Pilgerbericht Westfälischer Jakobsweg

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PrinzKeksdose
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Pilgerbericht Westfälischer Jakobsweg

Beitrag von PrinzKeksdose »

Vom 12.09.2020 bis zum 18.09.2020 war ich auf dem Westfälischen Jakobswegs unterwegs.

Die Wegstrecke des Westfälischen Jakobswegs führt vom Dom St. Peter in Osnabrück über den Teutoburger Wald ins Münsterland und an den Hellweg in Dortmund. Dann wird die Ruhr passiert und man pilgert durchs Bergische Land über Wuppertal weiter zum Kölner Dom an den Rhein. Die Streckenlänge beträgt 262 km.

Mein Weg habe ich etwas kürzer gehalten. Gestartet bin ich am Paulusdom in Münster und an St. Maria Magdalena in Wuppertal-Beyenburg beendete ich meinen Weg. Die Wegstrecke betrug für mich ca. 136 km.

Meine Etappeneinteilung:

1. Münster – bis kurz hinter Rinkerode, ca. 21km, Wiese
2. kurz hinter Rinkerode – Werne, ca. 25km, Kapuzinerkloster gegen Spende
3. Werne – Dortmund-Brechten, ca. 22km, Wiese
4. Dortmund-Brechten – Dortmund-Hohensyburg, ca. 25km, Campingplatz
5. Lauffrei
6. Dortmund-Hohensyburg – kurz vor Gevelsberg, ca. 25km, Wiese
7. kurz vor Gevelsberg – Wuppertal-Beyenburg, 18km


Samstag 12.09. Münster – Rinkerode

Mein Startpunkt ist der Dom in Münster wo ich meinen ersten Stempel bekomme. Zur Mittagszeit findet ein Gottesdienst statt an dem ich teilnehme. Danach geht es auf den Markt. Einmal Backfisch mit Soße zur Stärkung und dann geht es los. Der Weg ist nicht besonders anspruchsvoll zu gehen. Alles sehr flach und eben. Leider geht es die meiste Zeit durch Wohngebiete und das ständige Zickzacklaufen ist doch sehr mühsam. Eine Alternative am Kanal entlang wäre zwar länger aber mit Sicherheit schöner zu gehen gewesen. So geht es langsam aus der Stadt heraus, am Hiltruper See entlang bis kurz hinter Rinkerode. In Wohngebieten habe ich kaum Möglichkeiten mein Zelt auszustellen. Daher laufe ich so weit bis ich die Wohnsiedlungen hinter mir lasse und es ländlicher wird. Auf einer Wiese kann ich mein Zelt aufstellen. Auch wenn tagsüber sommerliche Temperaturen herrschen merkt man abends, dass es langsam Herbst wird. Kurz nach acht bin ich bereits im Zelt da es fängt langsam an dunkel und feucht zu werden.

Sonntag 13.09. Rinkerode – Werne

Die erste Nacht im Zelt habe ich nicht sonderlich geschlafen. Von den Temperaturen her war es ok aber die Geräuschkulisse nervig. Von der einen Seite rauschte es durch eine Schnellstraße von der anderen hörte man Radfahrer bis spät in die Nacht. Erholsamer Schlaf sieht anders aus. Mein Weg geht weiter an Höfen vorbei. Es bleibt bei Teerwegen, Anbau- und Weideflächen, dazwischen immer wieder Häuser. Ich hätte es gerne etwas einsamer und mit mehr Natur. Im Münsterland sind viele Radfahrer unterwegs und so mancher hält für einen kleinen Plausch an. Diese Begegnungen finde ich immer bereichernd und informativ. Unter anderem bekam ich den Hinweis Wasser nie am Stall zu zapfen. Die Rohre sind oft alt, das Wasser abgestanden im schlimmsten Fall mit Bakterien verunreinigt. Daher lieber klingeln und sich frisches Wasser geben lassen. Bei steigenden Temperaturen um die 30 Grad ein wertvoller Hinweis. In Herbern mache ich Pause. Unterwegs fallen mir mehrere Personen, insbesondere Frauen auf, die lange Röcke tragen, ihr Haar bedecken und sehr schlicht gekleidet sind. Sie sehen fast ein wenig nach Mennoniten aus. Zu fragen traue ich mich nicht. Im Zentrum von Werne findet sich keine Möglichkeit mein Zelt aufzustellen. Aber ich habe Glück und komme bei den Kapuzinern unter die in einem separaten Haus Pilger gegen eine Spende aufnehmen. In Zeiten von Corona sind die Regeln strenger als sonst und außer mir kann kein weiterer Pilger aufgenommen werden.


Montag 14.09. Werne – Dortmund Brechten

Von Werne aus geht es weiter über Lünen bis Dortmund Brechten. Der Weg geht durch Wohngebiete, Parkanlagen und zwischendurch durch Waldgebiete. Sehenswert ist Schloss Cappenberg. Dortmund-Brechten ist das Gegenteil zum Stadtkern. Grün, ruhig und entspannend. Meine Etappe beende ich an der Kirche am Widumer Platz. Die Kirche ist umgeben von einer Wiese und kleinen schnuckeligen Häuschen. Bei einem Haus frage ich nach Wasser. Auf die Frage nach Wasser folgt eine Einladung zum Reibekuchenessen die ich nicht ausschlage. Meine Gastgeber erkundigen sich über meinen Pilgerweg und wir kommen ins Gespräch. Nachdem ich den letzten Reibekuchen verdrückt habe mache ich mich auf die Suche nach einem Schlafplatz. Der Pastor vor Ort ist hilfsbereit und bietet mir an mein Zelt auf der Wiese der Gemeinde aufzubauen. Das Angebot kommt mir sehr entgegen. Er schließt mir das Gemeindehaus auf, so dass ich die Toilette nutzen kann und die Möglichkeit habe mich ein wenig frisch zu machen, zudem bekomme ich einen Stempel. Mein Zelt ist schnell aufgebaut und eh ich mich versehe steht der Pastor vor mir: in der einen Hand einen Teller mit Nudelauflauf in der anderen einen heißen Kaffee. Manchmal läuft es einfach. An dem Abend rolle ich mehr in meinen Schlafsack als dass ich krieche.


Dienstag 15.09. Dortmund-Brechten – Dortmund-Hohensyburg

Der Weg führt mich durch den Norden von Dortmund ins Stadtzentrum. Ein kleines Stück geht es durch einen Wald was sehr angenehm ist, dann wird es wieder städtisch. Der Norden von Dortmund hat nicht den besten Ruf im Gegensatz zu der Lage rund um den Phoenixsee, Lücklemberg oder Wichlinghofen. Im Norden trifft man meist auf Menschen mit Migrationshintergrund. Es ist Markttag und der Platz gleicht viel mehr einem Basar als einem westfälischem Wochenmarkt. Händler und Kunden sind überwiegend türkischer Herkunft, es wird gehandelt, gefeilscht und sehr viel geredet. An den Ständen sieht man viele Frauen mit Kopftüchern, die Männer sitzen in Gruppen in den Cafés rund um den Platz. Das bunte Treiben ist schon sehenswert, sich mit meinem Rucksack einen Weg durch die Stände zu bahnen jedoch eine Herausforderung. Daher geht es nach einem Stopp beim türkischen Bäcker weiter Richtung Reinoldikirche im Zentrum. Der Norden ist geprägt von Altbauten. Leider sind viele der Häuser in keinem guten Zustand, mit Graffiti beschmiert, ungepflegt und Stahltüren dienen als Eingangstüren. Überraschenderweise stehen die meisten offen, so dass man einen Blick in die Flure bekommt. Der Anblick ist meistens der gleiche. Schiefe oder nicht vorhandene Briefkästen, zugestellte Flure mit allerlei Krams. Kabel die aus Wänden ragen. Klingelschilder fehlen oft gänzlich, sind unvollständig und wenn es doch welche gibt so sind deutsche Namen die Seltenheit. Das ganze hat auf seine eigene Art und Weise schon wieder etwas Interessanten, so dass ich überlege Fotos zu machen. Allerdings möchte ich mir ungern Ärger einhandeln und entschließe mich dagegen.

Bis in die Innenstadt läuft alles gut. Danach wird die Hitze ziemlich unerträglich. Wie angekündigt sind es inzwischen 30 Grad. Meine Wanderschuhe habe ich gegen meine Turnschuhe getauscht. Trotzdem habe ich das Gefühl auf glühenden Kohlen zu laufen. Die letzten Kilometer ziehen sich wie Kaugummi und der Rucksack scheint an Gewicht zugelegt zu haben. Ich bin froh endlich den Camping erreicht zu haben, buche gleich zwei Nächte und gönne mir ein ausgiebige Dusche. Neben meinem Zelt steht ein Radfahrer. Schnell stellen wir fest, dass wir ähnliche Interessen haben und tauschen uns aus über Ausrüstung, Touren und Vorbereitung. Abends wird gemeinsam gekocht. Von ihm kommen die Nudeln von mir das Bier.

Mittwoch 16.09. Pausentag

Die Temperaturen sind etwas gesunken aber es bleibt warm. Meinen pilgerfreien Tag nutze ich zum Schreiben, Lesen und Wäsche waschen. Im Laufe des Tages hält man mit dem ein oder anderen ins Schwätzchen. Abends sitzen wir gemeinsam am Grill genießen das Essen und einen der letzten sommerlichen Abende.

Donnerstag 17.09. Dortmund-Hohensyburg – Gevelsberg

Weiter geht es an der Ruhr und dem Hengsteysee entlang. Der Weg gefällt mir ausgesprochen gut. Am Wasser entlang geht es flott voran bis Herdecke. Wie fast alle Kirchen unterwegs ist auch die Stiftskirche in Herdecke geschlossen. Ich habe Glück, dass gerade der Pastor die Kirche verlässt und ich somit doch noch einen Stempel erhalte. Herdecke hat eine schöne kleine Altstadt und Donnerstag ist Markttag. Nach einem kurzen Rundgang geht es weiter über Hagen-Haspe Richtung Gevelsberg. Das letzte Stück geht es durch Wald, was ich sehr gerne mag. Der Weg führt vom Waldgebiet schnell wieder ins Wohngebiet. Es finden sich nur wenig Wiesen. Und wenn dann dienen sie dem Vieh, dem Anbau oder sind nicht eben. Fürs Zelten ist alles ungeeignet. Zudem baue ich mein Zelt nirgendwo ohne Genehmigung auf. Schließlich mache ich den Besitzer einer Wiese ausfindig, der möchte jedoch nicht, dass ein Zelt dort aufgebaut wird. Also weiterlaufen. Schließlich ergibt sich doch noch eine Möglichkeit. Eine Frau bietet mir an mein Zelt in ihrem Garten aufzubauen. Sie wohnt direkt am Jakobsweg was für mich perfekt ist. Ihren Schwiegervater hat sie bereits informiert, so dass ich herzlich empfangen werde. Wie versprochen darf ich mein Zelt im Garten aufbauen.

Freitag 18.09. Gevelsberg – Wuppertal-Beyenburg

Die Nacht war doch frisch und die heißen Temperaturen scheinen der Vergangenheit anzugehören. Mein Zelt ist schnell abgebaut. Allerdings ist es nass. Da es heute die letzte Etappe für mich ist, ist es egal, ansonsten müsste ich das Zelt tagsüber trocknen lassen. Ich stehe bereits auf dem Weg als mich der Schwiegervater anspricht und auf einen Kaffee einlädt. Da er allerdings am Vortag erwähnt hat, dass zwei seiner Enkelkinder krank sind und die Schwiegertochter ebenfalls auf dem Weg zum Arzt ist schlage ich die Einladung aus. Es ergibt ein Gespräch über den Gartenzaun. Er erzählt mir viel über das Haus, den Grund auf dem es steht, dass es sich dabei um eine kleine, ehemalige Werkzeugfabrik handelte die man „Kotten“ nennt, dass früher in dem oberen gelegenen See die ersten Baptisten getauft wurden und noch vieles mehr. Ich wurde von so vielen Menschen unterwegs angesprochen und es scheint als hätten viele Redebedarf. Insbesondere ältere Menschen haben mir viel erzählt und aus einem Dialog wurde so manches Mal ein Monolog bei dem ich nur noch Zuhörer war.

Über Gevelsberg geht es weiter nach Schwelm. Hier merkt man bereits, dass man im Bergischen Land ist. Die historischen Stadtkerne bestehen aus Fachwerkhäusern. Typisch für das bergische Fachwerk sind die schwarzen Fachwerkbalken bzw. schwarzer Schieferbeschlag, die grünen Schlagläden, Türen und Tore sowie die weißen Tür- und Fensterrahmen.

Ein weiteres Mal werde ich angesprochen. Wie sich herausstellt kommt der Herr aus Irland. Genau genommen aus einem kleinen Dorf an der Westküste. Ich muss dazu sagen, dass ich ein großer Irlandfan bin und an genau dieses Dorf sehr schöne Erinnerungen habe. Manchmal gibt es Zufälle – unglaublich.

Der Weg wird wieder sehr viel grüner, führt an der Wupper und am Stausee entlang und endet schließlich in der Klosterkirche in Wuppertal-Beyenburg. Hier steht der hl. Jakobus am Altar. Ich zünde eine Kerze an, setze mich in die Bank und genieße die Stille und Kühle. Aus den Lautsprechern dringt leiser Gesang, den ich als sehr angenehm empfinde. Für Pilger gibt es neben einem Aufkleber für den Pilgerpass ein Korb mit Leckmuscheln. Da werden Kindheitserinnerungen wach. Außen eine Plastikmuschel und innen Zucker pur in bunten Farben. Ich liebe sie. Mein Weg ist hiermit beendet und ich bin froh, dass alles so gut gelaufen ist. Die Hitze und Blasen sind schnell vergessen und was bleibt sind die Erinnerung an Begegnungen und Gespräche.


Meine Ausrüstung:

Zelt msr hubba nx
Daunenschlafsack Exped
Isomatte Thermarest Zlite sol
Bodenplane
Nackenhörnchen
Wanderschuhe
Turnschuhe
Laufacke Ortovox
Regenjacke
Laufhose
2 Tshirts
Langarmshirt
Pulli
Schlafset
Sport BH
Je 3x Unterhosen und Socken
Käppi
Handtuch
Apotheke
Waschzeug
Tupperdose faltbar
Besteck
2 Liter Wasser
Essen
Papier und Kuli
Minirucksack
Handy + Ladekabel
Stirnlampe
Warnweste
Pilgerpass + Portemonnaie

Insgesamt lande ich meist zwischen 10 und 13 Kilo.

Auf einen Pilgerführer habe ich dieses Mal verzichtet. Unterwegs war ich mit der App mapy.ch.
Die Tracks und eine Wegbeschreibung gab es von folgender Seite:
https://www.ich-geh-wandern.de/gps-date ... brück-köln

Eine weitere Wegbeschreibung sowie Hinweise zu Unterkunft, Pilgerpass, Stempelstellen und Pilgerurkunde für Westfalenpilger finden sich auf der Seite vom LWL. https://www.jakobspilger.lwl.org/de/tipps-und-tricks/


Mein persönliches Fazit:
Der Weg mit seinen Begegnungen und Gesprächen war sehr bereichernd. Er hätte für meinen Geschmack allerdings etwas grüner sein können. Ich mag es wenn es viel durch Natur geht und weniger durch Wohngebiete. Die Etappe durch Dortmund hat sich ziemlich gezogen was allerdings auch der Hitze geschuldet war. Für jemanden der die Ecken Münsterland, Ruhrgebiet und Bergisches Land noch nicht kennt ist der Weg mit Sicherheit interessant. Obwohl alles dicht beieinander liegt sind die Landschaften und Städte doch sehr verschieden. (Westfalen vs. Rheinland) Ansonsten bietet der Weg viele Sehenswürdigkeiten, eine gute Infrastruktur sowie Übernachtungsmöglichkeiten auch für Pilger ohne Zelt. Auch oder vielleicht gerade deshalb für Pilgeranfänger geeignet.
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