Wunder der Natur erkennen. Schweigen. Jakobsweg meditieren.

Allgemeine Diskussionen zur Pilgerei und ihrer Geschichte
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calixtinusII
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Wunder der Natur erkennen. Schweigen. Jakobsweg meditieren.

Beitrag von calixtinusII »

Corona. Zeit der Reflektion. Dazu ein Text des Hl. Rafael Arnáiz Barón, Zisterziensermönch, Mystiker, geb. 1911 in Burgos, gest. 1938 in Palencia:

„Gott ist in allem, aber dieses alles ist nicht Gott. Die Menschen, die daran gewöhnt sind, den Schöpfer in den unscheinbarsten Dingen der Schöpfung zu erkennen, in den Wundern der Natur, in der Harmonie des Introitus einer hl. Messe oder im Herzen eines Menschen, empfinden zweifellos tiefe Freude an Gott, und Gott bedient sich recht häufig all dessen, um eine schlafende Seele aufzuwecken!
Dass die Seele Gott tatsächlich sieht, daran zweifelt niemand; aber es geschieht auf unvollkommene Weise; denn bevor sie die Landschaft erkennt, hat sich ihr Blick mit dem Nebel aufgehalten oder auch mit einem Insekt oder mit der Sonne, einem Musikstück oder mit der Großartigkeit eines Herzens. …
Wie deutlich erkennt man schließlich, dass es in der totalen Einsamkeit ist, in der man Gott wirklich findet! Wie groß ist Seine Barmherzigkeit, wenn sie, indem sie uns über alles Geschaffene hinwegblicken lässt, uns in diese unendlich weite Ebene versetzt, wo es weder Steine noch Bäume, weder Himmel noch Sterne gibt, in diese Ebene, die kein Ende hat, wo es keine Farben gibt, wo nicht einmal Menschen anzutreffen sind, wo nichts ist, was die Seele von Gott ablenken könnte!“

Wer mehr über diesen spanischen Heiligen lesen will, bitte hier nachschlagen: https://www.heiligenlexikon.de/Biograph ... _Baron.htm
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beliperegrina
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Re: Wunder der Natur erkennen. Schweigen. Jakobsweg meditieren.

Beitrag von beliperegrina »

Hallo, CalixtinusII,

danke für den schönen Text. Mir gefällt die Idee, solche Texte zu teilen. Deshalb möchte ich euch hier dieses Gedicht schicken, das ich vor einer Woche auf dem Moselcamino an einem Baum gefunden habe (hoffentlich klappt es mit dem Bild-Hochladen, denn das das mache ich zum ersten Mal):
Bild

Allen einen guten Weg,

Beliperegrina
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Uti
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Re: Wunder der Natur erkennen. Schweigen. Jakobsweg meditieren.

Beitrag von Uti »

beliperegrina hat geschrieben: 15. Okt 2020, 11:25 (hoffentlich klappt es mit dem Bild-Hochladen, denn das das mache ich zum ersten Mal):
Bild
Leider nicht :(
Jedes Gehen auf unvertrauten Wegen ist eine Reise ins Vertrauen.
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beliperegrina
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Re: Wunder der Natur erkennen. Schweigen. Jakobsweg meditieren.

Beitrag von beliperegrina »

Schade!
Na, dann tippe ich den Text halt kurz ab:

"Es ist der Wald wie eine Kirche,
drum geh mit Andacht Du hinein.
Dort singen Vögel fromme Liede.
Mit Deinem Gott bist Du allein.

Dort schau Dich um ringsum im Kreise,
wo stolz die Waldriesen steh’n.
Du wirst die Allmacht Deines Gottes
an jedem Baum und Strauche seh’n.

Du wirst versteh’n der Bäume Lispeln,
der Vögel Stimmen ringsumher.
Es liegt im Wald ein tiefer Zauber,
es stärkt das Herz, wenn es Dir schwer.

Es steh’n die Tore allezeit offen
zu diesem Dom im duftig’n Hain.
Kannst weinen, beten dort und hoffen,
und auch vergessen, tritt nur ein!"

Quelle unbekannt, gesehen auf dem Moselcamino, von Klausen nach Schweich

BC
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beliperegrina
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Re: Wunder der Natur erkennen. Schweigen. Jakobsweg meditieren.

Beitrag von beliperegrina »

Ein neuer Versuch:

Gedicht

Uff, bin gespannt!!
Lieber Uwe, super, dir ein herzliches Dankeschön!! :)

Anmerkung v. 13.11.2020:
Ich habe die Quelle gefunden: Georg Graf zu Münster (1776-1844): Die Kirche der Natur.
Das Gedicht hat noch 2 weitere Strophen, siehe z.B. https://www.mumag.de/gedichte/mue_g.html
Zuletzt geändert von beliperegrina am 13. Nov 2020, 16:25, insgesamt 1-mal geändert.
wanderer
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Re: Wunder der Natur erkennen. Schweigen. Jakobsweg meditieren.

Beitrag von wanderer »

@Beliperegrina
Stimmt nicht , es ist nicht auf dem Moselcamino sondern auf dem Eifelcamino !!!!!!!!! :D
Auch ich war dort vor ner Woche unterwegs , allerdings von Andernach nach Trier und auch mich hat dieses Schild/Text berührt. Hab eins von drei Fotos in 7 Tagen davon gemacht !
Ja es war hinter Klausen und somit kommen sowohl Pilger auf dem Moselcamino wie auch des Eifelcaminos dran vorbei . :)
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Hobbypilger
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Re: Wunder der Natur erkennen. Schweigen. Jakobsweg meditieren.

Beitrag von Hobbypilger »

calixtinusII hat geschrieben: 14. Okt 2020, 15:45 Corona. Zeit der Reflektion. Dazu ein Text des Hl. Rafael Arnáiz Barón, Zisterziensermönch, Mystiker, geb. 1911 in Burgos, gest. 1938 in Palencia:
…....................................
Wie deutlich erkennt man schließlich, dass es in der totalen Einsamkeit ist, in der man Gott wirklich findet! Wie groß ist Seine Barmherzigkeit, wenn sie, indem sie uns über alles Geschaffene hinwegblicken lässt, uns in diese unendlich weite Ebene versetzt, wo es weder Steine noch Bäume, weder Himmel noch Sterne gibt, in diese Ebene, die kein Ende hat, wo es keine Farben gibt, wo nicht einmal Menschen anzutreffen sind, wo nichts ist, was die Seele von Gott ablenken könnte!“
Hallo, CalixtinusII,

ich meine jeder Mensch hat seine eigene Sichtweise und ich selbst sehe eher etwas Großes darin, die Natur bewusst zu sehen und das Miteinander der Menschen bewusst zu erleben.

Selbst bin ich im Sinn der Bibel oder anderer Schriften nicht gläubig. Trotzdem meine ich, dass der in den Schriften beschriebe Gott eher bei dem Miteinander zu suchen und zu finden ist. Würden sonst gemeinsame Gottesdienste Sinn machen?

Besonders im Frühjahr oder Herbst werden uns die Wunder der Natur eindrucksvoll vor Augen geführt.

Rafael Arnáiz Barón mag für sich eine richtige Aussage treffen, generell irrt er jedoch. Ist es nicht geradezu anmaßend, nicht zu denken, nicht zu fühlen, alles auszuschalten, um Gott zu treffen? Ist diese „Denkweise“ nicht eher dazu angetan Menschen vom Glauben abfallen zu lassen?

Es würde mich interessieren wer eine ähnliche Meinung wie Rafael Arnáiz Barón hat.

Egal ob Moselcamino oder Eifelcamino, der dort zu findende Text macht für mich Sinn und entspricht dem wahren Leben.

Ciao
Detlef
Sept. 2018 Camino Francés (SJPdP - Santiago)
März 2020 Camino del Norte (Bilbao - Santander, Abbruch wegen fehlender Übernachtungsmöglichkeiten bis Santiago)
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Simsim
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Re: Wunder der Natur erkennen. Schweigen. Jakobsweg meditieren.

Beitrag von Simsim »

Ein Versuch einer Antwort für Detlef:

Die Mystik sucht die reine Gotteserfahrung und die Wege dorthin sind radikal.
Da geht es nicht um Meinungen, Recht haben oder irren, wahr oder unwahr.

Mystiker beschreiben ähnliche Erfahrungen und sind motiviert von einer intensiven Sehnsucht, der Quelle allen Seins, also auch der Quelle aller Schönheit, aller Verbindung zwischen Menschen, aller Kunst u.s.w. DIREKT zu begegnen.
In allen mystischen Traditionen existiert dafür der Weg der Askese und der Einsamkeit, auch der Entzug von Sinnesreizen.

Für die wenigsten Menschen ist das nachvollziehbar und die Vorstellung kann sogar bedrohlich wirken.
Aber ein Mensch, der von dieser Sehnsucht berührt ist, kann keinen anderen Weg mehr gehen, denn nichts in der Welt kann noch Erfüllung bringen.

Ich kann übrigens auch aus eigener Erfahrung sagen (und das weit jenseits des Lebens einer Mystikerin), dass ich in Momenten von tiefster Verzweiflung oder schlimmer noch, völliger Taubheit, die intensivsten Erfahrungen von der unerklärlichen Präsenz Gottes gemacht habe.....und das waren die Momente, in denen ich die MystikerInnen irgendwie verstehen zu können glaubte.
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Simsim
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Re: Wunder der Natur erkennen. Schweigen. Jakobsweg meditieren.

Beitrag von Simsim »

Ich wollte sagen " für die meisten Menschen ist das NICHT nachvollziehbar "

habe das wichtige Wort "nicht " in meinem Satz vergessen, sorry
calixtinusII
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Re: Wunder der Natur erkennen. Schweigen. Jakobsweg meditieren.

Beitrag von calixtinusII »

Ich danke Simsin für die gute Erklärung. Vielleicht hatte sich ja der Hl. Rafael Arnáiz Barón mit den Schriften eines der größten Mystiker aller Zeiten beschäftigt, nämlich mit denen des mittelalterlichen Meister Eckhart. Mir liegen seine Büchlein Das Buch der göttlichen Tröstung wie seine Mystischen Schriften vor. Sein Grundgedanke ist, dass der wahre Trost allein in Gott zu finden sei, ein immerwährendes Bemühen um eine Vereinigung mit dem Göttlichen. An irgendeiner Stelle sagt er: Meine Seele zerschmolz und zerfloss, als die Liebe ihr Wort sprach: als sie einging, da musste ich hinschwinden. Das ist in der Tat harte Kost. Zu jeder Zeit haben sich gleichwohl Tief-Gläubige zu solchen Mystikern hingezogen gefühlt, eingedenk der Tatsache, dass sie sie wohl nie so richtig in Gänze verstehen werden, sehr wohl aber zu ihrer eigenen Glaubensvertiefung beitragen können; nicht mehr und nicht weniger.
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