Kleiner Erfahrungsbericht meiner Recherchereise auf dem Caminho Portugues vom 18.6. bis 01.07. 2020
Verfasst: 3. Jul 2020, 22:58
Kleiner Erfahrungsbericht meiner Recherchereise auf dem Caminho Portugues vom 18.6. bis 01.07. 2020
(Link zum PDF des Berichtes: http://camino-de-santiago.de/Reisebericht.pdf)
Hier nun mein kleiner, eher persönlicher Erfahrungsbericht meiner Recherchereise auf dem Caminho Portugues.
Ich bin dabei ca. 200 km in Portugal gelaufen und zwar zuerst auf dem zentralen Weg und dann auf dem Küstenweg. In Spanien habe ich dieses Jahr lediglich die neuen Herbergen besichtigt, da ich den Weg schon letztes Jahr gesehen habe. Es mag sein, dass die offiziellen Regelungen für die Herbergen, Restaurants, öffentliche Plätze.... anders lauten - aber so habe ich die Praxis auf dem Weg selber erlebt.
Anreise
Die Züge der DB waren kaum voll ... einige Fahrgäste und auch die Schaffnerin schlampten (deshalb) etwas mit dem Gebrauch der Maske.
Die S-Bahn in München war recht voll, da hatte ich dann kein so gutes Gefühl, obwohl die Leute alle Maske trugen. Bei der S-Bahn zum Flughafen war dann aber sehr wenig los.
Im Flughafen München ging die Abfertigung noch schneller voran als sonst, obwohl ich wegen Corona schon 2,5 Stunden vor Abreise dort sein sollte. Im Flughafen war es sehr leer - also kein Problem bei der Abfertigung und noch weniger beim Abstandhalten.
Der Lufthansaflug war bis zum letzten Platz voll - also keine freien Platz zwischen den Fluggästen. Alle hatten aber eine Maske auf, was auch streng kontrolliert wurde und die Lüftung war gut an, sodass ich mich recht sicher fühlte. Aufstehen vom Platz war zu keiner Zeit wirklich erwünscht - höchstens man ging zur Toilette. Zu essen gab es nur einen guten Keks und Getränke. Insgesamt war das Tragen der Maske hier kein Problem, da man ja ruhig saß und so langsam atmete. Der Flug war für mich deshalb durchaus erträglich.
Beim Ausgang vom Sicherheitsbereich im Flughafen von Porto wurden die Fluggäste wohl mit einem Infrarotscanner auf die Körpertemperatur gescannt. Da ich eine Mütze aufhatte, ließ dies wohl den Verdacht aufkommen, ich wolle damit evtl. Fieber verbergen. Also wurde ich dann nochmal extra ohne Mütze gescannt, was in 10 Sekunden erledigt war. Die S-Bahn vom Flughafen in die Stadt war mäßig voll und die Leute trugen alle diszipliniert die Gesichtsmaske.
Herbergen
Ich habe ohne Probleme Unterkünfte gefunden. Meist kam ich hier alleine in einem Zimmer unter. Nur einmal übernachtete ich zusammen mit zwei weiteren Pilgern mit einem Sicherheitsabstand von mehr als 2 Metern. Meinen Schlafsack habe ich selten gebraucht, da es meist frisch gewaschene Decken gab. Die Küche konnte ich in der Regel benutzen. Die Hygieneregeln waren dabei verschieden streng. Im strengsten Fall wies man uns persönliches Besteck und Teller zu und bat uns das dann stehen zu lassen, damit es dann vom Hospitalero mit über 65 °C in der Spülmaschine gewaschen werden kann. Es ist allerdings nicht klar, ob die Küchen geschlossen werden, wenn mehr Pilger kommen oder die Regeln dann verschärft werden müssen. Der Rucksack und die Schuhe sollen besonders dann, wenn viel Pilger in der Herberge sind, möglichst in einem großen Müllsack gesteckt und/oder in einem Vorraum gelagert werden. Beim Eintreten wird man gelegentlich gebeten mit dem bereitstehenden Gel die Hände zu desinfinzieren.
Wenn man in den Herbergen herumläuft und dort mehr als 2 bis 3 Pilger unterwegs sind, wird meist die Maske getragen. Wenn man sich dann hinsetzt, um zu essen oder sich zu unterhalten, wird dann in der Regel die Maske abgenommen und man hält dann eben konsequent mindestens 1,5 m Abstand. Was die Disziplinauffassung der Hospitaleros hinsichtlich der Hygiene angeht, ist da so wie auch hierzulande alles von "lässig" bis "pedantisch" vertreten, wobei sich nach meinem Empfinden die meisten Hospitaleros in einem gesunden Bereich des Mittelmaßes bewegten. Das gleich galt auch für die Pilger. Überall stehen Spender mit Desinfektionsmittel bereit. Einige Herbergen verteilen sogar kostenlose Gesichtsmasken und Einweghandschuhe. Die Preise für die Übernachtung waren selten erhöht und wenn dann um höchstens 2 €.
Unterwegs
Die Begegnung mit den Leuten des Landes war in der Regel wie gewohnt freundlich. Einige brauchten nach der langen Zeit der Abwesenheit von Pilgern einige Sekunden Extra-Reaktionszeit, bis sie dann wieder mit "Bon Camino" grüßten. Nicht wenige freuten sich sichtlich, dass wohl wieder die ersten Pilger unterwegs waren. Bei nur wenigen habe ich sowas wie eine besondere Vorsicht vermuten können. So z.B. in einem Bus und einer Bar, in der die Plätze neben mir frei blieben (...was aber auch ein Zufall gewesen sein konnte den man nicht so deuten muss). Niemals ist man mir aber ablehnend oder feindselig begegnet und ich habe auch nichts dergleichen von anderen Pilgern vernommen.
In den Läden und beim Eintritt in die Bars und Restaurants wird gewöhnlich ebenso wie in den Zügen und Bussen eine Gesichtsmaske getragen. Um so zentraler und voller die Örtlichkeiten sind, um so strenger wird diese Regel auch eingehalten. In den kleinen Bars und Läden der Dörfer ist man hier gelegentlich (noch) etwas sehr entspannt und lässt da die Disziplin noch etwas schleifen. Auf dem Land und am Strand wird nur selten oder nie Maske getragen und wenn, dann von wenigen meist älteren Personen. In den belebten Stadtzentren wird öfters Maske getragen, wobei dies m.E. in Spanien häufiger geschieht als in Portugal. Streng kontrolliert wurde dies aber nach meiner Erfahrung nur an einer Stelle - nämlich auf dem belebten Wochenmarkt von Ponte de Lima, wo sich die Leute wirklich über einen größeren Bereich drängten und das Tragen der Maske dann auch von der Polizei kontrolliert wurde. Fazit: Insgesamt hatte ich den Eindruck, dass es hier mit einem gesunden Maß und Menschenverstand zuging und daher fühlte ich mich mit sehr wenigen Ausnahmen durchaus sicher.
Versorgung mit Läden und Restaurants
Die normalen Restaurants und Lebensmittelläden der örtlichen Bevölkerung sind fast alle geöffnet. An den touristischen Orten wie den Stränden und den Touristenzentren ist dies nicht der Fall. Hier waren so ca. 50 % der Lokale geöffnet und diese meist auch nur höchstens zu 40 % voll. In den touristischen Zentren wie der Altstadt von Valenca waren fast alle touristischen Restaurants geschlossen - aber verhungern musste man dennoch nicht, da ja die landesüblichen Bars und Kantinen geöffnet waren.
Heimreise
Die Abfertigung im Flughafen von Porto war problemlos und entspannt. Der Flug von Ryanair war nur mit 11 Erwachsenen und 2 Kindern belegt. Die Fluggäste wurden eingeladen, die geräumigeren Sitzplätze am Notausgang ohne Extrakosten zu belegen.... alles sehr entspannt. Aber das Mikrowellen-Menü für 10 € Extra war kein wirklich würdiger kulinarischer Ausklang.
Pilgerstimmung und Resümee
Kein Jakobsweg ist wie der andere und so auch dieser... Ich habe auf dem Weg ca. 10 Pilger getroffen. Vom Pilgeranfänger bis zum alten Caminohasen. Ein Italiener, der am 3. Tag seiner Pilgerreise erfuhr, dass seine Frau nun endlich schwanger ist. Ein lesbisches Paar, das sich auf dem Camino kennen lernte und das dort nun sein 10-jähriges Jubiläum feierte, ein Franzose, der zwei Monate davor selbst mittelschwer an Corona erkrankt war, ein Reisejounalist, der über Corona auf dem Jakobsweg berichten möchte und ein Wissenschaftsjournalist, der ganz im Gegenteil Abstand von seinem Alltag als Coronaexperte suchte..... Auch wenn wir stets den geforderten körperlichen Abstand wahrten, waren die Gespräche zwischen den Pilger und Hospitaleros gut und offen und das Problem "Corona" verband uns m.E. mehr, als dass es uns trennte ... ich denke, es war für alle ein wertvoller Weg.
Achtung: Auf dem "historischen Pflaster", das auf dem Weg an verschiedenen Stellen noch sichtbar ist kann man, wenn man zu sehr in Gedanken versunken ist, durchaus stolpern und sich dabei richtig gut wehtun, wie ich diesmal selber hautnah erfahren durfte. Vorsicht: In Porto gibt es freche Möven, die Übung darin haben, Touristen und Pilgern von hinten kommend die halbe Fischsemmel aus der Hand zu reißen!
Und natürlich auch: Mit Corona ist sicher nicht zu spaßen, auch wenn m.E. kein Grund zur Panik besteht!
Bon Camino!
Euer
Raimund
(Link zum PDF des Berichtes: http://camino-de-santiago.de/Reisebericht.pdf)
Hier nun mein kleiner, eher persönlicher Erfahrungsbericht meiner Recherchereise auf dem Caminho Portugues.
Ich bin dabei ca. 200 km in Portugal gelaufen und zwar zuerst auf dem zentralen Weg und dann auf dem Küstenweg. In Spanien habe ich dieses Jahr lediglich die neuen Herbergen besichtigt, da ich den Weg schon letztes Jahr gesehen habe. Es mag sein, dass die offiziellen Regelungen für die Herbergen, Restaurants, öffentliche Plätze.... anders lauten - aber so habe ich die Praxis auf dem Weg selber erlebt.
Anreise
Die Züge der DB waren kaum voll ... einige Fahrgäste und auch die Schaffnerin schlampten (deshalb) etwas mit dem Gebrauch der Maske.
Die S-Bahn in München war recht voll, da hatte ich dann kein so gutes Gefühl, obwohl die Leute alle Maske trugen. Bei der S-Bahn zum Flughafen war dann aber sehr wenig los.
Im Flughafen München ging die Abfertigung noch schneller voran als sonst, obwohl ich wegen Corona schon 2,5 Stunden vor Abreise dort sein sollte. Im Flughafen war es sehr leer - also kein Problem bei der Abfertigung und noch weniger beim Abstandhalten.
Der Lufthansaflug war bis zum letzten Platz voll - also keine freien Platz zwischen den Fluggästen. Alle hatten aber eine Maske auf, was auch streng kontrolliert wurde und die Lüftung war gut an, sodass ich mich recht sicher fühlte. Aufstehen vom Platz war zu keiner Zeit wirklich erwünscht - höchstens man ging zur Toilette. Zu essen gab es nur einen guten Keks und Getränke. Insgesamt war das Tragen der Maske hier kein Problem, da man ja ruhig saß und so langsam atmete. Der Flug war für mich deshalb durchaus erträglich.
Beim Ausgang vom Sicherheitsbereich im Flughafen von Porto wurden die Fluggäste wohl mit einem Infrarotscanner auf die Körpertemperatur gescannt. Da ich eine Mütze aufhatte, ließ dies wohl den Verdacht aufkommen, ich wolle damit evtl. Fieber verbergen. Also wurde ich dann nochmal extra ohne Mütze gescannt, was in 10 Sekunden erledigt war. Die S-Bahn vom Flughafen in die Stadt war mäßig voll und die Leute trugen alle diszipliniert die Gesichtsmaske.
Herbergen
Ich habe ohne Probleme Unterkünfte gefunden. Meist kam ich hier alleine in einem Zimmer unter. Nur einmal übernachtete ich zusammen mit zwei weiteren Pilgern mit einem Sicherheitsabstand von mehr als 2 Metern. Meinen Schlafsack habe ich selten gebraucht, da es meist frisch gewaschene Decken gab. Die Küche konnte ich in der Regel benutzen. Die Hygieneregeln waren dabei verschieden streng. Im strengsten Fall wies man uns persönliches Besteck und Teller zu und bat uns das dann stehen zu lassen, damit es dann vom Hospitalero mit über 65 °C in der Spülmaschine gewaschen werden kann. Es ist allerdings nicht klar, ob die Küchen geschlossen werden, wenn mehr Pilger kommen oder die Regeln dann verschärft werden müssen. Der Rucksack und die Schuhe sollen besonders dann, wenn viel Pilger in der Herberge sind, möglichst in einem großen Müllsack gesteckt und/oder in einem Vorraum gelagert werden. Beim Eintreten wird man gelegentlich gebeten mit dem bereitstehenden Gel die Hände zu desinfinzieren.
Wenn man in den Herbergen herumläuft und dort mehr als 2 bis 3 Pilger unterwegs sind, wird meist die Maske getragen. Wenn man sich dann hinsetzt, um zu essen oder sich zu unterhalten, wird dann in der Regel die Maske abgenommen und man hält dann eben konsequent mindestens 1,5 m Abstand. Was die Disziplinauffassung der Hospitaleros hinsichtlich der Hygiene angeht, ist da so wie auch hierzulande alles von "lässig" bis "pedantisch" vertreten, wobei sich nach meinem Empfinden die meisten Hospitaleros in einem gesunden Bereich des Mittelmaßes bewegten. Das gleich galt auch für die Pilger. Überall stehen Spender mit Desinfektionsmittel bereit. Einige Herbergen verteilen sogar kostenlose Gesichtsmasken und Einweghandschuhe. Die Preise für die Übernachtung waren selten erhöht und wenn dann um höchstens 2 €.
Unterwegs
Die Begegnung mit den Leuten des Landes war in der Regel wie gewohnt freundlich. Einige brauchten nach der langen Zeit der Abwesenheit von Pilgern einige Sekunden Extra-Reaktionszeit, bis sie dann wieder mit "Bon Camino" grüßten. Nicht wenige freuten sich sichtlich, dass wohl wieder die ersten Pilger unterwegs waren. Bei nur wenigen habe ich sowas wie eine besondere Vorsicht vermuten können. So z.B. in einem Bus und einer Bar, in der die Plätze neben mir frei blieben (...was aber auch ein Zufall gewesen sein konnte den man nicht so deuten muss). Niemals ist man mir aber ablehnend oder feindselig begegnet und ich habe auch nichts dergleichen von anderen Pilgern vernommen.
In den Läden und beim Eintritt in die Bars und Restaurants wird gewöhnlich ebenso wie in den Zügen und Bussen eine Gesichtsmaske getragen. Um so zentraler und voller die Örtlichkeiten sind, um so strenger wird diese Regel auch eingehalten. In den kleinen Bars und Läden der Dörfer ist man hier gelegentlich (noch) etwas sehr entspannt und lässt da die Disziplin noch etwas schleifen. Auf dem Land und am Strand wird nur selten oder nie Maske getragen und wenn, dann von wenigen meist älteren Personen. In den belebten Stadtzentren wird öfters Maske getragen, wobei dies m.E. in Spanien häufiger geschieht als in Portugal. Streng kontrolliert wurde dies aber nach meiner Erfahrung nur an einer Stelle - nämlich auf dem belebten Wochenmarkt von Ponte de Lima, wo sich die Leute wirklich über einen größeren Bereich drängten und das Tragen der Maske dann auch von der Polizei kontrolliert wurde. Fazit: Insgesamt hatte ich den Eindruck, dass es hier mit einem gesunden Maß und Menschenverstand zuging und daher fühlte ich mich mit sehr wenigen Ausnahmen durchaus sicher.
Versorgung mit Läden und Restaurants
Die normalen Restaurants und Lebensmittelläden der örtlichen Bevölkerung sind fast alle geöffnet. An den touristischen Orten wie den Stränden und den Touristenzentren ist dies nicht der Fall. Hier waren so ca. 50 % der Lokale geöffnet und diese meist auch nur höchstens zu 40 % voll. In den touristischen Zentren wie der Altstadt von Valenca waren fast alle touristischen Restaurants geschlossen - aber verhungern musste man dennoch nicht, da ja die landesüblichen Bars und Kantinen geöffnet waren.
Heimreise
Die Abfertigung im Flughafen von Porto war problemlos und entspannt. Der Flug von Ryanair war nur mit 11 Erwachsenen und 2 Kindern belegt. Die Fluggäste wurden eingeladen, die geräumigeren Sitzplätze am Notausgang ohne Extrakosten zu belegen.... alles sehr entspannt. Aber das Mikrowellen-Menü für 10 € Extra war kein wirklich würdiger kulinarischer Ausklang.
Pilgerstimmung und Resümee
Kein Jakobsweg ist wie der andere und so auch dieser... Ich habe auf dem Weg ca. 10 Pilger getroffen. Vom Pilgeranfänger bis zum alten Caminohasen. Ein Italiener, der am 3. Tag seiner Pilgerreise erfuhr, dass seine Frau nun endlich schwanger ist. Ein lesbisches Paar, das sich auf dem Camino kennen lernte und das dort nun sein 10-jähriges Jubiläum feierte, ein Franzose, der zwei Monate davor selbst mittelschwer an Corona erkrankt war, ein Reisejounalist, der über Corona auf dem Jakobsweg berichten möchte und ein Wissenschaftsjournalist, der ganz im Gegenteil Abstand von seinem Alltag als Coronaexperte suchte..... Auch wenn wir stets den geforderten körperlichen Abstand wahrten, waren die Gespräche zwischen den Pilger und Hospitaleros gut und offen und das Problem "Corona" verband uns m.E. mehr, als dass es uns trennte ... ich denke, es war für alle ein wertvoller Weg.
Achtung: Auf dem "historischen Pflaster", das auf dem Weg an verschiedenen Stellen noch sichtbar ist kann man, wenn man zu sehr in Gedanken versunken ist, durchaus stolpern und sich dabei richtig gut wehtun, wie ich diesmal selber hautnah erfahren durfte. Vorsicht: In Porto gibt es freche Möven, die Übung darin haben, Touristen und Pilgern von hinten kommend die halbe Fischsemmel aus der Hand zu reißen!
Und natürlich auch: Mit Corona ist sicher nicht zu spaßen, auch wenn m.E. kein Grund zur Panik besteht!
Bon Camino!
Euer
Raimund