Wie lange braucht man für den Camino Frances?

Von St. Jean Pied de Port auf dem navarrischen oder vom Somportpass auf dem aragonischen Weg nach Santiago
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Mimmy2022
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Wie lange braucht man für den Camino Frances?

Beitrag von Mimmy2022 »

Mich würde interessieren, wie lange die Leute hier im Forum für ihren Camino Frances gebraucht haben/sich Zeit genommen hatten.

Ich persönlich habe die Strecke von Saint Jean Pied de Port nach Santiago in 37 Tagen geschafft.

Darin enthalten sind ein paar Ruhe- und kürzere Tage. Mit dazu kommt natürlich noch die Hin- und Rückreise.

Ich bin kein langsamer Läufer, aber es gibt genügend die schneller unterwegs sind.
Kürzere Tage waren z. B. SJPDP nach Orisson und Orisson nach Roncesvalles. Anstatt das in einem Stück zu machen.


Warum stelle ich die Frage? Damit Leute in der Planung mehr als einen Anhaltspunkt (Wanderführer XYZ/Youtuber XYZ) haben, um ihren Zeitbedarf einzuplanen. Klar wäre unendlich Zeit am besten, aber nicht viele haben den Luxus ohne Zeiteinschränkung losgehen zu können.

Anhand meiner, eingeschränkten, Erfahrung würde ich für das erste Mal empfehlend sich mindestens 5 Wochen zunehmen, besser 6 oder mehr.

Ich hatte etwas über 6 Woche Zeit und hatte nie das Gefühl mich hetzen zu müssen, oder umbedingt Ort X zu einem bestimmten Zeitpunkt erreichen zu müssen. Am Ende war sogar noch genügend Zeit für ein paar Tage in Santiago und die Verlängerung meines Weges nach Finisterre.
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Camineiro
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Re: Wie lange braucht man für den Camino Frances?

Beitrag von Camineiro »

Beim 1. Mal hatte ich 7 Wochen Zeit eingeplant, weil ich meinen Zeitbedarf nicht einschätzen konnte.
Nach 28 Tagen/4 Wochen kam ich in Santiago an.
Zu dem Zeitpunkt war ich 47 Jahre alt und nicht sonderlich trainiert (Typ: Couchpotatoe).

Den 2. Camino frances bin ich 6 Jahre später (2014) mit 53 Jahren in 29 Tagen gepilgert.
Vor SJPdP war ich schon von der Via Podiensis kommend (Startort Figeac) ca. 2,5 Wochen gut eingelaufen.
Davor hatte ich mäßig, aber regelmäßig leichten Ausdauersport betrieben.

Meine Wandergeschwindigkeit liegt bei ca. 4,5 - 5 km/h.
Mein Tagespensum liegt bei ca. 7-8 Std. auf der Piste.
Im Extremfall können es auch schon mal 9 oder 10 Std. werden. Das ist aber eher die Ausnahme.
Darin sind kurze Kaffeestopps und 1-2 längere Stopps (Frühstück/Mittagspause) enthalten.

In aller Regel gehe ich den Camino ohne Pausentage durch.
Wenn ich mal etwas besichtigen möchte, mache ich an den Tagen kürzere Etappen, um früher irgendwo anzukommen.

Für längere Strecken wie den Cfrances oder Cnorte plane ich immer eine Handvoll Puffertage ein (plus 2-3 Tage An- und Abreise).
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Anhalter
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Re: Wie lange braucht man für den Camino Frances?

Beitrag von Anhalter »

Camino Frances | 2019 | 36/37 Jahre und Fit | 29 Wandertage | 5 Pausentage
Camino Frances | 2022 | 39/40 Jahre und Fit | 28 Wandertage | 3 Pausentage

Wäre beide Male vermutlich auch 1-2 Tage schneller möglich gewesen, aber ich genieße auch mal die Gesellschaft meiner Mitpilger und will denen nicht ständig davonrennen. Interessanterweise sspiegelt sich das auch in meinen Aufzeichnungen wieder. Bis Burgos (beim zweiten Mal) 24km im Schnitt, dort dann zwei gute Bekanntschaften verloren (hatten nur 2 Wochen), danach knapp 32km im Schnitt. War aber auch schön.
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Matt Merchant
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Re: Wie lange braucht man für den Camino Frances?

Beitrag von Matt Merchant »

Irgendwo habe ich doch mal gelesen, der Speed-Hiking-Rekord für den Francés liege bei 9 Tagen... :shock:
Aber diesen Sommer war ich nicht viel besser, als ich den Streckenabschnitt von Logrono bis Santiago gut und gerne in zweieinhalb innerlich getriebenen Wochen 'runtergerissen' habe...

Davon abgesehen, finde ich die Etappenteilung,wie sie 'Gronze' vornimmt, wirklich sehr elegant und auch hinreichend entschleunigt.
"Das Unscharfe um das Display herum, das ist der Camino.“ (frei nach M. M. Profitlich) :geek:
Kick2007
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Re: Wie lange braucht man für den Camino Frances?

Beitrag von Kick2007 »

Ola,
ich habe einmal 32 Tage und einmal 33 Tage gebaucht. Der Tag mehr war einem "Pausentag" in Leon geschuldet. Wunderbare Stadt, aber ich merkte, dass so ein Aussetzen auf dem Camino nichts für mich ist. Es fiel mir schwer morgens nicht weiterzuziehen,
Kick

 
Zuletzt geändert von Kick2007 am 30. Nov 2022, 08:58, insgesamt 1-mal geändert.
Was der Frühling nicht sät, kann der Sommer nicht reifen, der Herbst nicht ernten, der Winter nicht genießen.“ (Johann Gottfried Herder)
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Gertrudis
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Re: Wie lange braucht man für den Camino Frances?

Beitrag von Gertrudis »

Ich war, als ich in jungen Jahren den Francès gegangen bin, ab St.Jean 30 Tage unterwegs, gemütlich.

Was die " reichliche Zeit" anbelangt - gerade heuer habe ich erlebt, dass zu viel Zeit nicht unbedingt so toll ist. Mein nicht ganz so pilgererfahrener Freund und ich hatten uns einen Abschnitt auf der Via Francigena vorgenommen und reichlich Zeit dafür eingeplant, mit Pausentagen und Luft für Unvorhergesehenes... aber dann waren wir viel schneller (weil wir die durch die Herbergen vorgegebenen Etappen eingehalten haben, da andere Übernachtungsmöglichkeiten kaum zu kriegen waren, und eine "Pilgerfamilie" war dann auch entstanden...).
Die Rückfahrt mit dem Nachtzug war vorgebucht. Wir haben also die verbleibenden Tage vertrödelt, sind noch so ein bisschen rumgewandert, aber so richtig befriedigend war das nicht mehr...
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donjohannes
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Re: Wie lange braucht man für den Camino Frances?

Beitrag von donjohannes »

Ich bin ihn als junger (dummer) Bub, damals in den 90ern, als es noch etwas ruhiger war, gegangen. Von Oberösterreich aus waren das bei meiner Route (via Lourdes) etwa 2900 Kilometer. 63 Tage (davon 3 Ruhetage zum Kutte-Waschen) habe ich für die Gesamtstrecke gebraucht. Wenn ich mich richtig erinne, bin ich am 1. Juli in Saint-Jean-Pied-de-Port auf dem Boden des Pilgerbüros (gab kein freies Bett) aufgewacht und am 17. Juli (vormittags) in Santiago ums Kircheneck gebogen. Wie hilft nun jemandem diese Information?

"Hike your own hike" sagt man und ich meine, wieviele km jeder plant, sollte er weniger aus einem Buch oder den Posts anderer, sondern aus seinem "Geh-" und "Sehstil" entwicklen. Um den kennen zu lernen, läuft man ja in der Vorbereitung hoffentlich mal ein paar Tage in der Heimat, um zu sehen wie sich das anfühlt. Gerade ein Camino ist aber nicht nur eine körperliche Wandertour, sondern eine voll Religion, Begegnung und Kultur. Wie weit sich jemand auf die verschiedenen Aspekte einlassen möchte, hängt ganz von der Person und den eigenen Zielen ab. Da können selbst "zwei Monate" (nur schon auf dem CF) zu wenig sein - oder eben viel zu viel.

Was ist mein "Stil"? Das ist die Frage.
Nun, manche würden sagen, wer täglich 50 km geht, der kann nichts erleben oder sehen. Das ist ja nur eine hirnverbrannte "Rennerei". Oder man glaubt, man müsse abartig "fit" sein. Aber das ist eine genauso sinnfreie Anmerkung, wie im Grunde eine pauschale Durchschnittsetappenlänge als Vorbild hochzuhalten. Nehmen wir mein Beispiel zur Illustration. Ich war damals ohne Rucksack unterwegs. Ich trug Sandalen statt 2 Zentner schweren Wanderschuhen. Es war Sommer mit langen Tagen und nicht Herbst wo lediglich 12 Stunden Licht zur Verfügung stehen. Das war der Rahmen. Nun zu Stil. Ich erlebte damals - wie auch heute auf meinen Wegen - bereits die Dämmerung auf dem Weg noch bevor die Sonne kam. Ich war auch noch unterwegs, wenn die Sonne sich schon verabschiedet hatte. Es gibt kein schöneres Licht als diese goldenen Stunden. Die will ich nie hinter Mauern erleben, wenn es irgendwie geht. Mir ist das wichtig. Ich liebe flaches Licht. Weil weder Kaffee noch warmes Essen für mich irgendeinen Stellenwert besitzt und ich nach 7 Stunden in der Horizontalen nicht mehr liegen mag, bleiben mir also bis zu 17 Stunden jeden Tag, die ich auf dem Weg, in Kirchen, in einem Plausch oder unter einem Baum verbringe. Ich geh nicht schneller als andere. Die Landschaft rauscht nicht an mir vorbei. Ich geh nur mehr Stunden. Im Moment erlaubt dies mein Körper ohne Beschwerden oder Schmerz. Irgendwann wird das nicht mehr so sein. Ich genoss es am Camino in Spanien am Morgen in Gesellschaft unterwegs zu sein und jeden Tag neue Leute zu treffen, mit denen man stundenlang über Gott und die Welt quatschte - oder über schmalere Hüften, für die jemand sich aufgemacht hat. Und dann am Nachmittag, wenn die meisten ihren Tag beendet hatten, um für ein Bett Schlange zu stehen, zu "relaxen" (oder heute in ein Smartphone zu starren), "relaxte" ich am Weg und genoß die stillen Stunden, in denen man super nachdenken konnte. Ich bin wegen Hitze auch einfach eine Vollmondnacht mit ein paar Verrückten Amis mitgelaufen.

Wie soll man also sinnvoll auf die Frage antworten: "Wie lang braucht man für den CF". Nochmals, empfehle ich dem Leser dieser Zeilen das Motto: hike your own hike. Geh mal wandern daheim und schau wie es dir geht. Überleg dir, was du gerne machen möchtest. Ist ruhende Entspannung ein wichiger Teil, weil dein Urlaub und die Pause von der Arbeit solche Phasen braucht? Findest du Abendessen in Pilgerherbergen und gemeinsames Lachen bis tief in die Nacht, eines der schönsten Dinge, welches dich den Camino statt eines Wanderweg wählen lässt? Willst du ein Buch mitnehmen und in die Geschichte des Landes eintauchen, fotographieren und alle Kulturgüter bestaunen? ... Es gibt viele Arten den Camino zu gehen. Und die Zeit, die du dafür veranschlagst, hängt davon ab, welche Art deiner nahe kommt

[das "du" gilt nicht dem OP, sondern dem Leser, der auf die Frage des Fadens (m)eine Antwort sucht]
Österreich -Santiago 1998
Liechtenstein - Jerusalem und zurück 2013-14 (http://www.4kmh.com/neo)
Triest - Cannes (Via Alpina Sacra) 2018 ( http://www.4kmh.com/vas )
Irland - Italien (Via Columbani) 2022
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Via2010
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Re: Wie lange braucht man für den Camino Frances?

Beitrag von Via2010 »

Das hätte ich nicht besser ausdrücken können.

Erst wer sich, seinen Körper und seine Bedürfnisse genau kennt, kann den Zeitbedarf halbwegs zuverlässig veranschlagen. Manches ergibt sich auch erst aus den Erfahrungen am Weg.

Manches was früher unmöglich erschien, stellte sich für mich mittlerweile als ideal heraus. Pilgern ist auch ein Herantasten an die eigenen Grenzen.
angel2969
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Re: Wie lange braucht man für den Camino Frances?

Beitrag von angel2969 »

hallo,
ich plan jeweils 2 Tage für An- und Abreise ein sowie zwei Pausentage, die restlichen Tage kalkuliere ich mit 20 km/tgl, so dass ich in etwa weiß wie weit ich komme, in der Regel laufe ich aber 25 bis 30 km, damit bin ich bisher ganz gut hingekommen, und konnte falls erforderlich auch einen Pausentag einlegen
Mimmy2022
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Re: Wie lange braucht man für den Camino Frances?

Beitrag von Mimmy2022 »

Ich wollte mich einmal für alle bisherigen Antworten schonmal bedanken.
Gertrudis hat geschrieben: 28. Nov 2022, 22:10 Was die " reichliche Zeit" anbelangt - gerade heuer habe ich erlebt, dass zu viel Zeit nicht unbedingt so toll ist. Mein nicht ganz so pilgererfahrener Freund und ich hatten uns einen Abschnitt auf der Via Francigena vorgenommen und reichlich Zeit dafür eingeplant, mit Pausentagen und Luft für Unvorhergesehenes... aber dann waren wir viel schneller (weil wir die durch die Herbergen vorgegebenen Etappen eingehalten haben, da andere Übernachtungsmöglichkeiten kaum zu kriegen waren, und eine "Pilgerfamilie" war dann auch entstanden...).
Die Rückfahrt mit dem Nachtzug war vorgebucht. Wir haben also die verbleibenden Tage vertrödelt, sind noch so ein bisschen rumgewandert, aber so richtig befriedigend war das nicht mehr...
Hier kommt das Thema Rückflug/-fahrt vorbuchen oder nicht, zum tragen.

Ich denke, wenn man sich soviel Zeit wie möglich nimmt, sollte man die Heimreise möglichst spät buchen, damit man nicht in eine solche Situation kommt.
Ich verstehe, das manche aus z. B. finanziellen Gründen, das vorher schon machen, aber wenn man es unterwegs macht, dann kann man den Weg besser genießen. Unter Voraussetzung der technischen Hilfsmittel.
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