Der christliche Ballermann...? - Alkohol(ismus) auf dem Camino

Allgemeine Diskussionen zur Pilgerei und ihrer Geschichte
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Simsim
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Re: Der christliche Ballermann...? - Alkohol(ismus) auf dem Camino

Beitrag von Simsim »

Matt Merchant hat geschrieben: 27. Jan 2022, 12:27 Danke, liebe Simone,
Du hast mich widerlegt! ;)
Gerne, lieber Matthias 😄
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Simsim
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Re: Der christliche Ballermann...? - Alkohol(ismus) auf dem Camino

Beitrag von Simsim »

Wo die Dorfkirchen zu sind, wo die (privaten) Herbergen selbst vom Barbetrieb leben...
Auch da kann ich nur widersprechen, denn in diesem Rahmen hab ich nie extreme Besäufnisse mitbekommen. Der Wein und anderer Alkohol aus dem Supermercado ist so billig, dass die Ballermann-Pilger sich lieber selbst versorgen.
Das passiert also eher in den municipal oder den donativos, in denen die Leute sich selbst überlassen sind.
Aber ok, im Grunde ist das nur eine Vermutung, was Bars und private Herbergen angeht, denn die sehe ich zuallermeist nur von außen.
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Icecube84
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Re: Der christliche Ballermann...? - Alkohol(ismus) auf dem Camino

Beitrag von Icecube84 »

Ich hab nur ein Saufgelage erlebt auf den Wegen und an dem war ich selber beteiligt :?

Ich hsb das ja auch schon mal erwähnt.
Auf dem CP waren wir in Teo und die öffentliche Herberge war einfach nur schrecklich. Einen Tag vor Santiago hatten wir uns irgendwie mehr erhofft.
Also sind wir die Straße runter zur Bar (und private Herberge) und wollten da den Tag ausklingen lassen. Jemand hatte den Hauswein bestellt und der war so lecker, dass wir die Reihe rum immer weiter bestellt haben.
Ja, wir hatten richtig einen im Tee.
Zurück in der öffentlichen haben wir dann alle zusammen gegessen, da zwei Pilgerinnen für die ganze Herberge gekocht hatten und danach haben noch fast slle zusammen gesungen, weil ein Pilger Geburtstag hatte.
Ja, ich weiß nich mehr wie ich ins Bett gekommen bin und ich bin da auch wirklich nich stolz drauf. Aber in dem Moment fühlte es sich nich falsch an.
Sorry

Normalerweise trinke ich nur sehr selten Alkohol.
Buen Camino,
Jani

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Camineiro
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Re: Der christliche Ballermann...? - Alkohol(ismus) auf dem Camino

Beitrag von Camineiro »

Mmmh ... ab wann ist ein Saufgelage ein Saufgelage?

Ich erinnere mich an einen Tag in Finisterre.
Wir gingen zu mehreren zum Kap mit Käse und Wein.
Wir waren zu viert oder fünft und hatten sicher 2-3 Flaschen Roten dabei.
Auf dem Heimweg ins Dorf waren die Flaschen leer.

Anschliessend gab es in einer örtlichen Bar noch den einen oder anderen Calimocho, Oruju hjerbas bzw. Cerveza.

Niemand war übermässig laut oder torkelte über die Strasse.
Jeder hat sein Bett gefunden.

Dennoch hatten wir an diesem Tag sicherlich die übliche Tagesmenge (oder gar Wochenration :?) an Alkohol überschritten.
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Simsim
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Re: Der christliche Ballermann...? - Alkohol(ismus) auf dem Camino

Beitrag von Simsim »

Also im November zählte ich bei diesen beiden Gruppen 2-3 Flaschen Wein pro Person, plus härteres zum Aperitif. Jaja, es ist wirklich nicht übertrieben von mir. Allerdings hab ich nicht nachgeprüft, ob die Flaschen wirklich alle leer wurden.
Wahrscheinlich so eine Art Wettsaufen. Die Leute waren nicht zusammen gestartet als Gruppe, aber sie wurden berüchtigte Herbergsnutzer, denn das ging bei denen nicht ein mal ausnahmsweise so, sondern offenbar täglich.
Und in anderen Jahren ist mir das Phänomen auch öfter begegnet. Was hier von Euch beschrieben wird, finde ich völlig normal und außerdem nicht ein alltäglicher "Sport".
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Icecube84
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Re: Der christliche Ballermann...? - Alkohol(ismus) auf dem Camino

Beitrag von Icecube84 »

Camineiro hat geschrieben: 27. Jan 2022, 16:26 Mmmh ... ab wann ist ein Saufgelage ein Saufgelage?

Ich erinnere mich an einen Tag in Finisterre.
Wir gingen zu mehreren zum Kap mit Käse und Wein.
Wir waren zu viert oder fünft und hatten sicher 2-3 Flaschen Roten dabei.
Auf dem Heimweg ins Dorf waren die Flaschen leer.

[...]

Dennoch hatten wir an diesem Tag sicherlich die übliche Tagesmenge (oder gar Wochenration :?) an Alkohol überschritten.
Du meinst 2019 oder?
Also ich kann mich noch komplett an den Abend erinnern und wir haben uns beim Feuer machen nich selbst angekokelt.
Unserer Gruppe war aufm Rückweg nur größer.
War also alles ganz harmlos.
Ich guck mir jetzt die Fotos dazu an ;)
Buen Camino,
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Superfrauandrea
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Re: Der christliche Ballermann...? - Alkohol(ismus) auf dem Camino

Beitrag von Superfrauandrea »

Simsim hat geschrieben: 27. Jan 2022, 12:06
Matt Merchant hat geschrieben: 27. Jan 2022, 09:12 Ich erlebe solche Saufereien ja am Wenigsten dort, wo in kirchlichen oder Kult-Herbergen ein spirituelles oder kulinarisches Angebot besteht:
Wenn gemeinsam Gemüse geschnippelt, gekocht und gesungen wird oder irgendwo Meditationsübungen und/oder Gottesdienste angeboten werden...

Ich wage die Hypothese, dass Alkohol oft dort am meisten fließt, wo man sich am Etappenziel schnell langweilt.
Wo die Dorfkirchen zu sind, wo die (privaten) Herbergen selbst vom Barbetrieb leben...
Nö, da gibts keine solche Regel. Eine der extremsten Erfahrungen war mal in der kirchlichen Herberge in Bercianos. Die zwei Hospitaleras waren sehr aufgedreht und spendeten Wein in unbegrenzter Menge an alle, die beim Gemüseschnippeln halfen. Entsprechend war die Teilnahme 🙂. Richtig doof wurde es dann während der "Andacht". Es nahmen nur wenige teil, alle anderen, eine der Hospitaleras inclusive, lärmten und gröhhlten im Nebenraum zeitgleich, so dass wir paar Hanseln und Greteln unser eigenes Wort nicht verstehen konnten....naja. So kanns auch gehen. Die meisten waren begeistert vom Party-Ambiente, das bis spät nachts dauerte
In Grañon kanns auch ziemlich hoch hergehen, kommt total auf die anwesenden Hospitaleros an.
ich war selbst Hospitalera in Bercianos .... eine meine schönsten Erinnerungen. pro Tisch (10 Personen) wurden 2 Flaschen Wein auf den Tisch gestellt, und aus. Wollte man mehr, musste man sich das selbst kaufen gehen - oder in die nahegelegene Bar.
Von Alkoholexzessen kann ich in meinen 15 Tagen nicht berichten, und bin froh drüber.
Exzesse gab es wohl im nahegelegenen Festzelt, weil es herrschte Fiesta. Und mein Mann durfte dann die Ergebnisse der Nacht vor der Herberge wegwaschen. Das waren aber eher Einheimische als die Pilger, die bei uns übernachteten und brav um 22 Uhr ins Bettchen hüpften.
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Simsim
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Re: Der christliche Ballermann...? - Alkohol(ismus) auf dem Camino

Beitrag von Simsim »

Ja, in Bercianos hab ich das auch nur ein mal anders erlebt (war 4 oder5 mal dort). Da war mindestens die eine Hospitalera selbst Alkoholikerin.
Auch in Grañon wird wenig Wein ausgeschenkt, normalerweise ......
cuervo

Re: Der christliche Ballermann...? - Alkohol(ismus) auf dem Camino

Beitrag von cuervo »

Ich habe auf all meinen Wegen nur einmal so richtig gebechert. In Nájera auf dem Frances sind meine Partnerin und ich an einem Wochenende spät eingelaufen. Wir konnten gerade noch die letzten 2 Plätze in der Albergue de Peregrinos Municipal belegen, alle anderen Übernachtungsmöglichkeiten in Nájera waren ausgebucht. Nachdem wir unsere sieben Sachen auf das Stockbett geworfen haben, haben wir fluchtartig eine Bar gesucht und uns bis 22 Uhr so richtig zugeschüttet um die Nacht zu überstehen. Die Herberge war auch fürchterlich. Alle Fenster zu, heiss, stickig, und die Türe war von 22 Uhr bis am Morgen verschlossen.

Ansonsten gönn ich mir beim Pilgern ein Bierchen beim Ankommen, damit hat es sich.

LG cuervo
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chrisbee
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Re: Der christliche Ballermann...? - Alkohol(ismus) auf dem Camino

Beitrag von chrisbee »

Und die andere Seite? Ich habe Alkohol auf den Caminos in seiner nützlichen Form erlebt: gut gegen Kälte, zur Entspannung und wegen der guten Laune. Außerdem sind mir über die Jahre hin auch Menschen begegnet, die diese Zeit bewusst für eine Abstinenz genutzt haben oder sich das Rauchen abgewöhnen oder abnehmen wollten. Also alles im grünen Bereich.
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Matt Merchant
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Re: Der christliche Ballermann...? - Alkohol(ismus) auf dem Camino

Beitrag von Matt Merchant »

Camineiro hat geschrieben: 27. Jan 2022, 16:26 Mmmh ... ab wann ist ein Saufgelage ein Saufgelage?
Klar, die Grenze ist fließend, aber philosophisch gesprochen liegt sie m.E. dort, wo das Mittel zum Zweck wird.
Wo nicht mehr jene Geselligkeit als Gedanke vorherrscht, wie sie z.B. Chrisbee gerade eben so schön beschreibt,
sondern wo es irgendwann um den nackten 'Rausch itself' geht - entweder versteckt (durch Alibi-Argumente, wie womöglich bei der Hospitalera, die Simone erwähnte) oder ganz offen, wie bei unseren Ballerigrinos...

Aber es geht garnicht darum, irgendwen zu verurteilen. Nur, besser zu verstehen.

Alles Liebe,
Matthias
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Frau Holle
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Re: Der christliche Ballermann...? - Alkohol(ismus) auf dem Camino

Beitrag von Frau Holle »

Icecube84 hat geschrieben: 27. Jan 2022, 17:15
Camineiro hat geschrieben: 27. Jan 2022, 16:26 Mmmh ... ab wann ist ein Saufgelage ein Saufgelage?

Ich erinnere mich an einen Tag in Finisterre.
Wir gingen zu mehreren zum Kap mit Käse und Wein.
Wir waren zu viert oder fünft und hatten sicher 2-3 Flaschen Roten dabei.
Auf dem Heimweg ins Dorf waren die Flaschen leer.

[...]

Dennoch hatten wir an diesem Tag sicherlich die übliche Tagesmenge (oder gar Wochenration :?) an Alkohol überschritten.
Du meinst 2019 oder?
Also ich kann mich noch komplett an den Abend erinnern und wir haben uns beim Feuer machen nich selbst angekokelt.
Unserer Gruppe war aufm Rückweg nur größer.
War also alles ganz harmlos.
Ich guck mir jetzt die Fotos dazu an ;)
Oooh, ihr habt euch mal auf dem Camino getroffen? Klasse :)
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Frau Holle
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Re: Der christliche Ballermann...? - Alkohol(ismus) auf dem Camino

Beitrag von Frau Holle »

Ich habe auf meinen Caminos nicht besonders häufig Alkoholexzesse erlebt.
Ich erinnere mich an eine Gruppe junger Leute, die in einer Herberge kurz vor Santiago so richtig Party gemacht und gesoffen haben, Mitten in unserem Schlafsaal, mit nerviger Handymusik und so.

Aber es gab auch Abende, an denen im Restaurant oder in einer Bar mehr Alkohol geflossen ist. vor 2 Monaten gab es so einen Abend auch auf meinen Portugues, aber da waren wir mit unserer Gruppe allein in der Herberge und hätten im Anschluss auch niemanden gestört. So richtig abgeschossen hat sich da keiner, aber wir hatten alle einen im Tee. Das war an dem Abend auch in Ordnung, danach folgten auch besinnlichere Abende.
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Re: Der christliche Ballermann...? - Alkohol(ismus) auf dem Camino

Beitrag von Icecube84 »

Frau Holle hat geschrieben: 29. Jan 2022, 19:34
Oooh, ihr habt euch mal auf dem Camino getroffen? Klasse :)
Eher danach zufällig, in Finisterre
Buen Camino,
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Via Comitis
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Der christliche Ballermann...? - Alkohol(ismus) auf dem Camino

Beitrag von Via Comitis »

Matt Merchant hat geschrieben: 26. Jan 2022, 17:07 ... Oder ganz im Gegenteil bereits ein Dekandenz-Erscheinung?
Matten hat geschrieben: 27. Jan 2022, 09:00 Alkohol ist ja bekanntlich ein körperfremder Stoff, der dem Menschen schadet. In welcher Menge er welchem Menschen schadet ist individuell. Beruflich hatte ich früher mit Menschen zu tun, die durch Alkohol, aber auch andere körperfremde Substanzen krank/süchtig geworden sind.
Alkohol ist aber auch (trotz der Suchtprobleme) eine von der Gesellschaft anerkannte Droge. ...
Übermäßiger Konsum von Alkohol ist ein Problem, aber wo die Grenze liegt, ist leider nicht durch eine objektive Menge oder Grenze zu definieren.

Alkohol ist ein gutes Beispiel für den Zustand dieser (unserer) Gesellschaft: obwohl eine gefährliche Droge, trinken nur knapp vier Prozent der deutschen Bevölkerung keinen Alkohol!

Alkohol - Risiken beginnen beim ersten Tropfen: "Europa weist von allen Regionen der WHO den höchsten Alkoholkonsum und den höchsten Anteil an Trinkern in der Bevölkerung auf. So sind in der Europäischen Region über 200 Mio. Menschen gefährdet, an einem alkoholbedingten Krebs zu erkranken."

Ich selber gehöre zu einer sehr kleinen Minderheit die keine Drogen konsumieren, dieses An­ders­sein ist nicht einfach in einer Gesellschaft wo die Mehrheit immer Recht hat und dies als Norm vorgibt.


Gruss

Stefan :-)
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