Hallo aus Bonn

Hier ist Platz für eine Vorstellung unserer Neuzugänge
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Snowie
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Hallo aus Bonn

Beitrag von Snowie »

Hallo liebe PilgerInnen,

ich komme aus Bonn und habe mich hier bei Euch angemeldet, weil ich im September mit meiner Freundin den linksrheinischen Jakobsweg nach Bingen gehen möchte. Anfangs nur als Tagestouren, später dann mit Übernachtungen.

Nächstes Jahr ist geplant, mit meinem Sohn einen Teil des Camino Francés zu gehen. Er wird mich anfangs begleiten und wenn ich mich sicher fühle, fährt er heim und ich mache weiter. Als ich erfahren habe, dass nächstes ein Heiliges Jahr ist, bin ich doch wieder unsicher geworden. Zu voll würde mich sehr abschrecken.

Bislang bin ich noch nicht gepilgert. Einmal machte ich einen Versuch, in 2012. Ich startete damals in Burgos und kam auch nicht darüber hinaus; ich bin gleich sehr krank geworden und lag ein paar Tage im Krankenhaus. Wohl die Psyche. Ich habe nur die wunderschöne Kathedrale besichtigt. Und nicht einen Stempel gehabt.
Danach habe ich alle Pilgerträume erst mal verworfen.

Aber es ließ mich nie los. Es ist wie ein Sog und ich muss es einfach noch mal probieren. Da ich mich kenne, gehe ich mit einer sehr vertrauten Person. Ich weiß, man sollte allein gehen, aber das traue ich mir erst zu, wenn ich die ersten Tage sehe, wie es läuft und ob/dass ich es packen kann.

Liebe Grüße!
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Pater Norbert
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Re: Hallo aus Bonn

Beitrag von Pater Norbert »

Snowie hat geschrieben: 18. Aug 2020, 12:46 Da ich mich kenne, gehe ich mit einer sehr vertrauten Person. Ich weiß, man sollte allein gehen, aber das traue ich mir erst zu, wenn ich die ersten Tage sehe, wie es läuft und ob/dass ich es packen kann.
Hallo Snowie,

herzlich willkommen im Forum und bei den Infizierten.

Ich habe deinen letzten Satz jetzt hier zitiert, um ihm zu widersprechen.
Es gibt Menschen, die es genießen und für wertvoll halten, allein zu gehen. Aber es ist kein Soll für dich.
Ich habe etliche Wege mit 2 oder drei Menschen zusammen gemacht, bei denen klar war: Sie gehen nur und dürfen nur gehen, wenn wir als 3er oder 4er Gruppe stabil sind und bleiben.
Ich mache aus meiner Erfahrung nun auch kein Soll.

Du spürst, was du brauchst und was dir gut tut. Und du spürst, was du nicht brauchst und was dir nicht gut tut.

Wie der Camino im nächsten (und Heiligen) Jahr wird, kann im Moment niemand sagen. Er kann riesig voll werden oder auch weiter leer. Wir wissen im Moment nicht, was Corona noch mit uns macht.
Ich kann für mich sagen, dass ich es vorhabe und dass ich auf einem etwas ruhigerem Weg sein will. Das fällt mir nach vielen Wegen leichter. Ich kenne mich und meine Bedürfnisse und kann sie dann auch umsetzen.
Aber das ist der Vorteil des Camino Francés, wenn du ihn doch gehen willst: Er hat mehr Infrastruktur und du kannst schnell das finden und bekommen, was du brauchst.
Wer pilgert, wird von einem Virus infiziert, das nicht vergeht.
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Snowie
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Re: Hallo aus Bonn

Beitrag von Snowie »

Danke schön, Pater Norbert!

Deswegen habe ich mir den Camino Francés ausgesucht, wegen der guten Infrastruktur. Für ängstliche Naturen wie mich ist es gut, dass der Weg so gut gekennzeichnet ist und dass es so viele Stellen zum Essen und Schlafen gibt.

Ich dachte auch, besser ich gehe den Jakobsweg mit einem lieben Menschen zusammen als gar nicht. In Deutschland würde ich auch noch alleine losziehen, aber im Ausland ist das so eine Sache für mich. Obwohl ich mittlerweile ein wenig spanisch spreche, englisch auch.

Man liest halt häufig in den Bücher oder sieht es in Filmen, dass es gut wäre, alleine zu gehen. Ich wünschte, ich könnte. Aber der Kopf macht mir leider einen Strich durch die Rechnung. Dann ist es halt so.
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Oetti
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Re: Hallo aus Bonn

Beitrag von Oetti »

Hallo Snowie,

auch ich hatte gewisse Ängste vor meinem ersten Camino (CF). Deshalb habe ich ihn auch mit einem guten Freund zusammen gemacht.
Du wirst auf dem Weg sehr schnell feststellen, dass deine Ängste unbegründet sind. Du, bzw. ihr werdet so tolle Menschen kennenlernen,
die euren Weg kurz oder auch länger begleiten und die deine Begeisterung für den Weg entfachen und teilen. Für mich waren die Kontakte zu
anderen Pilgern und die Erfahrungen mit ihnen das besondere Highlight des Weges. Und du wirst dabei auch genügend Zeit und Raum haben um
deine persönliche Situation zu reflektieren ( wenn du das möchtest). Und das Gefühl, in Santiago anzukommen, ist unbeschreiblich.

Nach inzwischen 4 Caminos kann ich nur bestätigen, dass ich mich daran infiziert habe und wenn ich täglich mit meinem Hund Gassi gehe,
dann habe ich genau dieses Gefühl des Weges in mir.

Liebe Grüße und vor allem
Buen Camino

Oetti
2011 Camino Frances
2012 Camino Portugues und Camino Finisterre
2015 Via de la Plata und Muxia
2017 Camino Portugues und Muxia/Finisterre
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CyrusField
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Re: Hallo aus Bonn

Beitrag von CyrusField »

Snowie hat geschrieben: 18. Aug 2020, 17:26 Man liest halt häufig in den Bücher oder sieht es in Filmen, dass es gut wäre, alleine zu gehen. Ich wünschte, ich könnte. Aber der Kopf macht mir leider einen Strich durch die Rechnung. Dann ist es halt so.
Hallo Snowie,

vollkommen richtig, dann ist es halt so. Oft genug liest man auch, dass man den Weg alleine gehen muss, um ihn wirklich genießen zu können. Das halte ich für Quatsch.

Sicher gibt es Situationen, in denen man lieber alleine unterwegs ist, um mit sich ins Reine zu kommen oder im Kopf mit sich selbst eine Diskussion zu führen. Dann sollte Deine Wanderbegleitung Dir den nötigen Raum dafür geben, das ist ja kein Problem, wenn man nur früh genug ein Zeichen gibt oder etwas sagt.
Ich glaube, viele geraten unterwegs in Streit, weil sie darauf beharren, immer gemeinsam unterwegs zu sein, weil man schließlich auch gemeinsam gestartet ist.

Genauso wäre es natürlich Blödsinn, nicht mit dem "perfekten" Wanderpartner / Begleiter zumindest ein Stück weit gemeinsam zu gehen, weil man ja auf jeden Fall alleine pilgern will / muss.

Buen Camino
Stefan
Camino Francés 2018
Mosel-Camino 2019
Via Mosana 2019 - ... (das wird noch :lol:)
Caminho Portugês Central 2020
Camino Inglés 2022
...und auch sonst viel zu Fuß unterwegs: https://stefansspuren.com 8-)
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Pater Norbert
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Re: Hallo aus Bonn

Beitrag von Pater Norbert »

Snowie hat geschrieben: 18. Aug 2020, 17:26 Man liest halt häufig in den Bücher oder sieht es in Filmen, dass es gut wäre, alleine zu gehen.
Ja, im Film: Aber denk an The way - der Hauptdarsteller kommt auch bald auf seine Weggefährten, und dann wird es schön.
Denk an Kerkeling: Mit Anne und Shelag war sein Weg dann doch anders.

Bei den Büchern denke ich an zwei Titel aus meinem Regal:
4 Frauen auf dem Camino Primitivo
Sich den Staub von der Seele wischen.
Die haben jeweils beschrieben, warum gemeinsam für sie gut war.

Dabei haben sie auch das beachtet, was Stefan geschrieben hat: Unterwegs Raum geben!
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Snowie
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Re: Hallo aus Bonn

Beitrag von Snowie »

Ich danke Euch!

Diese beiden Menschen, mein Sohn und meine Freundin, sind derzeit die einzigen, mit denen ich mir den Jakobsweg vorstellen kann.

Ich habe noch mehrere enge Vertraute, auch einen Ehemann; aber das passt alles nicht.
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ilfuchur
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Re: Hallo aus Bonn

Beitrag von ilfuchur »

Hihihi, mir ging es auch so: Als ich zum ersten Mal alleine auf dem Camino war - zum ersten Mal überhaupt alleine von zu Hause weg (ihr kennt das: erst Urlaub mit den Eltern, dann mit Freunden, dann mit Mann, dann mit Mann und Kindern) - fühlte ich mich ganz furchtbar. Hätte ich nicht meine Füße gebraucht, um meine Wanderschuhe zu tragen, würde ich sagen, wie ohne Arme und Beine. Ich bin ganz schön gewetzt (naja, für meine Verhältnisse), vor mir und diesem blöden Gefühl davongelaufen. Es dauerte lange, bis ich auf dem Weg angekommen war. Inzwischen war ich ganz oft alleine auf verschiedenen Wegen, mal sehr schnell in einer lieben Pilgerfamilie, mal auch wirklich alleine, weil es weit und breit niemanden gab, mit dem ich mich verfamilien hätte können. Ich laufe sehr gerne alleine. Dann habe ich die Ruhe meine Gedanken zu hören. Abends und in den Bars unterwegs mag ich aber sehr gerne schöne Gespräche.

Ich bin ganz sicher, du findest deinen Weg auf dem Weg!

Aber wie lieb ist das denn: Dein Sohn begleitet dich, bis du dich sicher fühlst? Kannst du mir den bitte ausleihen?!!!!

:arrow: :arrow: :arrow:
Pilger, die beim Gehen manchmal einfach nur Bauch und Füße sind - #Bauchfüßler eben.
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Shabanna
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Re: Hallo aus Bonn

Beitrag von Shabanna »

Andrea Ilchmann hat geschrieben: 20. Aug 2020, 15:57 Ich laufe sehr gerne alleine. Dann habe ich die Ruhe meine Gedanken zu hören.
Gedankenhören, das hab ich mir am Anfang auch immer vorgenommen. Aber es wurde nie was draus. Ich hab nie welche gefunden. Im Alltag waren da tausende, und ich hoffte, sie aufm Weg sortieren und analysieren zu können. Aber sie sind meistens schon am zweiten Tag spurlos verschwunden.

Und so pilgere ich seit Jahren mit leerem Kopf durch die Gegend. Herrlich :)

@Snowie: Verlass dich nicht drauf, dass dein Sohn wieder heimfährt. Er wäre nicht der Erste, der seine ursprünglichen Pläne über den Haufen wirft und einfach weitergeht. Dieser Weg kann sowas.

LG,
Andrea
No creo en casi nada que no salga del corazón.
(Fito Páez)

http://und-die-haare-im-wind.blogspot.com
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Snowie
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Re: Hallo aus Bonn

Beitrag von Snowie »

Der Sohn kann leider nicht unbegrenzt Urlaub nehmen, der wohnt mit seiner Freundin zusammen und die möchte auch was von ihm haben. Ich bin absolut glücklich, wenn er die ersten Tage bei mir ist und seine Freundin ihn mir kurz ausleiht.
Der ist schon ein Lieber, da habe ich großes Glück gehabt.

Ich war gerade mit meinem Mann zwei Wochen in Österreich, ich habe schon mal ein wenig das Wandern trainiert. Die Kondition wird schnell besser. Aber ich muss auf jeden Fall noch zwei Schüppen drauflegen. Trotzdem, ich glaube, ich kann das schaffen.

Nun bin ich wieder daheim und befinde mich in den Vorbereitungen für den linksrheinischen Jakobsweg und versenke mich in die Packliste. Ich liebe das, ich wiege jedes Teil.

Ich werde berichten, wenn wir zurück sind. Es sind genau 200 Kilometer ab Bonn bis Bingen und ich rechne vorsichtig mit 12 Tagen. Da können wir auch mal den einen oder anderen Tag pausieren, falls gesundheitlich was nicht rund läuft. Wir sind ja blutige Anfänger.
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Snowie
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Re: Hallo aus Bonn

Beitrag von Snowie »

Hallo liebe Pilger,

ich habe eine Frage. Meine Freundin und ich gehen nun den linksrh. Jakobsweg. Am Ende der zweiten Etappe hatte ich einen Kreislaufkollaps, wohl viel zu wenig getrunken und es war der 2. heiße Tage (32 Grad) in Folge, wir hatten als Pilgeranfänger insgesamt ca. 46 Kilometer in den Knochen. Da musste ich am darauf folgenden Tag pausieren.
Danach kamen wieder eine Etappe von Sinzig nach Andernach. Da hatte ich abends am Ende in Andernach einen heftigen Migräneanfall mit Übergeben. Da wir ein Pilgerzimmer im Nikolausstift hatten, hat mich meine Freundin ins zugehörige Krankenhaus geschoben und dort wurde mir geholfen mit einer Infusion.
Am darauf folgenden Tag hatten wir schon mit Abbruch gerechnet; aber ich fühlte mich stabil genug, einige Kilometer zu gehen. Da war der tiefe Drang, dass ich an die Luft muss und wenigstens ein winziges bisschen gehen; wenn es auch nur 5 Kilometer wären. Am Ende wurden es 15 und wir kamen bis Mülheim-Kärlich. Leider kam die Migräne wieder, ich habe sie immer noch. Den vierten Tag. Gestern konnten wir also nicht laufen, heute auch nicht. Vielleicht morgen.
Nun nach langer Rede meine Frage: wie ist das, wenn man krank wird und pausieren muss, muss der Weg möglichst ohne Ruhetage zurückgelegt werden?
Wir haben zwar unsere Stempel, aber ich hätte schon gerne auch die Urkunde, wenn ich es (hoffentlich) in absehbarer Zeit schaffe. Das bedeutet mir so viel.

Auch wenn ich bislang nur 4 Etappen zurückgelegt habe, wir haben schon über 80 km (mit Umwege wegen Verlaufen, Besichtigungen und Stempeleinholung). Das macht mich (uns) so unfassbar stolz.

Ich weiß jetzt schon, das ist mein Ding, allen gesundheitlichen Widrigkeiten zum Trotz. Diese Sucht nach dem Weg. Einfach nur gehen. Sehen was kommt. Dörfer entdecken, durchqueren, kurz verweilen, das Dorf verlassen. Zack Natur! Menschliche Begegnungen. Viele freundliche Menschen! Menschen, die dankbar sind, gegrüßt zu werden. Menschen, die sehen, dass wir zwei Mädels suchend umherirren und uns helfen. Überhaupt - Hilfsbereitschaft. Beim Kollaps in Sinzig half mir ein netter Mann mit Hund, holte extra für mich Wasser und einen Müsliriegel. Kümmerte sich. In Andernach halfen mir der Pförtner, die Schwester, die Ärztin. Überall liebe Menschen.

Und wie wunderschön Deutschland ist! Und wie viel Grün es gibt zwischen Bonn und Koblenz! Und wie gut mich meine Füße tragen und mich sogar Berge hochtragen. Was wir alles gesehen haben, in den vier Etappen.

Manchmal tröste ich mich, wenn wieder ein Berg mit Burg vor uns steht. Und manchmal scheuche ich mich und sage mir, stell' dich nicht so an. Du kannst laufen. Andere wünschten, sie hätten Beine. So motiviere ich mich immer. Und lenke mich ab. Es gibt so viel zu sehen und zu fühlen.


Ich hoffe sehr, dass ich morgen wieder laufen kann.
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Camineiro
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Re: Hallo aus Bonn

Beitrag von Camineiro »

Hallo Snowie,

ich habe Deinen Beitrag jetzt mehrmals gelesen und weiss immer noch nicht recht, wie ich darauf antworten soll.

Zunächst einmal meine Anerkennung, dass Du Dich auf den Weg getraut hast.
Der erste Schritt ist immer der schwierigste.

Mir scheint jedoch, dass Du Dich massiv überforderst.
Sowohl physisch als auch mental.
Von Null auf 100 gleich mit > 20km-Etappen zu beginnen nenne ich mal ambitioniert.

In meinem Pilgerleben habe ich inzwischen einige tausend km zurückgelegt.
Und doch beginne ich meine Wege i.d.R. jedes Mal mit kurzen Etappen (15-20km), um mich einzulaufen.
Erst Tage später vergrössern sich meine täglichen Etappenlängen auf bis zu 30km.
Alles darüberhinaus kann passieren, sprengt aber eigentlich meine persönliche Comfortzone.

Dass das nicht immer mit den gewählten Etappenorten passt, ist mir klar.
Aber versuche mal mit kürzeren Abschnitten zu planen.
Es nützt ja nix, wenn Du am Ende jeder Tagesetappe am Boden liegst und der Abbruch des Caminos droht.

Bzgl. Deiner Frage nach der max. Anzahl von Unterbrechungen bzw. Pausen-/Erholungstagen,
die einen noch zur Urkunde berechtigen ...
ich weiss es - ehrlich gesagt - nicht.

Um in Santiago die Compostela zu bekommen, muss man die letzten 100km vor Santiago zu Fuss gepilgert sein.
Ähnlich verhält es sich mit der Urkunde in Trier.
Nach Abschluss des Moselcamino wurde ich in der Dominformation gefragt, ob ich denn die letzten 100km zu Fuss zurück gelegt hätte.
Vermutlich wird es auch so auf dem linksrheinischen Jakobsweg gehandhabt.

Wegen Krankheit oder gesundheitlicher Beschwerden kann man auf seinem Camino eigentlich immer pausieren.



Zur Urkunde selbst ... ein bunt bedrucktes Blatt Papier ist es sicher nicht wert, seine Gesundheit dafür aufs Spiel zu setzen.
Mir persönlich bedeutet der Pilgerpass mit den gesammelten Stempeln viel mehr als die Pilgerurkunde.
Im Pilgerpass stecken Schweiss, Anstrengungen, Blut und die Tränen, die man mglw auf dem Weg vergießt.
Mit jedem einzelnen Stempel verbindet sich eine Erinnerung.
Gelegentlich nehme ich mir meine Pilgerpässe zur Hand, blättere darin herum und schwelge in Erinnerungen.

Meine gesammelten Urkunden/Compostelas fristen ihr Dasein zusammengerollt ganz unromantisch in einer Papprolle.
Die Urkunde, die man am Ende des Weges erhält, ist für mich lediglich ein nettes Souvenir.

Das hört sich jetzt in Deinen Ohren evtl. unglaublich an.
Aber warte, bis Du wieder zuhause bist.
Von anderen Pilgern habe ich vernommen, dass dies vielfach ebenso empfunden wird.

Ich weiß jetzt schon, das ist mein Ding, allen gesundheitlichen Widrigkeiten zum Trotz. Diese Sucht nach dem Weg. Einfach nur gehen. Sehen was kommt. Dörfer entdecken, durchqueren, kurz verweilen, das Dorf verlassen. Zack Natur! Menschliche Begegnungen. Viele freundliche Menschen! Menschen, die dankbar sind, gegrüßt zu werden. Menschen, die sehen, dass wir zwei Mädels suchend umherirren und uns helfen. Überhaupt - Hilfsbereitschaft. Beim Kollaps in Sinzig half mir ein netter Mann mit Hund, holte extra für mich Wasser und einen Müsliriegel. Kümmerte sich. In Andernach halfen mir der Pförtner, die Schwester, die Ärztin. Überall liebe Menschen.
Deine Euphorie und Begeisterung in allen Ehren ... aber mach' langsam und versuche nichts übers Knie zu brechen.
Höre auf die Signale, die Dein Körper Dir sendet.
Schmerzen, Kollaps und Erbrechen sind Zeichen, die man nicht einfach unterdrücken und übersehen sollte.

Der Camino ist kein Wettbewerb oder gar Wettrennen.
Jeder geht nach seinem persönlichen Leistungsvermögen.
Und wenn es für Dich anstatt geplanter 12 Tage 17 dauern sollte, dann ist das eben so.
Setze Dich nicht unnötig unter Druck.
Du musst niemandem etwas beweisen.

Nichts (in Bezug auf den Weg) kann so wichtig sein, die eigene Gesundheit zu ruinieren.

Ich wünsche Dir baldige Erholung/Genesung und Dir und Deiner Begleitung weiterhin einen guten Weg.

Buen camino
Ultreia
Uwe
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Snowie
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Re: Hallo aus Bonn

Beitrag von Snowie »

Danke Uwe!

Ja, ich mache mir selbst wohl viel Druck, da ist etwas perfektionistisches in mir, das ist nie gut. Immer alles richtig machen wollen. Kann nicht gut enden. Ich wünschte, ich wäre lockerer, mental.

Der Druck, im Zeitplan und den vorgegebenen Etappen laut des Buches zu bleiben kam / kommt auch daher, dass meine Freundin nur zwei Wochen Urlaub hat und eine Woche jetzt schon vorbei ist.

Leider ist es aus finanziellen Gründen für meine Freundin schwierig, zu übernachten. Bislang fahren wir abends immer wieder zurück nach Bonn, unserem Ausgangsort. Mittlerweile wird die An- und Abreise mit Bus und Bahn immer länger, weil wir schon recht weit entfernt sind. Das kostet wertvolle Zeit und eine tägliche Rückreise mit ein bis zwei Umstiegen ist nervend.
Einmal fanden wir ein günstiges Pilgerzimmer, das war prima. Und stellte sich als Glücksfall heraus, weil ich Hilfe brauchte.

Es wäre besser, wir würden unterwegs immer übernachten und am anderen Morgen in aller Ruhe und bei noch sehr kühlen Temperaturen früh loslaufen, ohne den Anfahrtsstress mit den Öffentlichen. Nicht erst um 9 Uhr oder 9:30 Uhr.

Und ganz sicher sollte ich mich von der Urkunde lösen, mir bleiben ja noch die Stempel, an denen ich sehr hänge. Dass wir den Weg gelaufen sind, wissen wir ja.

Aber obwohl das alles eine große Anstrengung für mich bedeutet, zumindest die jeweils letzten Kilometer des Tages, so möchte ich doch keinen Teil des Weges missen.
Übrigens ist mir erst jetzt aufgefallen, dass ich mir von den deutschen Jakobswegen einen recht langen ausgesucht habe. Da wäre zum Einstieg ein deutlich kürzerer viel besser gewesen. Dann hätte ich darauf aufbauen können.
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Snowie
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Re: Hallo aus Bonn

Beitrag von Snowie »

Ich habe wirklich alles falsch gemacht, was man falsch machen kann. Wir haben nur knapp über die Hälfte des Weges geschafft, die noch fehlenden Etappen holen wir an den nächsten Wochenenden nach, meine Freundin muss wieder arbeiten.
Aber wir haben die Mosel erreicht, Koblenz.

Lange/schwierige Etappen teilen wir. Ich muss mehr trinken und mehr essen. Das einzige, was ich richtig gemacht habe: leichtes Gepäck. Alles andere war viel zu ehrgeizig und unentspannt. Ich muss mich davon lösen, von vorgegebenen Etappen und meinen eigenen Weg finden.

Mein Mann ist mittlerweile doch auch sehr interessiert, mal zu pilgern. Mit ihm hätte ich die Chance, einen Weg am Stück zu gehen, mit Übernachtungen. Er hat wie ich immer Zeit, er kann sich Übernachtungen leisten. Dann müsste ich nicht morgens um 5 Uhr aufstehen, um rechtzeitig mit öffentlichen Verkehrsmitteln am letzten Ausgangspunkt zu sein.
Zudem wären wir abends im erreichten Ort und könnten uns vielleicht abends ohne Rucksack noch was ansehen, essen gehen.
So mussten wir immer früh den erreichten Ort verlassen und mit Öffis zurückhasten. Mit zunehmend weiter entfernten Orten hat das viel Zeit gekostet. (Manchmal drei mal umsteigen pro Fahrt!) Daheim dann Lebensmittel vorbereiten für den nächsten Tag und versuchen, früh schlafen zu gehen, weil der Wecker früh geht. Da war wenig an Regeneration.
Das ist über Tage mit der Belastung die wir hatten, die vielen Kilometer bei Temperaturen um die 30 Grad, mehr als belastend gewesen. Und das als absoluter Anfänger.

Ich versuche, es besser zu machen. Dranbleiben möchte ich auf jeden Fall, wenn ich morgens in der Natur stehe und den Weg unter meine Füße nehme, dann bin ich im Flow. Ich kriege mich auch nicht ein, wie schön Deutschland ist. Obwohl ich es eigentlich schon wusste.
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Anhalter
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Re: Hallo aus Bonn

Beitrag von Anhalter »

Ich verstehe jetzt nicht, was ihr genau falsch gemacht habt? Ich lese was von einer Tagesetappe (?) von 46km bei 32 Grad und zu wenig trinken. Dann von Migräne. Aber ich bin mir nicht sicher, ob ich das richtig verstehe, da weniger laufen und mehr trinken ja eigentlich für jemanden ohne Zeitdruck leicht zu bewerkstelligen sein sollte?
Oder doch was falsch verstanden worden von mir?

Auf die Gefahr hin am Thema vorbeizuschreiben, ein paar Sachen die ich in Bezug auf Hitze und Trinken nützlich finde:
1. Ich habe immer eine Wasserflasche leicht erreichbar am Schultergurt. Einfach damit ich ohne Aufwand ran komme. Aus nem Schlauch trink ich nicht zu gerne und an die Flaschen die irgendwo am Rucksack auf dem Rücken sind gehe ich erfahrungsgemäß seltener dran. Ich verwende diese 17g schwere Halterung, aber das gibts natürlich auch von anderen.
2. Ich zwinge mich zum regelmäßigen trinken. Lieber oft ein bisschen als selten "saufen". Irgendwo habe ich mal gelesen, wenn man Durst bekommt ist es quasi schon zu spät, und aus dem Bauch heraus glaube ich erstmal daran.
3. Wenns richtig heiß ist, kann man das Wasser auch durchaus zum kühlen verwenden. Kopfbedeckung nass machen, ins Gesicht spritzen, etc.
4. Auch wenn ich es in Spanien ohne geschafft habe, ich bin ernsthaft am überlegen auf meiner nächsten Reise einen Schirm mitzunehmen. Und das nur sekundär als Regenschutz, sondern eigentlich primär als mobilen Schattenspender.

Wie gesagt, sorry wenns jetzt am Thema vorbeigegangen ist, aber vielleicht ist ja was nützliches für dich dabei.

beste Grüße,
Stefan
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