Eine Virtuelle Pilgerreise auf der Via de la Plata

sowie der Camino Mozárabe und der Camino Sanabrès
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Via2010
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Re: Eine Virtuelle Pilgerreise auf der Via de la Plata

Beitrag von Via2010 »

8. Etappe: Zafra - Villafranca de los Barros (20 km)

Als Manko der Vereinsherberge von Zafra empfinden es manche, dass der Hospitalero die Küche zwischen 22.00 Uhr und 7.00 Uhr absperrt. Dies sollte man jedenfalls einkalkulieren, wenn man früher aufbrechen möchte oder Dinge im Kühlschrank einlagert. Grund hierfür ist, dass er dort alles für das Frühstück vorbereitet und verhindern möchte, dass dieses von egoistischen Zeitgenossen geplündert wird. In seiner Herberge gelten zwar strenge Regeln, aber diese erschienen mir nicht unberechtigt. Vielleicht hat auch das längere Gespräch mit ihm das Eis gebrochen. Jedenfalls hat er mir nachmittags, als ich im Patio auf das Freiwerden der Waschküche wartete, die wieder einmal ungebührlich lang von unserer wenig mitdenkenden dänischen Mitpilgerin belagert wurde, aus der Küche von seiner eiskalten Gazpacho geholt.

Zum gemeinsamen Frühstück treffen wir uns um 7.00 Uhr im Frühstücksraum. Jeder Pilger bekommt 1 Tasse Kaffee oder Tee, 1 Glas O-Saft, Zwieback mit Marmelade soviel man will und 1 abgepacktes Croissant. Das ist zwar nicht gerade üppig, erfüllt aber seinen Zweck. Denn weder auf dem Weg aus Zafra hinaus noch im 6 km entfernten Los Santos di Maimona stoßen wir im weiteren Verlauf auf eine geöffnete Bar.

Der Weg führt zunächst an der Pfarrkirche, dann an der Alba-Plata-Herberge vorbei aus dem Ort, passiert vereinzelte Gehöfte und steigt dann zu einer bewaldeten Anhöhe an. Auf neu betonierter Piste durchqueren wir einen Pinienwald und erreichen nach gut 1 1/4 Stunden Los Santos de Maimona. Der Ort ist langgezogen, präsentiert sich aber wie ausgestorben. Durch neu angepflanzte Olivenhaine und Weinfelder geht es relativ eben und eintönig weiter, bevor erst die Bahnstrecke und dann die Autobahn unterquert werden. Danach ist Villafranca bereits zu sehen, aber noch über eine Stunde Wegstrecke entfernt. Wir passieren mehrere zerfallende Fincas und Ölmühlen sowie den Abzweig zur längst geschlossenen Alba-Plata-Herberge "La Almazara". Auf Wasserbassins warnen Grafittis vor dem geplanten Bau einer Pipeline.

Hier ist vieles im Umbruch. In der 1. Bar des Ortes, die 2008 noch ziemlich runtergekommen wirkte und deren junger dicklicher Wirt sich damals mit dem Verleih von Pornovideos ein Zubrot verdiente, ist jetzt die optisch gepflegt wirkende Privatherberge "Los Caballeros" geworden. Wegen meiner Erinnerungen dränge ich Vera allerdings zur Herberge "El Carmen", die etwas versteckt hinter der Markthalle liegt. Dort treffen wir Lucien wieder, der sofort für uns - obgleich selbst trockener Alkoholiker - am Automaten ein kühles Begrüßungsbier zieht und dann auch noch bei der Hospitalera eine Flasche Rotwein für uns kauft. Da die Herberge über eine gut ausgestattete Küche mit Herd und Mikrowelle verfügt, werden wir heute selbst kochen. In den Markthallen erstehen wir für rund 1,60 € eine große Tüte mit Obst und Gemüse. Beim Metzger kaufen wir Bratwurst, im Supermarkt dann noch Nudeln und fehlende Kleinigkeiten. Davon machen wir Nudeln mit Ratatouille und Hackbällchen. Das ganze ist so reichlich, dass es für Lucien und uns sowohl zum Mittag- als auch zum Abendessen reicht.

Abends erkunden wir mit Lucien den Ort, der sich seit 2008 ebenfalls mächtig herausgeputzt hat. Gerade wird die Fußgängerzone neu gepflastert, wobei kunstvolle Motive mit Musikinstumenten gelegt werden. Wir besichtigen auch noch die weiße Wallfahrtskirche am Ortsende, weil Lucien unbedingt schon den morgigen Wegverlauf erkunden will. Gegenüber in der Casa Perín haben wir 2008 genächtigt, bekamen aber wegen der Weinernte und den auch nachts über das Kopfsteinpflaster holpernden Traktoren kein Auge zu. Damals gab es noch keine Herbergen, sondern nur 2 Hotels außerhalb sowie diese Privatpension. Hier ist diesmal Jacques abgestiegen, der wohl von seinem Appartement in Paris und seiner Villa bei Nizza einen luxuriöseren Lebensstil gewohnt ist. Diesmal soll es dort ruhig gewesen sein. Er gibt jedenfalls später an, dort sehr gut geschlafen zu haben.
Alter Esel
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Re: Eine Virtuelle Pilgerreise auf der Via de la Plata

Beitrag von Alter Esel »

Ich kann mich noch gut an den Hospitalero der Herberge Vincent van Gogh in Zafra erinnern (2016), als ich mir in der Küche einen Kaffee
kochte und dabei von ihm ertappt wurde schrie er mich zusammen :oops: was das soll..... mucho dinero bastard usw.
Seitdem frage ich in jeder Herberge ob man die Küche benutzen darf!

Ansonsten war es eine tolle Herberge

Kika
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Pilger Franz
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Re: Eine Virtuelle Pilgerreise auf der Via de la Plata

Beitrag von Pilger Franz »

Ein hospitalero mit schwachen Nerven, der an Badezimmertüren klopft und Pilgerinnen zusammenschreit - oder ist da nur ein oberstarker Ordnungsdrang am Werk?!
Man möchte ihn mal tröstend in die Arme schließen (soweit das politisch korrekt zu machen geht :-)).

Übrigens: Wenn jemand vor mir zu lange im Badezimmer verweilte, dann bekäme auch ich gewisse Aggressionsgefühle. Das Mindeste zum Aggro-Abbau wäre dann ein Anklopfen.

Danke für eure Beiträge! Vamos!
BC
Franz
Alter Esel
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Re: Eine Virtuelle Pilgerreise auf der Via de la Plata

Beitrag von Alter Esel »

Dei Albergue Las Caballeras in Villa Franca de los Barros habe ich Positiv in erinnerung (2016 gerade neu eröffnet ).Sehr freundliche
gastgeber , der Sohn hätte mich sogar zum Röntgen meines Fußes (verdacht auf ermüdungsbruch) ins nächste Krankenhaus
gefahren, ich wurde auch sonst sehr umsorgt.
Einziges Manko sind die Betten 3 stöckige Kajüten was schon sehr abenteuerlich ist!

Leider war hier auch das ende meiner Pilgerreise auf der Via ( Sehnenentzündung am Fuß)

Kika
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Pilger Franz
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Re: Eine Virtuelle Pilgerreise auf der Via de la Plata

Beitrag von Pilger Franz »

Via2010 hat geschrieben: 16. Apr 2021, 16:47 8. Etappe: Zafra - Villafranca de los Barros (20 km)
Der Weg führt zunächst an der Pfarrkirche, dann an der Alba-Plata-Herberge vorbei aus dem Ort, passiert vereinzelte Gehöfte und steigt dann zu einer bewaldeten Anhöhe an. Auf neu betonierter Piste durchqueren wir einen Pinienwald und erreichen nach gut 1 1/4 Stunden Los Santos de Maimona.
Dem OUTDOOR-Führer entnehme ich, dass die Anhöhe vor Maimona einen Anstieg von ca. 100 Höhenmetern bedeutet. Dir, Alexandra, ist der Anstieg wohl leicht gefallen :-).
Nach dem Ort Maimona sollte man den Weg nach ca. 600 m nach rechts verlassen, sonst landet man beim Friedhof, wie mir KOMOOT zeigt, und muss zurückgehen.
BC
Franz
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Via2010
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Re: Eine Virtuelle Pilgerreise auf der Via de la Plata

Beitrag von Via2010 »

Lieber Franz,

das war in den kühlen Morgenstunden. Ich versuche meist, die Etappen so zu stricken, dass fiese Anstiege am Beginn und nicht erst am Ende liegen.

Was die unterschiedlichen Erfahrungen mit den Hospitaleros betrifft, so zeigt das m. E. ganz gut, wie stark die Eindrücke subjektiv gefärbt sind.

Wobei bei der Herberge "Vincent van Gogh" in Zafra noch hinzukommt, dass diese irgendwann vom Donativo-System auf eine empfohlene "Festspende" von 12,50 € umstellte, weil sie sonst nicht auskömmlich zu betreiben war.

Mir ist aufgefallen, dass negative Rückmeldungen über Hospitaleros in Donativo-Herbergen häufig von Pilgern kommen, die des Spanischen nicht oder nur rudimentär mächtig sind. Die Hospitaleros dort haben dagegen oft nur begrenzte Fremdsprachenkenntnisse, so dass manches, was als Unfreundlichkeit gedeutet wird, eher auf einem Missverständnis beruht.

So fand meine Mitpilgerin Vera, die nur etwas Schulenglisch im Gepäck hat, den Hospitalero beim Einchecken, als er die Herbergsregeln erklärte, auch nicht sonderlich freundlich. Ähnlich unterschiedlich war die Wahrnehmung auch bei unseren anderen Pilgerbekanntschaften, je nach dem Grad der Spanischkenntnisse.

Und ähnliche Rückmeldungen habe ich auch über den Hospitalero Domingo in San Juan de Villapanada auf dem Camino Primitivo in Erinnerung. Dessen Regeln bedeuteten auch für manchen Pilgerneuling einen Kulturschock, während er für erfahrene Pilger eigentlich nur Selbstverständlichkeiten forderte (dreckige Schuhe nicht in den Schlafsaal mitnehmen, Rucksack nicht aufs Bett, nasse Sachen auf die Wäscheleine). Auch sollte jedem beim Anblick eines Heißwasserboilers klar sein, dass der Vorrat an Warmwasser begrenzt ist und man sollte sein Duschverhalten daran orientieren. Ebenso ist einleuchtend, dass die Verweildauer im Bad möglichst kurz sein sollte, wenn eine Herberge nur über zwei Badezimmer mit Dusche/WC verfügt. Auf eine Dusche mag ich 15 Minuten warten können. Aber wenn jemand dringend aufs WC muss?

BC
Alexandra
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Pilger Franz
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Re: Eine Virtuelle Pilgerreise auf der Via de la Plata

Beitrag von Pilger Franz »

Hola Alexandra,
danke für den sehr aufschlussreichen Kommentar.

Ich stelle mir das irgendwie babylonisch vor, jedem Pilger mit Händen und Füßen immer wieder dieselben Dinge zu erklären. Da erwirbt der Hospitalero schon beim Informieren eine gewisse Grundgenervtheit und nicht erst dann, wenn der Pilger irgendwas falsch macht.

In manchen Herbergen habe ich mehrsprachige Aushänge usw. angetroffen. Das könnten die anderen Herbergen und Hospitaleros doch auch machen? Pilger, die als Gast verweilen, könnten Übersetzungshilfe in ihrer eigenen Sprache leisten. Dann wäre das Immerwiederselbe auch in exotischen Sprachen verfügbar.
Ist ja nur so eine Idee...
BC
Franz
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Pilger Franz
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Re: Eine Virtuelle Pilgerreise auf der Via de la Plata

Beitrag von Pilger Franz »

Auf geht's zur nächsten Etappe, die wieder recht flach und ein bisschen eintönig dahingeht:

9. Villafranca de los Barros - (Almendralejo) – Torremejía, 26 km
BC
Franz
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Via2010
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Re: Eine Virtuelle Pilgerreise auf der Via de la Plata

Beitrag von Via2010 »

9. Etappe: Villafranca de los Barros - Torremejía (27 km)

Das Frühstück, das unsere junge Herbergswirtin für und drei gerichtet hat, ist sehr üppig. Es gibt sogar Käse und Wurst. Ich probiere "cachuela", eine extremenische Specialität, eine Art Leberwurst mit Paprikaschmalz. Das ist deftig und gibt gute Energie für den Tag.

Von der Herberge aus geht es erst einmal noch knapp 1,5 km durch den Ort, dann nach der weißen Wallfahrtskirche links und dann ab durch ebene Felder. Heute keine fordernden Anstiege. Dafür fast 28 km eintönige Sandpisten durch Weinfelder und Olivenhaine, nur unterbrochen durch Staubwolken mit Jeeps, in denen die rumänischen Feldarbeiter zu ihren jeweiligen Einsatzorten fahren. Selbst Steinquader als Sitzgelegenheit für eine Rast sind rar. Etwa auf halber Strecke geht es links auf einer Landstraße nach El Almendralejo, aber es wäre wohl keine gute Idee gewesen, bei den gestrigen Mittagstemperaturen die Etappe bis hierhin zu verlängern, denn Schatten finden wir unterwegs nicht. Hier stehen auch ein paar Häuser, wo man wohl notfalls seine Wasservorräte auffüllen könnte. Dann geht der Camino ebenso eintönig weiter, quert eine weitere Landstraße von bzw. nach Almendralejo und unterquert schließlich kurz vor Torremejía die Bahnlinie. Nach Regen sammelt sich in dieser Unterführung offenbar kniehoher Matsch, weshalb es auch eine Ausweichstrecke über eine kleine Bahnbrücke gibt (geschätzte 2 km mehr).

Nach der Unterführung ist der Weg 2008 geradeaus in den Ort gegangen und auf die Hauptstraße mit Restaurants, Hostal Millenium und dem Supermarkt getroffen. Diese Wegführung haben die sehr geschäftstüchtigen Betreiber der Privatherberge "El Rojo Plata" offenbar geändert. Jetzt geht es an der Rückseite der Häuser durch Felder bis zu der Wohnstraße, in der sich direkt ihre Herberge befindet. So bekommt man erst einmal keinen Überblick über die Infrastruktur des Ortes und ist natürlich dann geneigt, die angebotene Halbpension für 25 € zu buchen. Auch Vera plädiert dafür, da sie zweifelt, dass das hervorragende Restaurant "El Alameda" aus meinen Schilderungen noch existiert. Die HP beinhaltet die Übernachtung in einem vollgestellten Schlafsaal (12 €), das Abendmenü (11 €, ok aber durchschnittlich) und zum Frühstück 1 Kaffe und 1 Toastada oder Croissant (3,50 €). Also keine Riesenersparnis für die Festlegung. Die Sanitäranlagen der Herberge sind auch recht limitiert. Aber die einzige Alternative wäre derzeit das 70er-Jahre-Hostal Millenium (25 € fürs EZ, 30 € fürs DZ), da die schöne Alba-Plata-Herberge im Palacio de Lastra geschlossen hat.

Später sehen wir, dass wir im Restaurant "El Alameda", wo schon der spanische König Felipe diniert hat, für 12 € ein originelleres und wohl auch besseres Menü bekommen hätten. Da gibt es viele regionale Spezialitäten. Am Wochenende ist das Menü etwas teurer (16 €) aber auch noch festlicher.

Am Wochenende (Samstag/Sonntag) ist es hier im Ort übrigens mau. Da nimmt man besser gleich den Bus nach Merída, um die wenig attraktive morgige Etappe zu überspringen. Der Supermercado schließt samstags bereits um 14.00 Uhr und auf der Tanke am Ortsausgang gibt es außer Wasser und anderen Getränken kaum was. So sind wir im Oktober 2008 sonntagmorgens mit knurrendem Magen durch weitere Weinfelder nach Merída gelaufen, dankbar für jede hängen gebliebene Traube.

Unser recht durchschnittliches Menü in dem der Herberge angegliederten Restaurant wird immerhin durch die Gesellschaft unserer französischen Freunde Lucien, Julien und Jacques aufgewertet, mit denen wir vorher auch noch einen Aperitiv in der Bar getrunken haben (wir und Julien Pacharán, Jacques Whiskey und Lucien natürlich Cola). Jacques ärgert sich wieder, dass sein Rindfleisch zäh ist. Bei Huhn bzw. Lomo hatten wir diese Probleme nicht.

Die Nacht im überfüllten Schlafsaal ist recht unruhig. Immerhin hatte ich mir bei der Bettenbelegung die Vorherrschaft über das Fenster gesichert und konnte lüften. Jacques hat im Hostal Millenium allerdings - wie er uns am nächsten Morgen gesteht - auch nicht besser geschlafen.
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Pilger Franz
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Re: Eine Virtuelle Pilgerreise auf der Via de la Plata

Beitrag von Pilger Franz »

Simsim hat geschrieben: 21. Mär 2021, 14:31 Lo siento mucho, Franz, aber wenn nichts dazwischen kommt bin ich ab morgen (war eigentlich schon für heute geplant) auf dem Weg. Ab Vezelay. Laufe mit Zelt und kaum Auflademöglichkeit. Muss (und will) daher meine Internetpräsenz stark einschränken, auf das allernötigste.
Sonst sehr gerne. Gracias!

Hasta luego!
Hola Simsim,

qué tal? Wie ist es dir inzwischen ergangen?
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Eine Virtuelle Pilgerreise auf der Via de la Plata

Beitrag von Pilger Franz »

Via2010 hat geschrieben: 20. Apr 2021, 11:08 9. Etappe: Villafranca de los Barros - Torremejía (27 km)
Nach der Unterführung ist der Weg 2008 geradeaus in den Ort gegangen und auf die Hauptstraße mit Restaurants, Hostal Millenium und dem Supermarkt getroffen. Diese Wegführung haben die sehr geschäftstüchtigen Betreiber der Privatherberge "El Rojo Plata" offenbar geändert. Jetzt geht es an der Rückseite der Häuser durch Felder bis zu der Wohnstraße, in der sich direkt ihre Herberge befindet.
Dies ist eine guter Hinweis, den markierten Camino hier zu verlassen und zwecks Überblick über die Infrastruktur des Ortes weiter zur Hauptstraße zu gehen. Auch der Hinweis auf den Bus nach Merida, um die öde restliche Strecke zu meiden. Merk ich mir :-) Danke Via2010.
Wo steht eigentlich die Säule, an der du lehnst?
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Re: Eine Virtuelle Pilgerreise auf der Via de la Plata

Beitrag von Via2010 »

Hallo Franz,

das war 2009 auf der Via kurz vor Zamora, ich meine auf der Etappe zwischen El Cubo Tierra del Vino und Villanueva de Campeán.

BC
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Re: Eine Virtuelle Pilgerreise auf der Via de la Plata

Beitrag von Simsim »

Pilger Franz hat geschrieben: 20. Apr 2021, 11:46

Hola Simsim,

qué tal? Wie ist es dir inzwischen ergangen?
Holà peregrino Franz,

ab morgen bin ich nicht mehr Mitglied hier im Forum (siehe Impf-Thread), aber ich kann Dir schnell noch sagen...tja....als in Frankreich kurz vor Ostern wieder landesweit Ausgangssperre (10 km Freiraum tagsüber) ausgerufen wurde, bin ich erstmal wieder zurück nach Vezelay getrampt.

Bis dahin war es wunderbar wohltuend, einfach nur zu laufen und die Nächte in den Wäldern zu verbringen. Die Einwohner waren zumeist sehr erfreut, eine Pilgerin zu sehen.
Jetzt bin ich verbotenerweise nochmal unterwegs, seit drei Tagen, werde aber kaum die Nerven haben weiter zu gehen, glaube ich.

Es sind einige unterwegs, man hat praktisch null Kontakt zu anderen, stellt also nun wirklich keinerlei Risiko dar, aber ich finde es erstmal stressig, immer mit Polizei, oder mindestens bösen Blicken rechnen zu müssen und ich möchte niemanden provozieren.

Aufgrund der neuen Ausgangssperre ist die Stimmung der Menschen teilweise sehr gedrückt bis aggressiv. Wir haben ja hier schon seit einem Jahr sehr viel strengere Bedingungen als in Deutschland und in vielen Gegenden gibt es kaum Corona in den Krankenhäusern. In anderen Gebieten dafür sehr viel.....in einem südlichen Departement gibt es gerade mal 15 Kranke, da sind die Leute extrem genervt, dass sie so drastische Regeln einhalten müssen.

Mal sehen wie alles weitergeht.

Danke für die Berichte von der Via.

Alles Gute,
Simone
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Pilger Franz
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Re: Eine Virtuelle Pilgerreise auf der Via de la Plata

Beitrag von Pilger Franz »

Nachtrag zur Etappe
8. Etappe: Zafra - Villafranca de los Barros (20 km)

Im englischsprachigen Forum habe ich gefunden: "I was in Villafranca de los Barros overnight. Stumbled onto a wonderful old car and motorcycle museum. A must see if you go through this town. The museum is just opposite the south wall of the cathedral."

https://www.caminodesantiago.me/communi ... ata.68525/ #31 mit Fotos für Freunde der Oldtimer (Fahrzeuge).

Und auf zur nächsten Etappe 10. Torremejía – Mérida, 16,0 km
BC
Franz
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Re: Eine Virtuelle Pilgerreise auf der Via de la Plata

Beitrag von Via2010 »

Und weiter geht es auf der 10. Etappe von Torremejía über Merída nach El Carrescalejo (30 km)

Die Nacht im voll belegten Schlafsaal war kurz. Da die Herbergsbetreiber 7 Stockbetten auf Raum zusammengestellt hatten, der vielleicht für 5 Betten gereicht hätte, waren Kollisionen mit Bettgestellen und Rucksäcken während des nächtlichen Toilettengangs unvermeidlich.

Nach dem im Pauschalpreis enthaltenen Frühstück, das aus einer Marmeladentoastada und einem Café con leche in der Bar des Vaters der Herbergswirtin bestand, brachen wir auf nach Merída. Die nächsten 10 km verlief der Weg wenig attraktiv mal unmittelbar neben mal auf der Nationalstaße. Dann ging es durch Olivenhaine hinab zu einer Senke, in der sich eine große Ziegenfarm befand. Langsam näherten wir uns den Außenbezirken der Stadt, was man an zunehmenden Schuttablagerungen am Wegesrand (u. a. ein noch fast unbenutztes "Pilgerklo") feststellen konnte. Die letzten knapp 2 km ging es durch gepflegte Parkanlagen am Flussufer entlang zur Römerbrücke, über die wir stilsicher in die Stadt einzogen.

Da es erst knapp 10 Uhr waren, uns aber bereits wieder der Hunger plagte, gönnten wir uns in einer Bar am Hauptplatz - Plaza de Espana - ein zweites Frühstück (Café con leche und eine Toastada mit Tomaten und Olivenöl für insgesamt 2,20 €). Auf dem Platz sammelten sich in Togen gewandete Schulkinder nebst stolzen Müttern. Einige als römische Legionäre verkleidete Herren sorgten für Ordnung.

Wir brachten in Erfahrung, dass an diesem Wochenende Römerfestspiele angesetzt waren und besorgten uns in der Touristinfo das Programm. Leider waren die wirklich interessanten Punkte, z. B. eine Theateraufführung im römischen Theater, pilgerunfreundlich erst nach 22.00 Uhr abends angesetzt. So entschieden Vera und ich uns entsprechend unserer ursprünglichen Planung doch für den Weiterweg nach El Carrescalejo.

Auf dem Weg durch bzw. aus der Stadt nahmen wir noch die frei zugänglichen römischen Sehenswürdigkeiten mit, die jemanden, der in der Römerstadt Trier gelebt hat, nicht wirklich beeindrucken können (die zahlreichen amerikanischen Touristen dafür umso mehr). Am beeindruckenden Arqueducto de Milagros verabschiedeten wir uns von unseren französischen Mitpilgern und der Dänin. Jacques reist morgen heim, er geht den Weg in Etappen. Lucien und Julien haben dagegen Pilgern open end und wollen jedenfalls noch bis Santiago.

Die nächsten 6 km des Weges bis zum beeindruckenden römischen Stausee "Embalse de Proserpina" verlaufen wiederum auf bzw. unmittelbar neben einer zum Glück kaum befahrenen Landstraße. Da wir hier mit keiner Einkehrmöglichkeit mehr rechnen, steuern wir das geschlossene Restaurant Proserpina an, aus dessen Innerem wir Aktivitäten und Musik vernehmen. Die Betreiberfamilie ist eigentlich mit Renovierungsarbeiten beschäftigt, mixt uns durstig aussehenden Pilgerinnen aber dennoch ein Radler, das wir auf der Terrasse einnehmen. Außerdem zweigen sie von ihrem Mittagessen noch ein paar Croquetas als Tapa dazu für uns ab. Die sind wirklich nett!

Kurz danach passieren wir den leider geschlossenen Campingplatz (wie es aussieht, ist da schon länger nichts mehr los) und erreichen dann auf sandigen Pfaden den wunderschön gelegenen und beeindruckenden Stausee, dessen Uferlinie wir die nächsten 3 km folgen. Hier gibt es sehr einladend aussehende Ausflugslokale mit schattigen, weinüberwucherten Terrassen. Wir können aber nicht schon wieder rasten.

2008 war ich hier noch nicht vorbeigekommen, da der Pilgerweg damals noch dem kürzeren Straßenverlauf folgte.

Nach den noch beeindruckend gut erhaltenen Stauanlagen schwenkt der Weg zurück auf die jetzt noch einsamere Landstraße. Außer zwei Viehtransportern keinerlei Verkehr. Wir sehen einen Wiedehopf und passieren einen altersschwachen, körperlich noch sehr beeindruckenden Kampfstier. Der ist aber bereits so ermattet, dass er noch nicht einmal den Kopf hebt, als wir knapp 3 m vor seiner Nase vorbeipilgern.

Erst etwa eine Stunde nach dem Stausee - was aus Raimunds Wegbeschreibung leider nicht so deutlich wird und dementsprechend für starken Frust bei Vera sorgt- führt der Pilgerweg wieder als Sandpiste durch mit Granitblöcken durchsetzte Dehesas und steigt stetig an. Nach einer 3/4 Stunde stehen wir auf einer Anhöhe und sehen erstmals den noch etwa 1,5 km entfernten Ort. Hier wollen wir in der erst vor einem guten Jahr eröffneten Pilgerherberge bleiben.

Statt das Ortszentrum mit der Kirche zu erklimmen - das holen wir später nach - kann man direkt nach links zur Pilgerherberge und dem Sportzentrum mit Bar/Cafeteria absteigen. Wir sind hier heute außer zwei später eintreffenden Radlern die einzigen Pilger.

Erst wollten wir für abends bei der Wirtin ein Menü vorbuchen, entschieden uns aber dann nach einer erfrischenden Dusche doch erst einmal für eine "fuente de patatas" (große Portion Pommes mit Ketchup und Mayo) und ein Radler. Die Wirtin war auch froh, dass sie für uns kein Menü mehr richten brauchte, da hier heute Abend ein Dorffest stattfinden sollte, das ihr Organisationsgeschick beanspruchte. So haben wir später zu Abend noch eine Portion der für das Fest vorbereiteten Migas (gebr. Brotwürfel mit Speck und Ei) gegessen. Von dem Fest haben wir, obwohl es direkt vor der Herberge stattfand und angesichts der bereitgestellten Getränkevorräte auf ein feucht-fröhliches Gelage zu schließen war, nicht mehr viel mitbekommen. Vielleicht waren wir nach der langen Etappe einfach zu müde?

Eine kurze Schrecksekunde durchlebten wir, als der Staffordshire-Terrier der Tochter der Herbergswirtin uns in die Dusche folgte. Es war aber ein gehorsamer Hund und die Situation schnell wieder im Griff. Ansonsten eine gepflegte Herberge mit gutem Preis-Leistungs-Verhältnis und einer aufmerksamen Wirtsfamilie.
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