Winterpilgern

Von St. Jean Pied de Port auf dem navarrischen oder vom Somportpass auf dem aragonischen Weg nach Santiago
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CyrusField
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Re: Winterpilgern

Beitrag von CyrusField »

Simsim hat geschrieben: 24. Jun 2022, 09:48 So ähnlich meinte es CyrusField wohl auch.
Im Grunde genau so :lol:
Camino Francés 2018
Mosel-Camino 2019
Via Mosana 2019 - ... (das wird noch :lol:)
Caminho Portugês Central 2020
Camino Inglés 2022
...und auch sonst viel zu Fuß unterwegs: https://stefansspuren.com 8-)
Flicka
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Re: Winterpilgern

Beitrag von Flicka »

Jetzt bin ich doch wieder etwas beruhigt. Ich hatte zwischendurch hier im Forum auch ein paar andere Themen gelesen und an der ein oder anderen Stelle den Eindruck gewonnen, dass es so etwas wie ein Pilgerideal gibt, und die Wanderer / Pilger, die nicht in dieses Schema zu passen scheinen, etwas abwertend behandelt werden.

Wenn ich hier die letzten Beiträge lese, kann ich aber eher nachvollziehen, warum meine Idee, einzelne Abschnitte wegzulassen, auf Skepsis stößt. Gestern hatte ich den Eindruck, dass ich doch ins Schema gepresst werden soll. Aber es ist wohl eher so, dass jemand, der den Weg in all seinen Facetten liebt, sich schwer damit tut, einem anderen zu raten, was er weglassen soll und lieber Möglichkeiten sucht, ihn dazu zu ermutigen, den kompletten Weg zu gehen.

Mal schauen, wie ich es mache. Vielen Dank aber jedenfalls für die konstruktiven Ratschläge. Wahrscheinlich sind wir alle gar nicht so weit voneinander weg und setzen einfach die Schwerpunkte unterschiedlich. Ich nehme doch an, dass jeder von uns große Freude dabei empfindet, draußen unterwegs zu sein und sich die Welt zu erwandern.
angel2969
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Re: Winterpilgern

Beitrag von angel2969 »

hi
hatte meinen beitrag schon fertig, aber abgeschossen, etappen zu überspringen finde ich persönlich nicht so gut, da würde ich mich meinen vorschreibern anschließen und entweder so weit laufen, wie die zeit reicht und die fehlende strecke ein anderes mal vollenden oder wenn dein wunsch ist auf jeden fall in santiago anzukommen, entsprechend später zu starten, ich finde es gut nicht unter zeitdruck zu stehen, das machen wir sonst viel zu oft. eine idee wäre es evtl. für die Meseta sich ein Fahrrad auszuleihen, dass haben pilger gemacht, die in St. Jean de Piedeport gestartet sind, und unter zeitdruck standen, diese strecke ist auch für radpilger weitestgehend geeignet, nach castrojeriz evtl. fahrrad etwas den berg hochschieben, das hat den vorteil, du erlebst die meseta, die ich sehr gerne mag, vor allem bis fromista und du kannst einige etappen einsparen. pilgerpass auf jeden fall, da die privaten herbergen nicht alle winteröffnungszeiten haben, aber die kirchlichen und gemeindeherbergen haben geöffnet. es gibt einen internetlink oder eine liste, die von november bis märz alle geöffneten herbergen recht aktuell auflistet. leider finde ich diesen gerade nicht, könnte aber nächste woche noch mal intensiver nachsehen ob ich den finde.

geh deinen weg so wie du es möchtest , es ist dein weg

bc angel
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Simsim
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Re: Winterpilgern

Beitrag von Simsim »

Hier der Kink den Angel meint.

http://www.aprinca.com/alberguesinvierno/

Ja, das ist eine sehr brauchbare und täglich aktualisierte Liste, um die sich Lourdes von der Albergue Bethania in Fromista kümmert.

Aber Vorsicht: es sind weit mehr Herbergen geöffnet, die nicht auf der Liste auftauchen. Es gut, die Liste in Verbindung mit Gronze zu benutzen und immer vorher anzurufen, um sicher zu sein, dass auch wirklich offen ist.
Flicka
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Re: Winterpilgern

Beitrag von Flicka »

Danke für die Hinweise!

Die Idee, einen Teil der Strecke mit dem Rad zurückzulegen, fand ich durchaus reizvoll und habe deshalb die letzten eineinhalb Tage damit verbracht, mir mal im einzelnen die Etappen anzuschauen, die ich vor und nach der Meseta wandern würde um zu sehen, wie ich dort planen würde.

Das Ergebnis: Die Meseta werde ich komplett weglassen. Die Entscheidung habe ich mir nicht leicht gemacht, und ich kann absolut nachvollziehen, warum
viele die Meseta sozusagen als Herz des Caminos ansehen. Würde ich zum ersten Mal auf eine längere Wanderung aufbrechen, käme ich vermutlich gar nicht erst auf die Idee, einen Teil des Weges zu überspringen. Aber der Weg und ich werden auch ansonsten noch 500 km miteinander verbringen, und auf diese Etappen freue ich mich jetzt richtig!

Falls ich überall geschmeidig durchkomme und früh in Santiago bin, werde ich Frau Holles Anregung folgen und noch ein paar Tage bis zum Meer dranhängen, sozusagen als Bonus. ;)

Eine Frage fällt mir aber noch ein: Ich hatte irgendwo gelesen, dass es zu Karnelval in Santiago einen oder mehrere Umzüge gibt, angeblich Dienstags und am Aschermittwoch. Wisst ihr mehr darüber? Oder sollte ich dazu besser ein neues Thema aufmachen?
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Camineiro
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Re: Winterpilgern

Beitrag von Camineiro »

Flicka hat geschrieben: 26. Jun 2022, 18:58

Eine Frage fällt mir aber noch ein: Ich hatte irgendwo gelesen, dass es zu Karnelval in Santiago einen oder mehrere Umzüge gibt, angeblich Dienstags und am Aschermittwoch. Wisst ihr mehr darüber? Oder sollte ich dazu besser ein neues Thema aufmachen?

Moin!

Davon hatte ich bisher - ehrlich gesagt - noch nie gehört.
Allerdings war ich auch zur Karnevalzeit noch nie in Santiago.

Aber anscheinend gibt’s das wirklich … Carnival in SdC

Die Umzüge finden - vorbehaltlich anderslautenden Coronabestimmungen - am Veilchendienstag und Aschermittwoch statt.
In 2023 also am 21. und 22. Februar.


Was ruft man da?

Santiago Olé? ;)
Jubilado

Ulrikaweg 2021/22
Ostfriesland-Camino 2023/24
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Flicka
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Re: Winterpilgern

Beitrag von Flicka »

Ja, genau auf dieser Seite hatte ich das gelesen! Vielleicht aber nur völliger Quatsch? Die Seite wirkt insgesamt nicht sehr seriös.
Flicka
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Re: Winterpilgern

Beitrag von Flicka »

Reichlich spät – aber vielleicht ist es für den einen oder anderen trotzdem interessant – möchte ich hier noch meine Erfahrungen mit dem Winterpilgern auf dem Camino Frances schildern.

Ich war im Zeitraum zwischen Mitte Januar 2023 und Ende Februar 2023 insgesamt etwa fünfeinhalb Wochen unterwegs, inklusive Anreise, ein paar Tagen zum Abschluss in Santiago de Compostela und Heimreise.

Wer weiter vorne im Thread nachlesen möchte, erfährt, dass ich mich schwer damit getan habe, wo ich starte und ob ich evtl. einen Teil des Weges überspringe.

Letztlich habe ich mich dafür entschieden, in Pamplona zu starten und bis Burgos zu wandern, bin von dort aus bis Leon mit dem Bus gefahren und ab Leon nach Santiago gewandert. Für mich persönlich hat das pefekt gepasst. Ich konnte Ruhetage und halbe Ruhetage in interessanten Orten einlegen und mir in Ruhe viele der historischen Stätten anschauen, die im Laufe der Jahrhunderte rund um den Pilgerweg gewachsen sind. Ob ich in der Meseta etwas verpasst habe? Ich kann es natürlich nicht beurteilen, weil ich nicht dort war, aber Einsamkeit habe ich auch auf anderen Wegabschnitten genießen dürfen – und das meine ich wirklich so. Die Entscheidung, mir nicht die gesamte Strecke zwischen Pamplona und Santiago vorzunehmen, war auch ein bewusstes Ausbrechen aus dem beruflichen Hamsterrad, in dem ich regelmäßig vor dem Problem stehe, mehr erledigen zu müssen als eigentlich in die Arbeitszeit passt, und hat zudem dazu gepasst, wie ich den Weg angehen wollte, siehe unten.

Das Wetter war zum Glück auf meiner Seite: Es war zwar knackig kalt, und ich bin über die Montes de Oca und auf der Etappe ab Rabanal im Schnee gewandert, dazu war der Weg von O Cebreiro hinunter völlig vereist, so dass ich froh war, Spikes mitgenommen zu haben. Aber es hat kaum geregnet, und in Galicien war das Wetter richtig frühlingshaft. Der Regen hat erst eingesetzt, nachdem ich in Santiago angekommen war. :-) Zum Glück war es dann abends kurzzeitig wieder trocken, denn eine Frage von oben kann ich auch beantworten: Am Fastnachtsdienstag findet in Santiago abends ein Fastnachtsumzug statt. Das war wirklich ein denkwürdiger Abschluss der Wanderung.

Was habe ich persönlich von der Pilgerwanderung mitgenommen?

Zunächst einmal die Erkenntnis, dass der Weg – noch mehr als andere Wanderwege – der Inbegriff der Selbstwirksamkeit ist. Sich auf den eigenen Füßen quer durch ein Land auf ein Ziel zuzubewegen, jeden von vielen tausend Schritten unter den Sohlen zu spüren, auf der Landkarte zu bestaunen, wie weit man schon gekommen ist, gibt einem wie kaum etwas anderes das Gefühl, sein Schicksal aktiv zu gestalten.

Ich denke, darüber hinaus muss jeder selbst entscheiden, wie er diese Selbstwirksamkeit für sich selbst am besten erreicht. Für mich stand lange vor der eigentlichen Wanderung fest, dass ich die Wanderung mit vorgebuchten Hotels durchplanen will. Ich hatte immer schon Freude daran, nach einem langen Tag draußen in einem schönen Zimmer einzuchecken und meine Ruhe zu haben, wenn ich das möchte, und das hat sich auch bei dieser Wanderung wieder bestätigt. Das hat zwar einigen Planungsaufwand erfordert, aber auch die Vorfreude gesteigert, und die Vorbereitungen auf die Strecke und die Sehenswürdigkeiten unterwegs haben mich in die Lage versetzt, die Wanderung entspannt zu genießen und mir in Ruhe etwas anzuschauen, ohne mir Gedanken darüber zu machen, wo ich abends übernachte und ob es dann auch am Folgetag in passender Distanz wieder eine Übernachtungsmöglichkeit gibt. Leider gab es unterwegs ein paar Stornierungen seitens der Unterkünfte, aber zum Glück hat sich jeweils Ersatz gefunden.

Was für mich gilt, muss aber für andere noch lange nicht gelten. Für andere besteht das Gefühl der Selbstwirksamkeit sicher in dem bewussten Verzicht auf langes Vorplanen und in der Möglichkeit, sich abseits der alltäglichen Routinen jeden Morgen auf den Weg zu machen und sich voller Abenteuerlust dem Ungeplanten zu stellen. Andere finden vielleicht einen Mittelweg am passendsten für sich selbst. Für wichtig halte ich es nur, dass man sich bewusst dafür entscheidet, wie man die Wanderung gestalten will und nicht irgendeinem vermeintlichen Pilgerideal hinterherhechelt. Jeder soll - und muss - da sein eigenes Ding machen.

Was ich für mich außerdem mitnehme ist die Erkenntnis, dass jeder Tag eine kleine Reise durchs Leben ist und nicht bloß eine Aneinanderreihung von Sonnenauf- und untergängen in der Erwartung irgendeines größeren Ereignisses. Genauso wie jeder einzelne Wandertag seine kleinen und großen Momente hatte und nicht bloß ein Abspulen von Kilometern auf dem Weg nach Santiago war, gibt es auch im Alltag diese Momente, in denen man sich freut, weil man gerade mit jemandem gelacht hat oder weil einem etwas gelungen ist oder weil man das erste mal seit Monaten mal wieder in der Sonne sitzen kann und und und....Ich versuche, diese Momente mehr wertzuschätzen als früher und habe durchaus den Eindruck, dass mir das hilft, mit Stress umzugehen und mich ingesamt zufriedener zu fühlen.

So, das waren ein paar Gedanken von mir. All denen, die ihren Weg noch vor sich haben: Buen camino!
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