zu Fuss pilgern nicht zeitgemäss?

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Ötz
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Re: zu Fuss pilgern nicht zeitgemäss?

Beitrag von Ötz »

chrisbee hat geschrieben: 5. Jan 2023, 15:15 (...) . Dahinter kommt gleich (nach meiner Zählweise) die Verwendung von „islamophob“. Denn diese Begrifflichkeit ordne ich einer Kampfrhetorik zu - nicht bloß wegen ihrer inzwischen inflationären Anwendung, sondern auch wegen ihrer assoziativen und Bedeutungsnähe zu einer psychischen Pathologie.

chrisbee
Ich stimme dir teils zu.

Ich stimme dir zu:
Statt -ophob wäre -feindlich der passendere Begriff gewesen. Wenngleich Islamophobie, Homophobie etc. Sich "eingebürgert" haben, und so auch selbst im Duden zu finden sind...

(Anmerkung: ähnliches fehlendes Fingerspitzengefühl wäre dann allerdings auch beim veralteten Terminus "Moslems" anzukreiden)

Ich verwehre mich allerdings der Unterstellung einer "Kampfrhetorik": ich sprach von "fahrlässig, undifferenziert, wenn nicht gar schlimmstenfalls latent islamfeindlich (ursprünglich: islamophob)"....Ich sagte also nichtmal, dass der Verfasser zwangsläufig islamfeindlich sein müsse (-schob sogar schon vorbeugend eine Entschuldigung im letzten Passus meines Beitrags nach-) , sondern, dass mir nur ein Adjektiv aus dieser Auswahl treffend scheinen kann.
Vielleicht wäre hier eine Motivationaerklärung zur Threaderstellung hilfreich?

Wie komme ich auf Islamfeindlich? Wie genannt, empfände ich das bewusste Zeichnen oder Verbreiten eines Zerrbildes, das doch nur negativ gelesen werden kann als "feindliche Handlung".

Wenn ich hier in einem Pilger(!)forum (-also für Menschen mit Passion fürs Gehen-) suggeriere, als gäbe es zwei Gruppen (zeitgenössischer islamischer Deutungen), und davon parliere, dass eine Gruppe hiervon das zu Fuss gehen als Folter (!!) betrachte, und nicht kennzeichne, dass das aber eine Randposition ist, dann kann ich kein Wohlwollen erkennen, sondern frage mich: why? Wohin soll das führen? Und auch wie von pooh_der_baer gefragt wurde: "Warum soll ich mir Gedanken machen, ob Fußpilgern im Islam zeitgemäß ist?"


Ich selbst hätte wohl bei der Eröffnung dieser Diskussion das verbindende Element, den Akt und die Tradition(en) des Pilgerns hervorgehoben, die Tatsache das Muslime rund 1300 Jahre die hajj eben auch häufigst zu Fuss absolvierten und von mir aus es in jüngster Zeit Kontroversen gibt, zu diesen dann aber besser recherchiert, aus Primärquellen und ausgewogen zitiert, und dabei mit Q22:27 begonnen.


Ps: ich freue mich wirklich über Diskussionen, Für-und Widersprüche. Ich habe mich in diesem Forum ja noch nicht häufig eingebracht.
Aber ich bin doch erstaunt, dass die Diskussion sich eigentlich bislang nicht auf meine inhaltlichen Kernaussagen bezog, sondern spitzfindig Randaspekte meiner Beiträge (, einzelne Wörter und andere "handwerkliche Fehler" - die ich ja gerne bei Aufdeckung als solche anerkenne -) Widerstand hervorrufen.
Christoph Kühn
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Re: zu Fuss pilgern nicht zeitgemäss?

Beitrag von Christoph Kühn »

Ötz hat geschrieben: 5. Jan 2023, 17:11 Aber ich bin doch erstaunt, dass die Diskussion sich eigentlich bislang nicht auf meine inhaltlichen Kernaussagen bezog, sondern spitzfindig Randaspekte meiner Beiträge (, einzelne Wörter und andere "handwerkliche Fehler" - die ich ja gerne bei Aufdeckung als solche anerkenne -) Widerstand hervorrufen.
Mit Verlaub, wenn ich darauf hingewiesen habe, dass im Thread nicht nur ein einzelner islamischer Theologe, sondern gleich drei mit noch dazu unterschiedlichen Auffassungen über Verlinkungen zu Wort gekommen sind, und wenn ich überdies darauf aufmerksam machte, dass es auch aus vermeintlich entlegenen Weltregionen zitierfähige Stimmen der Weltkirche gibt, dann sind das weder Randaspekte noch Spitzfindigkeiten, sondern Erwiderungen auf Deine inhaltlichen Kernaussagen.

Neben den drei Gelehrten Mujahid Balussery, Haris Madani und Ahmad Kutty wurde als vierte Stimme auf den Regisseur Ferroukhi eingegangen, der das noch einmal ganz anders sieht, und schließlich als fünfte Stimme auf den Protagonisten des ganzen, den Pilger Shihab. Das mag bei weitem nicht die Sichtweisen innerhalb der islamischen Welt abdecken, ist aber doch mehr als "zwei Gruppen (zeitgenössischer islamischer Deutungen)". Ich finde, dass ein Ergebnis der hier geführten Diskussion ist, dass es eine Vielfalt von Auffassungen zu diesem Thema innerhalb des Islam gibt. Unbestritten ist das Spektrum der Auffassungen noch breiter als hier dargestellt.

Was hat dies nun mit mir und meinem Pilgern zu tun?

1. Interessanterweise habe ich eine Parallele zu meiner (katholischen) Kirche festgestellt, nämlich dass auch nach Auffassung meiner Kirche ein Pilger durch größere Anstrengungen keine Extrabelohnung bei Gott erwarten darf. Man erhält in Santiago keinen größeren Ablass, weil man zu Fuß gegangen ist. In dem "sola gratia" der Reformationskirchen spielt der Belohnungsgedanke ohnehin keine Rolle.

2. Desweiteren finde ich die Aussagen bemerkenswert, die Selbstdarstellung und Streben nach Resonanz als Motivationen für eine Pilgerfahrt ablehnen. Auch das betrifft uns und wir können als christliche Pilger in dieser Hinsicht von unseren islamischen Geschwistern etwas mehr Demut und Bescheidenheit lernen.

Nein, das ist kein Pejurativum, sondern ein - zugebenermaßen etwas laienhafter - Blick über den Gartenzaun.

Viele Grüße

Christoph
"70 Jahre nach dem Ende des 2. Weltkriegs sind in Europa wieder Städte von der Auslöschung bedroht."

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chrisbee
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Re: zu Fuss pilgern nicht zeitgemäss?

Beitrag von chrisbee »

Ein wenig differenzieren möchte ich dann doch noch. Denn, lieber Otz, islam-„feindlich“ halte ich auch nicht für unbedingt besser als „phobisch“. Die Begrifflichkeit haut in dieselbe Kerbe. Und „homophobisch“, was du zum Vergleich nimmst, hat eine psychologisch handfeste Grundlage in der Verdrängung und Abwehr eigener, zumeist unbewusster homosexueller Regungen. Aber Islam? Wo und wie könnte der in mir stecken und mir dabei nicht bewusst sein???

„Muslimen-Feindseligkeit“ (in Anlehnung an Xenophobie) könnte ich als Begriff eher nachvollziehen, auch unter „anti-islamistisch“ kann ich mir gut etwas vorstellen, denn mit Islamismus gibt es entsprechende Erfahrungen (die Anti-Haltungen hervorgeholt haben). Aber „Islamophobie“ halte ich nicht zuletzt deshalb für Kampfrhetorik, weil es seine Erfinder und Verbreiter genauso gemeint haben, nämlich als Diffamierung.

Und die geht, Recherchen zufolge, die vor etlichen Jahren vor allem in Frankreich angestellt wurden, auf die späten 70er Jahre und auf Ajatollah Khomeini bzw. sein Umfeld zurück – als man im Zuge der islamischen Revolution im Iran den „Gottesstaat“ einführte. Die neuen Machthaber machten seinerzeit alles und jeden und jede schlecht und stellten sie auch als krank hin, wenn er/sie nicht für sie war oder bloß religiös indifferent war oder vielleicht sogar gegen die neue Unterdrückung und Bevormundung (siehe Wiedereinführung der Verschleierung von Frauen) agierte. Damals haben viele Menschen (nicht nur Anhänger des Shah Pahlavi) das Land verlassen... (Aktuell sieht es nicht besser aus)

Auch in meinem Umfeld befinden sich seit damals Iraner. Womit ich zu einem weiteren Punkt komme: Die Beschäftigung mit Islam ist beileibe nicht modisch. Sie hat wegen 2001 eher Auftrieb bekommen und neue Kreise erfasst.
Zumindest in meinem Umfeld gab es da auch immer öffentlich Streit. Denn die islamische Revolution hatte auch im Westen jede Menge Freunde. Zum einen Kommunistenhasser (in Afghanistan machten sich damals Taliban auf, die Sowjets zu vertreiben, also wurden sie unterstützt) und in klerikalen Kreisen, die den Aufstieg einer Religion grundsätzlich begrüßten. Aber auch von aufgeklärter Seite und sog. Linken, die sich in dieser Revolution als natürliche Verbündete im Kampf gegen Kapitalismus, Kolonialismus, Imperialismus usw. verstanden.

Für die Geflüchteten war das der reinste Albtraum. Vor allem für Frauen. Ich erinnere mich noch gut daran, wie hier in Kreisen engagierter Frauen, die eigentlich für Gleichberechtigung waren, Ideen aufkamen, die um „die Freiheit unter dem Schleier“ kreisten.

Die Rede von der Islamophobie hat ein eine riesen Karriere gemacht. Sie wurde weltweit exportiert und wird heute, so würde ich sagen und zitiere dich einmal, „fahrlässig, undifferenziert“ gegen alles Mögliche in Stellung gebracht. Fast schon so, als dürfe man sich als „Westler“ um seine Mitmenschen keine Gedanken mehr machen. Sie hat ihren innerislamischen Raum längst verlassen. Als Begründung für „Islamophobie“ wird heute gern „Rassismus“ angeführt, der in westlichen Weißen strukturell (siehe westlicher Kolonialismus) verankert sei. Womit unterstrichen wird, dass auch Aggressionen immer nur von Nicht-Muslimen ausgehen.

Es handelt sich um Diskussionen, die mir hier in Frankfurt seit Jahrzehnten vertraut sind. Dir sind sie es vermutlich nicht. Sie erklären vielleicht einiges.

Gruß, chrisbee
Ötz
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Re: zu Fuss pilgern nicht zeitgemäss?

Beitrag von Ötz »

chrisbee hat geschrieben: 7. Jan 2023, 10:19 Ein wenig differenzieren möchte ich dann doch noch. (...) Aber „Islamophobie“ halte ich nicht zuletzt deshalb für Kampfrhetorik, weil es seine Erfinder und Verbreiter genauso gemeint haben, nämlich als Diffamierung.

Und die geht, Recherchen zufolge, die vor etlichen Jahren vor allem in Frankreich angestellt wurden, auf die späten 70er Jahre und auf Ajatollah Khomeini bzw. sein Umfeld zurück – als man im Zuge der islamischen Revolution im Iran den „Gottesstaat“ einführte.

Gruß, chrisbee
Vielen Dank für die Verteidigung einer vermutlich nicht-geschriebenen Doktorarbeit zum Thema.

1. Ohne mich in der Tat allzu vertieft damit beschäftigt zu haben, da ich mich dann doch an Duden/Wikipedia bei meiner Sprachverwendung in einem Laienforum orientiere, meine ich, man könne auch sehr viele weitere Begriffe wissenschaftlich problematisieren und doch ist das in einem Laien-Gespräch nicht praktisch. Wieso sollten wir auch jedes Mal z. B. den Begriff "Kultur" definieren, wenn man doch annimmt, dass das Gegenüber das Gemeinte versteht? Auch Homophobie wird ja alltagssprachlich kaum in dem von dir referierten Sinne verwendet... Oder hast du hier andere Erfahrungen?

Daher meine Frage: Hast du wirklich nicht verstanden, was ich mit "islamophob" resp. "Islamfeindlich" meinte, oder ist das nur ein gelungener Nebenschauplatz, die Diskussion umzulenken? Ein Reizwort, bei dem du dich qua Ausbildung sicher fühlst?

2. In einer Sache muss ich dir aber dann doch inhaltlih widersprechen. Ohne den Forschungsstand genau zu kennen! Ich bin überzeugt, der Begriff "Islamophobie" geht ganz gewiss nicht auf die Iranische Revolution zurück.
Eine griechischer Wortstamm "Phobie" existiert im Persischen nicht, und Ayatullah Khomeini bezeichnete unverschleierte Frauen deswegen auch sicherlich nicht als „islamophob“, sondern vermutlich eher als zed-e eslam („gegen den Islam“)....
Islamophobie müsste daher gewiss ein eher westlich (nicht zerlegen :shock: !) geprägter Begriff sein, vermutlich in Frankreich entstanden...

3. Ich frage mich, was uns das Referat über die Entstehungsgeschichte einer totalitären Staatsform (-das Wort ist gewiss falsch! -) wie im Iran, die sich unbestreitbar auf den Islam beruft, unter Nennung anderer extremistischer (Zitat "islamistischer") Bestrebungen denn generell bringen soll? Wieder ein Zerrbild, das den Islam bzw. die Islame negativ kontextualisiert? Was hat das mit einer existenten oder nicht Existenten Theologie des Pilgerns zu tun?

4. nein ich meine nicht anti-islamistisch..sondern antiislamisch/islam feindlich. Hierzu finde ich keine Hinweise, die das differenzieren.

5. VORSCHLAG: Dieser Thread beschäftigt sich nach Entgegnung von chrisbee, sofern sie das möchte und dann wiederum noch andere Wortmeldungen beitragen möchten, wieder oder überhaupt einmal mit der Frage wie die Religion Islam zur Fuss-Pilgerei steht, und alles weitere wird (wenn nötig oder gewünscht) in PNs ausdiskutiert.

Grüssle
Ötz

Ps: auf den Beitrag von Christoph Kühn habe ich bereits mit einer PN reagiert und meine Freude über die doch so positiven Erkenntnisgewinne mitgeteilt. ;)
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chrisbee
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Re: zu Fuss pilgern nicht zeitgemäss?

Beitrag von chrisbee »

Schade

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Re: zu Fuss pilgern nicht zeitgemäss?

Beitrag von Ötz »

chrisbee hat geschrieben: 7. Jan 2023, 11:28 Schade

chrisbee
Ja. Aber ich versichere, bin gewiss nicht (latent) frauenfeindlich.

Denn blicke ich auf weitere Beiträge von dir, fällt mir ohnehin nur "Alter weisser Mann" ein und auch das darf es ja geben... ;)
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Matt Merchant
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Re: zu Fuss pilgern nicht zeitgemäss?

Beitrag von Matt Merchant »

Irgendwie kann ich der Debatte inhaltlich nicht mehr so recht folgen, bin ich da der einzige…?
Puh… :?

Aber was ich weiß, ist, dass das Pilgerforum per se auch für muslimische Interessierte offen und attraktiv sein soll. Ein paar Mekka-Threads haben wir ja zumindest auf der symbolischen Ebene gebastelt.
Was hier aber natürlich fehlt, wäre ein interessierter Hadschi, von dem wir hier alle etwas aus erster Hand lernen könnten.
Freiwillige vor! 😏

Wallah,
Matt
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Pooh_der_baer
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Re: zu Fuss pilgern nicht zeitgemäss?

Beitrag von Pooh_der_baer »

Hallo,

schon interessant, wie sich dieses Thema entwickelt.
Es wurde etwas in den Raum gestellt.
Wenige befassten sich mit dem Thema.
Der Initiator dieses Faden, meldete sich gerade noch einmal.
Die Diskussion hat mit dem Eingangsthema nichts mehr zu tun.
Wer sich nicht erinnert, den bestraft die Zukunft.
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Pooh_der_baer
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Re: zu Fuss pilgern nicht zeitgemäss?

Beitrag von Pooh_der_baer »

Matt Merchant hat geschrieben: 7. Jan 2023, 12:07
Was hier aber natürlich fehlt, wäre ein interessierter Hadschi, von dem wir hier alle etwas aus erster Hand lernen könnten.
Ich kann mitteilen, was uns der türkische Nachbar berichtete.
Er flog mit einer Pilgergruppe nach Saudi-Arabien.
Die Gruppe wurde während der gesamten Zeit von einem Pilgerführer betreut,
der sie entsprechend der Abläufe anleitete und sich auch sonst um das Wohlbefinden der
Gruppe kümmerte. So wie mir der Nachbar mitteilte, sei die der Standard.
Wer sich nicht erinnert, den bestraft die Zukunft.
Ötz
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Re: zu Fuss pilgern nicht zeitgemäss?

Beitrag von Ötz »

Matt Merchant hat geschrieben: 7. Jan 2023, 12:07 Was hier aber natürlich fehlt, wäre ein interessierter Hadschi, von dem wir hier alle etwas aus erster Hand lernen könnten.
Freiwillige vor! 😏
Ich bin vorhin auf folgendes Interview gestoßen:

https://iisev.de/229-0-Ist-der-Weg-das- ... ichen.html

Im Übrigen haben die beiden Brüder einen Reise-Blog bzw. existiert eine Ruine oder ein Fundament hiervon:

http://sohndesweges.blogspot.com/p/die-sohne.html?m=1

Wenn ich das richtig sehe, begann ihre Pilgerreise nach Mekka auf Jakobswegen.

-----------

Letzte Bemerkung von mir zum Diskussionverlauf:
Pooh_der_baer hat geschrieben: 7. Jan 2023, 16:47 schon interessant, wie sich dieses Thema entwickelt.
Es wurde etwas in den Raum gestellt.
Wenige befassten sich mit dem Thema.
Der Initiator dieses Faden, meldete sich gerade noch einmal. Die Diskussion hat mit dem Eingangsthema nichts mehr zu tun.
Genau darum geht es mir: Es wird einfach (und nicht zum ersten Mal) IRGENDETWAS hier zum Islam in den virtuellen Raum gestellt (-aus meiner Sicht tendenziös die Religion ablehnend -), jedenfalls aber ganz gleich, was es vielleicht bei Muslim*innen auslösen kann, und wenn man dann versucht, das zu schildern und aufzuzeigen, dass der Zugang nicht gerade sensibel/empathisch/dialogorientiert/wohlwollend/wertschätzend u.ä. gewählt ist, gerät die Diskussion ausser Rand und Band, es beginnt eine Wortglauberei und die Diskussion begibt sich auf Nebenschauplätzen.

Mich, eine dem Islam sehr verbunden, kränkt eben ein solcher Zugang zu islam-bezogenen Themen und ich habe bestmöglich versucht, das zum Ausdruck zu bringen und argumentativ zu unterlegen.
Mögen nun alle Leser*innen für sich urteilen. Dazu nehme ich nicht weiter Stellung.
Matt Merchant hat geschrieben: 7. Jan 2023, 12:07 Aber was ich weiß, ist, dass das Pilgerforum per se auch für muslimische Interessierte offen und attraktiv sein soll.
So sehe ich das auch. Pilgern ist für alle da!
Leider ist das in diesem Forum aber kein Konsens.
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Pilgerbär
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Re: zu Fuss pilgern nicht zeitgemäss?

Beitrag von Pilgerbär »

Also das mit dem Islamfeindlich habe ich nicht verstanden. Das die meisten hier möglicherweise nur rudimentäre Kenntnisse von dieser Religion haben kann natürlich sein. Aber solche oder ähnliche Anekdoten kann ich von meinem Christ-sein auch in ausreichender Menge anführen.


Viele unserer muslimischen Mitbürger haben allerdings ebenfalls nicht allzuviel Wissen über ihre Religion und benutzen diese schlicht als Alleinstellungsmerkmal.

Andererseits hatte ich bereits mehrfach die Möglichkeit mich mit wirklich gläubigen Zu unterhalten und, soviel kann ich sagen, war mir stets eine Freude und weiß um die verbindenden Elemente. Das hat allerdings nichts mit dem Discountislam zu tun der leider oft vorherrscht.

So, und nun zum Thema: Mal abgesehen davon, dass es mich nicht betrifft ob ein Moslem jetzt zu Fuß geht, reitet, biket, fliegt...sollten wir dem Initiator vielleicht Unkenntnis unterstellen aber erstmal keine böse Absicht oder gar eine Angststörung.

Einverstanden?
Ultreya, euer Pilgerbär
Christoph Kühn
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Re: zu Fuss pilgern nicht zeitgemäss?

Beitrag von Christoph Kühn »

Via Comitis hat geschrieben: 3. Dez 2022, 15:00 Die eine Seite sagt, es sei eine Wahl, während die andere Gruppe sagt, es gleicht körperlicher Folter und sei daher im Islam nicht erlaubt."
Fairerweise muss ich sagen, dass die unkommentiert zitierte Aussage aus einem verkürzenden Presseartikel nun wirklich sehr krass ist und ich Ötz verstehen kann, dass ihn das ärgert. Diese Aussage gibt die Kontroverse nicht nur verkürzt wieder, sondern ist offensichtlich auch noch falsch übersetzt worden: Im Artikel von AWAZ - The Voice steht "it amounts to phsical torture", was nicht zwangsläufig "es gleicht körperlicher Folter" bedeuten muss. Hier ist statt "Folter" eher "Selbstquälerei" gemeint. Die Aussage zielt in die Richtung, dass der Islam von seinen Gläubigen nicht verlangt, sich selbst zu quälen, um die Religion ausüben zu können. Manche würden sagen, man könne niemanden daran hindern, es dennoch zu tun, und andere seien dahingehend konsequenter, dass es nicht im Sinne des Islams wäre. In diesem Punkt gebe es eine Kontroverse.

An der ganzen Geschichte um den Pilger Dr. Shihab Chittur (oder Chottur, es findet sich beides) ist m. E. weitaus bemerkenswerter, dass Shihab mit seiner Reise in Indien eine regelrechte Bewegung ausgelöst hat. Wenn man die Bilder in den Berichten sieht, haben sich ihm offenbar dort, wo er durchgekommen ist, hunderte von Menschen angeschlossen und sind ein Stück mitgegangen. Das scheint er wohl selbst in diesem Ausmaß nicht geplant zu haben, aber es zeigt doch, dass bei all diesen Menschen Bedürfnisse vorhanden zu sein, ihren Glauben nicht nur in Glaubensbekenntnis, Gebet, Fasten, Wohltätigkeit und Pilgerfahrt mit modernen Mitteln, sondern auch körperlich durch ein Gehen auszudrücken.

Sehen wir in Indien einen Aufbruch zu einer neuen Spiritualität des Pilgerns, so wie wir ihn ab den 1970er Jahren im Christentum Europas erlebten? Gibt es innerhalb der islamischen Theologie auch Stimmen, die dem Fußpilgern selbst einen geistigen Wert beimessen, wie dies in der katholischen Theologie Walter Heim, Anselm Grün, Josef Sudbrack, Medard Kehl, Christof May, Michael Rosenberger, Martin Lörsch und Jürgen Bärsch getan haben?

Das sind die beiden wichtigsten Fragen, die mir durch die Beschäftigung mit diesem Thema gekommen sind.

Shihab ist offenbar an der indisch-pakistanischen Grenze gestoppt worden, weil er kein Visum erhalten hat. Es gibt aber auch in Pakistan Menschen, die sich - u. a. durch die Einlegung von Rechtsmitteln - dafür einsetzen, dass er seine Pilgerwanderung fortsetzen kann.

Viele Grüße

Christoph
Zuletzt geändert von Christoph Kühn am 7. Jan 2023, 23:35, insgesamt 1-mal geändert.
"70 Jahre nach dem Ende des 2. Weltkriegs sind in Europa wieder Städte von der Auslöschung bedroht."

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Re: zu Fuss pilgern nicht zeitgemäss?

Beitrag von Ötz »

Pilgerbär hat geschrieben: 7. Jan 2023, 22:12 Also das mit dem Islamfeindlich habe ich nicht verstanden.
Eine absichtliche Verbreitung von Fakenews / bewusstes Erstellen von Zerrbildern definiere ich als ein feindliches Handeln.
Pilgerbär hat geschrieben: 7. Jan 2023, 22:12 Viele unserer muslimischen Mitbürger haben allerdings ebenfalls nicht allzuviel Wissen über ihre Religion und benutzen diese schlicht als Alleinstellungsmerkmal.
1. Relevanz?, 2. Woher kannst du das beurteilen, gibt es Nachweis oder ist das nur ein "Gefühl" oder dummes Geschwurbel?
Pilgerbär hat geschrieben: 7. Jan 2023, 22:12 Andererseits hatte ich bereits mehrfach die Möglichkeit mich mit wirklich gläubigen Zu unterhalten.
Erneut: Wer bist du, um zu definieren, wer "wirklich gläubig" ist?
Pilgerbär hat geschrieben: 7. Jan 2023, 22:12 Das hat allerdings nichts mit dem Discountislam zu tun der leider oft vorherrscht.
Was ist denn bitte Discountislam? Eine mir unbekannte religiöse Strömung innerhalb des Islam? Oder nur eine weitere Verunglimpfung: Und was ist nun am billigsten, Discountchristentum, Discountislam oder Discountatheismus?
Pilgerbär hat geschrieben: 7. Jan 2023, 22:12 So, und nun zum Thema: Mal abgesehen davon, dass es mich nicht betrifft ob ein Moslem jetzt zu Fuß geht, reitet, biket, ..
1.es heisst Muslim. Moslem ist veraltet und wird auch (von einigen Muslimen) abwertend gelesen. Schlimmer wäre freilich noch Mohammedaner, Sarrazener, o. ä.
2. Wenn einen etwas nicht betrifft oder tangiert, wäre eine mögliche Strategie zu schweigen. Es muss ja nicht heißen, dass es deshalb nicht andere betrifft/interessiert.
3. Das Forum heisst Pilgerforum. Die Hajj ist eine Pilgerfahrt. Warum sollte sie nicht hier hineinpassen?

Laut Moderator seien hier im Forum Muslime ja ebenso willkommen.
Pilgerbär hat geschrieben: 7. Jan 2023, 22:12 .sollten wir dem Initiator vielleicht Unkenntnis unterstellen aber erstmal keine böse Absicht oder gar eine Angststörung..
-Die Unterstellung einer Angststörung kam nicht von mir. Ich habe ausführlich dargelegt, dass ich -phob alltagssprachlich verwendete und Verständnis geäußert, dass es bessere Begrifflichkeiten gäbe.
- ob nun Unkenntnis oder böse oder andere Absicht vorlag, ließ ich offen. Genaue Lektüre hilft auch hier.

-------

Für mich ist Pilgern für alle da. Ich dachte auch bislang, Pilgernde seien tendenziell weltoffene, tolerante, begegnungs- & dialogorientierte Menschen.
Leider gewinne ich in diesem Forum zunehmend einen gegenteiligen Eindruck.

Ich wiederhole: Laut Moderator seien hier im Forum Muslime ja ebenso willkommen.

Daran zweifle ich mittlerweile...
Es mag eventuell einen Grund haben, weshalb sich sonst noch keine Menschen dieses Glaubens, sich in diesem Forum zur islamischen Religion bekannt und eingebracht haben.
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Re: zu Fuss pilgern nicht zeitgemäss?

Beitrag von Ötz »

Christoph Kühn hat geschrieben: 7. Jan 2023, 23:02 Gibt es innerhalb der islamischen Theologie auch Stimmen, die dem Fußpilgern selbst einen geistigen Wert beimessen, wie dies in der katholischen Theologie Walter Heim, Anselm Grün, Josef Sudbrack, Medard Kehl, Christof May, Michael Rosenberger, Martin Lörsch und Jürgen Bärsch getan haben?
Die gibt es ganz bestimmt. Vielleicht nicht in der Konkretisierung und in Form eigener Abhandlungen, aber Q22:27 und eine Überlieferung von Ibn Annas, Cousin des Propheten Mohammed und als einer der ältesten Exegeten des Korans sowohl bei Sunniten und Schiiten anerkannt, bieten dafür eine Steilvorlage.

Ibn Abbas soll nämlich ausdrücklich für die Fusspilgerei (anstelle der Reiterei) geworben haben und zwar an seinem Sterbebett soll er seinen Söhnen gesagt haben, dass sie die Pilgerfahrt zu Fuß durchführen sollem, denn der zu Fuß gehende Pilger erhalte mit jedem Schritt, den er tut, siebenhundert gute Taten von den guten Taten der heiligen Moschee.

Und in der Tat achten nahezu alle Muslime darauf, manche Wegstrecken der Hijjra zu Fuß zu gehen, darunter fällt der Übergang von Mekka zum Arafat und nach Mina.

Und auch beim Durchführen der Umra/kleinen Pilgerfahrt gilt es als besser, zu Fuß zu gehen und das so gesparte Geld für gute Zwecke auszugeben. Finde leider keine deutsch- oder englischsprachigen Quellen hoerzu.
Christoph Kühn hat geschrieben: 7. Jan 2023, 23:02 Die Aussage zielt in die Richtung, dass der Islam von seinen Gläubigen nicht verlangt, sich selbst zu quälen, um die Religion ausüben zu können. Manche würden sagen, man könne niemanden daran hindern, es dennoch zu tun, und andere seien dahingehend konsequenter, dass es nicht im Sinne des Islams wäre. In diesem Punkt gebe es eine Kontroverse.
Auch das kann ich unterzeichnen und trifft eher mein Verständnis des Diskurses.

Ich wage zu behaupten, dass Mehrheitsmeinung sei, man sollte sein eigenes Urteilsvermögen bei der Wahl des Transportmittels verwenden. Mein Schwiegervater würde dazu sagen, man solle gehen, wenn es einfacher ist und einen näher zu Gott bringt, aber fliegen/Bus fahren/reiten, wenn man zu schwach zum Gehen ist oder befürchtet, dass das Gehen einen zu schlechtem Verhalten bewegt und den Wert seiner Handlungen oder Gedanken mindert.

Ps: Die Geschichte von Pilger Dr. Shihab Chittur finde ich ebenfalls sehr beeindruckend.
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Matt Merchant
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Re: zu Fuss pilgern nicht zeitgemäss?

Beitrag von Matt Merchant »

Lieber Ötz,

ich glaube, ich verstehe Deinen Standpunkt. In der Tat leidet der interreligiöse Dialog oft unter der Unkenntnis seiner Beteiligten: wir wissen viel zu wenig über den Islam, zumal es oft auf das 'Schulhof-Phänomen' hinausläuft, dass immer nur diejenige Minderheit beachtet wird, die sich am lautesten schreiend auf die Brust schlägt: im Falle praktisch gelebten Islams sind dies halt die Fanatist*innen und Fundamentalist*innen...
Aber die sind nicht 'der' Islam. Logisch.

Allemal nehme ich gerade Deinen Text zum Anlass, Sure 22;27 aufzuschlagen (ich habe hier Übersetzung Khoury und Übersetzung Ullmann/Winer; welche empfiehlst Du? - um ein praktisch unübersetzbarers Buch zu übersetzen) und lerne wirklich dazu. Für solche Erweiterungen des Geistes liebe ich dieses Forum.

Weniger liebe ich dieses Forum für seine persönlichen Grabenkämpfe. Ich glaube, Pilgerbär hast Du gründlich missverstanden. Den kenne ich hier eher als augenzwinkernd-deeskalierenden Freund mit großem Humor. Mit "Discount-Islam" meint er sicher etwas ähnliches wie wir Christ*innen unsere berühmten "U-Boot-Christen", die ich als Pfarrer nur zu Weihnachten in der Kirche sehe. Vielleicht ist der Begriff unglücklich gewählt; aber es gibt ja in der Tat solche Phänomene:
Ich denke zum Beispiel an den Rapper Farid Bang, dessen Texte an Gewalt und Menschenverachtung nicht zzu übertreffen sind. Zugleich ist er als Privatmann Farid Hamed El Abdellaoui ein gläubiger Muslim und bricht Interviews zickig ab, sobald er gefragt wird, wie er beides moralisch vereinbaren könne... Ich glaube, solche machohafte Doppelmoral meinte der Bär: Den Koran hochhalten, aber nicht nach ihm leben... Das gibt es im Islam ebenso wie im Christentum (das Gleiche mit Ballermann-Sänger Mickie Krause: privat ein engagierter Protestant).

Ich finde hier solche Debatten wichtig. Dafür ist ein Forum da. Aber lass(t) uns bitte den Stachel aus der Debatte ziehen.
Nicht alles hier ist persönlich kränkend gemeint. Wenn ich offen sein darf: Du musst wohl etwas aufpassen, dass Du im Eifer der Verteidigung nicht selbst (versehentlich?) zum Angreifer wirst.
Cool down, Ötz. Ich glaube, wir können hier viel von Dir lernen. Wenn Du Deine Energie weniger in meterlange Korrektur-Spalten investierst, sondern in Beiträge zu den Themen, wo wir hier auch was lernen können... :-)

Alles Liebe,
Matthias (Danke für Deine PNs, die beantworte ich etwas später :-)
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