Stempelfrage auf der via podiensis

Pilgerwege in Frankreich
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HiPilgrims
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Stempelfrage auf der via podiensis

Beitrag von HiPilgrims »

Hallo liebe Forianer,

ich komme gerade von meiner Pilgerreise von Le Puy en Velay bis nach Figeac zurück. Mit Erstaunen musste ich feststellen, dass es ab hier keine Stempel mehr in den Kirchen gab, sondern ausschließlich in den Herbergen. Das hat für mich wenig mit einer "Jakobswegekultur" vielmehr mit kommerziellem Tourismus zu tun und ist enttäuschend. Also ich habe in zwei Kirchen einen Stempel erhalten, weil dort Ehrenamtliche saßen und Stempel vergeben haben, ich war allerdings mindesten s in 15 Kirchen.

Ansonsten musste ich leider auch feststellen, dass die Franzosen weiterhin wenig für die Gestaltung der Wege tun. riesige Steine auf vielen Wegen, die in keinster Weise das Laufen erleichtern und gerade im Regen sehr gefährlich sind. Es gab zudem außerdemhalb der Ortschaften sogut wie keine Bänke. Sehr schade, dabei sind viele Straßen gespeert für die Pilger und auch sonst tun die Franzosen viel für die Einrichtung von Gite communinales etc...

LG Heike
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Camineiro
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Re: Stempelfrage auf der via podiensis

Beitrag von Camineiro »

Hallo Heike,

die Qualität eines Pilgerweges von der Anzahl der Stempel in Kirchen und der Verfügbarkeit von Sitzbänken am Weg abhängig zu machen, halte ich für fragwürdig.

Du hast Deinen Stempel doch in der Herberge bekommen.
Weitere hättest Du Dir in Cafés, Gendarmerie oder zB in der Mairie abholen können.

Der Zweck von Kirchen ist nicht für vorbeiziehende Pilger Stempel bereit zu halten.
Du kannst froh sein, dass Du überhaupt in Kirchen hineingekommen bist.
Ich habe sie häufig verschlossen vorgefunden.
Gerne werden Stempel in Kirchen geklaut.
Wenn das ein paarmal vorkommt, wird es sich die Kirchengemeinde 3x überlegen, ob sie nochmal einen Stempel auslegt.

Zum sitzen und ausruhen auf dem Weg bedarf es keiner Bank.
Es gibt genügend andere Möglichkeiten … liegende Baumstämme, niedrige Mauern, etc.
Zur Not tut’s auch der eigene Rucksack.

Bänke sind bequem - ja.
Aber wer hat behauptet, dass ein Pilgerweg bequem sei?

Dein Bericht klingt für mich ein bisschen so nach „Der Tourist verlangt - der Pilger dankt!“.

Ultreia
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Simsim
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Re: Stempelfrage auf der via podiensis

Beitrag von Simsim »

HiPilgrims hat geschrieben: 12. Aug 2023, 09:25 Hallo liebe Forianer,

ich komme gerade von meiner Pilgerreise von Le Puy en Velay bis nach Figeac zurück. Mit Erstaunen musste ich feststellen, dass es ab hier keine Stempel mehr in den Kirchen gab, sondern ausschließlich in den Herbergen. Das hat für mich wenig mit einer "Jakobswegekultur" vielmehr mit kommerziellem Tourismus zu tun und ist enttäuschend. Also ich habe in zwei Kirchen einen Stempel erhalten, weil dort Ehrenamtliche saßen und Stempel vergeben haben, ich war allerdings mindesten s in 15 Kirchen.

Ansonsten musste ich leider auch feststellen, dass die Franzosen weiterhin wenig für die Gestaltung der Wege tun. riesige Steine auf vielen Wegen, die in keinster Weise das Laufen erleichtern und gerade im Regen sehr gefährlich sind. Es gab zudem außerdemhalb der Ortschaften sogut wie keine Bänke. Sehr schade, dabei sind viele Straßen gespeert für die Pilger und auch sonst tun die Franzosen viel für die Einrichtung von Gite communinales etc...

LG Heike
Dein Beitrag weckt bei mir eine Erinnerung:

Vor Jahren begegnete mir mal ein französischer Pilger auf der Strecke zwischen le Puy und Conques, die weithin bekannt ist als atemberaubend schön.
Er aber fand den Weg überhaupt nicht schön, beschwerte sich heftig über den Zustand der Naturpfade, steinige Wege, und den für seinen Geschmack zu großen Abstand der Einkehrmöglichkeiten. Er fand daher die Via Podiensis total enttäuschend und beschloss, das Pilgern aufzugeben.
HiPilgrims
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Re: Stempelfrage auf der via podiensis

Beitrag von HiPilgrims »

Hallo Simsim,

tatsächlich ist es so, dass ich zum ersten Mal wenig innere Ruhe gefunden habe, vielleicht aufgrund der Menge der Pilger, die ich so noch nie gefunden habe. Aber auch, weil ich gesehen habe wie sich ein über 70jähriges Ehepaar aus Australien mit denen ich drei Tage gelaufen bin, geschunden hat. Außerdem glaube ich, dass die Steine bewußt auf die Wege gekippt werden und die Wege deshalb eben keine Naturpfade mehr sind.

Ja, der touristische Aspekt scheint mir auf dieser Strecke zu überwiegen.

LG Heike
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Camineiro
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Re: Stempelfrage auf der via podiensis

Beitrag von Camineiro »

HiPilgrims hat geschrieben: 12. Aug 2023, 10:59
Ja, der touristische Aspekt scheint mir auf dieser Strecke zu überwiegen.

LG Heike
Ich bin gespannt darauf, wie touristisch und überlaufen Du es dann erst in Spanien empfinden wirst?!
Sofern Du nach den Erfahrungen auf der Via Podiensis noch die Absicht hast, dort zu pilgern.

Unter dem Aspekt wird Dir die Via Podiensis rückblickend im Vergleich vermutlich als wahres Paradies erscheinen. 😄
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Simsim
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Re: Stempelfrage auf der via podiensis

Beitrag von Simsim »

HiPilgrims hat geschrieben: 12. Aug 2023, 10:59 Hallo Simsim,

tatsächlich ist es so, dass ich zum ersten Mal wenig innere Ruhe gefunden habe, vielleicht aufgrund der Menge der Pilger, die ich so noch nie gefunden habe. Aber auch, weil ich gesehen habe wie sich ein über 70jähriges Ehepaar aus Australien mit denen ich drei Tage gelaufen bin, geschunden hat. Außerdem glaube ich, dass die Steine bewußt auf die Wege gekippt werden und die Wege deshalb eben keine Naturpfade mehr sind.

Ja, der touristische Aspekt scheint mir auf dieser Strecke zu überwiegen.

LG Heike
Dein Eindruck ist schon verständlich (und wird von vielen so geteilt) und wenn man in der Hochsaison diesen ersten Teil der Via Podiensis geht, kann man auf die Situation innerlich vorbereitet sein....
Es ist trotzdem möglich zu pilgern, d.h. vielleicht ein Stück Unbequemlichkeit anzunehmen, den Widerstand aufzugeben und sich auf alles einzulassen, wie es eben kommt. Dann gibt es manchmal mittendrin im Ungemach die wundervollsten Überraschungen....

Das mit den Steinen...Du meinst vielleicht groben Schotter, ja das kann in der Tat vorkommen, dass ein Landwirt seinen Wirtschaftsweg ein Stück schottert, um bei Nässe mit dem Traktor durchzukommen. Das ist aber keine böse Absicht gegen Pilger....
HiPilgrims
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Re: Stempelfrage auf der via podiensis

Beitrag von HiPilgrims »

Hallo Camineiro,

ich finde es einfach schade, dass die Kirchen auf einer Pilgerreise anscheinend nichtmehr so im Mittelpunkt stehen. Was müssen diese herrlichen Gebäude in früheren Zeiten für Anziehungspunkte gewesen sein. In unserer digitalüberfrachteten Welt können wir das garnichtmher so richtig einordnen. Mir geht es nicht um das Sammeln von Stempeln in Kirchen.
Ich glaube viele Menschen gehen auf Pilgerreise, weil sie (Lebens)fragen haben oder Entscheidungen treffen müssen. In der Bibel steht, wer anklopft, dem wird aufgetan. Ich liebe diese sakralen Räume, das Spiel mit Lichtern, Ornamenten, Gemälden, Statuen, Reliefs etc...
Ich glaube, dass eine Kirche ein Ort war und bleiben muss, in dem man Gott suchen und finden kann.
Ich habe Pilger getroffen, die die Kirchen garnichtmehr in erster Linie ansteuern, sondern Bars und Gites etc. und ohne Stempel besteht auch tatsächlich weniger Grund für Kirchenferne sich einem Kirchenraum auszusetzen. Ich fände es sehr schön, wenn die Kirchen in erster Linie Ziele einer Pilgerreise sind und ich glaube, dass man da vielmehr tun kann und tun sollte, dass sie es wieder werden. Ein Stempel in jeder Kirche wäre schon mal was, aber auch Gottesdienste, Musik etc.
Ich selbst liebe es in Kirchen zu singen, werde auch immer mal wieder auf Pilgerreise gebeten zu singen und merke, dass Kirchen lebendige Glaubensorte sein müssen und dass sie Antworten geben können.
Ich war vor ein paar Tagen in einer Kirche gesessen und habe die schönen bunten Fenster betrachtet. Plötzlich habe ich eine Person in gleicher Größe in unmittelbarer Nähe wahrgenommen und bin erschrocken. Beim genaueren Hinsehen war es eine lebensgroße Christusstatue mit Dornenkrone. Es hat mich zum Nachdenken gebracht...so gibt es vielleicht auch andere Assoziationen.
Ich glaube tatsächlich, dass man sehr viel mehr für die Attraktivität dieser so stark frequentiereten Wege tun sollte. Ein Pilger muss doch keine hochgefährlichen Wege gehen. Es wäre doch ein Akt der Nächstenliebe, wenn die Wege auch schön und gut begehbar sind.
Ja, du wirst lachen, aber ich habe tatsächlich auf dieser Reise beschlossen, den Camino del Norte weiter zu gehen.....(In erster Linie aber wegen der Hitze).
Liebe Grüße

Heike
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Pooh_der_baer
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Re: Stempelfrage auf der via podiensis

Beitrag von Pooh_der_baer »

Heike,

Viele Wege auf der Podinensis waren schon vor 13 Jahren reine Naturpfade mit dicken Steinen, die auch im daaligen trockenen Sommer
eine Herausforderung waren.
Bergauf ging es, aber bergab war es schon sehr anstrengend.
Die Kirchen waren schon damals meist geschlossen und Stempel gab es in Herbergen oder Bars.
Wer sich nicht erinnert, den bestraft die Zukunft.
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beliperegrina
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Re: Stempelfrage auf der via podiensis

Beitrag von beliperegrina »

HiPilgrims hat geschrieben: 12. Aug 2023, 09:25 riesige Steine auf vielen Wegen, die in keinster Weise das Laufen erleichtern und gerade im Regen sehr gefährlich sind.
Hallo Heike,

Naturpfade sind für mich Wege, die möglichst naturbelassen aber begehbar gehalten werden. Dass dort auch große Steine mal das Weitergehen behindern oder erschweren, ist m.E. Teil der Natur, wo nach Regenfällen mal mehr Steine den Weg beschwerlicher machen. Wegpflege heißt meiner Meinung nach vor allem, dass nicht alles bequem und leicht gestaltet wird, sondern dass die Markierungen ausreichend und keine wirklich gefährlichen Passagen ungesichert sind oder nicht vor ihnen gewarnt wird.
Als ich nach der Podiensis dann auf dem Francès war, war ich direkt etwas enttäuscht von den breiten Wegen, und habe im Nachhinein die Wege in Frankreich noch mehr geschätzt.

Dir weiterhin einen buen camino.
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Harinjo
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Re: Stempelfrage auf der via podiensis

Beitrag von Harinjo »

Ola Heike,

die französischen GR Wanderwege haben insgesamt eine Länge von ca 115.000 (eindhundertfünzehntausend !) Kilomter. Diese so zu gestalten dass sie jedem/er gerecht werden wird wohl kaum möglich sein.

Davon war ich auch schon einige km unterwegs. Aktuell auf dem GR34. Und kann nur sagen, dass ich begeistert bin wie gut die markiert, gepflegt und beisammen sind. Das es auf Naturpfaden Steine, Wurzel und sonstige Hindernisse gibt, liegt wohl in der Natur der Sache…. Ich finde diese Herausforderungen total Klasse und Abwechslungsreich 😉

Buen Camino
Harry
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