Etappen Sevilla - Zamora

sowie der Camino Mozárabe und der Camino Sanabrès
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Via2010
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Etappen Sevilla - Zamora

Beitrag von Via2010 »

(1) Sevilla-Guillena 23 km

In Sevilla habe ich morgens um 8.30 Uhr noch die Pilgermesse mit anschließendem Segen besucht, die um 8.30 Uhr in einer Seitenkapelle der Kathedrale abgehalten wird. Der Eingang hierzu befindet sich neben dem berühmten Glockenturm, der Giralda.
Für einen Besuch im Büro der örtlichen Pilgergesellschaft (Calle de Castilla 82, stadtauswärts am Pilgerweg durch Triana) reichte es diesmal nicht mehr, da ich erst gegen Mitternacht in Sevilla angekommen war.
Geschlafen habe ich im Hostel Triana Backpackers (18 € mit Frühstück, 6-er Frauenschlafsaal), wegen der zu stark eingestellten Klimaanlage mehr schlecht als recht. Das Taxi vom Bahnhof Sta. Justa zum Hostel schlug mit knapp 14 € zu Buche, war aber wegen der späten Ankunft eine sinnvolle Investition (Nachtbusse fahren nur stündlich).

Den Weg zwischen Kathedrale und Puente de Triana fand ich im Gassengewirr der Altstadt spärlich markiert. Im Zweifel sollte man sich mit einem kostenlosen Stadtplan von der Touristinfo zur Brücke durchschlagen. Hinter der Markthalle von Triana, wo man seinen Proviant noch aufstocken könnte, geht es dann gleich rechts (nicht den Fehler machen und vorher schon dem Ufer des Guadalquivir folgen, denn die "Flussvariante" verläuft an einem Seitenarm). Wo 2008 noch unschöne Industriebrachen waren, sind mittlerweile breite Ausfallstraßen entstanden. In diesem Bereich fand ich die Markierungen dennoch eindeutig und ausreichend. Ich habe mich für die Flussvariante, nicht für den Weg durch Camas entschieden. Hier traf ich auf blühende Oleanderbüsche und weidende Pferde, die sich dort vom Ziehen der Touristenkutschen durch die Altstadt erholen dürfen. Die im Outdoor beschriebene "Zigeunersiedlung" war nur von Ferne, durch laut im Radio gespielte Flamencomusik wahrnehmbar. An einem Tierheim, das sich durch laut kläffende Hunde ankündigt, vorbei erreicht man das Kloster vor Santiponce. In Santiponce gibt es diverse Bars und die Möglichkeit den Getränkevorrat nochmals an einem Kiosk aufzustocken.

Aus Santiponce raus geht es an den römischen Ausgrabungen (hier viele touristische Lokale) und einem kleinen Industriegebiet vorbei. Der nachfolgende Weg führt in gehörigem Abstand zur Nationalstraße schnurgerade und weitestgehend schattenlos durch Sonnenblumen- und andere Felder. Etwa auf halber Strecke wird ein Bachlauf gequert, an der Furt bieten einige Bäume Gelegenheit zur Rast im Schatten. Aber aufpassen, hier gibt es auch Zecken! Sollte der Bach Wasser führen, können Mutige ihn dennoch auf einem ca. 20 cm breiten Stahlträger queren. Ansonsten bliebe nur der "Umweg" über die Straße, der aber wohl nicht mehr so groß ist, seit - möglicherweise mit Rücksicht auf die am Ortsrand von Guillena entstandene Privatherberge "Casa Luz" - die Wegführung geändert wurde. Früher ging es vor Guillena rechts und nochmals über einen kleinen Bachlauf, dann am Friedhof vorbei in den Ort. Jetzt führt der Weg an einer Hundepension vorbei zur Nationalstraße und folgt dieser den letzten Kilometer zum Ort. Die öffentliche Herberge befindet sich im Sportzentrum ("polideportivo") am entgegengesetzten Ende des Ortes (10 €, ausgestattete Küche, von freiwilligen Hospitaleros betreut). Ein kleiner Laden ist in der Nähe, ein gut sortierter Supermarkt auf der Hauptstraße oben im Ort. Ich habe mir aber für 7 € das Pilgermenü im "Hostal Francés" gegönnt (zzgl. Getränke, das kleine Bier "cana" 1 €).
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Via2010
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Beitrag von Via2010 »

(2) Guillena - Castilblanco de los Arroyos (18 km)

Um 6.20 Uhr ist es hell genug, um einer Sandpiste zum derzeit weitgehend ausgetrockneten Fluss zu folgen. Es sind nur noch zwei etwa 50 cm breite Rinnsale vorhanden, die man mit einem beherzten Schritt überqueren kann, wobei Stöcke evtl. zusätzliche Sicherheit geben würden.

Die Staubpiste beschreibt zunächst einen Bogen zurück in Richtung Sevilla, bevor sie an der Rückseite einiger landwirtschaftlicher Anwesen vorbei zu einem kleinen Industriegebiet führt. Am Kreisverkehr gibt es eine einfache Bar, die sehr starken Kaffee (1 €), preisgünstige Bocadillos/Tostadas und 0.2 Liter Bier für 80 ct bietet. Von links treffen hier die Pilger ein, die anstelle der Staubpiste die Straße genommen haben.

In diesem Zusammenhang ein kleiner Warnhinweis: Keinesfalls vor dem Kreisverkehr und der Bar von der Straße Weg auf einen Feldweg nach links abbiegen, auch wenn es dort eine Markierung gibt, die man für einen verblassten gelben Pfeil halten könnte. Jener Feldweg führt nämlich an einer Finca mit markant geringeltem Turm und einer Tontaubenschießanlage vorbei in gut 3 km Abstand parallel zum Pilgerweg durch Weideland. Falls man doch falsch abgebogen ist, muss man jedoch nicht zwingend zurücklaufen, sondern kann nach etwa 3 Stunden Gehzeit an einer Verzweigung oben auf dem Berg rechtshaltend eine Piste nehmen, mit welcher auch eigentliche Pilgerweg später zusammentrifft. Nochmals etwa1 km später treffen Pilgerweg und Piste dann die Landstraße nach Castilblanco de los Arroyos. Man verpasst so allerdings ein landschaftlich sehr schönes Stück Weg. Für Rad- und Rollstuhlfahrer mag die Feldwegparallele jedoch angenehmer sein, da der Pilgerweg sich stellenweise sehr ausgewaschen präsentierte.

Unterwegs ist der Pilgerweg übrigens mit Holzwegweisern deutlich markiert, da er zugleich als örtlicher Wanderweg ausgewiesen ist und von den Einheimischen z. B. als Nordic-Walking-Strecke genutzt wird.

Entlang der Landstraße wurde rechts ein schmaler Fußweg für Pilger angelegt. Es gibt sogar einen Rastplatz mit Bänken!

Am Ortseingang rechts ist das Hotel "Molino Blanco" (mittlere Preislage), rechts hinter der Tankstelle geht es dann den Berg hoch zur öffentlichen Herberge, die von ehrenamtlichen Hospitaleros betreut wird, über eine Dachterrasse und eine ausreichend ausgestattete Küche verfügt. Da die Restaurants im Ort abends Menüs frühestens ab 19.30 Uhr anbieten, haben wir uns hier selbst verpflegt. Der Supermarkt in der Nähe der Herberge ist gut sortiert.

Im Erdgeschoss des Herbergsgebäudes befindet sich übrigens eine Tagesgruppe für Menschen mit geistiger Behinderung, die auch Camino-Souvenirs herstellen und verkaufen.
Zuletzt geändert von Via2010 am 20. Aug 2019, 14:01, insgesamt 1-mal geändert.
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Via2010
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Beitrag von Via2010 »

(3) Castilblanco de los Arroyos - Almaden de la Plata 30 km

Angesichts der angekündigten großen Hitze und der langen Etappe brechen wir bereits morgens um 5.00 Uhr auf, da es gegen unsere "Pilgerehre" geht, die 16 km auf der Landstraße bis zum Eingang des Naturparks "El Berrocal" mit dem Taxi zu überbrücken (die Möglichkeit sollte man aber im Auge behalten und auch nicht rundheraus verurteilen, da die Etappe als gefährlich gilt, was auch durch mehrere Gedenksteine für auf dieser Etappe verstorbene Pilger dokumentiert wird).

Die Bar "Macarena" am weiteren Pilgerweg in der Ortsmitte öffnet angeblich bereits um 4.00 Uhr. Sie hatte jedenfalls bei unserem Aufbruch schon geöffnet und versorgte uns mit Kaffee und Gebäck für einen gelungenen Start in diesen anspruchsvollen Pilgertag.

Am Ortsausgang biegen wir in die Landstraße mit dem Wegweiser "Almaden de la Plata" ab. Dieser kaum befahrenen Landstraße, an der Bauernhöfe liegen, folgen wir die nächsten 4 Stunden in leicht welligem Auf- und Ab, was lediglich für die Fußsohlen ziemlich anstrengend ist. Die Blumenkübel vor der Finca "Yerbabuena" bieten nach etwa 2 Stunden eine der wenigen bequemen Rastgelegenheiten. Die Landschaft rechts und links neben dem Sträßchen ist reizvoll. Da der Untergrund eben ist, kann man die Blicke und die Gedanken schweifen lassen.

Das Wartehäuschen am Parkeingang wird gerade renoviert. Dem Augenschein nach wird es auch als Bushaltestelle angefahren, aber ob die Verbindungen auch pilgertauglich sind oder nur auf Wochenendausflügler von Sevilla zugeschnitten, lässt sich mangels Fahrplanaushang nicht feststellen.

Nach 2 km auf breiter Piste bergab erreichen wir das Verwaltungsgebäude des Naturparks. Alles ist augenscheinlich verwaist. Im Brunnen bzw. einer langen Viehtränke dümpelt eine tote Maus, eine sehr magere Katze bettelt uns an. Es gibt einen Wasserhahn mit "Aqua non tratada sanitariamente" (unbehandeltes Wasser), d. h. Nachfüllen auf eigene Gefahr. Gut dass wir jede 3 1/2 Liter mitgenommen haben.

Der weitere Weg führt unter Stein- und Korkeichen hindurch und über Flächen mit leider bereits abgeblühten Zistrosen und Rosmarin. An Wasserlöchern blüht Oleander. Manchmal sieht man hier auch schwarze Schweine, Hirsche und andere Wildtiere. Nach einem ausgetrockneten Bachbett, dass zur feuchteren Jahreszeit mittels großen Steinquadern überquert werden kann (hier ist auch ein Denkmal für einen verstorbenen englischen Pilger), führt der Weg wieder bergauf, an einem einsam stehenden weißen Haus vorbei. Danach gibt es eine Wegkreuzung, an der sich ein italienischer Mitpilger verlaufen hat, was ihm 8 km Umweg einbrachte. Hier muss man sich geradeaus Richtung "Almadén" bzw. "Cerro del Calvario" halten. Dann geht es nochmals relativ eben durch ein stärker bewachsenes Tal, bevor der anstrengende Aufstieg zum Aussichtspunkt "Cerro del Calvario" uns die letzten Energiereserven abverlangt. An diesem Aufstieg ist 2016 ein französischer Pilger verstorben, beim Abstieg nach Almaden etwa 500 m vor dem Ortseingang ein Jahr später ein deutscher Pilger. Daher sollte diese Etappe mit Ehrfurcht und Respekt geplant werden.

In Almadén wetteifern Rathaus und Kirche um die höchsten Türme. Die beiden Privatherberge befinden sich in unmittelbarer Nähe und fangen mittlerweile fast alle ankommenden Pilger ab. Da die erste Albergue "Casa Clara" nach meinem Empfinden fast schon aggressiv vorbeikommende Pilger auf der Straße abfing, war ich froh, mich mit meiner Mitpilgerin in der "Casa de Reloj" verabredet zu haben. Hier wurde jeder ankommende Pilger von der Hospitalera nach der Zuteilung der Betten mit einer Dose kühlem Bier versorgt, welches nach der Etappe und bei der Hitze natürlich besonders willkommen war. Später haben wir uns noch in der Gemeindeherberge am Ortsende nach dem Wohlbefinden eines älteren französischen Mitpilgers vergewissert. Auch dort wären wir angenehm, in sehr großzügigen und bei der Hitze erfreulich kühlen Räumlichkeiten untergekommen. Sowohl die Küche in der "Casa de Reloj" als auch in der Gemeindeherberge waren vollständig ausgestattet und luden zum Kochen ein. Ein großer Supermarkt (Supermercado Dia) hält die nötigen Lebensmittel bereit. In der "Casa Concha" gibt es für 8,50 € ein anständiges, aber nicht herausragendes Pilgermenü incl. 1 Glas Wein.

Für das Frühstück am kommenden Morgen sollte man übrigens besser selbst vorsorgen. Die Bar "La Morena"öffnet zwar tatsächlich bereits um 6.00 Uhr, aber die Wirtin schien sehr desinteressiert und rückte erst einmal wortlos 10 Minuten Stühle, bevor sie sich wunderte, dass wir ihr Lokal wieder verließen, weil sie bis dahin noch nicht einmal die Kaffeemaschine angestellt hatte. Bis El Real de la Jara nach knapp 15 km gibt es dann keine Einkehrmöglichkeit mehr.
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