Gibt es ein Sicherheitsrisiko in Provinz und Vorstädten?

Auf den Spuren des Franz von Assisi und auf anderen Wegen in die ewige Stadt
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Matt Merchant
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Gibt es ein Sicherheitsrisiko in Provinz und Vorstädten?

Beitrag von Matt Merchant »

Liebe italien-erfahrene MitpilgerInnen,

bislang war ich nur in Deutschland, Frankreich und Spanien unterwegs, liebäugle aber schon länger mit dem Traum, in den kommenden Jahren den Sprung nach Italien zu wagen. Mein Plan ist, über Verona/Vicenza nach Bologna zu gelangen und dort den Anschluss an die 'Via degli Dei' sowie den Franziskusweg zu bekommen. Das reizt mich mehr als die klassische 'Francigenia'.
Aber bei diesem Plan gilt es ja, auch über 150 Kilometer Distanz die Po-Ebene und einige Vorstädte zu durchqueren, die nicht typische Pilgerrouten sind. So komme ich zu meiner Frage und bitte um Eure Erfahrungsberichte:

Ist es in Italien gefährlicher und riskanter als anderswo, zu pilgern? Ich frage deshalb, weil es ja vor allem für Süditalien handfeste Sicherheitswarnungen vor dem Betreten von Vorstädten gibt: Beispielsweise wäre das Bepilgern krimineller neapolitanischer Vororte wie Secondigliano, Scampia oder Casale di Principe lebensmüde, wenn ich den Berichten glauben schenke... Ähnliches berichtete ein befreundeter römischer Austauschstudent, dem vor einigen Jahren in Rom von ein paar Schlägertypen das Smartphone abgenommen wurde.

Nüchtern betrachtet: Wie schätzt ihr das ein oder habt das erfahren? Ist Italien riskanter als die anderen Länder? Gibt es Spielregeln zu betrachten? Oder darf ich als Pilger einfach, wie gewohnt gottesfürchtig drauflosmarschieren?

Ich danke Euch für einen Tipp - und freue mich natürlich, sofern ich falsch liege!
Matthias
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Via2010
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Re: Gibt es ein Sicherheitsrisiko in Provinz und Vorstädten?

Beitrag von Via2010 »

Hallo Matt,

in Italien gibt es auch einen Zubringerweg Richtung Santiago, der grob gesagt aus dem Raum Venedig/Triest südlich des Gardasees über Cremona/Piacenza und dann eben weiter Richtung Genua, Südfrankreich verläuft. Nähere Infos dazu findest Du auf italienischen Websites, z. B. "pellegrini belluno". Mit Nutzung dieser Querverbindung hättest Du die Möglichkeit, über ein kleines Stück Via Francigena Richtung Bologna weiterzulaufen und bräuchtest nicht selbst eine möglicherweise gefährliche Route planen.

Dessen ungeachtet solltest Du Italienisch lernen, zumindest Niveau A1, da telefonische Reservierung der Unterkünfte erforderlich ist.

BC
Alexandra
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Shabanna
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Re: Gibt es ein Sicherheitsrisiko in Provinz und Vorstädten?

Beitrag von Shabanna »

Hey Matt,

warum nicht den Cammino Sant'Antonio nehmen? Der geht von Padua nach Bologna bis La Verna, wo du direkt auf den Franziskusweg einschwenken kannst. Und auch wenn du aus irgendeinem Grund in Venedig loslaufen willst, gibt's einen Weg, der dich in zwei Etappen rüber nach Padua bringt.

Gertrud meldet sich bestimmt noch, die kennt den Weg wie ihre Westentasche :)

LG,
Andrea
No creo en casi nada que no salga del corazón.
(Fito Páez)

http://und-die-haare-im-wind.blogspot.com
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Harinjo
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Re: Gibt es ein Sicherheitsrisiko in Provinz und Vorstädten?

Beitrag von Harinjo »

Matt Merchant hat geschrieben: 1. Jul 2020, 14:15 Ist es in Italien gefährlicher und riskanter als anderswo, zu pilgern?

Wie schätzt ihr das ein oder habt das erfahren? Ist Italien riskanter als die anderen Länder?
Matt, wie kommst du nur darauf? Die Italiener sind ein sehr gastfreundliches und liebenswertes Volk. Wenn man selbst freundlich und offen ist kommt das auch so zurück. Ich bin jedes Jahr mindestens 2-3 mal dort. In allen möglichen Regionen und Städten und dabei hatte ich noch nie das Gefühl das es dort gefährliche wäre als bei uns. Natürlich hast du nie eine Garantie, passieren kann immer und überall was....

Und gerade beim Pilgern bist du in Gegenden unterwegs wo sich Fuchs und Hase Gute Nacht sagen. Das Italienische Hinterland, ohne große Touristenströme, ist sowieso ein Traum.

Hier könntest ein paar Bilder vom Franziskusweg: La Verna nach Assisi anschauen: http://www.caminosantiago.eu/pilgerforu ... ssisi.337/

Pace e Bene
Harry
Camino Frances 2013, Leonhardsweg 2013, Camino Frances 2014, Camino Portugues 2015, Johannesweg 2015, Camino Frances 2017, Via di Francesco 2018, Josefweg 2019, Camino Portugues 2019, Voie de Vezelay 2022
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Matt Merchant
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Re: Gibt es ein Sicherheitsrisiko in Provinz und Vorstädten?

Beitrag von Matt Merchant »

Danke für Eure Tipps und Rückmeldung.
Die von Dir, Andrea, genannte Route werde ich mir wirklich einmal genauer anschauen, denn sie könnte meine Planung ideal ergänzen:
Ich spiele halt langfristig mit dem Gedanken, über den Brenner zu pilgern und ab Rovereto über den Pasubio zu laufen, um dort die Weltkriegsschauplätze, namentlich die berühmte Tunnelstrecke der 'Strada delle 52 Gallerie' kennenzulernen. Dann Abstieg über Schio und Vicenza - und da läge der 'Cammino Sant'Antonio' ja tatsächlich direkt vor der Nase... Danke für den Tipp!!
Matt, wie kommst du nur darauf?
Lieber Harry, tatsächlich liest man doch immer wieder in durchaus seriösen Feuilletons, man solle namentlich die Vorstädte Neapels sowie einige durch die Mafia-Romantik in Film und Literatur berühmt-berüchtigt gewordenen Dörfer Kampaniens und Siziliens meiden. Gut, PilgerInnen sind gewiss keine SensationstouristInnen, aber mich hat generell interessiert, inwieweit man solche Berichte als überzogen oder doch als realistisch werten muss... Hab' auf jeden Fall Dank für Deine Rückmeldung und vor allem die schönen Bilder. Ja, die bestärken mich, dass es nach Corona als Nächstes Richtung Assisi gehen soll!

Alles Liebe,
Matthias
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Camineiro
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Re: Gibt es ein Sicherheitsrisiko in Provinz und Vorstädten?

Beitrag von Camineiro »

Hallo Matthias,

worin begründet sich dieses (Dein) Unsicherheitsgefühl?

Wenn Du bis Assisi pilgern möchtest, kommst Du nicht mal an Rom vorbei.
Neapel ist ca. 350km Luftlinie von Assisi entfernt.
Sizilien noch viel weiter.

Als in Hamburg der G20-Gipfel mit viel Randale stattfand, hast Du Dich da auch gefragt,
ob Du in der Fußgängerzone von Trier oder Fulda gefahrlos Dein Eis essen kannst.

Passieren kann Dir überall was.
Ich würde bspw meine Hand nicht dafür ins Feuer legen,
nachts ungeschoren durch die örtliche Fußgängerzone meines Heimatortes zu kommen.
Dennoch wohne ich da.

Natürliche Wachsamkeit und auf das Bauchgefühl hören ... dann klappt‘s wahrscheinlich auch durch die Po-Ebene.
Du bist mit Gottes Segen unterwegs.
Nur Mut.

Ultreya
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Matt Merchant
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Re: Gibt es ein Sicherheitsrisiko in Provinz und Vorstädten?

Beitrag von Matt Merchant »

Danke für Deine optimistischen und motivierenden Worte.
worin begründet sich dieses (Dein) Unsicherheitsgefühl?
Der ganze Gedankengang und das flaue Bauchgefühl entwickelten sich beim heimischen Routen-Basteln: als ich den Franziskusweg studiert habe und mit der Frage verband, wie es wohl wäre, über Rom hinaus und weiter bis nach Neapel zu laufen, um auch Kloster Montecassino kennenzulernen und vielleicht sogar erst in Capri und/oder Ischia zu enden. Und beim Spielen mit den Navigations-Apps kam es dann tatsächlich so, dass mich die Routenplanung eiskalt durch die genannten Bandenkriminalitäts-Vororte Neapels navigieren würde... Da kam ich ins Grübeln :?

Aber ich nehme Deinen Impuls gerne zum Anlass, mit Gottvertrauen erstmal einen Schritt vor den anderen zu setzen. Und in diesem Jahr gibt's ja eh erstmal Wandern vor der Haustür...
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Gertrud
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Re: Gibt es ein Sicherheitsrisiko in Provinz und Vorstädten?

Beitrag von Gertrud »

Hallo Matthias,
wenn Du über den Brenner möchtest, empfehle ich Dir den Abt-Albert-von-Stade-Weg. Ich bin den 2018 von Innsbruck über den Brenner bis Padua nach dem Buch von Ferdinand Treml gelaufen.
Ab Padua dann den Cammino di Sant'Antonio nach der Beschreibung der Brüder aus Padua. Dieser Weg ist bestens ausgeschildert, sehr interessant und unterscheidet sich von der Treml-Beschreibung. Es waren absolut tolle Wege.

Zuvor bereits 2016 den Franziskusweg von Florenz über Assisi nach Rom. Letztes Jahr dann den Cammino di San Benedetto von Norcia nach Monte Cassino. Habe auf die andere Seite Italiens gewechselt und noch 100 km auf dem Erzengel-Michael-Weg gegangen. Und weil ich schon da unten war, anschließend die Städte Matera, Bari, Brindisi und Lecce besichtigt.

Alles alleine. Und nie, auch nicht ein einziges Mal gab es Situationen, die irgendwelche Befürchtungen, Unsicherheit, Ängste hervorgerufen hätten. Dann eher schon wegen der freilaufenden Hunde, besonders jene, die davon überzeugt waren, dass ich eines ihrer Schafe stehlen möchte.

Ich kann alles was geschrieben wurde nur bestätigen.

Grüße Gertrud
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Via Comitis
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Gibt es ein Sicherheitsrisiko in Provinz und Vorstädten?

Beitrag von Via Comitis »

Matt Merchant hat geschrieben: 1. Jul 2020, 14:15 ... über Verona/Vicenza nach Bologna zu gelangen und dort den Anschluss an die 'Via degli Dei' ... .
Hallo Matthias,

ich bin in 2006 von Bratislava nach Innsbruck gelaufen und weiter über den Brennerpass bis Florenz.

Ab Mantua gibt es einen schönen Weg dem Po-Fluss entlang bis Ferrara.

Die Route Via degli Dei von Bologna nach Florenz war dank der guten Markierung einfach zu finden.

Sofern es keinen Fuss-/Veloweg gibt, besteht gerade im Grossraum von Rom ein Sicherheitsrisiko durch den "italienischen Fahrstil". :evil:

Ansonsten ist Italien wirklich ein tolles Wanderparadies, auch südlich von Rom! :P

Gruss

Stefan :)
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