Kinofilm “Auf dem Weg”

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chrisbee
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Re: Kinofilm “Auf dem Weg”

Beitrag von chrisbee »

Gestern Abend (24.12) zeigte Arte zur Primetime „Der Schneeleopard“, diese sehr ästhetische und atemberaubend schöne Doku auf der Grundlage gleichnamigen Buches von Sylvain Tesson. Hier spielt er sich auch selbst, als den Schriftsteller, der dem Naturfotografeen Vincent Murnier aufs Tibetische Hochland folgt, um (eine Übung in unendlicher Geduld) Tiere zu fotografieren und wenn irgend möglich diesen seltenen Schneeleoparden zu Gesicht zu bekommen. Hier sieht man auch seine Verkrüppelung bzw. seine halbseitige Gesichtslähmung infolge des Sturzes. Beileibe nicht so schön. Tesson tat wohl gut daran, sich auf seiner Wanderung durch Frankreich möglichst abseits zu halten - wer will schon als Kinderschreck unterwegs sein…
Diese Verfilmung scheint mir sehr gelungen zu sein. Der Film ist in der Arte-Mediathek unter „prämierte Doku“ zu finden (noch bis Ende Januar)

Gruß chrisbee
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Simsim
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Re: Kinofilm “Auf dem Weg”

Beitrag von Simsim »

Danke für den Tipp! Wahrlich ein unglaublich schöner, auch poetischer Film!
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Via2010
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Re: Kinofilm “Auf dem Weg”

Beitrag von Via2010 »

Ich war gestern auch in diesem Film, habe mir vorher die Kommentare dazu hier im Forum bewusst nicht durchgelesen, um unvoreingenommen hereinzugehen.

Mein Fazit: Tolle Landschaftsaufnahmen, die Rückblenden allerdings teils unnötig für die Handlung (mehrfache Krankenhausszenen), teils schon erhellend (Kontrast des oberflächlichen Partylöwen/Weiberhelden in Paris zu seinen Aufenthalten in der Natur, auch vor dem Unfall). Die Begegnungen mit den Menschen am Weg scheinen mir, die ich jetzt auch schon häufiger alleine auf wenig begangenen Wegen unterwegs war, authentisch geschildert.

Ich sehe hier allerdings nicht die Geschichte eines Wandels, sondern einen Menschen mit vielen Facetten, der schon als junger Mann die Natur entdeckt hat (wird aus dem Brief der Mutter und dem Gespräch mit seiner jüngeren Schwester deutlich) und nach dem selbstverschuldeten Schicksalsschlag auf deren heilsame Wirkung vertraut.

Für mich ein gelungener Camino-Film, auch wenn der Akteur nicht auf einem Pilgerweg i.e.S. spielt.

BC
Alexandra
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PrinzKeksdose
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Re: Kinofilm “Auf dem Weg”

Beitrag von PrinzKeksdose »

chrisbee hat geschrieben: 25. Dez 2023, 08:21 Gestern Abend (24.12) zeigte Arte zur Primetime „Der Schneeleopard“, diese sehr ästhetische und atemberaubend schöne Doku auf der Grundlage gleichnamigen Buches von Sylvain Tesson. Hier spielt er sich auch selbst, als den Schriftsteller, der dem Naturfotografeen Vincent Murnier aufs Tibetische Hochland folgt, um (eine Übung in unendlicher Geduld) Tiere zu fotografieren und wenn irgend möglich diesen seltenen Schneeleoparden zu Gesicht zu bekommen. Hier sieht man auch seine Verkrüppelung bzw. seine halbseitige Gesichtslähmung infolge des Sturzes. Beileibe nicht so schön. Tesson tat wohl gut daran, sich auf seiner Wanderung durch Frankreich möglichst abseits zu halten - wer will schon als Kinderschreck unterwegs sein…
Diese Verfilmung scheint mir sehr gelungen zu sein. Der Film ist in der Arte-Mediathek unter „prämierte Doku“ zu finden (noch bis Ende Januar)

Gruß chrisbee
Ich selber habe eine Fazialisparese, Fachausdruck für eine einseitige Gesichtslähmung und würde diese in keinster Weise als Verkrüppelung bezeichnen. Es ist die Folge einer OP auf deren Ergebnis ich keinen Einfluss hatte, mit dem ich aber gut leben kann. Was schön ist und was nicht liegt ja bekanntlich im Auge des Betrachters. Mich hat es bis dato nicht davon abgehalten Pilgern zu gehen. Auch für dieses Jahr habe ich bereits einen Weg ins Auge gefasst. Als Kinderschreck fühle ich mich durchaus nicht und halte mich auch nicht abseits der Wege. Wie alle anderen entscheide ich mich bewusst für einen Weg und gehe ihn mal alleine, mal mit anderen Pilgern. Es wäre doch skurril, wenn Pilgerwege nur noch von perfekten, gesunden und schönen Menschen begangen werden dürfen. Der junge Mann mit einer Beinprothese der mir letztes Jahr im Pilgerbüro begegnete, der Pilger der seine Medikamente stets kühl halten musste, die psychisch erkrankte Pilgerin und der Pilger ohne festen Wohnsitz wäre dann ausgeschlossen. Viele bleiben dann nicht mehr übrig und mir stellt sich die Frage, wer sollte sich Deiner Ansicht nach im Abseits halten und wer darf auf den Hauptwegen pilgern? Raus aus dem Abseits – rein ins Leben, das ist mein Motto!
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SteinimSchuh
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Re: Kinofilm “Auf dem Weg”

Beitrag von SteinimSchuh »

Danke für deinen Beitrag, PrinzKeksdose. Ich finde du hast völlig recht!
tsetse
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Re: Kinofilm “Auf dem Weg”

Beitrag von tsetse »

PrinzKeksdose hat geschrieben: 28. Jan 2024, 22:08 Raus aus dem Abseits – rein ins Leben, das ist mein Motto!

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Ist OT und hat nichts mehr mit dem Kinofilm zu tun, trotzdem möchte ich hier ein paar Sätze schreiben:

Ich selbst bin Bumberlgsund und musste mir noch nie Gedanken über lebensverändernde Diagnosen machen. Vor einem Jahr bin ich beim Kurzpilgern in der Kirche von Markdorf über einen Text gestolpert, der mich sehr zum Nachdenken gebracht und der meine Haltung zum Gesundsein/Kranksein nachhaltig beeinflusst hat. So manches, was ich seither gesehen und gehört habe, sehe und höre ich mit den im Text gestellten Fragen im Hinterkopf nun mit einer zusätzlichen Farb- und Klangfärbung. In Auszügen möchte ich den Text mit euch teilen:

…wer in seiner Familie einen neuen Erdenbürger begrüßen durfte, der hat gewiss einige dutzendmal zu hören bekommen:
„Hauptsache gesund“!
Aber haben alle die, die den frisch gebackenen Eltern, der neu gewordenen Mutter ein Kompliment aussprechen wollen, auch tatsächlich bedacht, was sie da sagen? Was ist, wenn das Baby nun nicht gesund ist, würde es der Hauptsache entbehren?? Ist dieser gewiss gutgemeinte Ausspruch nicht mehr als eine schallende Ohrfeige denen gegenüber, die kein gesundes Baby zur Welt gebracht haben?? Und denen gegenüber, die nicht gesund sind und auch als Erwachsene und alte Menschen nicht gesund sind?
Ist wirklich das Gesundsein die Hauptsache, das höchste Gut?
….
Wir haben uns daran gewöhnt: Kranke gehören ins Bett oder ins Krankenhaus, Behinderte gehören nicht unter die Leute, damit das uns von der Werbung vorgegaukelte Idealbild des gesunden Menschen nicht zerstört wird….
There is a crack, a crack in everything
That′s how the light gets in

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chrisbee
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Re: Kinofilm “Auf dem Weg”

Beitrag von chrisbee »

Soll ich darauf wirklich antworten?

@Prinzkeksdose @SteinimSchuh: könnte es sein, dass ihr da etwas in den falschen Hals bekommen habt?

Persönlich habe ich wirklich kein Thema mit Menschen, die nicht „perfekt“ sind. Ich bin nicht die Filmbranche. Denn die hat wohl eins damit, denn sie hat aus der Verfilmung der Geschichte von Tesson eine Art werbewirksames Rührstück mit großartigen touristischen Aufnahmen und einem hoch attraktiven Hauptdarsteller gemacht, dem man gerade mal einige leicht schorfige und eher dekorative Kratzer ums Auge herum ansieht – was geradezu grotesk ist angesichts der schweren Sturzfolgen, von denen Tessons kaputter Schädel und die Lähmung ja nur einen, wenn auch sichtbaren Teil ausmachen. Ich vermute mal: Ohne den schönen Dujardin wäre der Film über den Weg von Tesson kein Erfolg geworden. Oder anders gesagt: Das ist das Geschäftsmodell. Und sonst nichts. Aber deswegen bin ich persönlich längst nicht der Meinung, dass das gut so ist und dass nur gutaussehende Menschen auf den Wegen gehen sollten. Wie kommt ihr überhaupt zu dieser Vermutung?

Persönlich habe ich die allergrößte Achtung vor Sylvain Tesson und seiner Entscheidung, durch Frankreich zu gehen. Sich dabei die versunkenen Wege auszusuchen, entspricht zu einem seinen Interessen, seiner Arbeitsweise, seiner Natursehnsucht und seiner Kritik am Umgang mit den ländlichen Räumen, die er in seinem Buch zum zentralen Thema macht. Tesson ist ein sehr professioneller Autor und in Frankreich für seine Arbeit sehr bekannt und mit Preisen bedacht. Zum anderen war diese anstrengende Wanderung sein Projekt, um wieder zu gesunden. Ich bezweifele sehr, dass er sich in seinem Zustand auch noch allzuvielen Blicken allzuvieler Menschen aussetzen wollte. Egal, ob erschrockene, starrende oder fürsorgliche Blicke. Oder peinliche Blicke. Oder solche, die so tun, als wäre nichts. Dazu, vermute ich mal, war er gar nicht in der Lage. Er war wohl lieber für sich. Er hat den Weg gewählt, der für ihn richtig ist. Ich finde, dass man das ruhig respektieren kann. Ohne Hintergedanken.

Gruß chrisbee
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Frau Holle
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Re: Kinofilm “Auf dem Weg”

Beitrag von Frau Holle »

Ich vermute, es ging um deine ableistische Ausdrucksweise den Mann „verkrüppelt“ zu nennen. Mal ganz davon ab, dass eine Hemiparese sicherlich keine „Verkrüppelung“ ist (auch nlcht nach der Definition), ist diese Bezeichnung einfach wahnsinnig beleidigend.
Du hast es sicher nicht so böse gemeint wie es sich liest, aber die Reaktionen darauf sind natürlich nicht ungerechtfertigt.
u l t r e i a
Monoeagle
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Re: Kinofilm “Auf dem Weg”

Beitrag von Monoeagle »

Ich fand den Film ok, nur den Schauspieler kannte ich bisher nur aus Ulkfilmen (OSS 117) da war es sehr schwer ihn in einer ernsteren Rolle zu sehen. ;)
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