Erstes Mal Jakobsweg - Welcher Weg

Allgemeine Diskussionen zur Pilgerei und ihrer Geschichte
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Cozlooo
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Erstes Mal Jakobsweg - Welcher Weg

Beitrag von Cozlooo »

Hallo,

Ich habe vor im Juni den Jakobsweg zum ersten mal zu laufen, kann mich aber nicht für einen Weg entscheiden. Ich überlege noch zwischen dem
Camino Frances oder dem Camino del Norte (Küstenweg).

Deshalb wollte Ich euch nach eurem ratschlag/Meinung fragen.

Am wichtigsten ist mir, dass der Weg schön ist (Natur).
Ich bin körperlich fit und jung und auch wäre mir wichtig, dass der Pilgerweg nicht zu überrannt ist.
Auch frage ich mich ob der Camino Frances im Juni zu heiß ist.

Welchen der beiden Wegen findet Ihr für das erste Mal besser und welcher von beiden ist schöner?

viele grüße :)
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Simsim
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Re: Erstes Mal Jakobsweg - Welcher Weg

Beitrag von Simsim »

Hallo,

für das erste Mal rate ich normalerweise den Camino Frances. "Schöner"....tja....das ist so sehr persönliche Empfindungssache....der Camino Frances ist vielfältig, es gibt fast alle Arten von Landschaften und sehr unterschiedliche Passagen.
Der Camino del Norte...(ich kenne selbst nur 10 Etappen ab Irun), war am Anfang anstrengend und meistenteils landschaftlich berauschend schön, aber ich fand dort einfach nicht das Besondere eines Pilgerwegs. Es war für mich einfach nur Wandern in schöner Landschaft.

Im Juni würde ich aber definitiv die Küste vorziehen, wo es hitzemäßig erträglich bleibt, soweit ich weiß. Bei 40 Grad durch die Meseta (Camino Frances) zu laufen, ist sicher keine Freude.
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Pooh_der_baer
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Re: Erstes Mal Jakobsweg - Welcher Weg

Beitrag von Pooh_der_baer »

Hallo,

willkommen in der Info-Börse.
Ich selbst bin den CF im Juni und auch im August gegangen.
Mir haben die Temperaturen nichts ausgemacht, hatte genügend Wasser dabei. Bekam dabei, klingt vielleicht seltsam, den Kopf besonders frei.

Schau dir doch Beschreibungen der Wege z.B. bei gronze.com an, und auch Berichte bei Youtube.

Ggf. wirfst du eine Münze zur Entscheidungsfindung.
Wer sich nicht erinnert, den bestraft die Zukunft.
Jojo
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Re: Erstes Mal Jakobsweg - Welcher Weg

Beitrag von Jojo »

Hallo Cozlooo,

2019 stand ich vor der gleichen Frage wie du: Welchen Weg soll ich im Mai/Juni als ersten Jakobsweg gehen? Ich habe mich am Ende für den Camino del Norte entschieden, weil ich vor allem die Sorge hatte, dass der Frances zu überlaufen ist. Die Natur ist tatsächlich meistens wunderschön, das Meer, die einsamen Küstenwege, Steilklippen und die Berge, aber es gibt auch viele Asphaltstrecken (was mich nicht gestört hat), rund um die größeren Städte Industriegebiete, immer mal Autobahngeräusche im Hintergrund und im Gegensatz zur Hitze auf dem Frances deutlich mehr Regen, der dir die Freude an den schönsten Landschaften auch mal nehmen kann. Man merkt dem Weg eben manchmal an, dass er erst wiederentdeckt wurde, als die Zivilisation rundherum schon Fuß gefasst hatte. Daran musste er sich eben anpassen. ;)

Da die negativen Eindrücke angesichts der Fülle an positiven Erinnerungen im Nachhinein aber verblassen, werde ich dieses Jahr im Mai/Juni wieder den Camino del Norte laufen, allerdings nach etwa zwei Dritteln auf den Camino Primitivo abbiegen. Es fühlt sich einfach an wie zurück nach Hause zu kommen, und es gibt so viele Orte, die ich einfach gerne wiedersehen würde, seien es nun Aussichtspunkte, Herbergen oder einfach nur Bänke, die mit besonderen Erinnerungen verbunden sind.

Das Einzige, was mich schon beim letzten Mal an meiner Wahl hat zweifeln lassen und es auch dieses Mal wieder tut, ist die Möglichkeit, dass ich "das Besondere eines Pilgerwegs", wie Simone es nennt, verpassen könnte bzw. noch gar nicht kenne, obwohl ich natürlich glaube, es nach meinem Camino zu kennen. :lol: Diesen Einwand habe ich nämlich schon häufiger von Menschen gehört, die beide Wege gegangen sind.

Von daher, liebe Simone, könntest du vielleicht noch mal näher beschreiben, was das Pilgergefühl auf dem CF für dich ausmacht bzw. was dir auf dem Norte gefehlt hat?
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Simsim
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Re: Erstes Mal Jakobsweg - Welcher Weg

Beitrag von Simsim »


Von daher, liebe Simone, könntest du vielleicht noch mal näher beschreiben, was das Pilgergefühl auf dem CF für dich ausmacht bzw. was dir auf dem Norte gefehlt hat?
Das würde ich gerne tun, wenn ich es könnte.....
Wie beschreibst Du jemandem den Geschmack von Erdbeeren, der noch nie welche gegessen hat? Sie schmecken süß, fruchtig, hmmmm....nach Erdbeeren eben :D

Ich kann mir übrigens gut vorstellen, dass das lange nicht alle Pilger so empfinden. Für mich ist der Camino Frances, mit und trotz aller Veränderungen, Menschenmassen, teilweise schrägen Verhaltensweisen DER Camino.
Ich liebe ihn einfach und gehe ihn aber seit Jahren nur im Winter.
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Camineiro
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Re: Erstes Mal Jakobsweg - Welcher Weg

Beitrag von Camineiro »

Simsim hat geschrieben: 13. Mär 2023, 15:29

Von daher, liebe Simone, könntest du vielleicht noch mal näher beschreiben, was das Pilgergefühl auf dem CF für dich ausmacht bzw. was dir auf dem Norte gefehlt hat?
Das würde ich gerne tun, wenn ich es könnte.....
Wie beschreibst Du jemandem den Geschmack von Erdbeeren, der noch nie welche gegessen hat? Sie schmecken süß, fruchtig, hmmmm....nach Erdbeeren eben :D

Ich kann mir übrigens gut vorstellen, dass das lange nicht alle Pilger so empfinden. Für mich ist der Camino Frances, mit und trotz aller Veränderungen, Menschenmassen, teilweise schrägen Verhaltensweisen DER Camino.
Ich liebe ihn einfach und gehe ihn aber seit Jahren nur im Winter.

Moin!

Zu dieser Gruppe möchte ich mich zählen.

Beide Caminos habe ich (tlw und etappenweise mehrfach) bepilgert und mich auf beiden Wegen als Pilger gut aufgehoben gefühlt.
Es ergaben sich auf beiden Wegen die sogenannten „Pilgerfamilien“.
Abends wurde gemeinsam in den Herbergen gekocht oder man ging irgendwo zusammen essen.
Während des Tages traf man sich immer in verschiedensten Bars oder an Rastpunkten.

Der einzige Unterschied in Bezug auf das Pilgergefühl ergab sich für mich darin, dass auf dem Norte weniger Pilger als auf dem Cfrances unterwegs sind und daher die „Pilgerfamilien“ kleiner ausfallen können (nicht müssen).

Und in der Sommersaison sind am Norte eben auch viele Touristen und Badegäste anzutreffen.

Landschaftlich gefiel mir persönlich der Norte besser als der Cfrances.
Aber auch der Cfrances hat seine landschaftlichen Highlights: zB. Route Napoleon, Meseta (diese unendliche Weite), die Berge hinter Astorga, der Aufstieg nach O’Cebreiro etc.

Ultreya
Jojo
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Re: Erstes Mal Jakobsweg - Welcher Weg

Beitrag von Jojo »

Simsim hat geschrieben: 13. Mär 2023, 15:29

Von daher, liebe Simone, könntest du vielleicht noch mal näher beschreiben, was das Pilgergefühl auf dem CF für dich ausmacht bzw. was dir auf dem Norte gefehlt hat?
Das würde ich gerne tun, wenn ich es könnte.....
Wie beschreibst Du jemandem den Geschmack von Erdbeeren, der noch nie welche gegessen hat? Sie schmecken süß, fruchtig, hmmmm....nach Erdbeeren eben :D
Schade, dann werde ich mich früher oder später wohl doch noch selbst von den Qualitäten des Frances überzeugen müssen, aber vielleicht auch eher in kühleren Jahreszeiten.

@Camineiro: So habe ich den Norte auch empfunden. :)
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Frau Holle
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Re: Erstes Mal Jakobsweg - Welcher Weg

Beitrag von Frau Holle »

Ich habe den Norte noch vor mir, weil ich ihn unbedingt am Stück gehen möchte.
Aber ich habe im letzten Jahr sehr deutlich den Unterschied zwischen dem Portugues und dem Frances gespürt und ich kenne den Unterschied zwischen Primitivo und Frances und versuche mal aus meiner Sicht zu antworten.

Der Frances ist nun mal der Jakobsweg für die meisten Menschen auf der Welt, natürlich insbesondere außerhalb von Europa. Das bedeutet, dass du auf dem Frances die größte internationale Dichte hast.
Zwar sind der Portugues, Norte und Primitivo in den letzten 10 Jahren auch deutlich bekannter geworden, aber meiner Erfahrung nach trifft man dort dennoch hauptsächlich Europäer. Ich persönlich liebe es auf dem Frances Leute von überall zu begegnen.
Die meisten Pilger:innen auf dem Frances haben große Fragen oder Themen im Gepäck und erhoffen sich Erkenntnisse oder Klarheit. Es entstehen schnell extrem tiefgründige Gespräche, weil man sich auf dem Weg die intimsten Sorgen anvertraut, denn in der Regel sieht man die Menschen nicht wieder. Ich weiß, dass mir vieles dort anvertraut wurde, was die Menschen vorher niemandem gesagt haben, und das mit Menschen aus der ganzen Welt.

Der Frances hat dadurch und durch seine lange Geschichte eine „Aura“, die man nicht in Worte fassen kann. Ich sage immer „ich kann es dir nicht erklären, ich könnte es dir nur zeigen“
Auch wenn die Menschen, die am Frances leben sicherlich oft von den Massen genervt sind, so finde ich es wahnsinnig faszinierend wie oft ich freundlich gegrüßt wurde und wie wohl man sich dort fühlen kann.
Man läuft auf dem Frances durch einige große und bekannte Orte mit kulturellen Highlights, mehr als auf dem Norte.
Pamplona, Burgos, Leon, Astorga etc
Danach hast du auf jeden Fall einiges von Spanien gesehen.
Abseits dieser großen Städte erlebt man sehr viel Dorfleben und authentisches Leben. Auf dem Küstenweg in Portugal habe ich das vermisst.


Auf dem Portugues war ich 2021 und 2022 und beide Male waren dort überwiegend Erstpilger:innen, die den Weg aber eher als gut ausgebauten Wanderweg nutzen. Diese großen Fragen und Themen haben viele auf dem Portugues nicht, die Gespräche sind oft längst nicht so tief.
Zudem ist insbesondere der Küstenweg sehr touristisch und durch die Nähe zum Meer hat man oft halt auf der linken Seite das Wasser und auf der rechten den Tourismus. In Orten wie Povoa de Varzim ist für mich durch den Blick auf die Hotelreihen wirklich kein Pilgerfeeling entstanden. Und das zieht sich, weil man viel direkt am Meer läuft.
Das ist auf dem Norte, von dem was ich weiß, anders, weil man gar nicht so viel am Meer ist wie man denkt und es oft nur von oben sieht. Da läuft man dann evtl nicht so viel durch große Touristengebiete. Dazu kann ja gern jemand etwas sagen, der/die den Norte kennt.
Auf dem Portgues gibt es auch weniger besondere Herbergen, es sind viele Herbergen inzwischen im Hostelstil mit vielen Betten und entsprechend unpersönlich. Wer da nicht aktiv auf seine Mitmenschen zugeht bleibt am Abend schnell allein. Auf dem Frances und dem Primitivo sind die Herbergen oft kleiner und werden mit Leidenschaft geführt. Man interessiert sich als Hospitalera/o für die Gäste und oft gibt es Angebote die man nutzen kann oder nette Wohnzimmer in denen man sich begegnet, gemeinsames Kochen und/ oder Essen etc.
Wie viele solcher Herbergen es auf dem Norte gibt weiß ich nicht. Mir sind aber bei weitem nicht so viele bekannt wie auf dem Frances (zu den must-see-Herbergen gibt es hier eigene Themen bei Interesse)

Auf dem zentralen Weg in Portugal hat man mehr Kultur und lernt auch das Land kennen und wie die Portugiesen leben. Dennoch kommt es vom Feeling nicht an den Frances heran, wobei ich auch sagen muss, dass ich auf dem zentralen Weg fast allein war und es nicht richtig beurteilen kann.

Das sind jetzt mal so die Unterschiede, die ich in Worte fassen kann.
Auf dem Primitivo war das Pilgerfeeling ähnlich wie auf dem Frances, wenn auch doch abgeschwächt.

Für das Gefühl des Spirits des Jakobswegs, für möglichst internationale Begegnungen und für die beste Infrastruktur würde ich weiterhin immer den Frances empfehlen.

Ist für dich die Altersverteilung interessant?
Auf dem Portugues sind viele junge Leute Anfang 20, auf dem Frances ist natürlich alles bunt gemischt, auf dem Primitivo waren die meisten Pilger schon älter (also nicht Anfang 20), auf dem Norte weiß ich es nicht.

Ist es dir wichtig Pilger:innen zu treffen, die auch zum ersten Mal laufen? Ich fand das damals ganz gut und habe im letzen Jahr in Portugal gemerkt, dass ich in größeren Runden besonders in der ersten Woche als erfahrene Pilgerin oft außen vor war, weil ich nicht mitreden konnte bei den Themen, die man am Anfang hat.
Es laufen sicher auch einige auf dem Norte ihren ersten Camino, wie viele das sind können aber andere bei Interesse sicher besser sagen.

So, das solls jetzt erst einmal gewesen sein, es sind wie gesagt alles nur meine Erfahrungen und Eindrücke. Andere erleben es vielleicht ganz anders 😃
Und entschuldige die vielen Vergleiche mit dem Portugues. Der steht ja nicht zur Debatte, aber er dient für mich zur Unterscheidung zum Frances. Der ist einfach sehr speziell und ich werde als Nächstes wohl auch wieder dort pilgern, genau wegen dieser ganzen Unterschiede.
Ich möchte den Spirit wieder spüren
u l t r e i a
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Camineiro
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Re: Erstes Mal Jakobsweg - Welcher Weg

Beitrag von Camineiro »

Die Altersbandbreite bei meinem Norte lag zwischen 18/19 und 77 Jahren (=jeweils die Extremwerte).

Auf dem Cfrances war es ähnlich.
Nur die Extremwerte waren noch etwas extremer … ca. 15 bis 82 Jahre.

Was die Internationalität auf dem Cfrances betrifft … 2014 war ich Teil einer Pilgerfamilie von ca. 12-15 Pilgern aus 7 verschiedenen Ländern.
Innerhalb dieser Pilgerfamilie lag die Altersbandbreite zwischen 28 und 65 Jahren.
Ein Großteil dieser Gruppe blieb von SJPdP bis Santiago zusammen.
angel2969
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Re: Erstes Mal Jakobsweg - Welcher Weg

Beitrag von angel2969 »

hola,
ich bin 2012 als ersten Pilgerweg den Camino del Norte gelaufen, entgegen vieler Ratschläge im Voraus und habe es nicht bereut. Ich würde auf mein Bauchgefühl hören, jeder Camino hat seinen eigenen Charme, Mittlerweile bin ich mehrmals auf dem CF und Portugues und auf deutschen Pilgerwegen gewesen, Touristischer unterwegs war für mich der Portugues an der Küste entlang, während der Zentralweg für mich mehr Camino Feeling hatte und im Vergleich ich diesen erneut pilgern würde. Jeder Camino ist anders, Industriegebiete gibt es in oder vor jeder Großstadt, das ist auf dem CF und auch auf dem CdN so, gehört aber dazu. Aus dem Stegreif fällt mir die Herberge von Rosa in Orio (sie ist leider verstorben und ich weiß nicht ob die Herberge weitergeführt wird), die Herberge in Güemes mit Pater Ernesto, die Herberge in Tapia de Casariego direkt an der Steilküste und noch so 3-4 andere, wo nach 11 Jahren doch noch mal in meinen Unterlagen nachsehen müsste in guter Erinneerung, am schönsten sind die Herbergen mit gemeinsamen Kochen und Essen. Pilgerfamilien finden sich schnell auf beiden Wegen, ich fand den Zusammenhalt auf dem CdN aber intensiver, kann aber auch als mein Erstlingspilgerweg diesen Sttatus haben. Genieße den Weg, wahrscheinlich wird du auch mit dem Pilgervirus infiziert und pilgerst dann den anderen.
BC angel
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