Stuttgarter Zeitung: Die dunkle Seite des Jakobswegs

Allgemeine Diskussionen zur Pilgerei und ihrer Geschichte
Fred
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Re: Stuttgarter Zeitung: Die dunkle Seite des Jakobswegs

Beitrag von Fred »

Hi chrisbee,
chrisbee hat geschrieben: 25. Nov 2019, 14:01 Er [»der wohlmeinende Herr Förschler«] benutzt etwa den modernen Begriff der „Toleranz“ für das historische Granada und erzeugt damit ein schiefes Geschichts-Bild angesichts der seinerzeit sehr lukrativen Abzocke (sprich: Schutzgelderpressung) von nahezu rechtlosen Dhimmis bzw. „Ungläubigen“.
da liegst Du historisch leider total daneben. Wie schon von mir geschrieben, ein Vergleich mit der Geschichte Siziliens und des Mezzogiorno im 13. Jahrhundert würde helfen, den mittelalterlichen Begriff der Duldung/Toleranz zu verstehen. Aber wir wollen hier keinen Streit zwischen Amateur-Historikern ohne wissenschaftliche Arbeitsweise austragen, oder? Lohnt sich nicht...

Übrigens die Wikipedia-Seite zum Spanischen Bürgerkrieg ist ein halbes Buch und sehr informativ. Danke für Deine Anregung durch diese Formulierung mit den »muslimischen« Elitetruppen der Afrika-Armee. Diese Bemerkung von Dir war für mich ungewollt witzig, weil es gerade die Falangisten waren, die von einer 2. Reconquista sprachen und damit die Elimination alles (in heutiger Spreche) Linksgrünversifftem auf der iberischen Halbinsel meinten.

Mario
Fred
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Re: Stuttgarter Zeitung: Die dunkle Seite des Jakobswegs

Beitrag von Fred »

Die goldene Zeit in Andalusien

»Es ist eine für Europa bemerkenswerte Epoche, in der Juden, Christen und Muslime in einer pluralistischen Gesellschaft eine gemeinsame kulturelle Identität schaffen, die religiöse Unterschiede überwindet.«

arte • USA 2018 • Sendung am Samstag, 30.11.2019, 20:15 Uhr

»Das goldene Zeitalter Andalusiens - vom 8. bis ins späte 15. Jahrhundert - zeigt, dass Beziehungen zwischen Religionen nicht durch Gewalt gekennzeichnet sein müssen. Es zeigt, wie destruktiv es ist, Nachbarn aufgrund ihres Glaubens als Feinde anzusehen. Und es ist ein Beweis dafür, wie befruchtend oder inspirierend es sein kann, Glaubensunterschiede mit Toleranz zu überbrücken.

Die Geschichte dieser Dokumentation fand vor 500 Jahren ihr Ende und kann dennoch als Vorbild für die Gegenwart wirken. Das goldene Zeitalter Andalusiens ist ein Gegenentwurf zum 20. und 21. Jahrhundert, die vielerorts von blutigen, religiös und ethnisch motivierten Konflikten geprägt sind. Es ist eine für Europa bemerkenswerte Epoche, in der Juden, Christen und Muslime in einer pluralistischen Gesellschaft eine gemeinsame kulturelle Identität schaffen, die religiöse Unterschiede überwindet. Rund 800 Jahre währt diese Blüte spanischer Kultur – vom frühen 8. bis ins späte 15. Jahrhundert. „La Convivencia“ wird dieses Zusammenleben heute genannt, an die weltberühmte Kunstgegenstände, Literatur, Architektur und Musik erinnern. Das meiste davon ist islamisch geprägt. Selbst christliche Kirchen werden mit Segensprüchen in arabischer Schrift ausgeschmückt, denn die spanischen Christen haben die Kultur der muslimischen Eroberer angenommen. Es beginnt mit einem Prinzen aus dem Herrscherhaus der Umayyaden, der vor den Mördern seiner Familie fliehen muss. Er und seine Nachfolger bauen Córdoba zur glanzvollsten Stadt im mittelalterlichen Europa aus. Es endet mit der Reconquista, die im Namen des Christentums unendliches Leid über Juden und Muslime bringen sollte. Ihr vorausgegangen waren Jahrhunderte, in denen sich christliche und muslimische Fanatiker mehr und mehr bemerkbar machten – die spezifisch andalusische Kultur aber blühte dennoch. Diese Dokumentation nimmt die Zuschauer mit auf eine Zeitreise zu den Zentren dieser Kultur: Córdoba, Sevilla, Toledo und Granada.«
Quelle: https://www.arte.tv/de/videos/082181-000-A/die-goldene-zeit-in-andalusien/

Aktuell im arte-Programm: Flucht im Namen Gottes - Die Hugenotten • Eine zweiteilige Dokumentation
https://www.arte.tv/de/videos/069846-001-A/flucht-im-namen-gottes-die-hugenotten-1-2/
https://www.arte.tv/de/videos/069846-002-A/flucht-im-namen-gottes-die-hugenotten-2-2/
»In Frankreich tobt 1685 zwischen Katholiken und Protestanten ein Krieg im Namen Gottes. König Ludwig XIV. sieht in den Hugenotten – der protestantischen Minderheit im Land – eine Bedrohung und löst mit einem Federstrich ihre Verfolgung aus.« Quelle s.o.

Mario
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Re: Stuttgarter Zeitung: Die dunkle Seite des Jakobswegs

Beitrag von Fred »

Ich hab ja schon mehrfach erwähnt, dass das friedliche Zusammenleben der drei Religionen Christentum, Islam und Judentum nicht nur auf al-Andalus beschränkt war, sondern auch in Sizilien stattfand. Zuerst unter muslimischer Dominanz wie in al-Andalus und dann mit den normannischen Herschern und endlich Friedrich II. unter christlicher Dominanz. Federico II wurde deswegen vom Papsttum angefeindet und nach seinem Tod wurden sofort unter christlicher Führung an den Muslimen blutige Pogrome verübt.

Auch dazu gibt es im aktuellen arte-Programm einen Beitrag, wie passend. Sich über Geschichte informieren, ohne Hetze auf Gläubige anderer Religionen und ohne den im heutigen Politikbetrieb beliebten rechten Opfer-Mythos...

:-)

»Friedrich II. - Der Staufer
Der ewige Kampf mit dem Papst


arte • Sendung am 4.12.2019, 09:30 (Bereits in der arte-Mediathek)

Friedrich II. von Hohenstaufen gilt als eine Ausnahmegestalt auf dem römisch-deutschen Kaiserthron: Aufgewachsen in Sizilien, war er ein Förderer der Wissenschaft, ein Reformer, vielleicht sogar der erste moderne Herrscher. Doch Friedrich war auch ein brutaler Machtmensch. Seinen Sohn Heinrich ließ er im Kerker verrotten, denn seine kaiserliche Ehre ging ihm über alles.

Kaum ein anderer Herrscher prägte das hohe Mittelalter so wie Friedrich II. von Hohenstaufen. Er war eine absolute Ausnahmegestalt auf dem römisch-deutschen Kaiserthron: Aufgewachsen im Vielvölkerstaat Sizilien, war seine Herrschaft von byzantinischen und normannischen Traditionen geprägt, die auch Juden und Muslimen ihre Freiräume ließ. Friedrich war ein Förderer der Wissenschaft, ein Reformer, vielleicht sogar der erste moderne Herrscher. Alle Königshäuser in Europa sollen staunend zu ihm aufgeblickt haben. Friedrich II. selbst sah sich als Nachfolger der römischen Cäsaren und als Kaiser von Gottes Gnaden – eine Vorstellung, die mit den Ansprüchen der machtbewussten Päpste dieser Epoche kollidieren musste.«

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Re: Stuttgarter Zeitung: Die dunkle Seite des Jakobswegs

Beitrag von Fred »

Ein wirklich toller Film! Wenn man noch tiefer ins 13. Jahrhundert eintauchen wollte, dann käme Franz von Assisi ins Spiel. Beide praktisch Zeitgenossen und mit ähnlichen Vorstellungen vom Zusammenleben der Menschen. Gut, Federico II musste auch Kriegsherr sein; das unterscheidet die beiden deutlich. Verbindend wieder ihre Haltung zu Kreuzzügen. Parallel wieder Francescos Treffen 1219 mit dem Sultan al-Kamil in Damiette während des ersten Teils des 5. Kreuzuges... (Auch der Kreuzzug Friedrich II, der durch einen Vertrag mit Sultan al-Kamil ohne Blutvergießen blieb, 1220-21 zählt als 5. Kreuzzug.)

Franz von Assisi *1182 +1226
Friedrich II *1194 +1250


Btw. Seine ersten Lebensjahre verbrachte Friedrich in Foligno, 17 km von Assisi entfernt, unter der Obhut der Herzogin von Spoleto.

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Re: Stuttgarter Zeitung: Die dunkle Seite des Jakobswegs

Beitrag von Fred »

Zitat (Quelle):

„Wie islamfreundlich war Franz von Assisi? Im Jahr 2019 feiern die Franziskaner ihren Ordensgründer, weil er sich vor 800 Jahren mit Sultan Malik al-Kamil begegnet sein soll. Was genau passierte, ist in der Forschung umstritten. War Franz also ein Prophet des interreligiösen Dialogs?

1219 reiste Franz von Assisi in die von Kreuzfahrern belagerte ägyptische Hafenstadt Damiette und sprach dort mit dem Sultan über den Frieden“, sagt Kamal Labib, der ägyptische Franziskaner-Provinzial."Für uns Franziskaner ist dieses Treffen ein Symbol, das zeigt: Ein ehrlicher Dialog zwischen Muslimen und Christen ist möglich.

Quelle: Deutschlandfunk vom 11.09.2019

Bild
Bronzetafel zum Weltgebetstreffen am 27. Oktober 1986 (Papst Johannes Paul II) in Assisi in der Vorhalle der Basilika Sante Maria degli Angeli (eigenes Foto). Ansicht in voller Auflösung 9.560 x 2.649 Pixel; 20,3 MB

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Re: Stuttgarter Zeitung: Die dunkle Seite des Jakobswegs

Beitrag von Fred »

Die goldene Zeit in Andalusien

»Es ist eine für Europa bemerkenswerte Epoche, in der Juden, Christen und Muslime in einer pluralistischen Gesellschaft eine gemeinsame kulturelle Identität schaffen, die religiöse Unterschiede überwindet.«

Edit: Ab sofort in der arte-Mediathek.

Peter (calixtinusII) wird dieser Film sicher nicht gefallen... Mir schon... Aber ich bin Peter für seinen Beitrag dankbar. Nicht weil er mit der 'dunklen Seite' des Jakobsweges Leser auf seine Website http://www.jakobspilger-westwaerts.de/ leiten wollte, um gewisse Botschaften zu verbreiten, sondern weil er mich inspiriert hat, wieder mal einige Zusammenhänge aufzufrischen und dann klarzustellen. Danke Peter!

Mario
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Re: Stuttgarter Zeitung: Die dunkle Seite des Jakobswegs

Beitrag von Fred »

chrisbee hat geschrieben: 20. Nov 2019, 18:46 Trotzdem kam es zu Pogromen. Die ersten Judenpogrome auf europäischen Boden geschahen im frühen 11. Jahrhundert in Granada und Córdoba.
So steht es auch im Wikipedia-Artikel https://de.wikipedia.org/wiki/Judenpogrom#Mittelalter Da hast Du also vollkommen recht.

Im gleichen Artikel wird aber auch geschrieben:

»In Mitteleuropa kam es zu ersten großen Judenverfolgungen zur Zeit des Ersten Kreuzzugs (1096–1099). [...] Tausende, die nicht zum Christentum konvertieren wollten, wurden erschlagen. In Speyer, Worms und Mainz kam es zu den ersten großen Judenpogromen des Abendlandes.«

Mario
calixtinusII
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Re: Stuttgarter Zeitung: Die dunkle Seite des Jakobswegs

Beitrag von calixtinusII »

In Ergänzung zu chrisbee meine Gedanken: Zum Mythos Toleranz der Mauren/Araber möchte ich als Zeitzeuge beispielhaft den großen, ansonsten allseits geschätzten jüdischen Gelehrten Moses Maimonides (1135-1204) benennen, nachdem er aus al-Andalus fliehen musste, um seiner Zwangsbekehrung zu entkommen. Er schrieb in seinem „Brief in den Jemen“:
o „Liebe Brüder, wegen unserer vielen Sünden hat uns der Höchste unter dieses Volk, die Araber, geworfen, die uns schlecht behandeln.
o Sie erlassen Gesetze zum Zweck unserer Bedrückung und um uns verächtlich zu machen. [...]
o Nie war ein Volk, das uns so sehr hasste, demütigte und verachtete, wie dieses.“

Mehrere aktuelle ernst zu nehmende Wissenschaftler und Autoren wie Tilmann Tarach, Prof. Michael Wolffsohn, Prof. Rodney Stark (USA), Dr. Ekkehart Rotter, u.v.a.m., unterschreiben die Geschichte vom Mythos der toleranten Mauren in dieser Diktion jedenfalls nicht mehr.

Wem ist schon bekannt, dass die Volksfront, bestehend aus Linksliberalen, Freimaurern, Sozialisten, Kommunisten (beherrscht von den Sowjets) und Anarchisten vor und während des spanischen Bürgerkriegs mehrere Tausend katholische Geistliche (Bischöfe, Priester) plus Nonnen und Mönche hat umbringen lassen? Teils auf brutalste Art und Weise, auch und gerade in Barcelona.

Der völlig unverdächtige englische Schriftsteller Antony Beevor berichtet darüber in seinem Bestseller "Der Spanische Bürgerkrieg", 1. Auflage 2006, Verlagsgruppe Random House, ebenso wie der vormalige Anarchist und Schriftsteller Joan Sales in seinem großen Roman "Flüchtiger Glanz"; katalanische Erstausgabe in zensierter Fassung 1956, unzensiert in 1971; deutsche Übersetzung in 2015,Carl Hanser Verlag München.
DER SPIEGEL schrieb am 27. März 2009 (wahrhaftig nicht Franco-freundlich!), dass die Volksfront (die "republikanischen" Gegner Francos) 6.800 Geistliche und 38.000 politische Gegner habe umbringen lassen.

Dass wir uns richtig verstehen, ich beschönige überhaupt nicht die Gräueltaten des Franco-Regimes, im Gegenteil; nur: eine Medaille hat immer zwei Seiten. Jede Geschichte hat eine Vorgeschichte. Ich habe mir die Mühe gemacht, tiefer in die spanische Geschichte (Mittelalter + Neuzeit) einzusteigen. Man staunt und staunt. Eine sehr gute Bekannte ist Witwe eines Asturiers, der seine Wurzeln bis ins 9. Jahrhundert verfolgen kann. Auch von ihr habe ich Erstaunliches gehört, das so gar nicht mit dem veröffentlichen Mainstream kompatibel ist. Eine Verwandte eines mir gut bekannten Deutsch/Spaniers ist von den Brigaden der Volksfront füsiliert (an die Wand) gestellt worden, also ermordet. Die letzten drei Päpste, incl. Franziskus, haben zig spanische Katholiken zu Märtyrern erhoben, weil selbige aus Hass auf die katholische Kirche von den Brigaden ermordet worden seien.
Bild Bild

Also: Mauren/Araber wie Osmanen/Türken überfallen christliche Länder wie Spanien, Frankreich, Italien und die Balkanländer und die Stuttgarter Zeitung wundert sich, dass sich die Christen mit der Re-Conquista überhaupt gewehrt haben.
Im Übrigen ist es wohlfeil, Geschichte mit den heutigen Augen zu betrachten resp. mit dem heutigen "Wissen" moralisch zu bewerten. Wie werden sich wohl unsere Nachkommen über das mörderische 20. Jahrhundert (Hitler, Mao Zedong, Stalin, Pol Pot, etc.) auslassen? Unbestritten seit Menschengedenken das schrecklichste Jahrhundert, das alles in den Schatten stellt und stellen wird.
calixtinusII
https://www.jakobspilger-westwärts.de
Zuletzt geändert von calixtinusII am 15. Feb 2020, 13:41, insgesamt 1-mal geändert.
Fred
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Re: Stuttgarter Zeitung: Die dunkle Seite des Jakobswegs

Beitrag von Fred »

Lieber Peter,
calixtinusII hat geschrieben: 30. Nov 2019, 12:40 Also: Mauren/Araber wie Osmanen/Türken überfallen christliche Länder wie Spanien, Frankreich, Italien und die Balkanländer und die Stuttgarter Zeitung wundert sich, dass sich die Christen mit der Re-Conquista überhaupt gewehrt haben.
Du kannst es einfach nicht lassen mit Deinen falschen Behauptungen und Lügen. Und willst damit andauernd HASS entfachen. Ich habe Deine Website schon ausgiebig angeschaut und verschiedene Versionen abgespeichert. Leider haben solche Demagogen wie Du zur Zeit wieder mal Oberwasser.

Wenn Du Dir die Mühe machen würdest, den von mir angeregten arte-Film über al-Andalus anzuschauen UND auch zu verstehen, hättest Du die Chance ein wenig Toleranz zu lernen. Übrigens die Mozaraber waren bei den Rom-treuen Christen gar nicht beliebt; d.h. 'befreiungswürdig'. Die hatten nämlich ihr eigenes Christentum entwickelt und das war mit der autoritären Papstkirche jener Zeit überhaupt nicht kompatibel! Wer sollte da eigentlich befreit werden? Lach... Schon mal was von gehört? Oder zu kompliziert?

Mario
WoM
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Re: Stuttgarter Zeitung: Die dunkle Seite des Jakobswegs

Beitrag von WoM »

Hi Mario,

schwieriges Thema ...
Die Mauren sind von den Spaniern sicher nicht eingeladen worden, die Türken vor Wien waren sicher nicht auf Kulturreise, die uralten Gemeinden in Vorderasien sind sicher nicht freiwillig geflüchtet ... usw.
Es gibt Länder in denen es harmoniert, in denen moderate Moslems die Kirchen an Weihnachten sichern, damit militante Moslems keine Anschläge machen, aber es gibt auch die andere Realität und da ist die Liste lang.

Und ja, es gab auch Kreuzzüge ... aber Verbrechen bleibt Verbrechen und das eine relativiert nicht unbedingt das andere.

De facto muss Religion immer wieder zum Machterhalt und Machtergreifung herhalten ...

Faszinierend finde ich nur, dass man unbedingt versucht bestimmte Dinge zu glorifizieren, damit es wieder ins Weltbild passt.

Grüßle Wolfgang
Nach dem Camino ist vor dem Camino 8-)
Jaron
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Re: Stuttgarter Zeitung: Die dunkle Seite des Jakobswegs

Beitrag von Jaron »

Mal wieder richtig spannend, was hier abgeht :mrgreen: :mrgreen: :mrgreen:

Zum Glück ist die Inquisition abgeschafft worden :lol:
Zwei Dinge sind unendlich, das Universum und die menschliche Dummheit. Aber bei dem Universum bin ich mir noch nicht ganz sicher. (Albert Einstein)
Fred
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Re: Stuttgarter Zeitung: Die dunkle Seite des Jakobswegs

Beitrag von Fred »

Auf keinen Fall möchte ich den Jakobsweg an sich in irgendeiner Weise kritisieren. Wohl aber die Art und Weise, wie er glorifiziert wird. Die Erzählung des Jakobsweges heute sehe ich als säkulares Ereignis mit romantisch verbrämten religiösem Touch.

Wie als Christ damit umgehen? Vielleicht »Saint-Jacques… La Mecque«? Ohne Hass? Christen, die Muslime hassen - Was würde Gott dazu sagen?

@Wolfgang: Gewiss, die Muslime hat niemand auf die iberische Halbinsel eingeladen. Aber ihre Vorgänger, die Westgoten, auch nicht. Wer waren sie eigentlich, diese (Ur-)Iberer, die angeblich befreit werden mussten, obwohl sie nach über 1.000 Jahren im Gen-Pool zusammen mit Westgoten, Juden und Muslimen aufgegangen sind?

Die Muslime waren immerhin 800 Jahre im heutigen Spanien. Eine Hochkultur. Die Juden hatten unter dem Islam ein bedeutend besseres Leben, als im damaligen Zentraleuropa (und anschließend im 'befreiten' rein katholischen Spanien) etc. etc. Wissenschaften und Handel florierten; Corduba war die schönste Stadt ganz Europas.

Ich kann nur empfehlen, sich den arte-Film in der arte-Mediathek anzuschauen. Wie schon geschrieben, 1 Stunde 35 Minuten Information, die sich NICHT auf die primitiven Aussagen von Peter (calixtinusII) reduzieren lassen. In der Mediathek bis zum 29.12.2019. Ich hab mir den Film geladen und hab ihn schon zweimal angesehen; beim dritten Mal demnächst muss ich mir parallel Notizen machen, um mich tiefer informieren zu können...

Die goldene Zeit in Andalusien
arte-Mediathek: https://www.arte.tv/de/videos/082181-000-A/die-goldene-zeit-in-andalusien/

Zitat: "Das goldene Zeitalter Andalusiens - vom 8. bis ins späte 15. Jahrhundert - zeigt, dass Beziehungen zwischen Religionen nicht durch Gewalt gekennzeichnet sein müssen. Es zeigt, wie destruktiv es ist, Nachbarn aufgrund ihres Glaubens als Feinde anzusehen. Und es ist ein Beweis dafür, wie befruchtend oder inspirierend es sein kann, Glaubensunterschiede mit Toleranz zu überbrücken."


Mario
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chrisbee
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Re: Stuttgarter Zeitung: Die dunkle Seite des Jakobswegs

Beitrag von chrisbee »

Hallo Mario,
es ist wohl etwas schwierig, mein Anliegen mit den schiefen Geschichtsbildern verständlich zu machen. Aber jetzt, bei deiner Arte-Promotion, probiere ich es mal so: Kennst du die Sache mit der lila Kuh? Vor einigen Jahren wurde durch eine Untersuchung bekannt, dass viele Kinder richtige Kühe nicht mehr als Kühe erkannten – weil sie nicht lila waren. Seit der Milka-Werbung kannten nämlich viele Kinder nur die eine Wahrheit: Kühe sind lila! Das moderne Fernsehformat „Histotainment“, wie es Arte virtuos vorführt, ist ja nicht ganz falsch und auch nicht ganz und gar Milka-Werbung, aber.... aber doch eine ganz beachtliche Promotion. Angefangen von den superschönen und stimmungsvollen Bildwelten der Tourismuswerbung, die Granada schon länger als exotisches Reiseziel sondergleichen aus 1001 Nacht verkaufen, aber jetzt zusätzlich angereichert mit dem sozialen Mehrwert eines Vorbildes für „Toleranz“. Und dann geht es weiter mit einer sehr angenehmen Märchentantenstimme, die uns dieses Wohlfühlambiente erläutern will... und dann kommen Fachleute zu Wort, deren Kompetenz vor allem eines bewirkt: dieses Histotainment unbedingt seriös aussehen zu lassen. Wie schon gesagt: Solche Zugriffe auf das Mittelalter geschehen aus heutiger Sicht und mit heutigen (Unterhaltungs-)Interessen. Und Arte folgt dabei halt dieser Toleranz-Strategie, vermutlich versteht man es dort sogar als einen öffentlichen Auftrag, neu aufgetretenen sozialen Konflikten und Aggressionen gegenüber muslimischen Missionierungen mit Toleranz-Vorbildern aus einem geschönten Mittelalter zu begegnen. Aber warum sollte ich mich dafür begeistern? Oder mich davon aufklären lassen? Bleibt nämlich immer noch die Frage nach der historischen Wahrheit und Komplexität. Bzw. den vielen anderen Kühen, die nicht lila sind.
Gruß chrisbee
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Re: Stuttgarter Zeitung: Die dunkle Seite des Jakobswegs

Beitrag von Fred »

Hi chrisbee,

Deine lila Kuh ist etwas daneben. Aber okay...

Ich habe mich schon länger über al-Andalus informiert und wurde praktisch in jedem Punkt während der Sendung bestätigt. Außerdem hab ich das gleiche mit Sizilien gemacht. Die Zusammenhänge sind scheinbar etwas komplizierter, als es der Horizont von calixtinusII erlaubt. Obwohl, ich glaube, der will einfach nicht...

In diesem Faden geht es um Desinformation. Und die kommt ganz sicher nicht von arte. Sondern aus einer ultrakonservativen Ecke. Und diese Desinformation ist äußerst spaltend. Das ist Sinn der Sache; das Argumentationsmuster gleicht beispielsweise dem der AfD. Es wird eine Opferrolle inszeniert. Und da muss man sich halt wehren. CalextinusII arbeitet schon lange daran, erst den Papst Franziskus und seit einiger Zeit gleich den ganzen Islam zu desavouieren. Es geht um Anstiftung zur Geringschätzung. Ach ja, im 'alten' Forum hat Peter gleich einen, zwar verbotenen (aber er musste sich halt wehren), aber effektiven Zweitaccount eingerichtet. Und dieser liebe Pseudo-Forist trat nur auf, um Peters Meinung zu bestätigen oder Kritik am calixtinusII zu vernebeln.

So wie Du jetzt mit Deinem lila Pulverdampf.

Lach...

Mario
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Berthold
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Re: Stuttgarter Zeitung: Die dunkle Seite des Jakobswegs

Beitrag von Berthold »

Ich kann zur geschichtlichen Wertung der Reconquista nichts beitragen , dazu fehlt mir das Wissen . Wie es scheint, ist ja sogar für Wissenschaftler eine einheitliche historische Einordnung nicht möglich.
Deshalb beschreibe ich ich hier nur einen kleinen Teilaspekt zum Thema in meiner ganz persönlichen Sicht, die sich aus dem Besuch von Covadonga in den picos de Europa ( auf der Ruta de la reconquista) ergeben haben. Dieser Ort gilt in Spanien allgemein als Ausgangspunkt der Reconquista ( 722 soll dort ein gewisser Pelayo als Anführer eines christlichen Heers muslimische Truppen zurückgeschlagen haben.)
Ich stand also nun in den „Heiligtümern“ von Covadonga und machte mir so meine Gedanken zu diesem Ort. Ein schweizerischer Pilgerfreund , den ich auf dem Weg getroffen hatte , meinte hingegen trocken: wenn die Reconquista nicht erfolgreich gewesen wäre, würden wir beide heute vermutlich als Muslime in einem muslimischen Staat leben .
Ich stimmte mit ihm überein: wenn wir die gegenwärtige Welt betrachten , sind wir aus heutiger Sicht froh, dass dem nicht so ist.

Bevor nun jemand auf die Idee kommt, mir Islamophobie zu unterstellen : dem ist bei weitem nicht so. Ich schätze viele Muslime und respektiere ihren Glauben - aber ich denke auch an die Realität in vielen islamischen Staaten.
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