Der digitale Pilgerpass ist wohl da...

[Matten]

Es geht ja nicht darum, dass man anderen Pilgern die Reservierung nicht gönnt.
Man möchte nur die Möglichkeit haben, spontan eine Unterkunft zu finden. So war es ja bislang zumeist möglich. Wenn viele Pilger reservieren verringert sich das frei verfügbare Angebot.
Daraus könnte der Druck entstehen, dass viele/alle? Pilger reservieren.
Man nähert sich dann ein Stück weit der Pauschalreise.
Dabei ist eines meiner Ziele beim pilgern zu entspannen. Sich um nichts zu kümmern außer: Walk, Eat, Sleep, Repeat.

Zum eigentlichen Thema: Solange der Pilgerpass auch in Papierform existiert, habe ich nichts gegen eine elektronische Lösung. Auf dem Weg haben gefühlt mittlerweile Alle ein Smartphone. Deshalb ist der Schritt mit der App nur folgerichtig.

BC sin Covid19
Martin

[Pooh_der_baer]

Martin,

mit dem Smartphone ist das so eine Sache.
Es muss nicht alles damit gelöst werden.
Warum muss alles verappt (neue Wort) werden ?

[Simsim]

Auf dem Weg haben gefühlt mittlerweile Alle ein Smartphone

Bei mir hat das in den letzten Jahren einen eigenartigen Effekt ausgelöst:

Ich bin geradezu dankbar und erleichtert, wenn jemand in der Herberge mit mir oder anderen redet, auch mal länger und in die Tiefe, wenn miteinander gekocht, gelacht, gespielt wird, wenn man sich ansieht, in die Augen, präsent und interessiert.....das ist selten geworden.

Ich finde es eigenartig, über eigentlich völlig normale menschliche Begegnungen besonders dankbar und erleichtert zu sein.

Aber merkt man es überhaupt noch, wie nach und nach der vorher notwendige menschliche Kontakt ( auch zum organisieren, sich orientieren, usw.), in die Elektronik verlagert wird?

Auf dem Camino ist es 2013 regelrecht gekippt , irgendwie saßen gefühlt "alle" immer nur noch mit ihren Geräten beschäftigt rum....im Bett auch bis tief in die Nacht, schwierig daneben schlafen zu können etc.

Je mehr "verappt" wird, desto mehr Zeit am Handy, anstatt mit den Mitmenschen, oder?

[Matten]

Martin,

mit dem Smartphone ist das so eine Sache.
Es muss nicht alles damit gelöst werden.
Warum muss alles verappt (neue Wort) werden ?

Hallo Pooh

Es muss nicht alles verappt() werden.

Ihr habt ja recht. Es wird zuviel auf dem Ding gedaddelt.
Als Kontakt nach Hause ist es eine hilfreiche Technik. Auch das Wetter zeigt es uns an. Darüber hinaus bleiben Pilger über WhatsApp in Kontakt usw..
Es gibt für mich sinnvolle Anwendungen. Man könnte so gar Musik hören. Mache ich aber eigentlich nur auf der An- und Abreise. Ich denke immer ich könnte ja auf dem Weg oder in der Herberge Musik hören, aber es klappt dann doch nicht. Dabei stelle ich mir vor jedem Camino extra eine Playlist zusammen.
Man quatscht mit den Anderen oder schaut sich die Landschaft an oder denkt an irgendwas.

Kurzum: Eigentlich bin ich gar nicht so oft mit dem Smartphone zugange.

Aber es ist nicht schlecht wenn man Anstöße erhält, damit man (ich!!) sein Verhalten überdenken kann.

BC DIN Covid19
Martin

[Pilgerbär]

Kann ich iwie nicht bestätigen. Noch 2019 tolle Gespräche mit tollen Menschen gehabt. Das abends in den Herbergen mehr gedaddelt wird statt zu reden habe ich nicht so gesehen (außer bei unseren asiatischen Freunde). Ganz im Gegenteil zum Alltag, wo viele Menschen das Ei-Fön gefühlt gar nicht mehr aus der Hand legen...Ich jedenfalls konnte mich über mangelnden persönlichen Kontakt nicht beschweren...und ich finde das ist ja mitunter das wichtigste.

[CyrusField]

Kann ich iwie nicht bestätigen. Noch 2019 tolle Gespräche mit tollen Menschen gehabt. Das abends in den Herbergen mehr gedaddelt wird statt zu reden habe ich nicht so gesehen (außer bei unseren asiatischen Freunde). Ganz im Gegenteil zum Alltag, wo viele Menschen das Ei-Fön gefühlt gar nicht mehr aus der Hand legen...Ich jedenfalls konnte mich über mangelnden persönlichen Kontakt nicht beschweren...und ich finde das ist ja mitunter das wichtigste.

Das deckt sich 100% mit meinen Erfahrungen auf dem Português 2020.

[Matten]

Kann ich iwie nicht bestätigen. Noch 2019 tolle Gespräche mit tollen Menschen gehabt. Das abends in den Herbergen mehr gedaddelt wird statt zu reden habe ich nicht so gesehen (außer bei unseren asiatischen Freunde). Ganz im Gegenteil zum Alltag, wo viele Menschen das Ei-Fön gefühlt gar nicht mehr aus der Hand legen...Ich jedenfalls konnte mich über mangelnden persönlichen Kontakt nicht beschweren...und ich finde das ist ja mitunter das wichtigste.

Das deckt sich 100% mit meinen Erfahrungen auf dem Português 2020.

Die Begegnungen mit anderen Pilgern ist für mich ein wesentlicher Antrieb auf den Camino zu gehen.
Deshalb würde ich stets das Schmaatfohn gegen ein Gespräch tauschen.

[Simsim]

Ich jedenfalls konnte mich über mangelnden persönlichen Kontakt nicht beschweren...und ich finde das ist ja mitunter das wichtigste.

Eben...und sicherlich kommt es auf die Wahrnehmung an. Ich hatte selber kein Handy bis 2018 und kam mir manchmal vor wie von einem anderen Stern. Im Alltag gab es zu dieser Zeit in meinem Umfeld niemanden, der ein Smartphone benutzte (im Ökodorf Sieben Linden ist komplett Handyfreie Zone).
Aber es sind wirklich nicht nur die KoreanerInnen, die sich mit ihrem Telefon die Nächte um die Ohren schlagen und auch tagsüber ständig damit beschäftigt sind, sich selber filmen, fotografieren und am Abend nach überall kommunizieren, nur nicht miteinander.
Es ist allerdings kurioserweise so, dass Koreaner im Winter auf dem Camino Frances in der absoluten Mehrheit sind/waren und das ist ja meine Hauptpilgerzeit.
Naja, wie gesagt, für Euch ist die Handynutzung normal, also nehmt Ihr es weniger wahr als ich, die sich lange mit einem eher gruseligen Phänomen konfrontiert sah. Inzwischen nutze ich selber eins....allerdings sehr selten im Beisein anderer. Allein schon der Strahlung wegen.

[CyrusField]

Aber es sind wirklich nicht nur die KoreanerInnen, die sich mit ihrem Telefon die Nächte um die Ohren schlagen und auch tagsüber ständig damit beschäftigt sind, sich selber filmen, fotografieren und am Abend nach überall kommunizieren, nur nicht miteinander.
Es ist allerdings kurioserweise so, dass Koreaner im Winter auf dem Camino Frances in der absoluten Mehrheit sind/waren und das ist ja meine Hauptpilgerzeit.

Sicherlich nicht nur, aber vielleicht auch: Liegt das ggf. an der Sprachbarriere und dem anderen Kulturkreis? Die meisten Europäer können zumindest ein paar Brocken Englisch, Französisch, ... oder es geht mit Händen und Füßen, ein bisschen was versteht man ja immer irgendwie. Bei asiatischen Pilgern ist Englisch nicht gang und gäbe und ich glaube, dass die Kultur ein zusätzliches Hindernis sein könnte? In Japan ist es ja oft so, dass etwas nicht oder nicht gut zu können mit einer persönlichen Schmach einher geht. Ist das in Korea vielleicht ähnlich?

Wobei ich auch da Grüppchen erlebt habe, die sich in Herbergen zwar ein wenig von den anderen Pilgern abgesondert haben, aber beim Abendessen an ihrem Tisch ihre ganz eigene Party veranstaltet haben.

[Pooh_der_baer]

Hallo,

hatte 2014 auf meine letzten Camino nur ein Dampf-Mobil-Telefon. War fast schon damit ein Exot.
Hatte in meinem Gehzeitraum (Aragones ab Anfang Juni) leider in den Herbergen am Abend nur wenig Gelegenheiten
mit Menschen zu reden. Alle waren mit dem Smartphone zu Gange. Gaben mühevoll bis zu 32 Zeichen für den
WLAN-Code ein. Führten z.B. laute Gespräche über Hauskauf (USA).
Ich brauche jeden Abend min. 30 Min bis ich alle meine Facebook - Nachrichten angesehen habe, so ein Kommentar um ein Gespräch abzulehnen.

[Simsim]

Darüber hinaus bleiben Pilger über WhatsApp in Kontakt

Das auch so ein neuer Brauch, finde ich. In Vor-Handy-Zeiten nannte sich das "Radio-Camino" und funktionierte hervorragend, ohne jede Technik.
So machte man immer wieder die wundersame Erfahrung, dass man zusammenfindet und alles Wichtige übereinander erfährt, dass sich alle umeinander kümmern und immer die richtige Person im richtigen Moment auftaucht....auch ohne Whatsapp.
Außerdem nervt das Gepiepe total, vor allem wenn man grad im Gespräch ist und der andere ständig nachschaut, wer da geschrieben hat.
Ich finde diese Whatsapp oder Facebook- Gruppen auf dem Camino auch doof, weil sie ziemlich ausschließlich werden können....nee, nee....

....leider in den Herbergen am Abend nur wenig Gelegenheiten
mit Menschen zu reden. Alle waren mit dem Smartphone zu Gange.

Einmal saß ich im großen Eßraum bei den Padres Reparadores in Puente la Reina. Etwa 40 Pilger. Es war totenstill. Alle waren am Bildschirm. Alle. Sehr gespenstisch. Kaum einer schaute auch nur auf, wenn man hereinkam. Brr....ok, ein Extrem.

Ich brauche jeden Abend min. 30 Min bis ich alle meine Facebook - Nachrichten angesehen habe, so ein Kommentar um ein Gespräch abzulehnen.

In Azofra beobachtete ich mal einen,der saß nach 4 Stunden immer noch an seinem Iphone. Er hatte weder sein Bett bezogen,noch geduscht oder sonstwas. Ich ging zu ihm und drückte mein Erstaunen aus. Er erklärte, dass es halt wichtig für ihn sei, mit seinem realen Leben in Verbindung zu bleiben (I must keep contact to my real live).

[CyrusField]

So langsam schweifen wir vom Thema ab

Ich sitze mitunter auch nachmittags oder abends gerne eine Weile alleine und schreibe in mein Tagebuch. Allerdings würde ich sicherlich kein Gespräch ablehnen, wenn ich währenddessen angesprochen werde.

WhatsApp finde ich mitunter recht praktisch. Dass man aber nicht binnen 5s nachschauen muss, wer denn da angepiept hat, hat auch viel mit Selbstdisziplin und Respekt dem Gegenüber zu tun. Die Nachricht läuft ja nicht weg. Wenn ich das Handy nicht ohnehin über Tag im Flugmodus habe, habe ich wenigstens auf lautlos gestellt - das Gepiepe brauche ich zu keiner Zeit.

Aber ja, manche sind von den digitalen Medien wirklich getrieben und habe vermutlich Angst, etwas zu verpassen...

[Pilgerbär]

was komisch ist, weil ich eigentlich gerne etwas verpassen möchte. Mit "zuhause" haben wir feste Zeiten abgesprochen, ansonsten hole ich das SP gar nicht raus. Wir haben sogar extra einen kleinen Fotoapparat damit wir das Telefon gar nicht rausholen müssen.

Hilft aber nix beim Thema... Wo wir gerade so schön zusammen sitzen,- hat jemand den Digitalen via t-online.de laden können?

[Simsim]

So langsam schweifen wir vom Thema ab

Ja, es fing an mit Pooh's : "warum muss alles verappt werden?"

der digitale Pilgerpass....ich finde halt, dass diese ganze Entwicklung der immer weitergehenderen Digitalisierung nicht klar genug gesehen wird, in ihrer Auswirkung auf das menschliche Miteinander. So kam dann das Abschweifen vom konkreten Pilgerpass.