Bea beschmiert wegweiser

Allgemeine Diskussionen zur Pilgerei und ihrer Geschichte
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Frau Holle
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Re: Bea beschmiert wegweiser

Beitrag von Frau Holle »

Zur Information: Ich habe den Namen des Accounts im Eingangsbeitrag entfernt, da Dread Lock sich seit dem 10.10. nicht mehr eingeloggt hat und es somit nicht selbst tun kann/ wird.

Zum Thema:

Ich habe letzte Woche hinter Tui zwei vollgeschmierte Bäume gesehen und mich darüber wirklich geärgert:

Bild

Ich meine, Schilder und Steine sind das Eine, die leben nicht und es stört sie nicht wenn da Eddinggiftstoffe drauf landen, aber denken die Menschen wirklich nicht nach wenn sie ihren Permanentmarker auf den Stamm eines lebendigen Baumes drücken?!
u l t r e i a
Beas_pilgerreise
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Re: Bea beschmiert wegweiser

Beitrag von Beas_pilgerreise »

Guten Tag.

Ich bin die, über die ihr hier schreibt.
Nach dem ich alles gelesen habe, finde ich es erstaunlich, das mich keiner von euch persönlich angeschrieben hat um mir sein Unwohlsein mitzuteilen. Naja einer hat es gemacht, zwar öffentlich kommentiert unter einem Beitrag, wo die Worte sehr angreiflich waren aber naja immerhin.
Und dann hat mich eine Frau angeschrieben und mir diesen link geschickt, das hier über mich und meine Kritzeleien geschrieben und geurteilt wird.
Ich gebe selber zu, das es vielleicht nicht ganz so cool war überall hinzuschreiben und meinen Account zu verlinken, aber getan ist getan und ich habe draus gelernt.
Wenn ihr wüsstest warum ich das gemacht habe, was ich gemacht habe, würdet ihr alle nur halb so viel diskutieren und über mich urteilen, aber keiner schreibt mich persönlich an, wo ihr doch alle meinen Account Namen kennt.
Zum klarstellen, ich wollte keine Follower dazu gewinnen, ich habe den Account vor meinem Aufbruch für meine Familie und Freunde gemacht, das ich nicht jedem einzelnen schreiben muss, wo ich bin und das es mir gut geht, sondern haben den Account angelegt und jeden Tag abends einen Beitrag über den Tag verfasst. Am Anfang waren es nur kurze Beiträge und oberflächliche Beschreibungen aber am Ende waren es persönliche und tiefe Tagebucheinträge.
Ich wollte als ich ein Interview bei mir im Radio gab und merkte das mir lokale Menschen folgten, Menschen gerade Frauen und junge Erwachsene animieren es auch zu wagen und anhand meines Beispiels zeigen, das man es schaffen kann, 3400m zu Fuß zu pilgern, wenn man nur an sich selber glaubt.

Warum „Kritzeleien“ ?!?!
Kurz hinter mir pilgerte jemand, den ich über Insta kennen gelernt habe und habe für ihn so, kleine Botschaften hinter lassen, Mitte Frankreich hat er mich eingeholt und wir sind bis Santiago die letzten 1,5Monate zsm gepilgert. Ja die Kritzeleien waren nicht die beste Idee, das sehe ich jetzt ein und für meinen nächsten großen Weg von DO nach Rom werde ich mir etwas anderes überlegen, das nicht so viel Diskussionen und schlechte Stimmung verbreitet.
Anstatt noch weiter zu diskutieren, könnt ihr ja mal bessere Vorschläge machen wie man Leute ein Lächeln aufs Gesicht zaubern kann, anhand von Wegweisern 💭

Ich wünsche euch trotzdem besinnliche Festtage und einen guten Rutsch ins neue Jahr.

Buen Camino
Bea 🥾🐚💪🏾
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donjohannes
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Re: Bea beschmiert wegweiser

Beitrag von donjohannes »

Hallo Bea,

es gibt viele Möglichkeiten jemandem auf einem Pilgerweg ein Lächeln auf das Gesicht zu zaubern. Nette Gesten. Jemandem zuhören. Jemandem helfen. Alles Dinge, die man in persona machen kann.

Man kann aber auch anonym bleiben. Hier etwas aus der sogenannten "Trail-Angel" Kategorie (Trail Angel nennt man Wohltäter auf den langen Weitwanderwegen der USA).

- Geh in eine Bar, trink deinen Kaffee. Bezahl für 2 Kaffee und sag dem Bartender, dass der extra bezahlte Kaffee für den nächsten Pilger ist, der in die Bar kommt und einen bestellt. Man kann dazu auch einen mehrsprachigen erklärenden Text vorbereiten, auf eine Karte drucken und auf den Weg mitnehmen. Die Karte gibt man dem Bartender und dieser soll sie mit dem Kaffee dem Pilger zur Erklärung geben (und der Text auf der Karte könnte zb den Pilger einladen, das gleiche für den nächsten Pilger zu tun. So werden aus einer guten Tat vielleicht viele gute Taten. Vielleicht werden viele zu Schenkenden und Beschenkten)

- Bei einem Besuch im Supermarkt ein paar extra unverderbliche Speisen (nur hygienisch Verpacktes), Getränke, Süßigkeiten, kaufen, welche je nach Jahreszeit Wärme aushalten. Das ganze in einen Sack und mit auf den Weg genommen. An geeigneter Stelle (vielleicht nicht in der prallen Sonne und wo Tiere ran können) hinterlässt man die Sachen und ein Schild: "Zur Stärkung für Pilger" (ein paar Sprachen, je nach Weg). Ist mir schon in den 90ern auf dem Camino passiert und das war großartig.

- Wenn nicht weit hinter dir auf dem Weg jemand ist, den du grüßen möchtest (und wo nicht tausende gehen), dann leg den (Spitz)Namen mit kleinen Steinen, Zapfen oder mal es in den Staub. Für ein Lächeln sollte das reichen.

Was die Diskussion hier im Forum betrifft - und dein Posting als Antwort:
Ich glaube, es geht hier nicht darum, dass die Sprüche "nicht die beste Idee" waren, wie du es formuliert hast, sondern, dass sie schlicht Vandalismus darstellen, der niemanden freut (schon gar nicht jene, welche die Wegweiser aufgestellt haben und die dir damit das Gehen erleichtert haben). "Getan ist getan", schreibst du. Ja. Das stimmt wohl. Aber dann entschuldigt man sich am besten und hat vielleicht sogar noch einen Vorschlag parat: "Zur Widergutmachung werde ich auf meinem nächsten Weg - wenn schon nicht den eigenen -, dann den Vandalismus anderer entfernen und ein paar der Schilder auf dem Weg nach Rom putzen. Denn, wie gesagt, alleine bist du mit diesem "Bedürfnis" gewiss nicht. Das wäre eine coole Ansage, zeigt Einsicht, Verantwortung und Reife. Wir machen alle Fehler. Wir meinen es dabei auch keineswegs immer böse. Im Anschluss kommt es dann darauf an, wie wir damit umgehen.

Ansonsten, einen schönen Weg nach Rom.
Österreich -Santiago 1998
Liechtenstein - Jerusalem und zurück 2013-14 (http://www.4kmh.com/neo)
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ldrunner2
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Re: Bea beschmiert wegweiser

Beitrag von ldrunner2 »

donjohannes hat geschrieben: 27. Dez 2022, 20:08 Hallo Bea,

es gibt viele Möglichkeiten jemandem auf einem Pilgerweg ein Lächeln auf das Gesicht zu zaubern. Nette Gesten. Jemandem zuhören. Jemandem helfen. Alles Dinge, die man in persona machen kann.

Man kann aber auch anonym bleiben. Hier etwas aus der sogenannten "Trail-Angel" Kategorie (Trail Angel nennt man Wohltäter auf den langen Weitwanderwegen der USA).

- Geh in eine Bar, trink deinen Kaffee. Bezahl für 2 Kaffee und sag dem Bartender, dass der extra bezahlte Kaffee für den nächsten Pilger ist, der in die Bar kommt und einen bestellt. Man kann dazu auch einen mehrsprachigen erklärenden Text vorbereiten, auf eine Karte drucken und auf den Weg mitnehmen. Die Karte gibt man dem Bartender und dieser soll sie mit dem Kaffee dem Pilger zur Erklärung geben (und der Text auf der Karte könnte zb den Pilger einladen, das gleiche für den nächsten Pilger zu tun. So werden aus einer guten Tat vielleicht viele gute Taten. Vielleicht werden viele zu Schenkenden und Beschenkten)

- Bei einem Besuch im Supermarkt ein paar extra unverderbliche Speisen (nur hygienisch Verpacktes), Getränke, Süßigkeiten, kaufen, welche je nach Jahreszeit Wärme aushalten. Das ganze in einen Sack und mit auf den Weg genommen. An geeigneter Stelle (vielleicht nicht in der prallen Sonne und wo Tiere ran können) hinterlässt man die Sachen und ein Schild: "Zur Stärkung für Pilger" (ein paar Sprachen, je nach Weg). Ist mir schon in den 90ern auf dem Camino passiert und das war großartig.

- Wenn nicht weit hinter dir auf dem Weg jemand ist, den du grüßen möchtest (und wo nicht tausende gehen), dann leg den (Spitz)Namen mit kleinen Steinen, Zapfen oder mal es in den Staub. Für ein Lächeln sollte das reichen.

Was die Diskussion hier im Forum betrifft - und dein Posting als Antwort:
Ich glaube, es geht hier nicht darum, dass die Sprüche "nicht die beste Idee" waren, wie du es formuliert hast, sondern, dass sie schlicht Vandalismus darstellen, der niemanden freut (schon gar nicht jene, welche die Wegweiser aufgestellt haben und die dir damit das Gehen erleichtert haben). "Getan ist getan", schreibst du. Ja. Das stimmt wohl. Aber dann entschuldigt man sich am besten und hat vielleicht sogar noch einen Vorschlag parat: "Zur Widergutmachung werde ich auf meinem nächsten Weg - wenn schon nicht den eigenen -, dann den Vandalismus anderer entfernen und ein paar der Schilder auf dem Weg nach Rom putzen. Denn, wie gesagt, alleine bist du mit diesem "Bedürfnis" gewiss nicht. Das wäre eine coole Ansage, zeigt Einsicht, Verantwortung und Reife. Wir machen alle Fehler. Wir meinen es dabei auch keineswegs immer böse. Im Anschluss kommt es dann darauf an, wie wir damit umgehen.

Ansonsten, einen schönen Weg nach Rom.
@donjohannes *daumen hoch halte* und Danke!
Bon Camino

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Simsim
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Re: Bea beschmiert wegweiser

Beitrag von Simsim »

Tolle kreative Vorschläge Johannes, ganz besonders die mit dem bezahlten Kaffee und dass ab da dann immer jeweils ein Kaffee vorbezahlt ist, wenn jeder damit weiter macht.
Zuletzt geändert von Simsim am 28. Dez 2022, 14:53, insgesamt 1-mal geändert.
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Matt Merchant
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Re: Bea beschmiert wegweiser

Beitrag von Matt Merchant »

Aber, liebe Bea,

erstmal toll, dass Du hier auftrittst und Gesicht zeigst!
Über Motive und Konsequenzen der getätigten "Schild-Bürgereien" kann man wahrlich kritischer Meinung sein.
Aber ich finde es erst einmal beeindruckend, dass Du hier ein Statement veröffentlichst, möglichem Shitstorm zum Trotz.

Ich schließe mich Don Johannes' schönen Alternativ-Vorschlägen vollumfänglich an und ergänze:
Herzlich willkommen im Pilgerforum.

Matthias
"Das Unscharfe um das Display herum, das ist der Camino.“ (frei nach M. M. Profitlich) :geek:
Berta71
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Re: Bea beschmiert wegweiser

Beitrag von Berta71 »

Hallo,
auch ich habe mich in diesem Thema geärgert über diese Schmierereien....
Möchte aber auch sagen und mich meinen Vorrednern anschließen, Bea, schön dass Du dich hier dazu meldest.
Sicher fallen Dir andere gute Ideen auch ein. Die Vorschläge von Don Johannes finde ich klasse, besonders das mit dem Kaffee.
Mir selbst ist es auf meinem Camino so ergangen, dass ich 5 EUR fand, auf denen drauf stand das man sie mitnehmen darf.
Ich habe das getan, nicht weil ich es brauchte, sondern weil ich aus Dankbarkeit daraus eine Spendenaktion gemacht habe. Habe mir ein Schild gemalt das sichtbar am Rucksack war und damit weitere Spenden gesammelt, die an die Organisation Leukämie online gingen als ich zuhause war. (Wer mehr dazu wissen möchte, gerne ne PN an mich) Wäre sicher auch ne Idee für andere (Organisationen) zum nachmachen!? Es haben sich auch sehr gute Gespräche oftmals ergeben.

Lg Brigitte
Römer 8, 38-39 🙏👑
Poorboy
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Re: Bea beschmiert wegweiser

Beitrag von Poorboy »

Hallo Bea,
Es gibt so viele Dinge mit denen man anderen Wanderern ein Lächeln aufs Gesicht zaubern kann.
Eine tolle Möglichkeit ist die sogenannte "Landart". Dabei wird mit Naturmaterialien Kunst kreiert. Die gestapelten Steine sind ein Beispiel, die jeder kennt. Auch ein Stück Holz, das bemalt oder geschnitzt wurde wäre eine Möglichkeit. Dabei ist darauf zu achten, dass das Material sich wieder in die Natur einfügt wenn das Kunstwerk zerfällt. Wir haben oft aus Steinen, Holzstücken oder Pflanzenteilen die Zahl der zurückgelegten Kilometer auf den Weg gelegt. Ob das jetzt jemanden ausser uns interessiert weiss ich nicht, jedenfalls verschwindet die Markierung schnell wieder.
Im Übrigen finde ich es durchaus interessant die Blogs von Reisebekanntschaften zu lesen. Du kannst deinen Blog z.B. in Gästebüchern, an Pinnwänden in Unterkünften, auf Visitenkarten ( die du an Interessierte verteilen kannst) und durch ein Schild an deinem Rucksack bewerben. Somit ist eventuell auch ein persönlicher Bezug da, der den Blog, für mich zumindest, noch spannender macht.
Mit den relativ neuen sozialen Medien müssen wir alle erst lernen richtig umzugehen. Wenn du unsicher bist, ob es ok ist deinen Blog auf die eine oder andere Art zu promoten, dann wende doch einfach Kant mit seinem kategorischen Imperativ an - das funktioniert immer!
Wenn du einen Eindruck bei anderen Pilgern und Menschen auf dem Weg hinterlassen willst, dann schenke ihnen Zeit. Höre den Menschen zu und sprich mit Ihnen. Ich habe viel Zeit mit Reisen verbracht und die Menschen, die ich getroffen habe waren immer ein grosser Teil der Faszination des Reisens für mich. Ein sogenannter analoger Blog ist immer ein Höhepunkt für mich: zusammen abhängen und sich Geschichten erzählen! Sei einer von diesen Menschen....
Ich wünsche dir alles Gute.
LG
Bruno
"Afoot and light-hearted I take to the open road, healthy, free, the world before me, the long brown path before me leading wherever I choose."
- Walt Whitman
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donjohannes
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Re: Bea beschmiert wegweiser

Beitrag von donjohannes »

Poorboy hat geschrieben: 31. Dez 2022, 09:02 dann wende doch einfach Kant mit seinem kategorischen Imperativ an - das funktioniert immer!
Vielleicht zur Erklärung. Der Kategorische Imperativ besagt, dass man so handeln solle, dass man gleichzeitig wollen können muss, dass das eigene Handeln zu einer allgemein und für alle gültigen Maxime würde. Kant hoffte damit Moral auf eine Vernunftbasis zu stellen, die keine externe Bergründung braucht.
"Kritzeln wäre gut, wenn man wollen könnte, dass das freie Kritzeln für alle als Maxime gelten kann." Es scheint, als könne man dies kaum wollen und daher ist freies Kritzeln schlecht.

Philosophische Klammer
[
Brunos "das funktioniert immer" ist durchwegs im Alltag tauglich. Aber wenn man den Hinweis erlaubt: Als ethischer Gesamtentwurf wie bei Kant funktioniert er allerdings nicht.
Denn auch, wenn es auf den ersten Blick wie die biblische "Goldene Regel" daherkommt ("Tu anderen, was du auch an dir getan sehen willst") funktioniert es in dieser Form des Imperativs als ethisches Grundgesetz immer noch auf einer schweigend angenommenen Basis eines zugrundeliegenden Wertsystems (hier zb "eine möglichst Kritzel-arme Welt ist wünschenswert", "eine Welt in der es Privateigentum gibt, ist gut" etc...). Diese Werte kann aber Kants Ethik selbst nicht herleiten. Kant (wie viele Aufklärer) - und wir heute noch - operieren auf dem Substrat christlicher/antiker/naturrechtlicher Wertvorstellungen. Und so wie Kant setzen wir sie oft voraus, können sie aber nicht nach den Regeln dieser neuen Ethik begründen. Das hat die Kritik an Kant (von Hegel, über Nietzsche, über Hoerster, Macinytre oder Elizabeth Anscombe) eigentlich sauber herausgestellt. Ein Beispiel, vielleicht, wo man das Problem auch schnell selber sieht. Wenn Kants kategorischer Imperativ grundnormtauglich sein soll, dann sind auch Dinge, die wir wohl alle gut nennen wollen, plötzlich nicht mehr gut. Man nehme einen Franz von Assisi, der beschließt sein Vermögen den Armen zu geben und selbst unter ihnen arm zu leben. Nach Kants kat. Imp. wäre das keine gute Handlung, denn auch ein Franz man kann nicht wollen, dass dieses Handeln zur Lebensweisung für ausnahmslos alle wird (darum gründete Franz zum Beispiel auch den Dritten Orden). Aber nach Kants Imperativ wäre Franz von Assisi tatsächlich ein schlechter Mensch (ein moralisch verwerflich Handelnder). Und da haben wohl die meisten eine andere Intuition. Kantianer versuchen darauf natürlich zu antworten... Und Kritiker kritisieren die Antworten. Das füllt dann Bücher und geht über einen Diskussionsfaden hinaus.
]
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Poorboy
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Re: Bea beschmiert wegweiser

Beitrag von Poorboy »

Danke donjohannes, das hast du sehr schön erklärt!
Ich gebe zu das Wort "immer" ist tatsächlich fehl am Platz. Ich habe meine Aussage tatsächlich, wie du auch sehr richtig interpretiert hast, auf die Anwendung im Alltag bezogen.
Die philosophische Grundsatzdiskussion, die du hier startest, ist wohlbekannt und geht tatsächlich über diesen Faden hinaus. Die zugrundeliegende Wertvorstellung (nicht bekritzelte Wegweiser als Ideal) ist hier wahrscheinlich durchaus gegeben. Ich will jetzt mal aussen vor lassen, dass es sich beim bekritzeln eines Wegweisers auch um Sachbeschädigung handelt. Wie gesagt, es handelt sich um eine Alltagssituation...
Du hast aber vollkommen Recht donjohannes: Wer sagt denn, dass die o.g. Wertvorstellungen von allen geteilt wird? Hergeleitet kann diese ja mit Kant's Grundsatz nicht! Man kann, und soll vielleicht sogar, durchaus auch solche Dinge in Frage stellen. Vielleicht gibt es ja durchaus manche Pilger*Innen, die es begrüßen, dass an den Wegweisern Verweise auf Blogs usw. sind. Zumal ich Bea's Markierungen sehr leichtfertig als "Kritzeleien" abgetan habe. Es kann sich durchaus um Kunst handeln (definiere Kunst!) und die Art und Weise wie sie diese präsentiert kann an sich eine Performance und somit Kunst sein. Vielleicht will sie uns spießige Forianer ja überführen und wir sind mit unserer Selbstgerechtigkeit und der leichtfertigen Annahme, dass auf dem Camino allgemeine Wertvorstellungen so ohne weiteres allgemein anwendbar sind, prompt in die Falle getappt?
Das will durchaus bedacht sein!
Eigentlich wollte ich aber nur sagen: Denk halt darüber nach wenn du irgendwas machst, ob es cool wäre wenn das alle machen würden! Ich glaube wenn wir uns diese Frage alle etwas öfter stellen würden, dann wäre schon viel gewonnen.
Aber ganz richtig: Wie so oft auf dem Lebensweg stolpert man leicht über die eigenen Beine 😉
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chrisbee
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Re: Bea beschmiert wegweiser

Beitrag von chrisbee »

Soweit ich Kant verstanden habe, würde aus Franz von Assisi kein „schlechter Mensch“ - er handelte lediglich gegen die praktische Vernunft. Und die ist nicht in Stein gemeißelt.

chrisbee
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Ezekiel
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Re: Bea beschmiert wegweiser

Beitrag von Ezekiel »

Man darf kein öffentliches Eigentum verunstalten, wenn es auf Dauer angelegt ist. Gegen temporäre Kunst ist dagegen nichts einzuwenden.

Ich beispielsweise verzierte auf meinem letzten Camino Frances auf ziemlich vielen Verkehrszeichen die Rohrpfosten mit Aufklebern, die das Wappen des 1. FC Köln trugen - wobei ich da augenscheinlich nicht der Erste war. Leider hatte ich nur 250 Aufkleber dabei, so dass ich ab Burgos sparsam sein musste, aber in SdC hatte ich immerhin noch 4 übrig...

Der Aufkleber löst sich in 12-18 Monaten selbständig auf und verschwindet.

Das Wappen des 1. FC Köln ist aber auch höchst christlich:
- Köln ist die Stadt, in der die Gebeine der Heiligen Drei Könige auf ihre Auferstehung warten;
- das Wappentier, der Geißbock oder besser G.O.A.T. steht für "Greatest of all Time", also den katholischen Gott, anderseits ist der Ziegenbock auch ein beliebtes Opfertier;
- FC steht eigentlich, so die Inschrift im Kölner Dom, für die lateinische Abkürzung CF, die da heißt: cōnferre, cōnferō, contulī, collātum, was als "sacramenta conferre" (die Sakramente spenden) gedeutet wird.
- 1. steht für den einzigen wahren Gott als Vater, Sohn und Heiliger Geist.

Insofern ist das Anbringen des umweltfreundliche Aufkleber des 1. FC Köln - wie kein anderer - ein coactus feci für jeden wahren Pilger, dies würde selbst Kant so sehen.

Möge jeder sich selbst prüfen, ob er frei von Sünde ist, anstatt Bea zu belehren oder gar wie ein Pfaffe Sühne anzupreisen. Sei du selbst die Veränderung, die du dir wünschst für die Welt (frei nach: MahatmaGlück MahatmaPech).

Gottes reichen Segen im neuen Jahr wünscht
Ezekiel
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Icecube84
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Re: Bea beschmiert wegweiser

Beitrag von Icecube84 »

Ezekiel hat geschrieben: 3. Jan 2023, 11:02
[...]
Ich beispielsweise verzierte auf meinem letzten Camino Frances auf ziemlich vielen Verkehrszeichen die Rohrpfosten mit Aufklebern, die das Wappen des 1. FC Köln trugen

[...]

Der Aufkleber löst sich in 12-18 Monaten selbständig auf und verschwindet.

[...]
Warum? Warum macht man sowas? Was bringt es dir? Und was soll das den anderen bringen?

Im übrigen verursacht es unnütz Müll, denn die Träger des Stickers musst du ja entsorgen.

Sorry, in meinen Augen isses einfach nur Sinnbefreit.
Buen Camino,
Jani

Camino francés / Pilgerweg McPomm / Camino portugués / Jakobusweg Lüneburger Heide / Via Scandinavica
Eifel-Camino
Christoph Kühn
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Re: Bea beschmiert wegweiser

Beitrag von Christoph Kühn »

Ezekiel hat geschrieben: 3. Jan 2023, 11:02 Der Aufkleber löst sich in 12-18 Monaten selbständig auf und verschwindet.
Der 1. FC Köln auch.
"70 Jahre nach dem Ende des 2. Weltkriegs sind in Europa wieder Städte von der Auslöschung bedroht."

Karl Schlögel, 2015
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CyrusField
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Re: Bea beschmiert wegweiser

Beitrag von CyrusField »

Ich bin jetzt FC-Fan, seit ich denken kann. Und so gerne ich Gleichgesinnte im Um-, In- und Ausland treffe - das Schilder, Pfosten, Bänke, usw. damit "verziert" werden, führt bei mir zu Fremdschämen und mir fehlt jegliches Verständnis dafür...
Camino Francés 2018
Mosel-Camino 2019
Via Mosana 2019 - ... (das wird noch :lol:)
Caminho Portugês Central 2020
Camino Inglés 2022
...und auch sonst viel zu Fuß unterwegs: https://stefansspuren.com 8-)
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