Eine Virtuelle Pilgerreise auf der Via de la Plata

sowie der Camino Mozárabe und der Camino Sanabrès
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Pilger Franz
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Re: Eine Virtuelle Pilgerreise auf der Via de la Plata

Beitrag von Pilger Franz »

Via2010 hat geschrieben: 23. Apr 2021, 17:32 10. Etappe von Torremejía über Merída nach El Carrescalejo (30 km)
Nach dem im Pauschalpreis enthaltenen Frühstück, das aus einer Marmeladentoastada und einem Café con leche in der Bar des Vaters der Herbergswirtin bestand, brachen wir auf nach Merída. Die nächsten 10 km verlief der Weg wenig attraktiv mal unmittelbar neben mal auf der Nationalstaße. Dann ging es durch Olivenhaine hinab zu einer Senke, in der sich eine große Ziegenfarm befand. Langsam näherten wir uns den Außenbezirken der Stadt, was man an zunehmenden Schuttablagerungen am Wegesrand (u. a. ein noch fast unbenutztes "Pilgerklo") feststellen konnte. Die letzten knapp 2 km ging es durch gepflegte Parkanlagen am Flussufer entlang zur Römerbrücke, über die wir stilsicher in die Stadt einzogen.
10. Torremejía – Mérida, 16,0 km
Bretteben geht's dahin nach Mérida, ohne spektakuläre Landschaftsformen oder kulturelle Besonderheiten. Wasser und Essen auf dem Weg: Man muss alles selbst mitbringen. Von einer kleinen Anhöhe, kurz vor dem Guadiana, kann man schon Mérida sehen. Schon von weitem ist auch die römische Brücke zu sehen, ein gewaltiges Bauwerk mit einer Länge von 792 m und 60 Bögen. Sie ist für Fußgänger only.

Ein Pilger, der 2017 Mérida besucht hat, meint: Man sollte Mérida keineswegs 'links liegen' lassen. Sie sei ein absoluter antiker Höhepunkt zwischen Sevilla und Santiago. Dafür könnte man ruhig einen (halben) Ruhetag einplanen und die Atmosphäre genießen: spanische Lebensart mit einem Schuss römischer Präpotenz, imposante Bauwerke von erhabener Schönheit und ein Museum, das zu den schönsten gehört. (Senioren können mit einem Ticket für 7,50€ fast überall ohne Wartezeit rein.).

Er hat die Öffentliche Herberge besucht und warnt: Es handelte sich (damals) um die mit weitem Abstand mieseste und schlechteste Albergue Municipal, die er auf der Plata erlebt hat. Besser sei es, eines der privaten Hostals zu wählen. (OUTDOOR sagt dazu nichts. Auf Gronze haben 27 Nutzer gepostet, sechs davon mit einer miesen Bewertung.)

Danach geht es mit Via2010 nach Carrascalejo, ca. 14 km.

Nach Aljucen sind es noch knapp drei Kilometer. Die hängen wir an die nächste Etappe dran:

12. Aljucén – Alcuéscar, 19 km
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Zuletzt geändert von Pilger Franz am 1. Mai 2021, 09:22, insgesamt 1-mal geändert.
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Franz
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Simsim
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Re: Eine Virtuelle Pilgerreise auf der Via de la Plata

Beitrag von Simsim »

Kleine Anmerkung zur städtischen Herberge in Merida:
Ende Februar 2020 habe ich dort übernachtet. Der Hospitalero war ein Sternchen und die nagelneuen Matratzen waren die besten, die ich je in einer öffentlichen Herberge beschlafen durfte. Es ist ruhig dort und man hört das Flüsschen unter der ehemaligen Mühle rauschen. Die Küche ist zu eng, Duschen etc. völlig o.k. Für 8 Euro mehr als korrekt, finde ich.
Alter Esel
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Re: Eine Virtuelle Pilgerreise auf der Via de la Plata

Beitrag von Alter Esel »

Vor 15 Jahren hatten durchschnittliche Herbergen noch einen anderen Standard , die heutigen Pilgerherbergen sind
im vergleich zu früher * Wellness Oasen*
ich finde es schade das die Ansprüche an die ausstattung der Unterkünfte so steigt?

Kika
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Via2010
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Re: Eine Virtuelle Pilgerreise auf der Via de la Plata

Beitrag von Via2010 »

Ich habe 2008 in der städtischen Herberge in Mérida übernachtet und hatte aufgrund der damaligen Erfahrungen keine Lust auf eine Wiederholung. Ein Bekannter von mir war allerdings im September 2017 dort und begeistert. Ich gehe auch davon aus, dass zwischenzeitlich der Hospitalero ausgewechselt wurde.

2008 war die Herberge sehr dreckig, so sehr, dass meine Mutter und ich uns sofort das Putzzeug schnappten. Verantwortlich für die Herberge war damals ein eher einfach strukturierter Zeitgenosse, der wohl von der Gemeinde alimentiert wurde, und der eigentlich nur am Fluss angeln wollte. Jedenfalls hatte er die Herbergsküche für die Bevorratung seiner Angelköder in Beschlag genommen und verwies uns ziemlich barsch aus selbiger. Auch sonst war er für Anfragen nicht zugänglich sondern betrachtete die wenigen Pilger offenbar als Störfaktor. Es gab damals in der Herberge auch keinen Aufenthaltsraum oder auch nur einen Esstisch. So mussten wir für unser Picknick improvisieren.

Die dezentrale Lage der Herberge und die fehlende Möglichkeit, sich dort selbst zu versorgen, bewogen mich diesmal, Mérida zu überspringen und die neue Herberge in El Carrescalejo (die bei Raimund aus mir nicht nachvollziehbaren Gründen nicht gut wegkommt) auszuprobieren. Bei geschicktem Timing hat man auch genug Zeit für Besichtigungen in Mérida, wobei der Pilgerweg ohnehin an den Hauptsehenswürdigkeiten vorbeiführt.

Eine Option, kleinere Etappen zu gehen, wäre übrigens auch der erste Bus ab Torremejía, der um 7.55 Uhr fährt und Mérida um 8.15 Uhr erreicht.

In Aljucén waren die Herbergsbetreiberinnen 2008 übrigens mit einem Teil des Ortes zerstritten, insbesondere mit "Sergio", dem Betreiber des gleichnamigen Bar-Restaurants. Da scheint sich bis 2019 nicht wirklich viel geändert zu haben. Ein weiterer Punkt, den man bedenken sollte, ist dass der Dorfladen nur bis 14.00 Uhr geöffnet hat. Bei voraussichtlich späterer Ankunft müsste man also schon von Mérida die Vorräte mitschleppen.
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Via2010
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Re: Eine Virtuelle Pilgerreise auf der Via de la Plata

Beitrag von Via2010 »

11. Etappe: El Carrescalejo - Alcuéscar (24 km)

Die Wirtin hatte ihre Zusage eingehalten und Frühstück für uns bereitgestellt. Den Milchkaffee mussten wir nochmals in der Mikrowelle aufwärmen. Er schmeckte jedoch wider Erwarten gut - besser als der "richtige" Kaffee eine Stunde später im "Quiosco" am Kirchplatz in Aljucén. Dort herrschte jetzt, den diversen Graffittis nach zu urteilen ein regelrechter Krieg zwischen der "donativo"-Herberge von Anna-Lena und der neuen Privatherberge "Rio Aljucén". Die liegt gegenüber vom Kiosk und sieht gut aus. Mitpilger, die dort übernachtet haben, waren auch recht zufrieden.

Weiter geht es auf sandigen Pisten durch den Naturpark Cornalvo, wo zwischen Kork- und Steineichen Kühe und Schafe weiden. Große Findlinge bieten sich als Sitzgelegenheit für eine Rast an. Später erreicht der Weg eine schattenlose Hochebene, durchquert mehrere Weidezaungatter, wird zunehmend gerölliger und führt an einer gänzlich ungesichterten Kiesgrube vorbei. Vor einigen Wochen hätten hier noch Zistrosen und Schopflavedel geblüht. Am unscheinbaren Kreuz "de los ninos muertos" rasten wir nochmals kurz. Leider ist hier ein möglicher Abstecher zur sehenswerten präromanischen Kirche Sta. Lucia de Trampal (gut 3 km extra) nicht markiert, die hätten wir sonst gerne angeschaut (den Hinweis hatte ich aus dem englischen Forum). Von hier sind es noch knapp 6 km bis Alcuéscar. Etwa 3 km weiter stoßen wir auf erste, gepflegte Villen. Links führt hier ein Wegweiser zum Hostal "Los Olivos", das vor allem amerikanische Pilger der einfachen Klosterherberge in Alcuéscar vorzuziehen scheinen.

Wir folgen dem Weg weiter nach rechts und ich scheuche eine gut 1 Meter lange Schlange auf, die sich schleunigst verzieht. Kurz vor dem Ort kann man über einen links abzweigenden Pfad direkt zur Herberge abkürzen. Wir kommen kurz vor 1 Uhr an und müssen daher nur kurz warten, bis uns der diensthabende Hospitalero, der ein feldwebelmäßig strenges Regiment führt, ein einfaches Doppelzimmer zuweist. Von 14.30 Uhr bis 16.30 Uhr schließt die Herberge wegen Siesta, so dass wir schnell duschen und dann zum Auffrischen unserer Vorräte und zum Mittagessen in den Ort entschwinden. Die Supermärkte schließen hier samstags auch schon um 14.00 Uhr, es gibt aber noch einen chinesischen "Bazar", der auch einige Lebensmittel führt. Wir erliegen der Verlockung, dort wie an einem Marktstand eine bunte Mischung Gummibärchen und Co zusammenstellen zu können.

Da es in der Herberge nur ein "sehr einfaches" Abendessen geben soll, entscheiden wir uns für ein Mittagsmenü in der "Casa Alejandro". In diesem bei Einheimischen beliebten Lokal steppt echt der Bär. Für 12 Euro haben wir die Auswahl zwischen mindestens 6 Vorspeisen, Hauptgerichten und Nachtischen. Ich nehme grüne Bohnen (judias verdes), "guisado estremeno" (eine Art Gulasch mit viel Paprika) und hausgemachten Käsekuchen, Vera Rührei mit Spargel, Schweinelende (lomo) und Eis. Alles gut und reichlich. Dazu wieder eine Flasche Wein und Gaseosa. Hinterher gibt es noch einen Kaffee.

So haben wir die Zeit bis nach der offiziellen Siesta gut überbrückt. Nun ruhen wir etwas, waschen unsere Wäsche und besuchen dann - da Pfingsten ist - um 19.15 Uhr die angebotene Abendmesse. Das Kloster betreibt auf dem Gelände auch ein Altersheim sowie ein Heim für Menschen mit geistiger Behinderung. Die Bewohner freuen sich sehr über die Pilger und sind vor allem beim Friedensgruß sehr enthusiastisch. Schade, dass außer uns nur das ältere spanische Ehepaar - Miguel und Cruz - die Messe besucht hat. Es war ein Erlebnis.

Nach der Messe ruft der Hospitalero die vorangemeldeten Pilger zum gemeinsamen Abendessen. Es ist doch unerwartet reichlich, da hier wohl die Reste des Mittagessens des Klosters verwertet werden. Heute gibt es Nudeln mit Chorizo, danach geschmorte Schweineöhrchen (orejas) und dann Obst (Bananen, Aprikosen) aber zu trinken leider nur Wasser. Eigentlich sind mir die "orejas" suspekt und Vera ist schon gar nicht für derart deftige Genüsse zu haben. Aber da die spanischen Radler spotten, wir Deutschen seien uns wohl zu fein für dieses Gericht, lange ich dann doch - in meiner Ehre gekränkt - zu und werde positiv überrascht. Die Öhrchen sind zart, gar nicht knorpelig, und die Soße ist angenehm würzig. Ich würde es wieder essen.

Gemeinsam wird noch schnell abgewaschen. Dann schlafen wir trotz dünner Matratzen recht gut und ungewohnt lang, da es erst um 6.30 Uhr ein einfaches Frühstück geben wird und man erst danach (zwischen 7.00 Uhr und 7.30 Uhr, aber bitte nicht später) die Herberge verlassen kann.
Zuletzt geändert von Via2010 am 7. Mai 2021, 11:38, insgesamt 1-mal geändert.
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Pilger Franz
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Eine Virtuelle Pilgerreise auf der Via de la Plata

Beitrag von Pilger Franz »

Simsim hat geschrieben: 1. Mai 2021, 06:58 Kleine Anmerkung zur städtischen Herberge in Merida:
Ende Februar 2020 habe ich dort übernachtet. Der Hospitalero war ein Sternchen und die nagelneuen Matratzen waren die besten, die ich je in einer öffentlichen Herberge beschlafen durfte.
Hola Simsim,
habe alle Eintragungen - auch deine - bei Gronze gelesen! Eine Änderung hat es, nach den Kommentaren zu schließen, Mitte 2018 gegeben. Danach gibt es nur noch lobende. Küche und Aufenthaltsräume scheinen jedoch nach wie vor verbesserungsbedürftig zu sein.

Via2010 ist uns schon wieder enteilt.
Und, hui, geht es weiter:
13. Alcuéscar – Aldea del Cano, 15 km
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Franz
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Re: Eine Virtuelle Pilgerreise auf der Via de la Plata

Beitrag von Via2010 »

12. Etappe: Alcuéscar - Valdesalor (27 km)

Die Herberge in Aldea del Cano hatte ich 2008 angesteuert. Der Ort war ganz nett, das benachbarte Restaurant gut. Aber diesmal zog es mich weiter, zumal das auch für die weitere Etappeneinteilung der nächsten Tage sinnvoll erschien.

Da wir die Herberge in Alcuéscar frühestens nach dem Frühstück um 7.00 Uhr verlassen können, kommen wir heute leider recht spät auf den Weg, was sich später in der Mittagshitze rächen wird. Vorbei an Olivenplantagen und durch Steineichendehesas erreichen wir nach 1 1/2 Stunden über eine alte Römerbrücke Casas de Don Antonio. Die Nachbarschaftskneipe, der "hogar social" hat sonntagmorgens um 8.30 Uhr sicher noch zu und so begeben wir uns gleich zum schön gestalteten Picknickplatz am Ortsausgang, wo wir als 2. Frühstück Käsebaguette, Minisalamis und Obst verzehren. Erste Rentner führen ihre Hunde spazieren. Bald treffen wir im weiteren Wegverlauf auf mehrere römische Meilensteine, teils freistehend, teils in Feldmauern verbaut. Nach knapp 2 Stunden, vorbei an einigen Rinderfarmen, erreichen wir den Ortsanfang von Aldea del Cano. Der Weg geht hier geradeaus. Uns zieht es jedoch auf einen Kaffee ins Bar/Restaurante "Las Vegas". Dort lockt für 1 € zudem Tostada mit Tomaten. Also nochmals eine kleine Stärkung für die restlichen 12 km bis Valdesalor.

Nach dem Ort passiert der Pilgerweg eine neue Autobahnraststätte. Später überqueren wir das Rollfeld eines Flugplatzes, wo heute (Sonntag) reger Betrieb herrscht, der einer prächtigen, knapp 60 cm langen Smaragdeidechse leider zum Verhängnis wurde. Vom Flugplatz aus sehen wir in der Ferne bereits die weißen Häuser von Valdesalor im Tal liegen. Eine knappe Stunde später müssen wir durch eine große Kuhherde gehen und erreichen dann über eine weitere Römerbrücke den Ortseingang mit der Herberge von Valdesalor. Gegenüber ist ein Freizeitgelände. Den Schlüssel muss man leider noch in einer der Bars des Ortes oder im "Hogar del Pensionista" abholen. Da Vera geplättet ist, übernehme ich diese Aufgabe. Im "Hogar del Pensionista" gibt es Estella Galicia vom Fass - Zeit für ein kleines Bier muss neben den Anmeldeformalitäten sein. Als Tapa spendiert der Wirt dazu noch eine Bratwurst. Als ich zur Herberge zurückkehre, ist dort bereits aufgesperrt. Miguel und Cruz sind inzwischen ebenfalls eingetroffen sowie ein junger Spanier aus Zaragoza, der leider ewig das Bad blockiert. Bei der Hitze trocknen Wäsche und Haare schnell und so ziehen wir bald zum Mittagessen wieder zum "Hogar del Pensionista", der inzwischen von einer lärmenden Gymnastikgruppe älterer Spanierinnen sowie ihren wartenden Ehemännern geflutet wurde. Wieder gibt es zu den Getränken großzügige Tapas, diesmal gebratene Blutwurst. Leider nicht Veras Ding, so dass wir zusätzlich noch eine Portion Pommes mit Spiegelei ordern. So werden wir aber wirklich satt.
Vera muss sich von der spanischen Geräuschinvasion erholen, während ich weiter den Ort erkunde und später auf der Terrasse der Bar "El Chuti" noch einen kühle Zitronenlimo trinke. Auch hier palavern spanische Mamas wieder lautstark mit ihrem quirligen Nachwuchs, nichts für ruhebedürftige Gemüter. Immerhin erfahre ich von dem Wirt, dass wir hier in einer "Multitienda" auch am Sonntagnachmittag noch Lebensmittel kaufen können. Der Laden liegt ziemlich versteckt, die Straße am "Hogar del Pensionista" weiter hoch, bis sie am Ende auf eine Querstraße trifft, dann links. Es ist das 2. Haus auf der linken Seite, nur erkennbar an einer relativ unscheinbaren Eisreklame. Die Lebensmittelauswahl ist gut. Hier bekommen wir Wasser, Joghurt, Obst und Brot. Auch Wurst und Käse hätte es gegeben, aber da wollen wir erst einmal unsere Reste vertilgen.

Vera ist heute Abend nicht mehr auf einen Absacker in eine der Bars zu bewegen. Sie findet die Lautstärke der einheimischen Konversation heute unerträglich. Auch ich fürchte, dass wir wieder - wie gestern in der "Casa Alejandro" Stierkämpfe im Pay-TV verfolgen müssen. Dieser ungleiche Kampf ist nichts für mich. Ich freue mich diebisch über jeden verletzten Torero, auch wenn das dem Stier letztlich nicht die Haut rettet.
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Naline
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Re: Eine Virtuelle Pilgerreise auf der Via de la Plata

Beitrag von Naline »

Hallöchen,
ich hinke ein bisschen hinterher und beschreibe Euch jetzt erst mal die Strecke von Zafra bis Merida: mit dem Rad ca 66 km.
Wir starteten morgens in Zafra und nehmen die EX-101 und das mit Absicht. Ich hatte im Internet ein Gaudi-ähnliches Gebäude in Los Santos de Maimona entdeckt und da fahren wir jetzt vorbei:

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Weiter geht's in Richtung Villafranca de los Barros. Hier frühstücken wir an der Kirche. Dann fahren wir den langen geraden Pilgerweg durch den Wein- und Olivenanbau der Tierra de Barros. Heute bin ich froh, mit dem Rad unterwegs zu sein. Ganz ehrlich, die wenigen Fußpilger die wir treffen machen keinen glücklichen Eindruck - das ist wohl ein sehr hartes Stück vom Camino. Aber der spanische Radpilgertrupp überholt uns, wir rufen uns "Patata" zu, das sagen die Spanier beim Fotographieren, wenn alle gemeinsam lächeln.

Bild

In Torremejia machen wir Pause und kommen mit einem Katalanen in ein sehr interessantes Gespräch. Er läuft von Paris nach Cadiz.
Wir fahren weiter nach Merida und kommen über die wunderschöne alte römische Brücke an. Unterkunft haben wir direkt gegenüber dem Diana-Tempel.
Unser erster Ruhe-bzw. Besichtigungstag steht an.
Merida-"Spaniens Rom" ist eine tolle sehenswerte Stadt. Wir schauen uns alles an und lassen uns bei herrlichem Wetter treiben.

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Liebe Grüße von Naline
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Pilger Franz
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Re: Eine Virtuelle Pilgerreise auf der Via de la Plata

Beitrag von Pilger Franz »

Wir sind etwas auseinander geraten, drum möchte ich die Orte an der Strecke von Mérida bis zu Tajo-Stausee zur besseren Orientierung aneinanderreihen, samt den OUTDOOR-Etappennummern.
(12.) Mérida – Prosperina-Stausee - Carrascalejo – Aljucén
(13.) Aljucén - Cruz del Niño Muerto/Visigothic church of Santa Lucía del Trampal*) - Alcuéscar
(14.) Alcuéscar - Casas de Don Antonio - Aldea del Cano
(15.) Aldea del Cano - Valdesalor
(16.) Valdesalor - Cáceres
(17.) Cáceres - Casar de Cáceres
(18.) Casar de Cáceres - Tajo-Stausee

Zum Prosperina-Stausee, den die Römer zur Wasserversorgung von Mérida vor 2.000 Jahren angelegt haben, möchte ich etwas Ingenieurtechnisches anmerken. Die Wasserleitung führte über knapp 6 km mittels Tunnel durch einen Granitfelsen und dann zum Los Milagros-Aquädukt, bis zum Castellum aquae in Mérida. Das wirklich Erstaunliche: Die Leitung hatte ein Gefälle von einem Meter auf 2 Kilometer, das Wasser bei dieser Neigung eine optimale Strömungsgeschwindigkeit. Wie haben sie das ohne die modernen Messmethoden hinbekommen?!

Eine ähnliche Wasserführungskunst habe ich beim Kloster Abbaye de Citaux, dem Mutterkloster der Zisterzienser, erlebt. Es wurde im Burgund im 11. Jahrhundert von Bernard de Clairvaux gegründet. Die Mönche haben mit dem Wasser ihre Landwirtschaft betrieben.

*) https://de.wikipedia.org/wiki/Santa_Luc ... el_Trampal

Und weiter geht's:
16. Valdesalor - Cáceres, 12 km
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Zuletzt geändert von Pilger Franz am 21. Mai 2021, 18:50, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Eine Virtuelle Pilgerreise auf der Via de la Plata

Beitrag von Via2010 »

Die Gewohnheiten und Gehgeschwindigkeiten sind unterschiedlich.

Bei mir führt die 13. Etappe von Valdesalor über Cáceres nach Casar de Cáceres (24 km)

Die Erfahrung aus dem Jahre 2008, dass die Herberge in Cáceres relativ teuer und nicht besonders gut ausgestattet war, lässt mich diesmal sogleich die Herberge von Casar de Cáceres als Tagesziel ansteuern. Vera hat sich von den gestrigen Strapazen gut erholt. Um der Mittagshitze zu entgehen und in Cáceres etwas Zeit für Besichtigungen haben, brechen wir zeitig auf und verzichten auf das ab 6.00 Uhr mögliche Frühstück in der Bar "El Chuti".

Der Weg führt schon am Ortsrand wieder von der Nationalstraße weg und ist als örtlicher Wanderweg ausgechildert. Sandige Pfade führen durch Ginsterheide. Schon um 8.30 Uhr ist der Ortsrand von Cáceres mit einem kleinen Industriegebiet (dort Frühstücksmöglichkeit in der Bar Romero) erreicht. Leider ist die Beschilderung am 1. Kreisverkehr etwas lückenhaft, so dass wir unnötigerweise etwas herumirren. Hier geht es leicht rechts nach unten, am Gericht (Wegweiser "juzgados") vorbei in die Ronda San Francisco. In der Bar "Il Giardino", einem etwas vom Weg zurückliegenden gelben Haus, frühstücken wir wie schon 2008 gut und günstig. Der Wirt schenkt und sogar noch Lollis und Kaugummi als Wegzehrung, falls wir unterwegs eine Stärkung benötigen.

In der Altstadt, bei den arabischen Bädern, verlieren sich die Pfeile leider erneut und so bekommen wir mehr von den Altstadtgassen nebst deutschen Studienreisenden fortgeschrittenen Alters zu sehen, als uns lieb ist. Beide Pilgerführer verfügen leider über keine wirklich brauchbare Karte, so dass wir uns lieber zur Plaza Mayor nebst Touristinformation durchfragen. Auch die Kathedrale besichtigen wir noch und lassen unsere Pilgerausweise dort stempeln. Dann gönnen wir uns auf der lauschigen Plaza San Juan neben der Plaza Mayor noch einen Eiscafé und kehren dann durch die rückwärtige Nebengasse mit kurzem Abstecher in den "Decathlon City" zwecks Ersatzbeschaffung für unsere mittlerweile durchgelaufenen Socken wieder auf den markierten Pilgerweg zurück.

In der Santiagokirche sehen wir noch einen beeindruckenden "Paso" (Prozessionsaltar) mit einer lebensgroßen Darstellung des letzten Abendmahls. Wie viele Träger werden sie dafür wohl benötigen.

Vorbei an der Stierkampfarena und zwei Altersheimen führt der Weg raus aus der Stadt und dann leider zunächst etwa 5 km direkt neben der Nationalstraße, dann auf einem Feldweg in deren Sichtweite nach Casar de Cáceres. Kurz vor dem Ort begegnet uns noch ein Wanderschäfer. Ein nicht zu verfehlender 2 Meter langer Pfeil weist uns zum Stadtpark und durch selbigen ins Ortszentrum mit der einfachen, aber küchentechnisch gut ausgestatteten Herberge. Die Schlüssel gibt es entweder im Rathaus oder in der Bar Majuca gegenüber, was wir - weil es jetzt um 14.00 Uhr zeitlich gerade so hinhaut - mit dem Verzehr des Mittagsmenüs verbinden. Abends gibt es Menü erst wieder ab 19.30 Uhr.

Für 10 € erhalten wir auf die Empfehlung der Wirtin vertrauend "Pisto", eine Art Gemüseeintopf- ähnlich wie Ratatouille - mit Spiegelei, dann "guisado de ibérico" - ein sehr schmackhaftes Gulasch und schließlich leckeren hausgemachten Flan. Dazu natürlich wieder eine Flasche Rotwein und Gaseosa, welche uns als "Tinto de Verano" gemixt die nötige Bettschwere für die Siesta verleihen.

Später treffen auch Miguel und Cruz sowie zwei portugiesische Radler aus der Nähe von Fatima ein. Wir nutzen die Waschmaschine der Herberge für eine gründliche Reinigung unserer Ausrüstung, was nach fast 2 Wochen Handwäsche auch nötig ist. Da ich die Waschmaschine nach dem Ende des Waschprogramms zu früh öffnen will, schließt sie direkt noch einen 2. Waschgang an. Etwas Geduld hätte sich hier ausgezahlt.

Ich finde in der Herberge noch einen Prospekt des Käsemuseums, welcher in leckeren Rezepten die vielfältigen Verwendungsmöglichkeiten der "Torta de Casar" anpreist. Wir sind aber vom guten und reichlichen Mittagsmenü noch so pappsatt, dass uns eine Zuckermelone als Abendessen reicht.
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Re: Eine Virtuelle Pilgerreise auf der Via de la Plata

Beitrag von Via2010 »

Meine 14. Etappe: Casar de Cáceres - Herberge am Alcantara-Stausee (23 km)

Schon allein, weil die schön gelegene Herberge am Alcantara-Stausee nicht zuverlässig geöffnet hat, empfiehlt es sich, dieses Ziel nicht ab Cáceres, sondern erst ab Casar de Cáceres anzusteuern, um so notfalls noch bis Canaveral (+11 km) weitergehen zu können. Zudem hatte ich aus dem englischsprachigen Forum den Tipp, den Übernachtungswunsch per WhatsApp anzumelden. Aus den zunächst ausweichenden telefonischen Auskünften, die Miguel und Cruz auf ihre mündliche Anfrage erhielten ("wir haben auf, falls es nicht wieder Probleme mit dem Abwasser gibt") scheint es nämlich so, dass die Chance auf Öffnung mit der Anzahl der angekündigten Übernachtungen steigt. Unsere WhatsApp wurde jedenfalls prompt und bestätigend beantwortet. Von Problemen mit der Wasserversorgung war da nicht die Rede.

In der Parallelstraße (durch eine Art Tunnel kurz hinter der Herberge nach rechts) finden wir eine Churreria, die tatsächlich schon morgens ab 6.00 Uhr Frühstück anbietet. Da die Vorbereitung des leckeren Fettgebäcks etwas Zeit erfordert, nehmen wir erst einmal eine Tostada con Tomate und einen Milchkaffee. Da der Geruch dann doch gar zu verführerisch ist und unterwegs keine weitere Einkehr mehr möglich, ordern wir anschließend doch noch "churros". Es gibt hier beide Varianten, die normalen, fingerdicken und "puerros" (wie Porreestangen, daher wohl auch der Name), ebenfalls sehr lecker. Vera und ich teilen uns je eine Portion.

Die Landschaft des heutigen Pilgerweges, die wir ab 6.45 Uhr unter die Füße nehmen, erinnert mich stark an das australische "Outback". Eine karge Hochebene mit einzelnen Fincas, deren Windräder und Wassertürme bereits von Weitem auszumachen sind, dazwischen immer wieder Schafherden. Ein besonders großer, rötlich schimmernder Hinkelstein gemahnt gar an Ayers Rock. Am Wegesrand liegen immer wieder umgekippte römische Meilensteine. Schließlich queren wir auf einer Brücke die neue AVE-Trasse. Von Vorne weht ein beständiger Wind, der uns sanft sandstrahlt und dem Kiesbelag des Weges ein dekoratives, aber unangenehm zu begehendes Wellenmuster verpasst hat. Schließlich führt der Weg in Serpentinen durch Macchia bergab und an einem neu angelegten Pilgerrastplatz mit Schutzhütte vorbei, bevor er nach einigen steilen Metern auf die N 630 trifft. Dieser Straße müssen wir jetzt leider rund 6 km auf dem Seitenstreifen folgen, bevor wir auf zwei Straßenbrücken erst den Rio Almonte und dann den Tajo überqueren.

Der Pilgerweg wechselt hier zwischen den Brücken aus meiner Sicht unnötig von der linken auf die rechte Straßenseite und dann wieder zurück. Vielleicht liegt es aber auch daran, dass rechts hoch ein markierter Wanderweg direkt nach Canaveral (10,7 km) ausgeschildert ist, auf dem man - wenn die Herberge geschlossen hat - etwa einen Kilometer abkürzen könnte. Einen knappen Kilometer nach der Tajo-Brücke führt dann ein geschotterter Fahrweg links an einer geschlossenen Pension, einem exclusiven Angelclub und diversen, derzeit wohl unbewohnten Wochenendhäusern vorbei zur Herberge.

Obgleich die Herberge ab 12.00 Uhr geöffnet sein soll, erwartet uns bei unserer Ankunft um 12.15 Uhr noch niemand. Ich wähle daher die an der Eingangstür ausgehangene Handynummer (die nicht im Führer bzw. bei Gronze steht, weil diese Rufbereitschaft wohl häufiger wechselt). In etwa einer halben Stunde wird jemand kommen, um uns aufzuschließen. Immerhin gibt es auf der teilweise überdachten Herbergsterrasse eine Sitzgruppe, so dass wir die Wartezeit bei einem Picknick mit Blick auf den See überbrücken können.

Der verantwortliche Hospitalero - Andrés - ist noch der gleiche wie 2009. Zunächst kommt jedoch ein junger Gehilfe, der ebenso effizient die Zimmer zuweist und unsere Schmutzwäsche einsammelt (Wäscheservice ist hier immer noch inbegriffen). Wir nutzen den Nachmittag zum Relaxen und für ausgiebige Körperpflege. Da außer uns und Miguel und Cruz noch 4 portugiesische Radler hier Station machen, gibt es heute Abend sogar ein frisch zubereitetes Menü (10 €), nicht nur eine Auswahl von TK-Gerichten für die Mikrowelle. Wir nehmen gemischten Salat, Lomo mit Fritten und Eis. Alternativ hätte es Eintopf, Fisch und Pudding gegeben. Im Preis eingeschlossen ist ein Glas - sehr guter - Rotwein. Zum Glück realisiere ich rechtzeitig, dass der Hospitalero die Bar und Küche bereits um 19.00 Uhr schließt und besorge uns noch jeweils ein Glas (2 €) Nachschub. Bei dem stimmungsvollen Sonnenuntergang auf der Terrasse hätten es auch ruhig zwei sein dürfen!

Das Frühstück für morgen früh wird bereits bereitgestellt: Kaffee, Milch, Säfte, Magdalenas, Croissants, Toastbrot, Butter und Marmelade. D. h. den Kaffee dürfen wir uns morgen in der Microwelle aufwärmen, was jetzt aber weniger schlimm ist, als man denkt.

Unsere Nachtruhe ist leider nicht ungetrübt. In der Ferne heulen gespenstisch Hunde oder Wölfe, irgendwelche Tiere trampeln auf dem kiesbedeckten Flachdach der Herberge rum und man hört Steine poltern. Im Nebenzimmer schnarchen die biertrunkenen portugiesischen Radler. Durch die absolute Ruhe ringsumher fallen diese Geräusche natürlich umso mehr auf.
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VerlaufNix
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Re: Eine Virtuelle Pilgerreise auf der Via de la Plata

Beitrag von VerlaufNix »

Mal eine Frage hier zwischendurch, ich bin 2019 von Sevilla bis Caceres gepilgert und möchte entweder dieses Jahr bzw. nächstes Jahr dann weitermachen, ist eigentlich diese "unsichere" Herberge am Stausee (Tejo) wenigstens landschaftlich schön gelegen ? Die Herberge selbst sieht hübsch und zweckmäßig aus. Wenn man wie ich von Caceres wieder startet ist etwas Blöd weil bis Canaveral ist es arg stressig.
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Re: Eine Virtuelle Pilgerreise auf der Via de la Plata

Beitrag von Via2010 »

Hallo Verlaufnix,

nach Gronze, die im Moment die Öffnungen täglich aktualisieren, hat die Herberge jetzt schon auf. Sie liegt landschaftlich schön über dem Stausee, ist auch innen ganz chic, aber halt Mitten im Nichts. Vorankündigung per WhatsApp (du kannst ja Spanisch) ist dringend anzuraten.

Wenn es unsicher ist, würde ich eher noch 1/2 Tag in Cáceres verbummeln und eine Kurzetappe nach Casar de Cáceres einschieben. Oder morgens mit dem 1. Bus nach Casar düsen, denn die 11 km auf bzw. neben der Landstraße sind zumindest im Berufsverkehr nicht so der Bringer. Bei meiner Etappeneinteilung 2019 waren wir dort mittags unterwegs, da ging es eigentlich. Aber 2008 hatten wir den Berufsverkehr mit allen Begleiterscheinungen. 2009 haben wir dann für die Fortsetzung ab Casar den Bus genommen, der nach meiner Erinnerung halbstündlich oder stündlich verkehrt. Der Busbahnhof von Cáceres liegt allerdings etwas abseits der historischen Zentrums, aber wenn Du eh nach dort anreist, ist das wohl kein Problem.

Was die Infrastruktur am Stausee und den Ort Canaveral (sehr gepflegt, viele Restaurants) anbelangt, würde ich das nächste Mal wohl doch noch die 10 Kilometer bis dort auf dem ausgeschilderten lokalen Wanderweg dranhängen, der einen Kilometer des Pilgerweges auf der Landstraße abschneidet. Bei schwindenden Kräften oder Wasservorräten ist natürlich für die Strecke Stausee-Canaveral der Straße der Vorzug zu geben, denn der weitere Pilgerweg führt wirklich durch gerölliges und mit dem Fahrzeug unpassierbares Nichts, was vor einigen Jahren auch einem 40-jährigen deutschen Pilger zum Verhängnis wurde. Auch unseren etwas hüftkranken spanischen Mitpilgern hatte der Hospitalero zur Straße geraten, was ich nach Schienbeinproblemen infolge der gerölligen Holperstrecke inzwischen gut nachvollziehen kann.

BC
Alexandra
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Via2010
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Re: Eine Virtuelle Pilgerreise auf der Via de la Plata

Beitrag von Via2010 »

So, um Eure Geduld nicht allzu sehr auf die Probe zu stellen, geht es heute schon weiter mit der - holprigen - 15. Etappe:

Albergue am Alcantara-Stausee - Grimaldo (23 km)

Wir frühstücken ausgiebig. Ich gönne mir 2 Croissants, Scheiben Toast, 2 Kaffee und Ananassaft. Der Hospitalero hat gut für uns vorgesorgt.

Um 6.30 Uhr verlassen wir zusammen mit den Spaniern die Herberge und schießen noch ein paar Erinnerungsfotos in der Morgenstimmung am Stausee. Die beiden wollen entsprechend dem Rat des Hospitaleros entlang der Straße nach Canaveral laufen, weil Cruz Probleme mit der Hüfte hat. So können sie sich notfalls ein Taxi rufen.

Unser Pilgerweg führt nach Überquerung der N 630 zunächst sehr steil bergan, bevor er bei einer Schutzhütte mit dem schon zuvor von der Nationalstraße abzweigenden örtlichen Wanderweg zusammentrifft. Bis nach Canaveral erwarten uns noch gut 10 km sehr gerölliger Weg, der meinem linken Knöchel das Letzte abverlangt. Plötzlich blockiert eine schwarze Kuh unseren Weiterweg. Da das Tier zwar Hörner, aber weder Pinsel noch Hoden hat, stufe ich es als harmlos ein und gehe mutig weiter. Die Kuh weicht schließlich.

In Canaveral führt der markierte Pilgerweg am eigentlichen Ort vorbei. Uns gelüstet es jedoch nach Kaffee und außerdem müssen wir noch etwas Vorräte für heute Abend einkaufen, denn in Grimaldo gibt es keinen Laden. So halten wir uns Richtung Kirche und entern die erste geöffnete Bar. Rückblickend betrachtet hätten wir weiter gehen sollen, denn das Lokal ist ziemlich schmuddelig. Der junge Wirt ist offenbar frisch verheiratet oder verliebt, so wie er seine weibliche Begleitung anhimmelt und mit Küßchen und Streicheleinheiten bedenkt. Sie hingegen guckt ziemlich gelangweilt Seifenopern im TV und daddelt mit dem Handy, statt mal etwas aufzuräumen. Der Café con Leche ist aber dennoch lecker.

Dann suchen wir uns eine Tienda, verlassen die erste - fischstinkende - wieder, treffen dann auf eine blitzsaubere und appetitlich duftende Bäckerei, eine weitere gut sortierte und gepflegte Tienda und schließlich auf den Wochenmarkt, der keinerlei Wünsche mehr offen lässt. Hier gäbe es selbst Kleider und Sportschuhe. Lediglich der Gedanke an das zusätzliche Rucksackgewicht bewahrt uns vor größerem Kaufrausch. Beim Bäcker erstehen wir ein Baguette und 2 Ensaimadas, in der Tienda Wasser, Käse und Lomo-Aufschnitt und 2 Tomaten. Auf dem Markt lassen wir uns am Obststand nach diversen Kostproben noch zu einem Kilo Kirschen verführen.

Auf dem Weg aus dem Ort heraus und zurück auf den Pilgerweg (insgesamt 2,5 km extra) passieren wir noch mehrere Cafés, drei Restaurants und das Hostal Malaga. Alles sieht nett und gepflegt aus. Das nächste Mal würde ich daher wohl eher hier übernachten.

Der Weg führt als Piste durch einen Wald, an einem Steinbruch vorbei, erst gemächlich, dann jedoch schwindelerregend steil zum "Puerto de los Castanos" empor. Beim Steinbruch halten 9 Wagen Guardia Civil sowie ein Krankenwagen. Im Weitergehen hören wir immer wieder beunruhigende Maschinengewehrsalven. Im Pinienwald verlangt meine Mitpilgerin nach einer Pinkelpause und schickt mich vor. Als sie 10 Minuten später immer noch nicht aufgetaucht ist, werde ich unruhig. Wir wissen ja nicht, was da im Steinbruch vor sich geht. Ist das nur eine Übung (das bestätigen nachher Miguel und Cruz) oder hat sich dort ein flüchtiger Verbrecher verschanzt? Entwarnung - meine Mitpilgerin hatte beim Wiederaufsetzen ihres Rucksacks unser Baguette verloren und musste nochmals zurücklaufen, als sie ihr Missgeschick bemerkte.

An bizarr geformten knorrigen Korkeichen vorbei führt der Weg wieder hinab und kreuzt bei einem "Club" eine Landstraße. Hier hatte 2009 eine ältere Mitpilgerin ahnungslos einen Kaffee getrunken und sich an der Gesellschaft der "netten jungen Damen" erfreut. Heute herrscht hier jedoch reger Betrieb, 9 Autos im Hof. Wir ziehen durch lichte Korkeichenwälder und über einige kleine, nett mäandernde Bachläufe hinweg durch das Tal, bis wir nach knapp einer Stunde auf den deutlich markierten Anstieg nach Grimaldo treffen. Über einen letzten knackigen Anstieg erreichen wir eine gute Viertelstunde später den Ort.

Da die Bar Grimaldo heute (Mittwoch) Ruhetag hat, schließt uns die Nachbarin Faustina, eine resolute Dame um die 70, die früher als Lehrerin hier im Ort tätig war, die Herberge auf. Die Herberge ist zwar einfach, aber seit 2009 doch gründlich modernisiert und wohl nochmals kürzlich renoviert worden. Es gibt 14 Betten in 4 kleinen Zimmern, ein Badezimmer und eine kleine Küche mit Boiler und Mikrowelle. Das erkennbar Engagement um die Verbesserung der Herberge honoriere ich mit einem besonders üppigen "Donativo".

Auf der anderen Straßenseite lockt die Weinlaubüberwucherte Terrasse des "Asador de Grimaldo", wo es für 10 € (aber nur drinnen) auch ein Mittagsmenü gibt. Die Karte hebt sich so wohltuend von den üblichen "Pilgermenüs" ab, dass sie hier gesonderte Erwähnung verdient. Als Vorspeise hatten wir die Wahl zwischen Linsen, Kutteln mit Kichererbsen, Ensalada Tropical (gem. Salat mit Ananas) und Gazpacho de Remolacha (rote Beete). Als Hauptgang Carilleras (Schweinebäckchen) mit Honig, Abanico (ein großes Steak), Lubina (Wolfsbarsch) oder Pavo (Putensteak) a la Brasa (vom im Gastraum sichtbaren Holzkohengrill). Als Nachtisch Natillas (Vanillepudding), Cuajad (Dickmilch), Sandia (Wassermelone) oder Eis.

Gut gesättigt halten wir 2 Stunden Siesta, bevor wir uns um die üblichen Pilgerverrichtungen kümmern. Als Abendessen reichen heute wirklich die Kirschen. Später gönnen wir uns nochmals ein großes Radler aus einem eisgekühlten Krug auf der lauschigen Terrasse des Asador.

Inzwischen ist auch die Wirtin der Bar Grimaldo von ihrer Einkaufstour zurückgekehrt und führt noch ein angeregtes Gespräch mit Miguel, Cruz und mir. So erfahren wir, dass es im Ort einen guten Trinkwasserbrunnen gibt, an welchem sogar Leute aus Canaveral ihre Vorräte auffüllen. Leider verwechseln immer noch viele Menschen "Donativo"-Herbergen mit gratis bzw. günstig, an manchen Tagen sei die Herberge zwar fast voll belegt, aber am anderen Morgen nur 10 € in der Donativo-Box. Das veranlasst uns, unseren Donativo nochmals aufzustocken, denn die Herberge soll ja erhalten bleiben.
Fred
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Re: Eine Virtuelle Pilgerreise auf der Via de la Plata

Beitrag von Fred »

Grimaldo → Galisteo (21 km) • Freitag, den 25. Juni 2010

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Jetzt, in Galisteo lacht sie wieder und präsentiert ihre Bettwanzenspuren aus Grimaldo. Auch die Nacht vorher in der Alcantara-Herberge war eine Qual. Eine Wahnsinnshitze in diesem modernen Bau. Wir die beiden einzigen Pilger. Und machten jeder in seinem Schlafsaal den gleichen Fehler, nämlich zu lüften. Die Moskitos fanden es aber Klasse. Um vier Uhr morgens hab' ich's nicht mehr ausgehalten; bin aufgestanden und hab' gepackt. Und jetzt der Gag: als ich auf den Gang hinaus lief, ging die Tür des 'Frauenschlafsaals' auf und eine ebenfalls übermüdete Pilgerin mit geschulterten Rucksack kam raus...

Mario
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