Herberge auf Spendenbasis

Allgemeine Diskussionen zur Pilgerei und ihrer Geschichte
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Bernd
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Herberge auf Spendenbasis

Beitrag von Bernd »

Hallo liebe Gemeinde,

immer wieder lese ich Herberge auf Spendenbasis bzw. Spende in angemessener Höhe.
Was solle solle man so als Spende geben? Könnt ihr mir eine kleine Richtlinie geben, wie ich eine angemessene Spende einschätzen kann?
2021 Camino Portugues ab Valenca
Pierre1983
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Re: Herberge auf Spendenbasis

Beitrag von Pierre1983 »

Meine Erfahrungen diesbezüglich sind aus dem Jahr 2013. In meinen Augen machst du mit 5-10 Euro nichts verkehrt, wobei ich die genaue Höhe von mehreren Faktoren abhängig machen würde:

1. Ist es lediglich ein Matratzenlager oder gibt es richtige Betten?
2. Wie wohl fühlst du dich in der Herberge?
3. Wie ist dein Eindruck vom Hospitalero/von der Hospitalera? Ich habe keine großen Erwartungen, aber wenn ich freundlich begrüßt werde, bin ich gerne spendabler.
4. Gibt es womöglich auch Verpflegung? Ich hatte in einer Herberge sogar ein einfaches Abendessen und ein einfaches Frühstück auf Spendenbasis bekommen. In so einem Fall sind meiner Meinung nach auch insgesamt 15 Euro angemessen.
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Via2010
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Re: Herberge auf Spendenbasis

Beitrag von Via2010 »

Hallo Bernd,

ich gebe normalerweise das, was ich auch in einer vergleichbaren entgeltlichen Herberge zahlen müsste, also 5-10 € für die reine Übernachtung, zusätzliche Leistungen (Waschmaschine, Mahlzeiten) vergüte ich ebenfalls entsprechend.

Ebenso spielt in meinen Überlegungen eine Rolle, ob Investitionsbedarf besteht. Ich kann mich schlecht über sanierungsbedürftige Duschen beklagen, aber selbst nur so wenig dalassen, dass an diesem Zustand nichts geändert werden kann.

Ich war jetzt zum 2. Mal auf der VdP unterwegs und habe in den Donativoherbergen dort eher mehr gegeben, als ich für vergleichbare Leistungen anderswo bezahlt hätte. Dies aus der Überlegung, dass Donativoherbergen nach einem Solidarsystem funktionieren und daher die leistungsfähigeren Pilger auch den Aufenthalt der finanziell schlechter gestellten ermöglichen. So habe ich oft noch den kalkulierten Tarif für die Übernachtung eines weiteren Pilgers draufgelegt. Ich habe auch einen jungen schwedischen Pilger kennengelernt, der es ähnlich gehalten hat.

Gespräche mit Hospitaleros in den Donativoherbergen waren teilweise sehr erhellend, teilweise auch sehr ernüchternd. Solange "donativo" mit "gratis" verwechselt wird, sind diese Herbergen vom Aussterben bedroht, dabei empfinde ich gerade dort die Gastfreundschaft als besonders herzlich.

BC
Alexandra
WoM
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Re: Herberge auf Spendenbasis

Beitrag von WoM »

Hallöle,

erfahrungsgemäß haben viele Pilger keine Hemmungen nichts zu geben. Das nervt mich dermaßen, dass ich mehr gebe, als sonst üblich.
Aber allgemein gesagt würde ich auch die 5-10€ empfehlen, wobei es eher 10 sein sollte, wenn man es sich leisten kann.

Grüßle Wolfgang
Nach dem Camino ist vor dem Camino 8-)
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ilfuchur
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Re: Herberge auf Spendenbasis

Beitrag von ilfuchur »

Hatte ich schon in einem anderen Thema geschrieben, aber weil ich es so schön finde, mach ich das hier auch:

In einem spanischen Pilgerführer habe ich einmal folgendes gelesen (also da stand es in Spanisch ;) ):

Manchmal denken wir, dass das, was wir tun, ein Tropfen im Meer ist,
aber dieses Meer wäre weniger ohne diesen Tropfen.
Andere Pilger haben es mit ihrer Spende möglich gemacht, dass du heute hier schlafen kannst,
tu du das Gleiche für den Pilger, der nach dir kommt!


Für mich beantwortet sich die Frage nach der Höhe der Spende ganz einfach: Wie viel bezahle ich woanders für ein Bett (öffentliche Herberge 6 - 8 €)/ein Abendbrot (Pilgermenü i. d. R. 10 €)/ein Frühstück (ab 3 €) - das ist dann das, was für die "Sachleistung" angemessen ist.

Weil Donativo-Herbergen für mich aber nicht nur Sachleistungen erbringen, sondern ganz oft ganz viel mehr sind und von ganz vielen eben leider ziemlich ausgenutzt werden, ich aber möchte, dass sie so bleiben, wie sie sind, und weil ich zweimal in solchen Herbergen erlebt habe, wie Menschen, die offensichtlich nicht viel geben konnten, ganz selbstverständlich aufgenommen und gespeist worden sind, und weil ich das Gefühl habe, dass ich so dem Camino wenigstens ein ganz kleines bisschen von dem zurückgeben kann, was er mir gibt, gucke ich gerne ein bisschen tiefer in Portemonnaie. Nein, ich bin da nicht großzügig oder großherzig, sondern sehr egoistisch: Wenn ich selbst bestimmen kann, wie viel ich gebe, fühlt sich das für mich so gut an, dass ich es gerne auskoste (das ist bei mir das gleiche wie mit Geschenken: ich schenke eigentlich nicht, um dem anderen eine Freude zu machen, sondern weil ich MIR damit eine Freude mache).

:arrow: :arrow: :arrow:
Pilger, die beim Gehen manchmal einfach nur Bauch und Füße sind - #Bauchfüßler eben.
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PrinzKeksdose
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Re: Herberge auf Spendenbasis

Beitrag von PrinzKeksdose »

Danke für den schönen Beitrag Andrea. Die Frage wieviel denn in Donativo-Herbergen angemessen ist habe ich während meines Einsatzes dieses Jahr immer wieder gehört. Ich habe immer gesagt "Das was Du heute gibst, ermöglicht dem Pilger morgen zu bleiben".

Der Kassensturz hat dann ergeben, dass im Schnitt 3,-€ pro Pilger in die Box geschmissen wurden. Das fand ich dann schon etwas mau....
GretaBo

Re: Herberge auf Spendenbasis

Beitrag von GretaBo »

ilfuchur hat geschrieben: 1. Okt 2019, 08:05 .....Nein, ich bin da nicht großzügig oder großherzig, sondern sehr egoistisch: Wenn ich selbst bestimmen kann, wie viel ich gebe, fühlt sich das für mich so gut an, dass ich es gerne auskoste (das ist bei mir das gleiche wie mit Geschenken: ich schenke eigentlich nicht, um dem anderen eine Freude zu machen, sondern weil ich MIR damit eine Freude mache).
:roll:

Warum sagst Du nicht einfach: GEBEN MACHT MICH GLÜCKLICH

Das meintest Du doch, oder? :D
Zuletzt geändert von GretaBo am 1. Okt 2019, 10:40, insgesamt 1-mal geändert.
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Casa de Peregrinos
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Re: Herberge auf Spendenbasis

Beitrag von Casa de Peregrinos »

Wir betreiben unsere Pilgerherberge (Nähe Trier) auch auf Spendenbasis.
Neben unserer Spendenbox haben wir folgenden Text aufgeführt:

----
"Liebe Pilger
Sinn und Zweck der „Casa de Peregrinos“ ist es: Pilger in freier Beteiligung (Donativo) zu beherbergen.
Wenn du dir nicht sicher bist, welcher Obolus angemessen ist, stelle dir die Frage, was dir dein Aufenthalt bei uns wert war.
Es ist dir überlassen, und wir erwarten grundsätzlich keine Erkenntlichkeit, jedoch wird deine Solidarität wesentlich dazu beitragen, dass auch die nächsten Pilger von der „Casa de Peregrinos“ profitieren können.
Und über eine Postkarte freuen wir uns immer!
Herzlichen Dank"
---

Im Schnitt spenden die Pilger bei uns 25 €
Hört sich nach sehr viel an, man muss jedoch dazu sagen das wir die Pilger mit dem PKW abholen, Bettwäsche/Handtücher vor Ort sind, sowie Abendessen/Frühstück/Lunchpaket und Getränke von uns gestellt werden.
Wäsche kann auch bei uns umsonst gewaschen und getrocknet werden.

Das soll jetzt aber keine Werbung für uns sein ;)

Liebe Grüsse
Karl
Casa de Peregrinos
Die Pilgerherberge mit Herz
Pierre1983
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Re: Herberge auf Spendenbasis

Beitrag von Pierre1983 »

Meine oben genannten Geldbeträge beziehen sich natürlich primär auf Spanien.

In den Gîte d'étape in Frankreich oder den Pilgerherbergen in Deutschland würde ich im Einzelfall andere Beträge als angebracht sehen, was mitunter daran liegt, dass andere Leistungen geboten werden, z.B. bei den Gîte d'étape zumeist ein vollumfängliches Abendessen und ein Frühstück.

Auch habe ich die persönliche Erfahrung gemacht, dass Pilgerherbergen in Deutschland und zwischen Trier und Le Puy meist eher kleiner sind und sich damit auch durch weniger Pilger finanzieren müssen. Auch hier halte ich einen etwas größeren Betrag für angemessen, um diese Herbergen zu erhalten.

Die 25 Euro von meinem Vorredner halte ich in diesem Kontext für durchaus angebracht, solange Abendessen, Frühstück und Lunchpaket nicht nur aus trockenem Brot bestehen ;)
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Via2010
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Re: Herberge auf Spendenbasis

Beitrag von Via2010 »

Hallo Pierre,

ich halte 20-25 € eigentlich für das unerlässliche Minimum, was man in Spanien in einer Donativo-Herberge für Übernachtung, Abendessen und Frühstück spenden sollte.

In Deutschland und Frankreich schlägt oftmals schon die Übernachtung mit deutlich mehr zu Buche. Ich werde demnächst auf dem Jakobsweg zwischen Köln und Trier unterwegs sein und zahle hierbei in der Regel zwischen 25 und 40 € alleine für die Übernachtung mit Frühstück. Und nach einem "Pilgermenü" für rund 10 € incl. Getränken wirst Du in Deutschland und Frankreich auch vergeblich suchen.

Daher bestätigt die Rückmeldung der "Casa de Peregrinos" wonach sie für die gebotene Halbpension durchschnittliche Spenden in Höhe von 25 € erhalten, mir, dass viele "donativo" immer noch mit "gratis" oder "besonders preisgünstig" übersetzen. In die gleiche Richtung gehen übrigens auch immer wieder lobende Kommentare über die Gastfreundschaft der "Casa Fernanda" am Camino Portugues, ohne zu bedenken, dass ein solches Verhalten die Gastfreundschaft gegenüber künftigen Pilgern gefährdet.

BC
Alexandra
GretaBo

Re: Herberge auf Spendenbasis

Beitrag von GretaBo »

Via2010 hat geschrieben: 2. Okt 2019, 14:01
ich halte 20-25 € eigentlich für das unerlässliche Minimum, was man in Spanien in einer Donativo-Herberge...........

........., dass viele "donativo" immer noch mit "gratis" oder "besonders preisgünstig" übersetzen. In die gleiche Richtung gehen übrigens auch immer wieder lobende Kommentare über die Gastfreundschaft der "Casa Fernanda" am Camino Portugues, ohne zu bedenken, dass ein solches Verhalten die Gastfreundschaft gegenüber künftigen Pilgern gefährdet.

BC
Alexandra
👍👍👍
Pierre1983
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Re: Herberge auf Spendenbasis

Beitrag von Pierre1983 »

Hallo Alexandra,

ich kann deinen Argumenten nicht wirklich etwas entgegensetzen und auch das Argument, dass einige Pilger Donativo mit gratis verwechseln ist sicherlich ein guter Grund lieber etwas mehr zu geben, wenn man kann, um das gegenzufinanzieren. Ich werde das auf meiner nächsten Pilgerreise besser berücksichtigen. Ich finde aber auch wichtig, dass einem Pilger, der nicht mehr hat, auch kein schlechtes Gewissen gemacht wird, wenn er weniger gibt.

Bezüglich Deutschland und Frankreich (insbesondere vor Le Puy) hast du bis auf einige wenige Ausnahmen recht. Nicht umsonst hatte ich damals ein Zelt dabei :D

Zwischen Le Puy und SJPDP hatte ich 2013 die Erfahrung gemacht, dass viele (kommerzielle) Gîte d'étape für die Halbpension übrigens um die 30 Euro verlangen.
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Bernd
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Re: Herberge auf Spendenbasis

Beitrag von Bernd »

Pierre1983 hat geschrieben: 2. Okt 2019, 15:10 Hallo Alexandra,

..... Ich finde aber auch wichtig, dass einem Pilger, der nicht mehr hat, auch kein schlechtes Gewissen gemacht wird, wenn er weniger gibt.
Diesen Satz finde ich sehr wichtig. Es gibt bestimmt viele Menschen für die eine Pilgerreise eine finanzielle Herausforderung ist. Sie müssen sich die Ausrüstung kaufen , die An- und Abreise kostest auch.

Ich weiß jetzt wie ich meine Spenden einschätzen kann.
2021 Camino Portugues ab Valenca
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Frau Holle
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Re: Herberge auf Spendenbasis

Beitrag von Frau Holle »

Für meinen ersten Camino hatte ich nur sehr wenig Geld, weil ich Studentin ohne Bafög und ohne Kindergeld war und 2 Wochen vor dem Camino unerwartet eine Nachzahlung von 800€ an die Krankenkasse gefordert wurde. Mein gesamtes Budget war also schon vor dem Start verpufft.
Ich habe auf dem Camino kein einziges Pilgermenü gegessen, nie in einer Bar Lebensmittel gekauft, sofern es in den Tagen davor einen Supermarkt gab.
Entsprechend wenig habe ich in den Donativoherbergen zahlen können (10€).

Auf den Caminos danach habe ich es anders gemacht. In den Herbergen, die ich ein zweites Mal besucht habe habe ich beim zweiten besucht als "Wiedergutmachung" deutlich mehr gegeben und mache es seitdem immer noch so: Solange ich genug verdiene bekommen die Herbergen mehr Geld als ich in einer privaten oder öffentlichen Herberge zahlen müsste.

In besonderen Herbergen wie bei David in Bodenaya lasse ich auch mal 35-40€ da, wenn ich mich einfach rundum wohl fühle, essen und Getränke bekomme und ganz viel Liebe bekomme :)
u l t r e i a
Pilgrim
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Re: Herberge auf Spendenbasis

Beitrag von Pilgrim »

Ich wäre vorsichtig. Auf dem Camino gibt es nämlich echte Donativo-Herbergen und (i.d.R. private) scheinheilige Donativo-Herbergen. Das sind Trittbrettfahrer, sogenannte Piratenherbergen, die die Gutgläubigkeit der Pilger ausnutzen, um Kasse zu machen. Woran erkennt man eine Piratenherberge? Zum Beispiel daran, dass sie aggressiv wirbt, bereits auf dem Camino Werbe-Flyer verteilt, oder Pilger auf dem Durchmarsch vor der eigenen Herberge abfängt und mehr oder weniger subtil zur Übernachtung überredet. Im Visier haben Piratenherbergen zahlungskräftige Pilger, die die großen Scheine in die Spendenkasse falten. Arme Schlucker und Zechpreller werden zähneknirschend geduldet (um das falsche Image zu wahren), sind aber nicht erwünscht. Um den Verlust durch Zechpreller wett zu machen ist die Piratenherberge außerdem interessiert möglichst viele Pilger zu ködern, zu Lasten benachbarter Herbergen. Da der geschäftstüchtige Piratenherbergswirt weiss, dass guter Service die halbe Miete ist, wird er stets zuvorkommend auftreten und uneigenützigen Pilgergeist heucheln. Wie man unschwer erkennen kann geht es aber ums Geschäft, nicht um Gemeinnützigkeit. Warum melden sie dann keinen gewöhnlichen Herbergsbetrieb an? Weil die Unkosten einer Donativo-Herberge wesentlich niedriger sind: sie zahlen keine bis kaum Steuern, sie brauchen keine Beherbergungslizenz, sie müssen keine Standards erfüllen, etc. Piratenherbergen verzerren also den Wettbewerb. Solche Herbergen würde ich meiden, bzw da es für den Ottonormal-Pilger häufig schwierig ist, das Eine vom Anderen zu unterscheiden, würde ich in einer Donativo Herberge grundsätzlich nicht mehr für eine Übernachtung zahlen als in einer regulären Herberge.
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