Gastfreundschaft auf dem Camino

Geschichten, Erlebnisse, Geselligkeit. Hier wird sich getroffen und über die Pilgerei gequatscht
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Ako16
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Re: Gastfreundschaft auf dem Camino

Beitrag von Ako16 »

Mai 2016, ein recht warmer Tag und ich war auf dem Weg nach Burgos. Hatte mich für die Strecke entlang des Flusses entschieden, weil ich nicht über Asphalt durch das Gewerbegebiet laufen wollte.
Nun, der Weg durch diesen langgestreckten Park ... er war natürlich auch asphaltiert. ;)
Also schleppte ich mich auf dem schmalen Trampelpfad direkt neben dem Fluss in Richtung Stadtmitte dahin.

An dem Tag war ich nicht sonderlich gut drauf und obwohl es nicht wirklich heiß war, setzten mir die Temperaturen auch körperlich ein wenig zu. Anders fomuliert, ich war ziemlich alle und hatte die Schnauze voll. Vermutlich strahlte ich das auch aus, denn mir entgegenkommende Jogger wichen großräumig aus.

Irgendwann trabte dann ein junger Mann in meine Richtung, schenkte mir ein strahlendes Lächeln und ein aufmunterndes "Buen camino". Ich brachte gerade noch ein kurzes "Gracias" heraus, dann war er auch schon an mir vorbei.

Dieser kurze Akt der Freundlichkeit einem ihm völlig unbekannten Menschen gegenüber rettete mir den Tag. Mein Schritt war ab diesem Augenblick unbeschwerter, leichter. Und meine schlechte Laune hatte sich schlagartig verflüchtigt.

Noch heute denke ich mit leisem Staunen daran zurück. Es war einer dieser Momente, in denen mir der Weg bzw. die Menschen, die mir dort begegneten, genau das gaben, was ich gerade brauchte. Selbst wenn ich in diesem Augenblick gar nicht wusste, was das war.

BC,
Andreas

PS: vielen Dank für diesen Thread! Hatte bei euren Geschichten Gänsehaut.
wiesicla
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Re: Gastfreundschaft auf dem Camino

Beitrag von wiesicla »

Mir ist so viel Gastfreundschaft widerfahren, ich könnte hunderte Geschichten hier aufschreiben. Ein Bürgermeister, der mitten in der Weinlese vom Berg herabkam, um mir das Refugio aufzuschließen. Die Gastwirtin, die uns als erste Pilger des Jahres begrüßte und meiner Tochter ein großes Eis spendierte. Menschen, die mich nachts aufnahmen, ihre Türen und ihre Herzen öffneten.

Im französischen Baskenland, auf dem Weg von Helette nach St. Pee sur Nivelle.
Wir brachen in Helette frühmorgens im strömenden Regen auf und waren noch keine 2 km weit, als das Gewitter anbrach. Die folgenden Stunden hüpften wir von Unterschlupf zu Unterschlupf, das Gewitter kreiste über uns und wir liefen in den kurzen Pausen immer ein Stückchen weiter.
Als es wieder losging, kamen wir an einem Haus vorbei und flüchteten unter ein Vordach. Die Frau schaute zur Haustüre heraus und wir baten sie, ob wir unter dem Vordach die Blitze abwarten könnten. Sie bot uns Stühle und Kissen an, räumte einen Plastiktisch ab und brachte uns Kaffee und Kekse unter das Vordach.. Wir waren ihr so dankbar, nass und frierend wie wir waren...
Mein Wanderpartner wollte an diesem Tag den Zug in seine Heimat zurücknehmen und für zwei Wochen unterbrechen. Da wir kaum vorwärts kamen, wurde es immer kritischer, ob er den Zug noch erreichen würde. Um 11 Uhr waren wir ca. 4-5 km vorangekommen. In einem der nächsten Gewitterschübe wurden wir in einen Rohbau hereingebeten. Der Bauherr setzte in Eigenarbeit gerade die Fenster ein. Wir sprachen über das Haus, den Jakobsweg; der Traum seines Vaters war es ebenfalls, den Jakobsweg zu laufen. Der Bauherr rief kurzentschlossen seinen Vater an, und der kam mit dem Auto und chauffierte meinen Wanderpartner bis zum nächstgelegenen Bahnhof, damit er noch den Zug bekam.
Ich lief an diesem Tag noch die restlichen ca. 30 km bis St. Pee und kam dort wirklich auf dem Zahnfleisch zwischen 18 und 19 Uhr an. Ich hätte nochmals zurück zum Supermarkt gehen müssen, um etwas zu Essen zu holen. Ein Mitpilger sagte, er habe zwei Dosen - Ravioli und Sauerkraut, er könnte mir eine abgeben. Ich war ihm so dankbar, dass ich nicht mehr zum Supermarkt musste, denn ich war wirklich müde. Und so saßen wir kurze Zeit später zusammen am Küchentisch. Es stellte sich heraus, dass der Pilger mittellos war und am Morgen von einem freundlichen Mann einen 20 Euro-Schein geschenkt bekommen hatte. Von dem Geld hatte er sich Platz in der Herberge gezahlt und sich im Supermarkt die zwei Dosen mit Essen besorgt.
Betz
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Re: Gastfreundschaft auf dem Camino

Beitrag von Betz »

Hier ein weiteres Beispiel zum Thema "Gastfreundschaft" und der Bereitschaft Pilgern zu helfen.

Ich war 2016 zusammen mit meiner perfekt französisch sprechenden Schwester auf der Via Lemovicensis unterwegs. Auf einer Etappe (leider weiss ich nicht mehr auf welcher) war der normale Pilgerweg wegen Waldrodungsarbeiten gesperrt. Es war eine Umleitung ausgeschildert der wir dann folgten. Aus welchen Gründen auch immer (Umleitungsschild übersehen oder es war keins da) standen wir plötzlich im Wald und versuchten verzweifelt wieder auf den Originalweg zu gelangen.
Plötzlich kam ein Traktor daher und hielt an. Meine Schwester erklärte dem Fahrer unsere Lage. Dieser bat meine Schwester bei ihm im Fahrerhaus auf dem Notsitz Platz zu nehmen und ich musste mich hinten auf die Anhängerkupplung stellen und irgendwie festhalten. So fuhr er uns ca. 5 Minuten über Feld- und Wiesenwege wieder zum Originalweg.

Dort angekommen wünschte uns der Fahrer einen BC und verschwand ehe wir uns richtig bedanken konnten.
2014 - 2016 Trier - Vezelay, Via Lemovicensis
2017- 2018 Camino del Norte bis Ribadeo
2018 Ribadeo - Ferrol
2019 Camino dos Faros und Finesterre bis SdC
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Simsim
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Re: Gastfreundschaft auf dem Camino

Beitrag von Simsim »

Hier noch eine kleine besondere Geschichte:

Die alte Herberge in Espinosa del Camino, bevor sie von dem deutschen Paar Sabine und Ulli übernommen wurde.

Ich übernachtete oft dort auf meinen Wintercaminos, mochte sie sehr, sie war einfach, pieksauber, und gemütlich.
Die Übernachtung kostete 5 Euro, Waschmaschine gegen Spende, voll ausgestattete Küche und: der liebe alte Hospitalero füllte jedes Mal für mich ganz alleine den Pelletofen voll mit Pellets und das Ding, ein Eigenbau ohne das nervige Gebläse, heizte die Bude bullig warm.
Ich fragte ihn, ob die Pellets nicht mehr kosten, als meine paar Euro für den Aufenthalt.
Er sagte, dass er in der Saison so viel Einnahmen hätte, dass es kein Problem sei, die wenigen Winterpilger ein bisschen zu verwöhnen 🙂🙂. So nett!!! Er wusste auch von mir, dass ich mit minimalem Budget unterwegs bin.

Beim letzten Mal als ich dort war, bemerkte ich am Morgen dass er vergessen hatte, mir auf meinen 10 Euro-Schein die 5 Euro rauszugeben, aber ich dachte, das sei ja nun wirklich mehr als ok, und ich wusste ja dass es keine Absicht gewesen ist.

Ich ging also los, früh, und stapfte gerade den recht steilen Weg hoch in die Montes de Oca, als hinter mir ein Auto über die Steine holperte und neben mir hielt.
Es war der Besitzer der Herberge. Er erklärte, dass er am Abend schon gemerkt hat, dass er mir das Wechselgeld nicht gegeben hatte....mich aber so spät nicht mehr stören wollte und am Morgen war ich schon weg....er drückte mir also die 5 Euro in die Hand und ich stand da mit Tränen in den Augen.....sehr gerührt.....
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Frau Holle
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Re: Gastfreundschaft auf dem Camino

Beitrag von Frau Holle »

Wir kamen von Taizé nach St. Cecile und wollten uns gerade auf die Suche nach einer Möglichkeit unser Zelt aufzustellen machen, da begann es zu regnen und zu hageln- so stark, dass wir sogar unter dem Vordach der Kirche noch eine Menge Regen abbekamen.

Wir warteten und froren und wurden in einer Regenpause von einer Frau angesprochen, die uns helfen wollte. Sie führte uns zu einer neuen Pilgerherberge, aber es war niemand zu Hause und reserviert hatten wir ja auch nicht. Sie überlegte, wo wir unterkommen und wo sie uns ggf. hinfahren könnte. Wir wollten eigentlich nur unser Zelt irgendwo hinstellen und auch nicht mit dem Auto irgendwo hin und morgens von da aus weiterlaufen (in dem Falle hätte uns ein gutes Stück Weg gefehlt).
Als die Frau das verstanden hatte (es ist nicht immer leicht, sich auf französisch verständlich auszudrücken), wirkte sie etwas gekränkt, weil wir uns nicht von ihr fahren lassen wollten und lief zurück zur Kirche. Es fing gerade wieder an zu regnen und vielleicht erweichte das ihr Herz, denn sie drehte sich um und bot uns ihren Garten an. Kurz darauf meinte sie, dass wir auch im Haus schlafen könnten und sie brachte uns dahin. Das Haus wird gerade renoviert und wir haben es erst nach ein paar Minuten verstanden: Sie wohnt hier gar nicht und wir würden das Haus für uns allein haben!

Hier soll bald eine Ferienwohnung oder so entstehen und sie entschuldigte sich mehrfach, dass es durch die Renovierungsarbeiten nicht ganz sauber war.
Dabei waren wir noch total platt, denn wir hatten ein richtiges Bett, eine Dusche, Küche und so weiter. Wahnsinn!

Die Madame klärte mit der Nachbarin, dass wir morgen den Schlüssel bei ihr abgeben können und fuhr weg, weil sie noch etwas vorhatte. Wir bezogen unser Haus und genossen unser Glück. Draußen legte das Gewitter richtig los und der Regen klatschte mit aller Kraft an die Fenster. Es ist zwar nicht schön, bei solch einem Wetter zu wandern, aber es öffnet einem vermutlich so manch eine Tür, die bei gutem Wetter verschlossen geblieben wäre.
u l t r e i a
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Simsim
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Re: Gastfreundschaft auf dem Camino

Beitrag von Simsim »

Genau! Unbequeme Umstände bergen sehr oft die größten Überraschungen! Tolle Geschichte, Frau Holle!

Und ich kann noch ein Osterwunder von gestern beisteuern:

Ich bin zur Zeit auf dem Rückweg, Voie de Vezelay, und immer wieder trampe ich ein Stück des Weges. Schließlich ist es der Rückweg!
Bin sowieso passionierte Tramperin und werde das noch bis ins hohe Alter tun 🙂!

Gestern fuhr ich ein längeres Stück mit einer lieben jungen Frau. Als sie mich absetzte, wusste ich den Namen des Dorfes, das ihr Ziel war. Und dass sie erst zum zweiten Mal dort hinfährt....und sie hatte Pferdezeichnungen im Auto....das war absolut alles, was ich an Informationen über sie hatte.
Sie fuhr davon und ich hatte einen Adrenalinstoß! Mein Telefon! Es lag noch im Auto!!! Hinterherbrüllen war zwecklos, sie war weg.....oje.....
Was jetzt?
Zuerst mal die Schutzengel inständig um Hilfe bitten.
Sofort kam ich an einen Wegweiser zu dem Dorf, das sie mir genannt hatte. 6 km. Naja, wenigstens nicht 20.....schonmal ganz gut. Aber wie soll ich sie dort finden? Wie wahrscheinlich ist das? Ich hoffte dass sie das Telefon entdeckt hat und zurück kommt, aber nichts....
Ich wusste auch, dass es abgeschaltet ist, also mit einem anderen Telefon anrufen, damit es bei ihr klingelt...keine Chance.
Ich dachte an die Pferdezeichnungen....hm...fragte also eine nette Frau, die gerade im Garten war, ob es in der Nähe des genannten Dorfes irgendwas mit Pferden gibt. Ja, es gäbe eine Art Pferdehof, aber mitten im Wald, weit außerhalb. Uff.
Eine vage Chance. Ich stapfte los, es war heiß, ich war k.o., aber ich musste es es versuchen.
Betete.
Plötzlich kam ein Auto von hinten und hielt. Es war die Frau aus dem Garten. Sie lud mich ein, einzusteigen und fuhr mich zu dem Pferdehof. Und in der Tat, der war wirklich total weit abgelegen und sehr schlecht ausgeschildert, ich wäre ziemlich verzweifelt. Ausserdem war absolut niemand unterwegs auf diesen Winzsträßchen. Wir fuhren bestimmt 15 Minuten. Häuser tauchten auf, Pferde....und....juhuuuu, das gesuchte Auto stand tatsächlich da!!!! Weit und breit niemand zu sehen....aber das Auto war offen und mein Telefon lag im Fußraum des Beifahrersitzes. Kein Wunder dass sie nix gemerkt hat.
Tränen der Dankbarkeit und der Erleichterung. Ohne die spontane Hilfsbereitschaft der Frau aus dem Garten, hätte ich den Hof nie gefunden....und überhaupt.....
Normalerweise weiß ich nicht, wohin die Leute fahren, die mich mitnehmen und oft fahren sie sehr weit....alles war irgendwie wundersam und ich bin heute immer noch sehr ver-wundert und dankbar.
Frohe Ostern!
Betz
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Re: Gastfreundschaft auf dem Camino

Beitrag von Betz »

Hallo und Guten Tag,

am 11.2.2022 habe ich in meinem Post bereits folgendes geschrieben: ;
Beim aufmerksamen Lesen diesen Forumsbeitrags ist mit aufgefallen, dass die meisten gastfreundlichen Begegnungen auf Pilgertettappen in Frankreich stattgefunden haben. Dies stimmt auch mit meinen Erfahrungen überein. Zwar habe ich auch an Spanien keine schlechten Erinnerungen, aber die Begegnungen die ich gemeinsam mit meiner Schwester in Frankreich hatte zeugen von einer derartigen Gastfreundschaft, wie wir sie in Spanien nicht erlebt haben
Auch die beiden letzten Beiträge in diesem Forum von Frau Holle und Simsim erzählen von tollen gastfreundlichen Erlebnissen auf Pilgerwegen in Frankreich.

Hier noch ein weiteres Beispiel für von mir in Frankreich erlebte Gastfreundschaft:

Etappe 051: Via Lemovicensis von Saint Astier nach Mussidan

Gegen 15:30 Uhr kam ich gemeinsam mit mit meiner Schwester und unserem holländischen Pilgerfreund Baltus van Lattum - der uns ab Cluis mehr oder weniger begleitete - in Mussidan an. Weil es dort nach den Angaben im Pilgerführer genügend Unterkunfstmöglichkeiten geben sollte (1 öffentliche und 1 private Pilgerherberge und 2 Hotels) hatten wir entgegen unserer sonstigen Gepflogenheiten nichts vorgebucht. Dann stellten wir fest, dass die öffentliche Pilgerherberge geschlossen und die private überhaupt nicht mehr vorhanden war. Wir machten uns dann auf zu den angegebenen Hotels und mussten zur Kenntnis nehmen, dass auch diese geschlossen waren. Wir ließen uns dann vor der öffentlichen Pilgerherge nieder und beratschlagten wie es weiter gehen sollte. Plötzlich bemerkte uns eine etwa ältere Frau die in der Nähe der Herberge wohnte. Meine perfekt französisch sprechende Schwester unterhielt sich mit ihr. Die Frau - der man ansah- dass sie selbst nicht gerade auf Rosen gebettet war - brachte uns dann belegte Baguetts und Wasser sowie Rotwein. Während wir uns daran genüsslich taten kam gegen 17 Uhr ein älteres Ehepaar vorbei mit dem wir uns dann auch unterhielten. Diese boten uns an bei Ihnen zu übernachten. Sie hatten einmal 5 kinder die alle außer Haus sind, die Kinderzimmer würden nun leer stehen. Dieses Angebot nahmen wir gerne an. Das Ehepaar wies uns in die Zimmer ein und versorgte uns auch noch mit Naturalien. Dann sagten sie, dass sie heute abend noch eingeladen wären und nicht wüssten wann sie wieder wieder nach Hause kommen. Bevor sie abfuhren empfahlen sie uns noch ein Lokal zum Abendessen und händigten uns noch einen Haustürschlüssel aus. Als wir nach dem Abendessen zurückkamen war das Ehepaar noch nicht da und wir legten uns zur Ruhe.
Am nächsten Morgen versorgte uns das Paar noch mit einem Frühstück. Beim Abendessen hatten wir abgemacht, dass wir uns für diese Gastfreundschaft mit je 20 € (also insgeamt 60 €) bedanken sollten. Als wir dieses Geld überreichen wollten lehnte das Ehepaar dieses entrüstet ab. Meine Schwester hatte am Vortag herausgefunden, dass die Frau des Hauses in der örtlichen Kirche ehrenamtlich tätig war und diese mit Blumen, Kerzen u. ä. versorgte. Als wir dann vorschlugen, dass sie das Geld ja für die Kirche verwenden könnte nahm sie den Betrag widerwillig an.
Wir verabschiedeten uns dann. Meine Schwester hat nachher noch versucht brieflich Kontakt mit dem Ehepaar aufzunehmen. Leider hat sie keine Antwort erhalten.
PS: Das Ehepaar hat auch erzählt, dass es in naher Zukunft ihren Wohnsitz aus Altersgründen zu einer Ihrer Töchter verlegen will.
2014 - 2016 Trier - Vezelay, Via Lemovicensis
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Via Comitis
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Gastfreundschaft auf dem Camino

Beitrag von Via Comitis »

ich schreibe es als Hilfsbereitschaft der Bevölkerung

Es gibt unzählige Erlebnisse:

In Albanien schenkt mir ein Autofahrer eine Flasche Wasser ... am Strassenrand zerkleinert ein Mann eine Wassermelone und offeriert mir davon ein grosses Stück ...

In der Türkei erhalte ich immer wieder Einladungen zum Tee ... als ich in einer Pâtisserie nach einer Übernachtungsmöglichkeit im Ort nachfrage bekomme ich nicht sofort eine Antwort, sondern werde aufgefordert einige Backwaren zu probieren, erst als ich gegessen habe begleitet man mich zu einer kleinen Pension ...

Und in vielen Ländern halten immer wieder Autofahrer und bieten mir eine Mitfahrgelegenheit an, wegen der Sprachbarriere ist es oftmals schwierig zu erklären dass ich ganz bewusst zu Fuss laufen möchte.

Ich bin immer wieder überrascht - je "ärmer" die Länder sind, desto grösser ist die Hilfsbereitschaft der Bevölkerung. Aber als "reicher" West-Europäer ist es für mich nicht immer einfach solche Geschenke auch anzunehmen, von der Grosszügigkeit dieser "armen" Menschen bin ich beschämt.

"Wohlhabende Menschen offenbaren hingegen in Studien oft unangenehme Züge. Etwa helfen sie anderen in Not oft nur dann, wenn dies öffentlich geschieht. So können sie sich als Wohltäter inszenieren, Stolz auf sich selbst empfinden und sich etwa auf der Charity-Gala als guter Mensch profilieren. Die weniger Privilegierten bieten hingegen eher Unterstützung an, wenn es sonst niemand mitbekommt - als wäre Hilfsbereitschaft ganz und gar selbstverständlich."

" Gastfreundschaft gilt in der Katholischen Kirche als eines der Sieben Werke der Barmherzigkeit. In der Orthodoxen Kirche entwickelte sie sich zu einem eigenständigen liturgischen und künstlerischen Schwerpunkt. Ebenso ist Gastfreundschaft dem Judentum und dem Islam heilig."

" Gastfreundschaft ist eines der ältesten menschlichen Kulturgüter überhaupt, da sie unser Verhältnis zum Fremden regelt."


Gruss

Stefan :-)
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Simsim
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Registriert: 23. Okt 2019, 11:33

Re: Gastfreundschaft auf dem Camino

Beitrag von Simsim »

Oh toll, endlich mal wieder ein Beitrag in diesem schönen Faden!
Danke Stefan!
Ja, und das ist wirklich wahr, es ist beschämend, wie unglaublich freigebig und hilfsbereit oft Menschen in materiell ärmere Kulturen sind. Solche Leute sind reich an echten Werten. Und auch bei uns sind ja oft die wenig begüterten viel großzügiger.

Ich hab das auch im Alltag erfahren, ohne in weit entfernte Länder zu reisen, nämlich als ich in jungen Jahren als Briefträgerin jobbte. Das war in einem kleinen hessischen Ort.
Damals (vor über 40 Jahren) brachten die Postboten noch Lotteriegewinne in bar zu den Leuten (bis zu einer gewissen Summe, ich glaube es waren 3000 DM). Die "ärmeren" Bürger gaben dann voller Freude immer sehr viel Trinkgeld. Die paar Reichen auf meiner Tour ließen sich immer auf den Pfennig auszahlen.... :cry:

Und in den Donativo Herbergen am Camino lässt sich Ähnliches beobachten....jedenfalls weiß ich das von Frankreich....
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