Stuttgarter Zeitung: Die dunkle Seite des Jakobswegs

Allgemeine Diskussionen zur Pilgerei und ihrer Geschichte
Fred
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Re: Stuttgarter Zeitung: Die dunkle Seite des Jakobswegs

Beitrag von Fred »

Ciao Gertrudis
Gertrudis hat geschrieben: 8. Jan 2020, 01:25 "[...]Traurigerweise ist er dafür berühmt, dass es der Weg war, dem der schreckliche musulmanische Führer Almanzor während der Plünderung von Santiago de Compostela gefolgt ist."
Die Machtergreifung des berberischen Wesirs Almansor in Córdoba (der Kalif Hischam II. war noch minderjährig) hat eine besondere Geschichte. Er war sicher besonders brutal. Aber die christlichen Herrscher waren in der Summe auch nicht besser.

Eine historische Tatsache aber wäre in diesem Zusammenhang, der Transport der Kirchenglocken von Santiago de Compostela nach Córdoba, der zu Fuß durch die Unterlegenen erfolgte:

Zitat (Quelle): »988 wurde León erobert und am 10. August 997 das stark befestigte christliche Wallfahrtszentrum Santiago de Compostela in Galicien zerstört, wobei jedoch aus Respekt das Apostelgrab Jakobus’ des Älteren unangetastet blieb. Ein paar tausend christliche Überlebende mussten als Sklaven die Glocken von Compostela nach Córdoba tragen, wo sie zu Lampen für die Moschee umgeschmolzen wurden. [...] Im August 1002 starb Abi Amîr al-Mansûr in Medinaceli auf der Rückkehr von einem Feldzug. Christliche Chronisten dichteten ihm postum eine Niederlage in der angeblichen Schlacht von Calatañazor an, die nie stattgefunden hatte.«

Angeblich wurden die Glocken nach der christlichen Eroberung von Córdoba wieder von den dann aktuell Unterlegenen zurückgetragen. Das müssten dann aber die Moschee-Lampen gewesen sein. :-)

Auf jeden Fall führte dieser Fußweg sicher auf dem Ur-Mozáribischen Weg entlang, das erscheint logisch. Ich glaube mal, für Mérida-Córdoba gibt es keine Alternative; genau so für ein Stück Via de la Plata. Die Frage wäre nun lediglich, ging der historische Weg über Astorga oder über Ourense?

Dazu müsste es doch in einer der beiden Städte heute noch Erinnerungen geben...

Bild
Quelle: Author RedTonyGNU Free Documentation License

Unter der Annahme, dass der Weg der Glocken auf dem Rückweg al-Mansûrs erfolgte, könnte man annehmen, dass tatsächlich die Camino Sanabrés-Route Teil des heutigen Camino Mozárabe wäre.

Mario
Fred
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Re: Stuttgarter Zeitung: Die dunkle Seite des Jakobswegs

Beitrag von Fred »

Ourense also. Ich vermute das auch nach dem Wikipediaartikel zu der Stadt:

Zitat (Quelle): »Im 5. Jahrhundert wurde Ourense Sitz des Bistums Orense. Als Hauptstadt des Königreiches der Sueben erlebte Ourense im 5. und 6. Jahrhundert eine Blütezeit. Der Suebenkönig Teodomiro († 570) baute nach seinem Übertritt vom Arianismus zum Katholizismus die erste Kathedrale von Ourense. Ständige Raubzüge der maurischen Eroberer unter Abdelaziz und dem Almansor sowie der Normannen verwüsteten die Stadt so sehr, dass sie mehrere Jahrhunderte fast unbewohnt blieb. 1071 unter dem persönlichen Schutz des Königs Sancho II. von Kastilien gelang der endgültige Wiederaufbau. Als Bischofssitz erlangte die Stadt in den folgenden Jahrhunderten Bedeutung als geistliches Zentrum, aber zunehmend auch als Handelsstadt. Im 13. Jahrhundert war Ourense aufgrund der geografischen Lage und durch seine große jüdische Gemeinde ein wichtiges Handelszentrum in Galicien. Der wirtschaftliche Niedergang setzte nach der Vertreibung der ourensanischen Juden im Jahre 1492 durch die Katholischen Könige ein. In den nachfolgenden Jahrhunderten nahm die Bedeutung Ourenses stetig ab.«

So kann man durch kurzsichtiges Denken den Wohlstand kaputt erobern...

Also von mir aus ist es jetzt gut mit der 'dunklen Seite'...

Danke für die inspirierenden Beiträge!

Mario
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Gertrudis
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Re: Stuttgarter Zeitung: Die dunkle Seite des Jakobswegs

Beitrag von Gertrudis »

Mario d'Abruzzo hat geschrieben: 8. Jan 2020, 11:36 Ciao Gertrudis
Gertrudis hat geschrieben: 8. Jan 2020, 01:25 "[...]Traurigerweise ist er dafür berühmt, dass es der Weg war, dem der schreckliche musulmanische Führer Almanzor während der Plünderung von Santiago de Compostela gefolgt ist."
Um etwaige Missverständnisse auszuräumen, möchte ich noch darauf hinweisen, dass der zitierte Satz NICHT von "Gertrudis" stammt, sondern von Mundicamino, wie in meinem Beitrag deutlich geworden sein sollte.
Ich habe lediglich den spanischen Text übersetzt, für diejenigen, die eventuell der spanischen Sprache nicht mächtig sind.

Gertrudis
Fred
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Re: Stuttgarter Zeitung: Die dunkle Seite des Jakobswegs

Beitrag von Fred »

Hi Gertrudis,
Gertrudis hat geschrieben: 8. Jan 2020, 13:06 Ich habe lediglich den spanischen Text übersetzt, für diejenigen, die eventuell der spanischen Sprache nicht mächtig sind.
das war doch klar, danke für's Übersetzen!

Mario
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chrisbee
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Re: Stuttgarter Zeitung: Die dunkle Seite des Jakobswegs

Beitrag von chrisbee »

Habe mal in meine alten Unterlagen geschaut: Auch wenn Mario abgeschlossen haben will mit der „dunklen Seite“, hier noch ein Tipp und jede Menge Stoff für weitere wilde Theorien über die Bösen: Rolf Legler, Sternenstrasse und Pilgerweg....WAHRHEIT UND FÄLSCHUNG (!) Dieses Buch ist zwar aus dem letzten Jahrtausend, aber antiquarisch und preiswert (etwa bei Medimops) zu erwerben.
Gruß chrisbee
Fred
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Re: Stuttgarter Zeitung: Die dunkle Seite des Jakobswegs

Beitrag von Fred »

Danke chrisbee,

hab mir das Buch gleich bestellt.

Ich wollte das Thema aber nicht abwürgen. Aber vielleicht ist es besser, wenn ich das Thema in einem eigenen Thread weiterführe? Ich würde den Schwerpunkt gerne auf eine neue Sichtweise des Jakobsweges setzen. An die positiven Handlungsweisen der Vergangenheit anknüpfen...

Mario
Fred
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Re: Stuttgarter Zeitung: Die dunkle Seite des Jakobswegs

Beitrag von Fred »

Jetzt hab' ich mir den kritischen Jakobsweg-Artikel in den Stuttgarter Nachrichten noch mal angeschaut.

Zitat (Quelle): "Dem Religionssoziologen Rudi Förschler liegt das Zusammenleben mit Muslimen am Herzen. Damit dies gelingt, sei es wichtig, europäische Geschichte zu kennen. Die des Jakobswegs in Spanien sei hierzulande wenig bekannt. Sie ist auch ein Beispiel für Intoleranz gegenüber Andersgläubigen."

Ich muss dem Rudi Förschler mal schreiben und meinen Dank für seine, leider vergebliche, Initiative aussprechen. Vielleicht kann man aus diesem Ansatz doch etwas Positives entwickeln?

Es gibt so viele Dinge in der Geschichte von al-Andalus, die nachdenklich machen können... Zum Beispiel, dass das Verhältnis der Sepharden, der spanischen Juden, zu den arianischen Christen wesentlich stressfreier war, als zu den katholischen Christen. Die Sepharden waren ja Gläubige eines konsequenten Monotheismus und hatten wohl für die Trinitätsgeschichte der Katholiken eher Verachtung übrig. Mit den Arianern hatten sie da also wohl weniger Streitpunkte. Als immer mehr Arianer aus verschiedenen Gründen zum katholischen Christentum konvertierten, wurde es für die Juden schwieriger.

Mario
Fred
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Re: Stuttgarter Zeitung: Die dunkle Seite des Jakobswegs

Beitrag von Fred »

OFF TOPIC...

Herr Förschler lebt in einem Ortsteil von Winnenden. Hier eine komplette Liste der Straßennamen (Biertrinker müssen jetzt stark sein):

Burgunderweg, Dornfelderweg, Lembergerweg, Maienweingärten, Portugieserweg, Rieslingstraße, Ruländerstraße, Silvanerstraße, Traminerweg, Trollingerstraße, Weinsteige, Weinstraße

:-)

Mario d'Abruzzo (→ Montepulciano d'Abruzzo)
WoM
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Re: Stuttgarter Zeitung: Die dunkle Seite des Jakobswegs

Beitrag von WoM »

Mario d'Abruzzo hat geschrieben: 9. Jan 2020, 00:27 ...
Ich muss dem Rudi Förschler mal schreiben und meinen Dank für seine, leider vergebliche, Initiative aussprechen. Vielleicht kann man aus diesem Ansatz doch etwas Positives entwickeln?
...
Mario
Kürzlich habe ich ein interessantes Gespräch mit einer Mitarbeiterin geführt: Thema "menschenverachtendes System in China". Ihre Forderung: unbedingt abschaffen. Meine Meinung: erst, wenn man ein besseres System hat.
Bei so grundsätzlichen Themen wie: "Zusammenleben von Christen und Muslimen" braucht man ein Ziel.
Hilft es unbedingt, die Geschichte wieder aufzurollen? Fängt wieder ein Hochrechnen an? Vertreibung von Christen durch den Arabersturm, Kreuzzüge, Unterdrückung von Christen in muslimischen Ländern, Vertreibung der Rohingya (aktuell, aber nicht durch Christen!) usw.
Wäre es nicht deutlich sinnvoller, die positiven Dinge hervorzuheben? Das fröhliche und friedliche Zusammenleben auf dem Camino? Die muslimischen Bürger, die auf Indonesien an Weihnachten die Kirchen vor militanten Muslimen beschützen?
So etwas bringt uns weiter, nicht dieses permanente Gesuche nach möglichen Verbrechen aus der Vergangenheit, die mich eigentlich nicht tangieren.
In Israel wurde mir nie, wirklich nie, vorgeworfen, dass ich Deutscher bin und die hätten wirklich allen Grund! Das gute Verhältnis Deutschlands zu Israel hängt an der Verantwortung zur Vergangenheit und dem positiven Gestalten der Zukunft.

Wäre eine positive Zukunftsgestaltung nicht besser, als eine permanente Nabelschau???

Grüßle Wolfgang
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CyrusField
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Re: Stuttgarter Zeitung: Die dunkle Seite des Jakobswegs

Beitrag von CyrusField »

Hallo zusammen,

ich habe hier bisher still mitgelesen und will jetzt auch für keine "Seite" Partei ergreifen. Aber:
Vielleicht habe ich etwas in dem zugegebenermaßen inzwischen etwas unübersichtlichen Gesprächsfaden übersehen, nur fällt mir auf, dass hier beim ganzen Thema "Zusammenleben der Religionen" sich mehr oder weniger ausschließlich auf die iberische Halbinsel beschränkt wird.

Was mich - und das meine ich ehrlich, da geschichtlich interessiert - aber interessieren würde ist, wie das alles in Zusammenhang mit den Kreuzzügen steht?
Zwar hatte die Reconquista schon im 8. Jahrhundert ihren Anfang, aber ein sehr großer Teil fand parallel zu den Kreuzzügen (11-13. Jhd.) statt. Ich kann mir vorstellen, dass das auch nicht unbedingt förderlich für eine positive Grundstimmung zwischen den christlichen und muslimischen Orientierungen war. Zumal ich mir gut vorstellen kann, dass die Motive der Reconquista nicht wesentlich andere als die eines Kreuzzugs waren...

Grüße
Stefan
Camino Francés 2018
Mosel-Camino 2019
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Caminho Portugês Central 2020
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...und auch sonst viel zu Fuß unterwegs: https://stefansspuren.com 8-)
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Re: Stuttgarter Zeitung: Die dunkle Seite des Jakobswegs

Beitrag von Matten »

Meiner Meinung nach hat es letztlich keine wesentliche kriegerische Auseinandersetzung gegeben, die allein aus religiösen Gründen geführt wurden.

Begründung: Es geht um Staaten und die haben Interessen. Diese Interessen wurden und werden leider auch heute noch mit militärischen Mitteln durchgesetzt.

Die Religion passt nur in so fern da rein, weil man für einen ggfls. siegreichen Krieg eines unbedingt benötig: zornige junge Männer.
Diesen Zorn können Herrscher usw. über Emotionen entfachen. Religion ist hier leider ein probates Mittel.

So habe ich auch stets die Reconquista gesehen. Mächtige erobern bis sie an ihre Grenzen kommen. Dann folgt eine Phase der Konsolidierung der Macht. So bald diese Macht entscheidend schwächer wird oder so gar ein Vakuum hinterläßt, werden andere Mächte in diesem Raum die Macht an sich reissen. Ein Spiel der Mächtigen, bei dem die Bevölkerung die Ressourcen stellen muss. Auch das Kanonenfutter.

Lange habe ich auch gedacht, dass zumindest der erste Kreuzzug eine wirklich religiöse kriegerische Auseinandersetzung war.
Dann fiel mir das Buch "Kriegspilger" von Peter Frankopan in die Hände. In seinem Buch stellt er das Byzantinische Reich in den Mittelpunkt und kommt dann zum dem Ergebnis, dass der erste Kreuzzug letztlich geschickt aus Byzanz eingefädelt wurde, weil der dortige Kaiser nach innen wie auch nach außen Probleme hatte. Ich habe es gern gelesen, weil es zwar von einem Historiker geschriebenes Sachbuch ist, aber man kann es flüssig lesen.

Grüße
Martin
Niemand weiß was in ihm steckt, bevor er nicht versucht hat es herauszuholen.
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WoM
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Re: Stuttgarter Zeitung: Die dunkle Seite des Jakobswegs

Beitrag von WoM »

Man muss den Bogen dann aber schon weiter spannen ...

Ab 380 war das Christentum im oströmischen Reich Staatsreligion. Mohammed trat erst über 200 Jahre später in Erscheinung. Folglich war das Christentum etabliert - was nicht heißt, dass sie alle Christen waren. Glaube kaum, dass in Folge alle friedlich Muslime wurden.
Jerusalem ist im Koran nicht erwähnt, nur aufgrund einer Überlieferung hat man an die Stelle des jüdischen Tempels eine Moschee gebaut - eine Provokation schlechthin.
Ideale Steilvorlage, um einem militärischen Vorgehen einen moralischen Anstrich zu geben.
Kann man sehr wahrscheinlich differenzierter sehen, aber ganz verkehrt ist es sicher nicht ...

Grüßle Wolfgang
Nach dem Camino ist vor dem Camino 8-)
Fred
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Re: Stuttgarter Zeitung: Die dunkle Seite des Jakobswegs

Beitrag von Fred »

Wir sollten aufpassen, uns nicht vom eigentlichen Thema zu entfernen. Und dieses Thema heißt nur 'Muss die Geschichte des Jakobsweges umgeschrieben werden?'.

Ich denke, es wurden jetzt genug Argumente ins Spiel gebracht um zu zeigen, dass weder Christen noch Muslime in Hispanien die moralisch Besseren waren. Das war nötig, weil die aktuelle offizielle Erzählung pure christliche Desinformation darstellt.

Es ist ja nett, wenn sich Christen und Muslime in einer Feriensituation beim Wandern gut verstehen; aber in der normalen Welt wird von anderer Seite die rechte Hetze intensiviert. Ich hab' das jetzt zweimal, HIER im neuen und vor einiger Zeit im alten Forum registriert. Es ist halt rechte Hetze, wenn dem Islam jegliche Kultur und Wissenschaft abgesprochen wird ('Leuchtendes Mittelalter' war die Überschrift.). Und es ist halt nochmal rechte Hetze, wenn diese Eroberung Hispaniens als gerechte und gottgewollte 'Re-conquista' hingestellt wird.

Die Statue des Santiago Matamoros befindet sich doch noch in der Kathedrale von Santiago de Compostela, oder irre ich mich da?

Deshalb meine Idee, eine neue Erzählung des Jakobsweges anzuregen, die die verbindenden, positiven Handlungsweisen aus der Geschichte des Jakobsweges herausstellt; und die die Fehler der spaltenden Handlungsweisen erklärt, aber ohne Hass zu schüren.

Zum Beispiel die Vertreibung der Mauren (bzw. Morisken) aus Südspanien nach 1492; mit dem Ergebnis, dass die Landwirtschaft zusammenbrach, weil das intelligente Wissen um Bewässerungstechniken damit verloren ging. Oder die endgültige Vertreibung der erfolgreich als Kaufleute wirkenden Juden aus Ourense, woraufhin die ehemals florierende Handelsstadt in Bedeutungslosigkeit versank. Alles Erfolge der vielgerühmten 'Katholischen Könige'. Man könnte es auch einfach Dummheit nennen... Also Kluges, strategisches Handeln war es sicher nicht. Haha, ich ziehe jetzt keine aktuellen weltpolitischen Parallelen...

Mario

Edit: Wenn man nach 'Santiago Matamoros' googelt, dann wird schnell auf eine Seite von katholisches.info verlinkt. Unter einem Foto von Georg Gänswein befindet sich die Überschrift »Aus Jakobus dem Maurentöter wird ein „Blumentöter“«[1]:

Zitat (Quelle): »Zur Ikonographie Spaniens und der spanischsprachigen Welt gehört die Darstellung von Santiago Matamoros. Sie zeigt den heiligen Jakobus als Maurentöter. [...] Die militärische Auseinandersetzung gegen die Muslime betraf Europa über den enormen Zeitraum von 711 bis 1912. Im Zeitalter der politischen Korrektheit und der politisch geförderten Islamisierung durch Masseneinwanderung paßt die Darstellung aber nicht mehr allen ins Bild.«

[1] Zitat (Quelle): »Nach dem Attentat auf das World Trade Center kamen jedoch Überlegungen auf, ob die blutrünstige Darstellung als Provokation aufgefasst werden könnte. Als sich herausstellte, dass die Terroranschläge auf Vorortzüge 2004 in Madrid einen islamistischen Bezug hatten, empfahlen die Berater des Dompropstes, die abgeschlagenen Köpfe zu Füßen von Jakobus’ Pferd unsichtbar zu machen. Seitdem bedecken Blumen den Boden, [...]«
Fred
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Re: Stuttgarter Zeitung: Die dunkle Seite des Jakobswegs

Beitrag von Fred »

Gertrudis hat im November mit Goethe -"Zitat" einen interessanrten Post geschrieben. Sie hat mal die Urheberschaft des angeblichen Goethe-Zitates »Europa ist aus der Pilgerschaft geboren und das Christentum ist seine Muttersprache« herausbekommen wollen. Es ist ihr nicht gelungen, auch nicht dem Goethe-Institut in Madrid...

Irgendwie passt das auch in diesen Thread hier, vermute ich mal.

Gleich auf der ersten Google-Seite gibt es einen Link auf das Springerblatt 'WELT' aus dem Jahre 2010 mit Titel Der Jakobsweg ist die Wiege Europas. Ohne Worte...

Das ist also der aktuelle Narrativ des Jakobsweges. Genau das meinte ich.

Mario

Edit: Bekanntlich war Goethe Protestant und hatte »mit dem barocken katholischen Kirchenapparat jener Zeit nicht viel im Sinn.« In seiner Italienischen Reise schreibt er: »„Dem Mittelpunkte des Katholizismus mich nähernd ... indem ich mit reinstem Sinn die wahrhafte Natur und die edle Kunst zu beobachten und aufzufassen trachte, trat mir so leibhaft vor die Seele, dass vom ursprünglichen Christentum alle Spur verloschen ist; ja, wenn ich mir es in seiner Reinheit vergegenwärtige, so wie wir es in der Apostelgeschichte sehen, so musste mir schaudern, was nun auf jenen gemütlichen Anfängen ein unförmliches, ja barockes Heidentum lastet.“«
Quellen: https://www.deutschlandfunk.de/goethe-u ... _id=219186
Zuletzt geändert von Fred am 9. Jan 2020, 23:48, insgesamt 5-mal geändert.
Fred
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Re: Stuttgarter Zeitung: Die dunkle Seite des Jakobswegs

Beitrag von Fred »

Das hier stammt wirklich von Goethe; Quelle ist wieder deutschlandfunk.de

»Auch wird bei Goethe ein kulturübergreifendes Denken deutlich. In seiner 1819 erschienen Gedichtsammlung „West-östlicher Diwan“ zeigt der Dichterfürst großes Interesse am Orient und am Islam.

„Jesus fühlte rein und dachte
Nur den Einen Gott im Stillen;
Wer ihn selbst zum Gotte machte
kränkte seinen heil'gen Willen.
Und so muss das Rechte scheinen
Was auch Mahomet gelungen;
Nur durch den Begriff des Einen
Hat er alle Welt bezwungen.“

Durch seine weltoffenen Werke hat Goethe einen großen säkularisierenden Einfluss auf die Menschen seiner Zeit ausgeübt. Trotz seiner kritischen Haltung gegenüber der katholischen Kirche als Glaubensinstanz stand bei ihm der Grundgedanke der religiösen Toleranz Vordergrund.«

Mario
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