Krieg in der Sprache

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ilfuchur
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Krieg in der Sprache

Beitrag von ilfuchur »

Irgendwie fällt es mir heute schwer, "guten Morgen alle" zu schreiben, also lasse ich den Gruß weg

Gestern habe ich mich wohl wirklich doof ausgedrückt. Jedenfalls gab es ein ganz schlimmes Missverständnis, das ich so nicht stehen lassen möchte. Es geht um diesen Post von mir:

Professor Bur-Malottke hat geschrieben: ↑02 Apr 2022 15:45
... Eine anständige und ehrenhaft kämpfende Armee tut so etwas nicht.«

Ich hole diesen Satz mal kurz aus deinem Post heraus, Mario.

Ich mag eigentlich gar nicht so viel über solche sprachlichen Dinge nachdenken (ich finde, es gibt da ganz andere und echte Probleme), aber das kommt bei mir gleich nach einem Post, in dem die Möglichkeit in den Raum gestellt wird, Herr Selenskyj könnte aus "Machgeilheit" "Über die Kunst, Frieden zu schließen" stolpern.


Noch einmal ganz klar: Es ging mir nicht um Marios/deine Aussage, sondern alleine um die zitierte Formulierung.

Wie kann eine Armee "anständig und ehrenhaft" kämpfen? - Um das noch einmal ganz klar zu stellen: Der Zitierte spricht, so verstehe ich das Zitat, NICHt von einer Armee, die in Verteidigung steht. Eine Armee, die nicht in Verteidigung kämpft, ist eine angreifende Armee. Wie kann eine angreifende Armee "anständig und ehrenhaft" kämpfen?

Im Thread "Über die Kunst, Frieden zu schließen" wurde der Begriff "Machtgeil" in einem Statement zu Selinskyj genannt. Er stammt also nicht aus der Propaganda Putins. Ich habe mich dazu gefragt, wie es geht, mit einem solch harten Ausdruck Friedfertigkeit einzufordern (aber wie gesagt, ich hoffe, dass ich hier einfach das Statement falsch verstanden habe).

Für mich ging es einzig und allein um diese Formulierungen. Mir fallen da noch ganz viele mehr ein, aber die stammen von außerhalb dieses Forums und ich möchte ihnen keinen Platz einräumen.

Was ganz bestimmt nicht meine Absicht war, war, in eine Diskussion über diesen Krieg zu treten. Ich denke, mit den allermeisten, auch mit dir, Mario, erübrigt sich eine Diskussion, weil es nur ein Austausch gleicher Argumente wäre, und mit denen, die anderer Meinung sind, möchte ich nicht diskutieren, weil es für mich nur ganz schwer auszuhalten ist, dass man diese Situation auch anders sehen kann. Außerdem möchte ich niemandem die Gelegenheit und den Raum geben, für mich nicht nachvollziehbare Gedanken zu verbreiten. - Ich nehme niemandem das Recht auf eine andere Meinung, aber ich nehme mir selbst das Recht heraus, mich nicht instrumentalisieren zu lassen.
Pilger, die beim Gehen manchmal einfach nur Bauch und Füße sind - #Bauchfüßler eben.
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Gertrudis
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Re: Krieg in der Sprache

Beitrag von Gertrudis »

ilfuchur hat geschrieben: 4. Apr 2022, 08:39 ...mit denen, die anderer Meinung sind, möchte ich nicht diskutieren, weil es für mich nur ganz schwer auszuhalten ist, dass man diese Situation auch anders sehen kann. Außerdem möchte ich niemandem die Gelegenheit und den Raum geben, für mich nicht nachvollziehbare Gedanken zu verbreiten.
Liebe Andrea, danke für dieses Bekenntnis und den Mut, dies hier so offen zu schreiben.

Damit stehst Du freilich nicht allein da, die Mehrheit unserer Mitmenschen hält es vermutlich schwer aus, sich in ihren Gedanken und (vor allem) Gefühlen vom vorherrschenden Narrativ zu lösen.

Auch für mich war es eine schmerzhafte Erfahrung, als ich nach und nach erkannt habe, dass die Realität eventuell eine ganz andere ist als die, die uns unsere (Mainstream) Medien erzählen. Und ich gebe zu, auch für mich ist es schwer auszuhalten, wenn ich erlebe, dass geschätzte Mitmenschen lieber die Beziehung abbrechen als sich mit kritischen Gedanken auseinanderzusetzen.

Aber ich habe gelernt, die Ängste der anderen zu respektieren, wenn sie so ehrlich geäußert werden, wie Du es tust, Andrea.
Ich werde mit Dir also nicht kontrovers diskutieren, und vielleicht tauschen wir mal wieder nette Pilgererlebnisse aus.

Dennoch werde ich mir nicht den Mund verbieten lassen, da habe ich auch meinen Idealismus!

(Was Selensky anbelangt - das böse Wort habe ich in besagtem Post ja mit einem Fragezeichen benutzt. Und ja, ich sehe Herrn Selensky tatsächlich in einem etwas anderen Licht als in dem des "Tapferen Helden", als der er uns vorgestellt wird. Aber das ist meine Meinung aufgrund meiner Recherchen. Man braucht sie nicht zu teilen)

Ich wünsche, wir können uns gegenseitig respektieren, vor allem auch in unseren jeweiligen Verletzlichkeiten.

Gertrudis
caminoxyz
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Re: Krieg in der Sprache

Beitrag von caminoxyz »

Können wir die Ukraine Beiträge, solange es nicht um christliche Nächstenliebe geht, bitte lassen. Wenn ich hier in Forum bin möchte ich nicht mit den Dinge, die ich eh nicht ändern konfrontiert werden. Danke !
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ilfuchur
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Re: Krieg in der Sprache

Beitrag von ilfuchur »

Gertrudis hat geschrieben: 4. Apr 2022, 13:51 Und ich gebe zu, auch für mich ist es schwer auszuhalten, wenn ich erlebe, dass geschätzte Mitmenschen lieber die Beziehung abbrechen als sich mit kritischen Gedanken auseinanderzusetzen.
Hm. Hast du mal darüber nachgedacht, warum diese Beziehungen zerbrechen und welchen Anteil du vielleicht selbst daran hast?

Wenn ich so bei mir nachdenke, warum ich es vorziehe, eine Beziehung abzubrechen, dann liegt das überwiegend daran, dass ich das Gefühl habe, als Mensch einer meinem Gegenüber offensichtlich wichtigeren Sache untergeordnet werde. Ein Beispiel (bitte gesteh mir zu, dass ich mich hier aus Respekt vor den Menschen in und aus der Ukraine vom Krieg entferne):
Wenn ich zu einer Fete eingeladen werde und der Gastgeber mich bittet, einen Kuchen zu backen, kann ich a) diesen machen und viel Spaß haben, b) den nicht machen und auf die Fete selbstverantwortlich verzichten (mein Problem bei mir lassen und für mich lösen) oder c) dem Gastgeber vorwerfen, er habe mich nicht dabei haben wollen, weil er ja weiß, dass ich keine Lust auf Kuchenbacken habe und seine Bitte damit für mich gleichbedeutend mit einer Ausladung ist.
Wenn ich mit einem Menschen spreche, können wir a) uns auch kontrovers über differente Meinungen auseinandersetzen, jedoch unsere Wertschätzung mit dem Respekt vermitteln, dem anderen seine Meinung zu lassen, oder b) über die Wichtigkeit der Mitteilung der eigenen Meinung den anderen so erdrücken, dass dieser sich zurückzieht, weil ich ihm einfach zu anstrengend werde.
Wenn eines meiner Argumente widerlegt wird, kann ich a) mich entschuldigen und dem anderen damit vermitteln, dass er mir so wichtig ist, dass ich das tue, oder b) die Fehlinformation im Raum stehen lassen.
Ich kann a) mit fundierten Argumenten diskutieren oder b) Behauptungen in den Raum und den anderen damit bloßstellen, wenn er diese nicht ad hoc widerlegen kann.
Ich kann den anderen mit all seinen Ansichten, Ängsten und Befindlichkeiten a) einfach als Mensch annehmen oder b) seine Meinung als kritikloses Folgen eines "Mainstreams" abtun, seine Ängste als ungerechtfertigt bewerten - och, auf seine Befindlichkeiten brauch ich gar nicht mehr einzugehen.

Oh, mir fallen noch ganz viele Beispiele mehr ein, aber es ist immer die gleiche Verhaltensstruktur, nur in verschiedenen Situationen: Jemand ordnet meine Person, die Wertschätzung mir gegenüber, den Respekt mir gegenüber einer Sache unter, die für ihn offensichtlich so große Wichtigkeit hat, dass er mich eigentlich nur dafür braucht, das zu erreichen, was IHM jetzt gerade guttut. Ich werde instrumentalisiert. Je nachdem, wie wichtig mir mein Gegenüber ist, halte ich das auch mehr oder weniger lange aus, aber am Ende ... ja, am Ende beende ich die Beziehung.

Solche Dinge passieren. So ist Leben. Aber dann kommt das eigentlich Wichtige:

Versucht man das, was da kaputt gegangen ist, wieder in Ordnung zu bringen, ist einem der andere offensichtlich so wertvoll, dass man dazu bereit ist, sein eigenes Verhalten zu hinterfragen und die Konsequenzen aus gemachten Fehlern zu ziehen.
Sieht man die Schuld für eine zerbrochene Beziehung nur im anderen ... Das krieg ich jetzt gerade nicht in Worte gefasst, weil entweder er ist mir so wichtig, dass ich es in Ordnung bringen möchte, oder der andere ist mir so gleichgültig, dass ich mir keine Gedanken darüber mache.
Was mir dann aber für mich wichtig ist, ist, die Verantwortung dafür selbst zu übernehmen und sie nicht als Schuld beim anderen zu lassen. Wenn mir jemand so unwichtig ist, dann hab ich auch meine Gründe dafür und die sind sehr guuuut.

-----------
@ Fred: Und manchmal hat man, wenn man Küddelschleim gebaut hat, nur ganz komische Wege dem anderen zu sagen: Es tut mir total leid! Ich war nicht achtsam, hab nicht hingesehen, dass du gerade mit deinen Gedanken in etwas warst, was so .... Nein, da passte nun wirklich kein Ponyhof hin. Es tut mir wirklich leid.

edit: Ich hab den Fetenabsatz in Kuchen geändert, weil das einfach besser zu meiner Ich-Form passt (ich lade mir gerne Freunde zum Kaffee ein und die wissen alle, dass sie den Kuchen dazu selbst mitbringen müssen).
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Gertrudis
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Re: Krieg in der Sprache

Beitrag von Gertrudis »

Liebe Andrea,

ich nehme Deinen an mich gerichteten Text zur Kenntnis, und ja klar, das ist schon alles so, wie Du schreibst, nur frage ich mich: was möchtest Du mir jetzt damit sagen? Wo ist das Problem? Gibt es für Dich einen Widerspruch, den aufzulösen Du von mir erwartest?
Kann es sein, dass das, was ich geschrieben habe, überlesen wurde...?
Gertrudis hat geschrieben: 4. Apr 2022, 13:51 ich habe gelernt, die Ängste der anderen zu respektieren, wenn sie so ehrlich geäußert werden, wie Du es tust, Andrea.
Ich werde mit Dir also nicht kontrovers diskutieren, und vielleicht tauschen wir mal wieder nette Pilgererlebnisse aus.

Dennoch werde ich mir nicht den Mund verbieten lassen, da habe ich auch meinen Idealismus!
Ich wünsche, wir können uns gegenseitig respektieren, vor allem auch in unseren jeweiligen Verletzlichkeiten.

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ilfuchur
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Re: Krieg in der Sprache

Beitrag von ilfuchur »

Oh, ich erwarte von dir gar nichts, Gertrudis. Ich hab nur den Teil deines Posts herausgenommen, von dem ich dachte, dass er dich beschäftigt, und meine Gedanken dazu geschrieben. Ob es dir überhaupt und, wenn ja, was es dir bringt....
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ilfuchur
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Re: Krieg in der Sprache

Beitrag von ilfuchur »

Ein sehr schönes Beispiel dafür, wie Sprache sehr klar und ohne Widersprüche sein kann:

Rund um mich herum sangen heute Grundschüler für den Frieden und damit ich auch Frieden verstehe, haben sie es mir erklärt: Frieden ist, wenn man miteinander redet. Wenn man aufeinander schießt, ist das kein Frieden, weil dann tut man dem anderen ja weh. Wenn jemand doof ist, darf man dem ja auch nicht einfach auf die Nase hauen, sondern sagt ihm, dass er doof ist und fertig.

Gut, was dann kam, war jetzt auch nicht friedlich, aber die Kids hatten viel Spaß dabei 😂
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