Annkatrin hat geschrieben: ↑3. Mai 2020, 13:20
Nachdem ich in meinen alten Fotos,Unterlagen von den Wegen der Jakobspilger in Deutschland gestöbert habe, ist mir aufgegangen, dass das meine Art zu pilgern ist. Hier bin ich viel mehr bei mir, als auf dem CF wo so viele Pilger unterwegs sind.
Das kenn ich, Annkatrin. Als ich nach meinem langen Weg von daheim in Santiago angekommen war, hab ich oft gesagt: Es war alles genau richtig, so wie es war. Ich hab viel erlebt und nichts davon will ich missen. Aber die vielen Pilger auf dem letzten Abschnitt, das brauch ich nicht mehr.
Während ich bis etwa SJPdP das Gefühl hatte, jeder einzelne Pilger, ja, jeder Stein und jede Blume am Wegesrand haben sich in mein Herz geprägt und ich kann sie immer wieder hervorholen, wenn ich mich danach sehne, verschwimmen die Erinnerungen nach den Pyrenäen. Ja, doch, es gibt Bilder, Fragmente, als würde sich eine Kamera kurz scharf stellen, um dann wieder undeutliche, verwackelte Aufnahmen zu liefern. Ich glaube, ich wurde mehr nach Santiago gespült, als dass ich das Gefühl hatte, auf meinen eigenen kurzen Beinen zu gehen. Erde unter den Füßen spürte ich erst wieder vor der Kathedrale in Santiago, wo ich ganz allein, im strömenden Regen eingelaufen bin. Und dann war wichig: Finisterre und Muxia. Was bin ich dankbar, dass ich die Zeit dazu hatte und den Weg nicht hektisch verlassen musste.
Die Jahre darauf habe ich viele Wege gemacht, bin viel in Deutschland, Österreich, in der Schweiz und in Italien gelaufen. Alles war wundervoll. Für mich sind diese Wege kein Ersatz, keine zweite Wahl. Auch gibt es für mich nur wenig Unterschied zwischen Pilger- und Fernwanderwegen. Überall fühle ich mich geborgen, verbunden mit der Natur und mit den Schätzen am Wegesrand. Besondere Menschen hab ich getroffen. Auch die, die ich wieder verloren habe, waren wichtig.
Ja, und dann, irgendwann, ertappte ich mich dabei, wie mich die alten Bilder aus Santiago sehr rührten und - ich hab es auch hier immer mal wieder gespürt und geschrieben - ich wusste plötzlich: Ich will da wieder hin! Das Band war wohl stärker als gedacht.
Und dann kam nach einem chaotischen Sommer mit verschobenen Träumen im Oktober der Primitivo. Ich war unvorbereitet, fühlte mich von meinen eigenen Entscheidungen überrumpelt. Aber dieser Primitivo hat dann einfach gepasst wie Faust aufs Auge. Ich glaub, sowas gab's ganz selten in meinem Leben. Dass ich das Gefühl hatte, exakt zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein. Und das 14 Tage lang. Wir waren eine bunt zusammengewürfelte Truppe, alles andere als homogen. Ich glaube, keiner von uns hätte sich genau diese Mitpilger vorher gewünscht. Und trotzdem passte ein Puzzleteil zum anderen. Der Weg: anstrengend. Aber das war Asturien! Die perfekte Kulisse für unseren Film. Magie.
Tja. Sorry, bin ich abgeschwiffen?

Was ich sagen wollte: Irgendwann nach dem Primitivo war klar - ich bin back in da house. Einmal im Jahr Santiago muss sein. Aus welcher Richtung: Egal. Und dazwischen: Komme, was wolle.
LG,
Andrea