bom caminho!

[PioCamino]

bom caminho oder buen camino!

Eigentlich stolperte ich erst jetzt über dieses fantastische Forum und schnupperte erst wenige Stunde hier rein, wenngleich es mich ein klitzeklein wenig ärgert, nicht schon viel früher hineingestolpert zu sein. Aber ich kann das Rad leider nicht zurückdrehen und bin nun jetzt hier und freue mich ungeheuer auf die Entdeckung der verschiedenen Themen. Und da ich dachte, bevor ich hier vertieft eintauche... ggf. Fragen stelle, Anregungen finde, diese aber unkommentiert lasse, da stelle ich mich bzw. uns doch gleich mal mit dem ersten Post vor.

Ich heiße Olaf und bin knapp über 50 Jahre alt und lief mit meiner sieben Jahre jüngeren Frau vor zwei Jahren den Caminho Portugues von Porto bis nach Santiago de Compostela inkl. der Variante Espiritual. Alles irgendwie ungeplant geplant. Hopplahopp... wie so vieles in den letzten Jahren.

Angefangen hat es... ich blättere mal wild zurück, dann wieder vor... irgendwann 2019. Wir beide lernten uns in der Reha kennen und zogen schon ziemlich schnell zusammen. Kaum war dies geschehen, heirateten wir standesamtlich als auch kirchlich. Jakobsweg? Bis dato nie wirklich in Gedanken gefasst. Bisher stand unser Leben immer im Mittelpunkt unserer zweier Kinder. Sie hat eine Tochter, ich einen Sohn. Und als im Jahr 2021 die eine 20 wurde und der andere 19... tja, da dachten wir... "Jetzt sind wir dran!". Endlich. So ganz ohne Verpflichtung. Endlich mal nur wir.

Als wir uns mit dem Jakobsweg beschäftigten, schauten wir erst einmal im Internet nach und entdeckten auf YouTube viele Videos. Insbesondere die Vlog-Beiträge von Olga und Leo (https://www.youtube.com/@TravelCurry) packten uns und wir verliebten uns direkt in den Camino del Norte. Allerdings... zu dieser Zeit noch mit einer über zwölf Jahre alten Hovawart-Schäferhündin zuhause, war eine solche Tour nicht möglich. Ob mit oder ohne sie... das ging nicht. Und wir wusste derweil auch nicht, ob der Jakobsweg für uns überhaupt etwas ist. Natürlich... tägliche Waldspaziergänge gehörten dank unserer lieben Lotte zu unserem Repertoire... 13-20 km Laufen... logisch, da dachten wir noch, das wäre ein Klacks. Auch mit ein bisschen Gepäck auf dem Rücken. Aber der del Norte schied früh aus und so kamen wir über den Podcast von Marcus (Camino_Marcus) auf die Idee, einfach mal den Caminho Portugues auszuprobieren. Der soll ja leicht sein.

Weniger leicht war dagegen jemanden zu finden, der auf unsere Lotte aufpasst. Selbstverständlich hörten wir in der Vergangenheit immer wieder von unseren Kids, wie erwachsen sie seien... aber anscheinend wohl nicht genug, um mal zwei Wochen auf unseren Hund aufzupassen. Am Ende schenkten sie uns aber diese 14 Tage, damit wir endlich mal wir sein durften.

Jetzt begann es richtig. Alles. So unendlich viel, was unser Leben schlichtweg veränderte. Die Planungen zum Jakobsweg verliefen fantastisch... obwohl Corona im Jahr 2021 noch die Welt in Atem hielt, schafften wir innerhalb von vier Wochen die Flüge zu buchen und die Strecke sicherheitshalber per eMail und diversen Apps komplett durchzuplanen. Dazu natürlich alle Hotels/Unterkünfte... man weiß vor Ort ja nie... und dann...

*BOOOOMMMM!*

Einen Tag vor der Abreise saß meine Frau in Tränen aufgelöst am Esstisch. Ihr Blick richtet sich auf mich und sie sagte: "Ich bin schwanger!" Im Nachhinein sagte sie mir, dass meine Augen und mein breites Grinsen sie in diesem Moment rettete, aber es war einfach wirklich so... jetzt, so kurz davor, wo wir endlich *WIR* sein durften, da bestätigte ein paar Stunden später die Frauenärztin, dass es ziemlich gut aussehen würde, dass wir noch einmal Eltern werden würden.

Tja - da kamen uns die 14 Tage Caminho Portugues gerade richtig, all dies einfach mal sacken zu lassen und einfach nur wir zu sein, um uns mit unseren Sorgen, Ängsten, Freuden etc. tief und fest zu beschäftigen.

Seitdem, seit diesem Tag, sind wir komplett verändert. Im Herzen total glücklich, dank unseres Alters aber auch ziemlich erschöpft. So alt ... nach einer mittlerweile 22-jährigen Tochter und einem 21-jährigen Sohn noch einmal das ganze neu zu erleben... heute, jetzt... das hat viel verändert.

Unser gemeinsamer Sohn ist am Samstag 15 Monate alt geworden. Er erfreut uns jeden Tag. Sein Patenonkel kommt aus Portugal... aus der Stadt Fatima. Ihn trafen wir zufällig am ersten Tag unseres Caminho Portugues in der Kathedrale in Porto, er machte ein Foto ... dann immer wieder mal kurz... und zuletzt schlossen wir Freundschaft in Santiago de Compostela. Mittlerweile besuchte er schon unsere Sohn... sein Patenkind... hier in Köln... es ist so unglaublich schön.

Und der Caminho Portugues hat uns noch so unfassbar viel mehr gegeben. Für den Moment, für die Momente danach und das Leben. So dass wir nun beschlossen haben, ihn erneut zu gehen. Mit unserem Sohn. Nächstes Jahr. Diesmal die Küstenvariante. Anstatt 14 Tage dann 3 oder eher 4 Wochen.

Aber ich rede gerade soviel von anderen Dingen... nicht vom Jakobsweg an sich... doch es sind genau diese anderen Dinge, die dieser Weg so liebevoll ausmacht. Jeder hat seine eigen Geschichte. Und jede Geschichte sollte behutsam in den Hände getragen werden. Respektiert und anerkannt.

to be continued...

PS: Wer ggf Lust auf mehr bekommen hat, kann uns gerne hier besuchen (https://www.youtube.com/@pioCamino)

[Simsim]

Willkommen Olaf,
danke für Eure berührende Geschichte! Und danke für die viele Freude, die Du mit uns teilst.

Dieser Satz spricht mich besonders an und könnte für unser Forum eine schöne Inspiration darstellen:

Jeder hat seine eigen Geschichte. Und jede Geschichte sollte behutsam in den Hände getragen werden. Respektiert und anerkannt.

Herzlich grüßt Simone

[Superfrauandrea]

hui jetzt habe ich beim Lesen Gänsehaut bekommen - eine wunderbare Geschichte, wie sie nur das Leben so schreibt.
Alles Gute für euch!

[HiPilgrims]

Vielen Dank für die schöne Vorstellung...das ist das Schöne am Camino, die Geschichten, die man hört, die berühren und die man erlebt....Seid gesegnet auf eurem weiteren Weg!

LG Heike

[PioCamino]

Dieser Satz spricht mich besonders an und könnte für unser Forum eine schöne Inspiration darstellen

Hallo Simone - vielen Dank... für mich ist der Satz eher eine Inspiration für besseres Gegenlesen. Oh je... ein paar Vokale hätte es da wohl noch auf der Tastatur gebraucht ;o)

Und auch den beiden liebevollen anderen Kommentaren möchte ich ein herzliches Dankeschön hinterherschieben!