Pietro da Morrone (papa Celestino V) Mönch, Einsiedler, Papst
* um 1215 in Sant'Angelo Limosano bei Campobasso in den Abruzzen in Italien, † 19. Mai 1296 im Castello di Fumone bei Rom
»Mit zwölf Jahren trat der ohne Schulbildung aufgewachsene Bauernsohn Peter Angelerio ins Benediktinerkloster Santa Maria di Faifoli in Montagno bei Campobasso ein. Schon 1231 beschloss er, ein Leben als Einsiedler zu führen; ab 1235 lebte er in den Bergen an der Stelle der späteren Abtei Santo Spirito del Morrone bei Sulmona, nun nannte er sich Pietro de Morrone, 1246 zog er in die Einsiedelei Santo Spirito a Majella bei Roccamorice. Viele Gleichgesinnte folgten ihm und bildeten die Urzelle des Cölestinerordens, den Peter nach dem Vorbild der Zisterzienser organisierte. Er erwies sich als fähiger Leiter der Gemeinschaft und erwirkte viele Schenkungen, er erbaute eine Kirche, wurde Abt weiterer Klöster und gab seinem Orden eine straffe Organisation; der Orden breitete sich aus bis nach Rom und Apulien. Im Winter 1273/74 ging Peter zu Fuß nach Frankreich, um vor dem Zweiten Konzil von Lyon bei Papst Gregor X. die Anerkennung seiner Ordensgemeinschaft zu erbitten. Auf der Rückreise hatte Peter eine Vision, aufgrund der er die Kirche Santa Maria di Collemaggio in L'Aquila errichten ließ.
Trotz seiner Popularität - von mehreren wunderbaren Heilungen wird berichtet - blieb Peter ein unpolitischer, einfacher Bauernsohn mit starkem Hang zum Mystizismus. 1286 verzichtete er auf die Würden als Abt und Prior und lebte wieder als einfacher Eremit; dennoch hatte sich sein Ruf der Heiligkeit und des wirkungsvollen Organisators in der vatikanischen Kurie und am Königshof in Neapel verbreitet.
Noch während seiner Zeit als Einsiedler wurde Peter am 5. Juli 1294 in Perugia auf Betreiben des neapolitanischen Königs Karl II. von Anjou als fast 80-jähriger zum Papst gewählt; seine Wahl beendete harte Auseinandersetzungen im nur zwölfköpfigen Kardinalskollegium und eine zweijährige Vakatur. Als ihn die Nachricht von der Wahl erreichte, wollte er mit einem Mönchsbruder in die Wildnis fliehen. "Ich schaffe es nicht, mich selbst zu retten; wie soll ich da die ganze Welt retten?", soll er ausgerufen haben. Doch seine Anhänger umlagerten seine Zelle und überzeugten ihn: es sei eine Todsünde, die Wahl auszuschlagen. Am 28. Juli 1294 zog Peter - dem Beispiel Jesu Christi folgend - auf einem Esel in L'Aquila ein, wo er in seiner Kirche Santa Maria di Collemaggio gekrönt und geweiht wurde. Viele in der Menschenmenge meinten, die Wiederkunft Christi zu erleben - oder zumindest den Einzug des "Engelpapstes": dieser sollte nach den Verheißungen des Joachim von Fiore das Zeitalter des Heiligen Geistes einleiten und die Kirche in eine Epoche der Ruhe und des Glücks führen.
Doch Coelestin besaß keinerlei Erfahrungen auf dem Gebiet der Verwaltung der Kurie und ließ sich seine Politik schon bald vom neapolitanischen König Karl II. diktieren. Unter dessen Druck musste er im Oktober 1294 seinen Amtssitz an den Königshof im Castel Nuovo nach Neapel verlegen. Auch Coelestin war wohl durch Joachim von Fiores Einteilung der Zeitalter beeinflusst: im September 1294 ernannte er zwölf neue Kardinäle und unter ihnen viele Mönche - möglicherweise wollte er das verheißene Zeitalter des Heiligen Geistes und mönchischen Lebens einleiten. Gleichzeitig breitete sich in der Kirchenleitung Chaos und Korruption aus.
Coelestin bemerkte, dass es ihm nicht gelingen würde, die Kirche selbst zu führen. Sein Entschluss zur Abdankung wurde wohl auch durch Kardinal Benedikt Caëtani gefördert, der die Abdankungsurkunde verfasste - und als Papst Bonifatius VIII. schon nach elf Tagen Vakanz Coelestins Nachfolger wurde. Das Volk war entsetzt, als es von der Absicht des Kirchenfürsten erfuhr, sein Amt niederzulegen; vor dem päpstlichen Quartier versammelte sich eine Menschenmenge, die die Demission verhindern wollte. Coelestin verzichtete auf die Abdankung, aber sieben Tage später, am 13. Dezember 1294, war es soweit: Nachdem er die Frage nach der Möglichkeit einer Abdankung durch Erlass einer Konstitution darüber selbst beantwortet hatte, legte Coelestin vor dem Kardinalskollegium in Neapel die päpstlichen Insignien nieder, zog die prunkvollen Gewänder aus und streifte wieder seine Mönchskutte über.

Celestino V, der Engelspapst
Bonifatius VIII. wollte den Abgedankten unter Aufsicht haben, der aber floh auf dem Weg von Neapel nach Rom erst in seine alte Mönchszelle in der Abtei Santo Spirito del Morrone bei Sulmona, dann nach Apulien, von wo aus er nach Griechenland fliehen wollte; dort wurde er gefasst, gefangen genommen und im Juni 1295 zum neuen Papst nach Anagni gebracht. Um zu verhindern, dass die Anhänger Coelestins ein Schisma auslösten, hielt Bonifatius ihn bis ans Lebensende in der Festung Castello di Fumone bei Rom gefangen.
Den Cölestinerorden gliederte Papst Gregor X. 1275 in den Benediktinerorden ein. 1785 schloss das letzte Coelestinerkloster seine Pforten.
Coelestin war - bis zum Rücktritt von Papst Benedikt XVI. im Jahr 2013 - der einzige Papst der Kirchengeschichte, der auf eigenen Entschluss auf das Amt verzichtete. 1 Manche Interpreten halten ihn für einen heiligen Narren nach dem Urbild der Narren um Christi willen, andere loben sein Beispiel als das eines Kirchenfürsten ohne Machtambitionen, manche verbinden mit dem "Engelpapst" Endzeit-Spekulationen. Dante, der italienische Dichterfürst, verdammte den Coelestin ob seines "feigen Verzichts" in die Hölle.«
Quelle: Gemeinfrei - public domain • Joachim Schäfer - Ökumenisches Heiligenlexikon