Die Pilgerspeisung im Parador

Geschichten, Erlebnisse, Geselligkeit. Hier wird sich getroffen und über die Pilgerei gequatscht
Christoph Kühn
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Re: Die Pilgerspeisung im Parador

Beitrag von Christoph Kühn »

Peregrino Klaus hat geschrieben: 22. Feb 2023, 22:31 Man sollte sich die Geschichte des Parador ansehen. Es wurde im 15. Jahrhundert als Krankenhaus für Pilger gegründet. Es war also für jeden Pilger gedacht. Heute ist es ein Schiki Miki Hotel das eigentlich nur von gutbetuchten Gästen genutzt werden kann. Diese Pilgerspeisung heute ist nur eine Alibifunktion dieses Hauses und die normalen Pilger lässt man ja auch nur in einen Nebenraum und hält sie von den "normalen" Pilgern fern. Man sollte vielleicht darüber nachdenken ob man so ein Angebot annehmen sollte. Für mich ist es unmoralisch.
Das Hotel "Hostal de los Reyes Católicos" im ehemaligen "Hospital Real" hat viel für die Pilgerbewegung getan. Und dies nicht alleine durch die gar nicht so schlechte Pilgerspeisung, die es inzwischen auch bereits seit mehreren Jahrzehnten gibt. Da sind in all den Jahren schon viele Mahlzeiten ausgegeben worden. Das Hotel überlässt zum Beispiel dem Erzbistum, dem Internationalen Expertenkomitee, der Universität von Santiago de Compostela und der Academia Xacobea seit vielen Jahren zu sehr günstigen Konditionen seine Räumlichkeiten, um Tagungen über die Pilgerfahrt durchzuführen. Ich habe selber bereits an so einer Tagung teilgenommen.

Der normale Pilger wird auch nicht von den Gästen des Hotels ferngehalten. Das Gebäude ist im Typus der sogenannten Kreuzhallenhospitäler errichtet, bei der vier Hallen von vier Seiten auf eine zentrale Kuppel zuführen. In der vorderen, auf die Plaza del Obradoiro ausgerichteten Halle finden häufig Kunstausstellungen statt, die öffentlich zugänglich sind - auch für normale Pilger. Und man wird, so meine Erfahrung, auch gerne in den zentralen Kuppelbereich vorgelassen, wenn man fragt.

Das Hotel ist übrigens nicht zur Pilgerspeisung verpflichtet; es handelt sich um eine freiwillige Leistung. Das Hotel hat Anfang der 1950er Jahre das marode Gebäude übernommen und restauriert. Es hat aber nicht die Rechtsnachfolge des 1492 gegründeten und 1501 in Betrieb gegangenen Hospital Real angetreten. Rechtsnachfolger des Hospital Real sind die kommunalen Kliniken, die damals an ihren heutigen Standort umgezogen sind.

Würde es tatsächlich heute noch eine Verpflichtung zur Pilgerspeisung aus dem Legat der Katholischen Könige Ferdinand und Isabella geben, dann läge diese bei den Kliniken. Diese haben aber nun wirklich anderes zu tun, als täglich zehn Pilger zu speisen. Sie kümmern sich nämlich um die Menschen, denen es wirklich schlecht geht und die einer Hilfe bedürfen. Davon profitieren nicht zuletzt auch Pilger im Fall einer Erkrankung. Denn in der Autonomen Region Galicien sind Pilger bereits durch ihren Status in der Gesundheitsfürsorge abgesichert. Und das ist die eigentliche Fortführung des Legats der Katholischen Könige.
Zuletzt geändert von Christoph Kühn am 23. Feb 2023, 08:21, insgesamt 1-mal geändert.
"70 Jahre nach dem Ende des 2. Weltkriegs sind in Europa wieder Städte von der Auslöschung bedroht."

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Simsim
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Re: Die Pilgerspeisung im Parador

Beitrag von Simsim »

Danke Christoph, für dieses Hintergrundwissen!

Vielleicht eine Hilfe zum Sinneswandel für diejenigen die das geschenkte Pilgeressen als unter Ihrer Würde empfinden.

Und irgendwie muss ich bei diesen Beschwerden an Menschen denken, die wirklich hungrig sind und kein Geld in der Tasche haben, das sie naserümpfend lieber bei MacDonald ausgeben, weil ihnen das Geschenk nicht genehm ist....

Ich habe auch dort überhaupt kein "Verstecken" der Pilger erlebt, einmal saß ich sogar mit einer Weggefährtin in unseren Wanderklamotten und mit dreckigen Schuhen in einem der Aufenthaltsräume, weiß aber nicht mehr, wie es dazu kam.
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Pooh_der_baer
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Re: Die Pilgerspeisung im Parador

Beitrag von Pooh_der_baer »

Hallo,

Ich habe in den drei Parador-Hotels auf dem CF nur erfreuliche Erinnerungen.
In Santo Domingo wollten sie mir sogar die Kaffeemaschine weit vor der Öffnungszeit einschalten.
Mußte aber erst den Reinigungsprozess durchlaufen. Dauerte mir zu lange.
In Leon wurde ich zum Umschauen "richtig" hereingebeten, als ich nur einen Blick hineinwerfen wollte.
Als ich nach dem Pilgerabendessen mich im Gebäude des Paradors SDC umsehen wollte, hieß es nur das Gebäude steht zur
Verfügung.
Wer sich nicht erinnert, den bestraft die Zukunft.
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VerlaufNix
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Re: Die Pilgerspeisung im Parador

Beitrag von VerlaufNix »

Vielen Dank Christoph für die Darstellung der Pilgerspeisung !

Also ich kann auch nur positiv berichten von meinem Mittagessen 2011, es war in einem hübsch eingerichtet Raum und wir hatten eine nette Pilger-Tischgesellschaft.

Der Vorschlag des Frühstück/Brunch im Parador finde ich auch interessant, ist ein paar Posts weiter oben hier im Beitrag.
Jakobsweg-Tagebücher:
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Kick2007
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Re: Die Pilgerspeisung im Parador

Beitrag von Kick2007 »

Ola,
ich habe mir schon zweimal nach Ankunft in Santiago das Frühstücksbufett im Parador gegönnt. Mit Rucksack und in Pilgerkleidung zur Rezeption gegangen und nachgefragt, ob die Möglichkeit als Nicht-Gast des Hotels besteht. Wurde sehr freundlich begrüsst und gebeten die Treppe hoch in den großen Frühstücksaal zu gehen. Dort ebenfalls sehr netter Empfang und ich konnte mir einen Platz aussuchen. Zahlen (21 Euro), könne ich nach dem Frühstück. Sehr nette Bedienungen und umfangreiches Bufett. Fühlte mich sowohl von Service-Mitarbeitern wie auch von den andern Gästen durchaus willkommen.
An einem andern Tisch saßen noch zwei weitere Pilger.

War schon ein Erlebnis.

Buen Camino
Kick
Hohle Töpfe haben den lautesten Klang. *Schakespeare*
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Matt Merchant
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Re: Die Pilgerspeisung im Parador

Beitrag von Matt Merchant »

Simsim hat geschrieben: 23. Feb 2023, 07:22 Vielleicht eine Hilfe zum Sinneswandel für diejenigen die das geschenkte Pilgeressen als unter Ihrer Würde empfinden. […] naserümpfend lieber bei MacDonald ausgeben, weil ihnen das Geschenk nicht genehm ist....
Danke, Simone.
Während ich Deine Invektiven lese, die ich wohl persönlich nehmen darf, schmiere ich gerade Brote in der Bahnhofsmission. Das besitzt eine gewisse ironische Fallhöhe.

Irgendwie fehlt mir langsam die Lust, mit Dir in diesem Forum weiter zu diskutieren.

Bitte überdenke doch mal Deinen Tonfall.
"Das Unscharfe um das Display herum, das ist der Camino.“ (frei nach M. M. Profitlich) :geek:
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Simsim
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Re: Die Pilgerspeisung im Parador

Beitrag von Simsim »

Matt Merchant hat geschrieben: 23. Feb 2023, 12:51
Simsim hat geschrieben: 23. Feb 2023, 07:22 Vielleicht eine Hilfe zum Sinneswandel für diejenigen die das geschenkte Pilgeressen als unter Ihrer Würde empfinden. […] naserümpfend lieber bei MacDonald ausgeben, weil ihnen das Geschenk nicht genehm ist....
Danke, Simone.
Während ich Deine Invektiven lese, die ich wohl persönlich nehmen darf, schmiere ich gerade Brote in der Bahnhofsmission. Das besitzt eine gewisse ironische Fallhöhe.

Irgendwie fehlt mir langsam die Lust, mit Dir in diesem Forum weiter zu diskutieren.
Das bleibt Dir überlassen, Matthias, aber anstatt Dich beleidigt abzuwenden, könntest Du auch einfach zugeben, dass Du Dich in Sachen Parador vielleicht geirrt hast... und wenn Du meinen Tonfall kritisierst, dann lies doch nochmal Deine eigenen Zeilen zu Deiner Erfahrung....und prüfe Deinen "Tonfall".

Das widerspricht ja nicht Deinen wohltätigen Aktionen, finde ich.

Ich habe mir halt zu oft auf dem Camino Abfälligkeiten
über angebliche böse Hintergründe der Gegebenheiten anhören müssen (wie z.b. auch das Fehlen der Küchenausstattung in galicischen öffentlichen Herbergen).
Die Nörgler wussten immer genau Bescheid, ohne mal nachzufragen und ohne wahrzunehmen, was für eine Großzügigkeit diese Herbergen in Wirklichkeit darstellen. Nur ein Beispiel...

Und ja, ich widerspreche Dir auch ansonsten manchmal, ist das so schlimm?
Zuletzt geändert von Simsim am 23. Feb 2023, 13:11, insgesamt 1-mal geändert.
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CyrusField
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Re: Die Pilgerspeisung im Parador

Beitrag von CyrusField »

Grundsätzlich wird in der Gastronomie fast nirgendwo mehr Essen weggeworfen, als bei Buffets. Gerade in besseren Häusern gilt, dass die Tabletts immer voll sein müssen - auf 5min vor Toresschluss. Angeblich "erwarten" die Gäste ja auch X Sorten Käse, Y Varianten an Wurst/Schinken und Z Arten Kaviar.

Ich finde, die Ablehnung dieses Angebotes hat mit dem persönlichen Würde-Niveau viel weniger zu tun, als mit einer gesunden Abneigung gegenüber Verschwendung. So halte ich es jedenfalls.

Dass das Angebot als solches positiv/nett/gut gemeint/historisch/wasauchimmer ist, bleibt davon ja unberührt.

Grüße
Stefan

P.S.: Kommt es nur mir so vor oder schlägt der allgemeine Ton hier im Forum viel schneller in eine nicht zielführende Richtung um, als "früher"? :?: :(
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Angelvalley
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Re: Die Pilgerspeisung im Parador

Beitrag von Angelvalley »

Hallo, ich war 2011, 2014 und 2017 jeweils 1x dort zum Mittag- oder Abendessen, freundliche Begleitung in das Esszimmer des Personal, gutes Essen, es war nichts zu beanstanden. Die "10 Einladungen" werden jetzt nur noch zentral über das Pilgerbüro vergeben, nicht mehr wie noch in vielen Führern beschrieben mit Compostela Kopie im Garageneingang.
Interessant war für mich auch die Möglichkeit einer eingehenden Besichtigungsmöglichkeit des gesamten Parador Erdgeschossbereich mit
Infostationen im Rahmen einer täglichen Öffnungszeit als Museum, damals 2 € ab Mittag. Die Öffnungszeiten aller SDC Museen, auch die des Parador sind in einer Übersicht der urbanen Tourist-Information Via .. zu erhalten/einzusehen. Danach habe ich noch in der sehr schönen Bar einen Cappuccino getrunken, alles rundum zu empfehlen.
Buen Camino Volker
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Simsim
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Re: Die Pilgerspeisung im Parador

Beitrag von Simsim »

Stefan:

Das kostenlose Pilgeressen und das Frühstücksbuffet sind zwei verschiedene Events. Beim Pilgeressen gibt es kein Buffet.
Georg 2
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Re: Die Pilgerspeisung im Parador

Beitrag von Georg 2 »

Simsim hat geschrieben: 23. Feb 2023, 13:08 Stefan:

Das kostenlose Pilgeressen und das Frühstücksbuffet sind zwei verschiedene Events. Beim Pilgeressen gibt es kein Buffet.
nochmal zum ablauf der Pilgerspeisung (11.02.23) ;)

sie fand um 13uhr im Restaurant (Enxebre) vom Parador statt,es gab ein 4 gänge Menu incl.Wein und Wasser
Empanada, Caldo Galego,Reis mit Meeresfrüchten,und Tarta de Santiago.

wir wurden genauso wie alle anderen gäste behandelt,es gab nichts zu klagen !
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Matt Merchant
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Re: Die Pilgerspeisung im Parador

Beitrag von Matt Merchant »

CyrusField hat geschrieben: 23. Feb 2023, 13:05 Grundsätzlich wird in der Gastronomie fast nirgendwo mehr Essen weggeworfen, als bei Buffets. Gerade in besseren Häusern gilt, dass die Tabletts immer voll sein müssen - auf 5min vor Toresschluss. Angeblich "erwarten" die Gäste ja auch X Sorten Käse, Y Varianten an Wurst/Schinken und Z Arten Kaviar. Ich finde, die Ablehnung dieses Angebotes hat mit dem persönlichen Würde-Niveau viel weniger zu tun, als mit einer gesunden Abneigung gegenüber Verschwendung.
...das bringt super auf den Punkt, was auch ich im Kern ausdrücken wollte.

Und dass diese Pilgerspeisung ein enormer Werbeeffekt für das Hotel ist - was ist an dieser These ketzerisch?
Wie oft erleben wir auf dem Weg, dass die Berufung auf alte Pilgertradition (auch) einem Werbeeffekt dient...

Vorschlag zur Güte: Wie wäre es, wenn das Parador die Pilger jeden Tag die Reste des Buffets containern ließe... Das wäre doch mal 'ne Hausnummer! :D
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Ötz
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Re: Die Pilgerspeisung im Parador

Beitrag von Ötz »

Also ich kann bei diesem Thema auch Matts und CyrusFields Beiträgen zustimmen und gehe in der Argumentation mit.

Daher möchte ich die Punkte nicht grundsätzlich wiederholen, aber mal das Ganze auf eine Metaebene hieven:

Spenden / Wolhtätigkeiten können sehr öffentlichkeitswirksam sein und die Reputation sowie das Ansehen des "Gebers" verbessern. Setzt man sich für seine Mitmenschen ein und fördert gemeinnützige Projekte, hat das einen positiven Effekt auf das eigene Image. Bill Gates mit seiner Philanthropie hat es zum Beispiel geschafft sich von einem der halsabschneiderischsten CEOs zu einem der am meisten bewunderten Menschen der Welt zu verwandeln. Sein eher aggressiver Führungsstil beispielsweise brachte Microsoft mehrere Gerichtsverhandlungen und hohe Geldstrafen aufgrund monopolistischer Geschäftspraktiken ein. Der Aspekt des "Reinwaschens" trifft auch auf unzählige weitere "Philanthropen" zu. Während in den eigenen Konzernen anhaltende Missstände bestehen, werden wohlhabende Eigentümer auf anderen Gebieten philanthropisch aktiv, statt bei sich selbst für bessere (Arbeits)Bedingungen zu sorgen.

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Simsim hat geschrieben: 23. Feb 2023, 13:05 wenn Du meinen Tonfall kritisierst, dann lies doch nochmal Deine eigenen Zeilen zu Deiner Erfahrung....und prüfe Deinen "Tonfall".
Und hier konnte ich beim wiederholten Lesen ehrlich gesagt nichts entdecken!?

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sei's drum. Der Containern-Vorschlag gefällt mir. :idea:
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Simsim
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Re: Die Pilgerspeisung im Parador

Beitrag von Simsim »

Das Problem mit dem "Tonfall" schriftlicher Beiträge ist nunmal die Tatsache, dass man diesen hineininterpretiert....je nach eigener Empfindlichkeit...
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Matt Merchant
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Re: Die Pilgerspeisung im Parador

Beitrag von Matt Merchant »

[ich zensiere einen getätigten Eigenbeitrag an dieser Stelle selber und versuche, durchzuatmen und einen Kräutertee zu trinken.]
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