zulassen,
BC Andrea
- donjohannes
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Re: Gibt es Engel auf dem Camino?
Das Wort Engel kommt aus dem Griechischen "angelos" und bedeutet wie im Hebräischen (mal’āḵ) Bote - also im Grunde jemand, der einem im richtigen Moment mit dem richtigen Wort oder der richtigen Tat begegnet. Es kann auf menschliche und göttliche Boten verweisen. Aber für den, der in Gott den Urheber der Welt erkennt, der auch jetzt in jedem Augenblick alles im Sein erhält wird auch der menschliche Bote auf eine Weise als göttlicher gesehen werden. "Den hat mir Gott geschickt" ist dann nicht nur eine Empfindung sondern Ausdruck einer theologischen Wahrheit. Flügel muss er dafür nicht haben.
Anmerkung: Flügel haben auch die himmlischen Engel nach christlichen Verständnis nicht, da sie keine körperlichen Wesen sind. Sie mögen bisweilen mit diesem Attribut erscheinen oder dargestellt werden - aber dies geschieht nicht, weil sie Flügel haben oder brauchen, sondern weil Flügel für uns Menschen darstellen, dass jemand ein Bote ist, der auf direktem Weg - also von Gott - zu uns kommt.
Antwort auf die Frage: Gibt es Engel auf dem Camino? Ja, hundert-tausende, und die Hälfte von ihnen stinkt nach Schweiß und trägt selbst einen Rucksack. Denn fast jeder, dem wir begegnen, kann für uns zu einem Engel werden. Und da lassen wir die Schutzengel, die jeder von uns hat noch außen vor
Anmerkung: Flügel haben auch die himmlischen Engel nach christlichen Verständnis nicht, da sie keine körperlichen Wesen sind. Sie mögen bisweilen mit diesem Attribut erscheinen oder dargestellt werden - aber dies geschieht nicht, weil sie Flügel haben oder brauchen, sondern weil Flügel für uns Menschen darstellen, dass jemand ein Bote ist, der auf direktem Weg - also von Gott - zu uns kommt.
Antwort auf die Frage: Gibt es Engel auf dem Camino? Ja, hundert-tausende, und die Hälfte von ihnen stinkt nach Schweiß und trägt selbst einen Rucksack. Denn fast jeder, dem wir begegnen, kann für uns zu einem Engel werden. Und da lassen wir die Schutzengel, die jeder von uns hat noch außen vor

Österreich -Santiago 1998
Liechtenstein - Jerusalem und zurück 2013-14 (http://www.4kmh.com/neo)
Triest - Cannes (Via Alpina Sacra) 2018 ( http://www.4kmh.com/vas )
Irland - Italien (Via Columbani) 2022
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Triest - Cannes (Via Alpina Sacra) 2018 ( http://www.4kmh.com/vas )
Irland - Italien (Via Columbani) 2022
Re: Gibt es Engel auf dem Camino?
Ich glaube, viele der Camino-Engel wissen gar nicht, dass sie die Engel sind. Zumindest fühlen sie sich nicht als Engel. Und doch sind für manche die Engel.
Dazu passt eine kleine Episode, die wir mit meiner Tochter 2015 auf dem CF erlebt haben.
[...] Um 7.12 Uhr laufen wir in Tosantos los. Es ist bewölkt und kalt, zum Laufen jedoch sehr angenehm. Beide sind wir fit, so gehen wir relativ zügig.
Kurz nach der zweiten Ortschaft finde ich am Wegrand einen Stock. Aus Holz, etwa 2 cm dick und so lang wie ein Trekkingstock. Aber viel schöner. Dieser hier ist geschält und komplett mit schwarzen Mustern versehen. Einige Muster sind rot ausgemalt. An manchen Stellen stehen Wörter geschrieben, Ortsnamen, aber auch Wörter, die ich nicht verstehe. Diesen Stock erkenne ich. Er gehört einem spanischen Pilger, den wir zum ersten Mal in Cizur Menor gesehen haben, dann immer wieder. Der Spanier ist zwar etwas eigenartig, irgendwie aufgedreht, aber sehr nett und vor allem sehr hilfsbereit. Der Stock muss ihm sehr viel bedeuten, wenn er ihn so liebevoll und aufwendig bemalt hat. Er muss ihn verloren haben. Ich nehme den Stock mit. Sicherlich werden wir diesen Pilger, dessen Namen ich nicht einmal kenne, bald sehen, dann gebe ich ihm sein Eigentum zurück. Und wenn wir ihn nicht bald treffen sollten, dann werde ich den Stock so lange tragen, bis wir ihm irgendwann begegnen. Wenn es sein muss, bis Santiago. So laufe ich heute mit zwei Stöcken, meinem langen Pilgerstab in der rechten und dem kleinen, bunten in der linken Hand.
Wir fühlen uns so fit, dass wir überlegen, ob wir heute nicht bis nach Burgos laufen. Das wären allerdings 45 km. Etwas viel. Auf jeden Fall wollen wir weiter als bis nach Atapuerca gehen. In Atapuerca möchte ich nicht bleiben.
In Atapuerca angekommen, gehen wir zu dem kleinen Laden, in dem ich 2013 mit Maria und Veronika gefrühstückt habe. Wir brauchen Schokolade und Bananen. Ich brauche immer noch einen Rasierpinsel. Der, den ich vor Kurzem gekauft habe, ist beim ersten Rasieren auseinandergefallen. Leider gibt es hier keine Pinsel. Bevor wir weiter gehen, trinken wir noch jeder einen Red Bull.
Draußen, am Tisch sitzend überlegen wir, ob wir noch die 9,6 km bis zu der nächsten Ortschaft oder tatsächlich über 20 km bis Burgos gehen sollen. Plötzlich sagt Vivienne, sie habe das Gefühl, wir sollten hier in Atapuerca bleiben und zu der Albergue »La hutte« gehen. Dorthin also, wo ich vor zwei Jahren von der unfreundlichen Besitzerin so feindselig behandelt wurde. Das wollte ich nicht. Aber … Wenn Vivienne es so fühlt, dann machen wir es auch so. Es ist ihr Weg, ich bin nur die Begleitung. Außerdem habe ich bereits 2013 gelernt, dass man auf dem Camino solchen Gefühlen folgen sollte. Wir gehen also dorthin.
Als wir uns der Herberge nähern sehen wir draußen vor der Tür den spanischen Pilger, der den Stock verloren hat. Er sitzt mit gesenktem Kopf auf einem Stuhl, sieht uns nicht. Ich gehe auf ihn zu und gebe ihm seinen Stock zurück. Er traut seinen Augen nicht, kann nichts sagen, bricht in Tränen aus. Weinend umarmt er den Stock, küsst ihn. Eine Pilgerin sagt mir, dass er den ganzen Nachmittag schon so dasitzt und weint, weil er seinen Stock verloren hat. Er glaubte ihn für immer verloren zu haben.
Für uns war es nur ein gefundener Stock, ein Zufall. Für diesen Pilger war es wohl ein Wunder. Es gibt sie doch, die Camino-
Wunder. [...]
Dazu passt eine kleine Episode, die wir mit meiner Tochter 2015 auf dem CF erlebt haben.
[...] Um 7.12 Uhr laufen wir in Tosantos los. Es ist bewölkt und kalt, zum Laufen jedoch sehr angenehm. Beide sind wir fit, so gehen wir relativ zügig.
Kurz nach der zweiten Ortschaft finde ich am Wegrand einen Stock. Aus Holz, etwa 2 cm dick und so lang wie ein Trekkingstock. Aber viel schöner. Dieser hier ist geschält und komplett mit schwarzen Mustern versehen. Einige Muster sind rot ausgemalt. An manchen Stellen stehen Wörter geschrieben, Ortsnamen, aber auch Wörter, die ich nicht verstehe. Diesen Stock erkenne ich. Er gehört einem spanischen Pilger, den wir zum ersten Mal in Cizur Menor gesehen haben, dann immer wieder. Der Spanier ist zwar etwas eigenartig, irgendwie aufgedreht, aber sehr nett und vor allem sehr hilfsbereit. Der Stock muss ihm sehr viel bedeuten, wenn er ihn so liebevoll und aufwendig bemalt hat. Er muss ihn verloren haben. Ich nehme den Stock mit. Sicherlich werden wir diesen Pilger, dessen Namen ich nicht einmal kenne, bald sehen, dann gebe ich ihm sein Eigentum zurück. Und wenn wir ihn nicht bald treffen sollten, dann werde ich den Stock so lange tragen, bis wir ihm irgendwann begegnen. Wenn es sein muss, bis Santiago. So laufe ich heute mit zwei Stöcken, meinem langen Pilgerstab in der rechten und dem kleinen, bunten in der linken Hand.
Wir fühlen uns so fit, dass wir überlegen, ob wir heute nicht bis nach Burgos laufen. Das wären allerdings 45 km. Etwas viel. Auf jeden Fall wollen wir weiter als bis nach Atapuerca gehen. In Atapuerca möchte ich nicht bleiben.
In Atapuerca angekommen, gehen wir zu dem kleinen Laden, in dem ich 2013 mit Maria und Veronika gefrühstückt habe. Wir brauchen Schokolade und Bananen. Ich brauche immer noch einen Rasierpinsel. Der, den ich vor Kurzem gekauft habe, ist beim ersten Rasieren auseinandergefallen. Leider gibt es hier keine Pinsel. Bevor wir weiter gehen, trinken wir noch jeder einen Red Bull.
Draußen, am Tisch sitzend überlegen wir, ob wir noch die 9,6 km bis zu der nächsten Ortschaft oder tatsächlich über 20 km bis Burgos gehen sollen. Plötzlich sagt Vivienne, sie habe das Gefühl, wir sollten hier in Atapuerca bleiben und zu der Albergue »La hutte« gehen. Dorthin also, wo ich vor zwei Jahren von der unfreundlichen Besitzerin so feindselig behandelt wurde. Das wollte ich nicht. Aber … Wenn Vivienne es so fühlt, dann machen wir es auch so. Es ist ihr Weg, ich bin nur die Begleitung. Außerdem habe ich bereits 2013 gelernt, dass man auf dem Camino solchen Gefühlen folgen sollte. Wir gehen also dorthin.
Als wir uns der Herberge nähern sehen wir draußen vor der Tür den spanischen Pilger, der den Stock verloren hat. Er sitzt mit gesenktem Kopf auf einem Stuhl, sieht uns nicht. Ich gehe auf ihn zu und gebe ihm seinen Stock zurück. Er traut seinen Augen nicht, kann nichts sagen, bricht in Tränen aus. Weinend umarmt er den Stock, küsst ihn. Eine Pilgerin sagt mir, dass er den ganzen Nachmittag schon so dasitzt und weint, weil er seinen Stock verloren hat. Er glaubte ihn für immer verloren zu haben.
Für uns war es nur ein gefundener Stock, ein Zufall. Für diesen Pilger war es wohl ein Wunder. Es gibt sie doch, die Camino-
Wunder. [...]
"Ein Schritt nach dem anderen, immer weiter." (www.edward-schiwek.eu)
"Ich bin von uns."
"Ich bin von uns."
Re: Gibt es Engel auf dem Camino?
oja diese Engel gibt es in unterschiedlicher Form 
Wir hatten 2022 auch einen Camino-Engel.
Wir waren Richung Pamplona unterwegs. Unsere Unterkuft war aber noch weit drausen und wir waren einfach fertig....Da wir Pamplona schon kannten wollten wir nicht mehr noch durch die Stadt. Es waren brütende 40 Grad und es ging nichts mehr. ( unser erster Camino).
Wir beschlossen, den Bus zu nehmen bis zur Unterkunft,. ca. 3 km.
Da standen wir nun.....an der Bushalteselle.....und blickten null durch, durch die spanischen Fahrpläne.
Da kam er : der blonde Engel ( so nennt mein Mann heute noch die Dame wenn wir davon sprechen)......
Plötzlich aus dem Nichts tippte eine junge blonde Frau auf meine Schultern und fragte auf englisch ob sie helfen kann...wohin wir müssen.
Wir holten unser Handy raus und zeigten es ihr über google.
Wir waren völlig verdutzt, weil wir sowas von Deutschland her nicht kennen...
Sie erklärte uns geduldig, welche Buslinie wir nehmen sollen, und sagte dann spontan auf englisch: ich begleite euch,fahre mit, steige 3 Stationen vor eurer Station aus.....
Und so war es dann auch. Sie stieg mit ein, wir quatschen über Gott und die Welt ( in englisch) und dann stieg sie aus, mit den Worten " die dritte Station da müsst ihr raus".... Und alles hat geklappt.
Am nächsten Tag gingen wir von der Unterkunft in Richtung Camino. Dachten wir.....Plötzlich kam der Hotelier ( es war wirklich so) aufn Fahrrad hinter uns her, und sagte " no no Camino, i Show you" er fuhr langsam vor ( völlig andere Richtung
) und schwups waren wir auf dem Camino...
warum der Hotelier plötzlich hinter uns her fuhr und wieso keine Ahnung......... Und ich war so berührt von all dem....dass ich dann am Viadukt der Hl. Maria einfach stehenbleiben musste, geheult habe wie ein Schlosshund....aber selig und glücklich war.
Es gibt sie, die Camino-Engel. Man muss nur bereit sein dafür.
Ich könnte soviel Geschichten erzählen, selbst in Form eines Schmetterlinges etc.....
Das alles gibt uns der Camino.




Übringes, der blonde Camino Engel hiess: Claudia so wie ich)......
LG Claudia
Saarländein, tolle Geschichte und toller thread....schön, dass Du Dich getraut hast dies mitzuteilen....wir alle verstehen Dich

Wir hatten 2022 auch einen Camino-Engel.
Wir waren Richung Pamplona unterwegs. Unsere Unterkuft war aber noch weit drausen und wir waren einfach fertig....Da wir Pamplona schon kannten wollten wir nicht mehr noch durch die Stadt. Es waren brütende 40 Grad und es ging nichts mehr. ( unser erster Camino).
Wir beschlossen, den Bus zu nehmen bis zur Unterkunft,. ca. 3 km.
Da standen wir nun.....an der Bushalteselle.....und blickten null durch, durch die spanischen Fahrpläne.
Da kam er : der blonde Engel ( so nennt mein Mann heute noch die Dame wenn wir davon sprechen)......
Plötzlich aus dem Nichts tippte eine junge blonde Frau auf meine Schultern und fragte auf englisch ob sie helfen kann...wohin wir müssen.
Wir holten unser Handy raus und zeigten es ihr über google.
Wir waren völlig verdutzt, weil wir sowas von Deutschland her nicht kennen...
Sie erklärte uns geduldig, welche Buslinie wir nehmen sollen, und sagte dann spontan auf englisch: ich begleite euch,fahre mit, steige 3 Stationen vor eurer Station aus.....
Und so war es dann auch. Sie stieg mit ein, wir quatschen über Gott und die Welt ( in englisch) und dann stieg sie aus, mit den Worten " die dritte Station da müsst ihr raus".... Und alles hat geklappt.
Am nächsten Tag gingen wir von der Unterkunft in Richtung Camino. Dachten wir.....Plötzlich kam der Hotelier ( es war wirklich so) aufn Fahrrad hinter uns her, und sagte " no no Camino, i Show you" er fuhr langsam vor ( völlig andere Richtung

warum der Hotelier plötzlich hinter uns her fuhr und wieso keine Ahnung......... Und ich war so berührt von all dem....dass ich dann am Viadukt der Hl. Maria einfach stehenbleiben musste, geheult habe wie ein Schlosshund....aber selig und glücklich war.
Es gibt sie, die Camino-Engel. Man muss nur bereit sein dafür.
Ich könnte soviel Geschichten erzählen, selbst in Form eines Schmetterlinges etc.....
Das alles gibt uns der Camino.
Übringes, der blonde Camino Engel hiess: Claudia so wie ich)......
LG Claudia
Saarländein, tolle Geschichte und toller thread....schön, dass Du Dich getraut hast dies mitzuteilen....wir alle verstehen Dich

der eigentliche Pilgerweg liegt im Alltag des Lebens
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Re: Gibt es Engel auf dem Camino?
Ich danke euch von ganzem Herzen. Es gibt die also wirklich und in allen Formen und bei allen Gelegenheiten. Wer das nicht erlebt hat, wird es nicht verstehen.
Danke.
Buen Camino
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Re: Gibt es Engel auf dem Camino?
Ich weiß, dass uns diese Engel fast täglich begegnen. Nur sind wir oft mit uns und unserem Alltag viel zu beschäftigt um es zu merken. Auf dem Camino sind wir (zumindest denke ich das von mir) offener, empfänglicher für alles Gute.
Auf unserem Weg sind wir ziemlich am Anfang an einem echt großen und zotteligen Hund vorbei gekommen, der uns ausgiebig beschnuppert hat. Der arme Kerl hatte wahrscheinlich Hunger und dachte, so ein Pilger hat bestimmt eine Wurst bei sich. Freundlich aber bestimmt habe ich ihm "erklärt " dass wir nichts für ihn haben und er sich trollen soll...Was er auch tat.
Nach einigen Minuten hörte ich einen kleinen ängstlichen Aufrschrei und wir sahen eine junge Asiatin völlig panisch an einer Mauer kauern, der riesige Hund über ihr...sie zitterte und weinte vor Angst.
Ich bin zurück und nahm den Hund beiseite, erklärte ihr das der Fellberg nur nach Futter sucht und sie solle einfach vor uns gehen, wir passen auf.
Gesehen haben wir sie nicht mehr, sie war nämlich sehr flott...Ob sie zu Hause davon erzählt und vieleicht sogar von einem Caminoengel spricht?
Und ja. Ich glaube man wird möglicherweise für einen Spinner gehalten, von Menschen die so etwas nich kennen. Aber was gibt es schöneres als am Ende eines blöden Alltages sagen zu können: weiß du was mir heute tolles passiert ist?
So denn: bleibt offen und zugänglich für die kleinen und wunderbaren Gegebenheiten mit unseren Engeln.
Auf unserem Weg sind wir ziemlich am Anfang an einem echt großen und zotteligen Hund vorbei gekommen, der uns ausgiebig beschnuppert hat. Der arme Kerl hatte wahrscheinlich Hunger und dachte, so ein Pilger hat bestimmt eine Wurst bei sich. Freundlich aber bestimmt habe ich ihm "erklärt " dass wir nichts für ihn haben und er sich trollen soll...Was er auch tat.
Nach einigen Minuten hörte ich einen kleinen ängstlichen Aufrschrei und wir sahen eine junge Asiatin völlig panisch an einer Mauer kauern, der riesige Hund über ihr...sie zitterte und weinte vor Angst.
Ich bin zurück und nahm den Hund beiseite, erklärte ihr das der Fellberg nur nach Futter sucht und sie solle einfach vor uns gehen, wir passen auf.
Gesehen haben wir sie nicht mehr, sie war nämlich sehr flott...Ob sie zu Hause davon erzählt und vieleicht sogar von einem Caminoengel spricht?
Und ja. Ich glaube man wird möglicherweise für einen Spinner gehalten, von Menschen die so etwas nich kennen. Aber was gibt es schöneres als am Ende eines blöden Alltages sagen zu können: weiß du was mir heute tolles passiert ist?
So denn: bleibt offen und zugänglich für die kleinen und wunderbaren Gegebenheiten mit unseren Engeln.
Ultreya, euer Pilgerbär
Re: Gibt es Engel auf dem Camino?
Es ist tatsächlich so, dass wir auf einem Camino sehr viel offener und empfänglicher sind. Meines Erachtens liegt es daran, dass wir zu einem den Balast des Alltags nicht mittragen müssen und dadurch Platz für das Gute frei wird.
Im normalen Alltag sind wir gehetzt, eilen von einer Verpflichtung in die Andere, rennen dem Glück hinterher. Dabei übersehen wir, dass das Gute, man kann auch sagen: Das Glück, sehr langsam ist. Wir können es nicht einholen indem wir immer noch schneller werden. Würden wir anhalten, in sich gehen, zur Ruhe kommen, würde das Glück uns wieder einholen. Auf dem Camino reduzieren wir aber unsere "Lebens-Geschwindigkeit" auf Schritt-Geschwindigkeit. Und schon kann das Gute, das Glück, und einholen und wir können es wahrnehmen. Es befindet sich neben uns, nicht irgendwo hinter uns.
So stelle ich mir das vor.
Im normalen Alltag sind wir gehetzt, eilen von einer Verpflichtung in die Andere, rennen dem Glück hinterher. Dabei übersehen wir, dass das Gute, man kann auch sagen: Das Glück, sehr langsam ist. Wir können es nicht einholen indem wir immer noch schneller werden. Würden wir anhalten, in sich gehen, zur Ruhe kommen, würde das Glück uns wieder einholen. Auf dem Camino reduzieren wir aber unsere "Lebens-Geschwindigkeit" auf Schritt-Geschwindigkeit. Und schon kann das Gute, das Glück, und einholen und wir können es wahrnehmen. Es befindet sich neben uns, nicht irgendwo hinter uns.
So stelle ich mir das vor.
"Ein Schritt nach dem anderen, immer weiter." (www.edward-schiwek.eu)
"Ich bin von uns."
"Ich bin von uns."
- Raimund Joos
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Re: Gibt es Engel auf dem Camino?
Ich denken es gibt überall Engel ... wo man Sie wirklich braucht und wenn man bei einer persönlichen Demut angekommen ist die einem den Blick und die Ohren für diese öffnet. Also (hoffentlich) besonders auf dem Jakobsweg
Ich war einmal sehr verzweifelt ... und saß heulend auf einer Bank ... da merkte ich einen umarmenden liebevollen Blick hinter mir und als ich mich umdrehte sprach eine Gestalt deren Geschlecht und Alter für mich nicht erkennbar war die Worte
"Vergiß nicht dem zu danken der dich erschaffen hat"
Ich drehte mich wieder weg und heutel weiter da ich zunächst meinte jemand anders als ich sei gemeint ... bis ich merkte dass mich diese Worte auf wunderbare Weise zu trösten begannen ....
Ich drehte mich wieder um und wollte nochmal genauer schauen wer das wohl für mich gesprochen hatte ... konnte aber niemanden mehr sehen .. fühlte mich aber die nächten 3 Tagen von einer wunderbaren hellen warmen Kraft begleitet die es mir unmöglich machte weiter verzweifelte Gedanken zu hegen ....
Ja es gibt sie! Überall!
Bon Camino
Raimund
Ich war einmal sehr verzweifelt ... und saß heulend auf einer Bank ... da merkte ich einen umarmenden liebevollen Blick hinter mir und als ich mich umdrehte sprach eine Gestalt deren Geschlecht und Alter für mich nicht erkennbar war die Worte
"Vergiß nicht dem zu danken der dich erschaffen hat"
Ich drehte mich wieder weg und heutel weiter da ich zunächst meinte jemand anders als ich sei gemeint ... bis ich merkte dass mich diese Worte auf wunderbare Weise zu trösten begannen ....
Ich drehte mich wieder um und wollte nochmal genauer schauen wer das wohl für mich gesprochen hatte ... konnte aber niemanden mehr sehen .. fühlte mich aber die nächten 3 Tagen von einer wunderbaren hellen warmen Kraft begleitet die es mir unmöglich machte weiter verzweifelte Gedanken zu hegen ....
Ja es gibt sie! Überall!
Bon Camino
Raimund
Zuletzt geändert von Raimund Joos am 2. Mai 2024, 18:37, insgesamt 1-mal geändert.
- Raimund Joos
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Re: Gibt es Engel auf dem Camino?
Ps: Und hier ist auch noch eine Geschichte von so einem Engel der mir genau einem Monat vor Weihnachten auf dem Jakobsweg begegnet ist ... Es ist "Die Geschichte von Rosalindas Regenschirm"
http://camino-de-santiago.de/pilgergeschichten.pdf
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