Gibt es zu viele Pilgerwege !

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gibt es zu viele Pilgerwege !

Umfrage endete am 31. Jan 2022, 13:43

es gibt zu wenige Pilgerwege
0
Keine Stimmen
es gibt zu viele Pilgerwege
2
7%
es sollte so bleiben wie es jetzt ist
7
23%
ein Pilgerweg ohne Herbergen ist kein Pilgerweg
5
17%
ein Pilger braucht keinen Pilgerweg
11
37%
auch ein Wanderweg ist ein Pilgerweg
5
17%
 
Insgesamt abgegebene Stimmen: 30

Alter Esel
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Gibt es zu viele Pilgerwege !

Beitrag von Alter Esel »

Ich blicke da bald nicht mehr durch :o oder die Inflation der Pilgerwege
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Matt Merchant
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Re: Gibt es zu viele Pilgerwege !

Beitrag von Matt Merchant »

Lieber Kika,

da ich Paradoxien liebe, antworte ich mal paradox:

Es gibt nur einen einzigen Pilgerweg: den zu Dir selbst.
Also gibt es so viele Pilgerwege wie es Menschen gibt.


Die vorhandenen Routen sind dafür nur Gehhilfen. Sie erinnern uns notwendig daran, dass es Vorgänger*innen und Nachfolger*innen gibt. Dass wir immer gemeinsam unterwegs sind.

Ein frohes neues Jahr!
Matthias
"Das Unscharfe um das Display herum, das ist der Camino.“ (frei nach M. M. Profitlich) :geek:
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Pater Norbert
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Re: Gibt es zu viele Pilgerwege !

Beitrag von Pater Norbert »

Dir mag es zuviel sein, aber deine Auswahl ist für mein Gefühl nicht ausreichend.

Meine Antwort wäre: Es gibt nie zu viele Pilgerwege.

Als Pilgerweg beschreibe ich einen Weg, den jemand wählt, um darin Gott zu begegnen. Und davon gibt es nie genug.
Jetzt in der Weihnahtszeit gibt es viele Menschen, die "Krippentouren" machen. Für mich kann jeder dieser Wege ein Pilgerweg sein.
Wer pilgert, wird von einem Virus infiziert, das nicht vergeht.
Gemerkt im März 2022. Avatar stammt aus Juni 2023.
Christoph Kühn
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Re: Gibt es zu viele Pilgerwege !

Beitrag von Christoph Kühn »

In den Anfangsjahren meines Pilgerdaseins, in den achtziger und neunziger Jahren, bin ich in Deutschland ganz gut ohne ausgeschilderte Pilgerwege klargekommen, denn diese gab es noch nicht. Orientiert habe ich mich mit Karten im Maßstab 1:50.000 oder 1:75.000 und mit den Dehio-Handbüchern, die damals noch nicht so umfangreich waren und daher gut mitgenommen werden konnten. Es ging also auch ohne, nur: Es machte damals kaum jemand.

Es ist ein überall zu beobachtendes Phänomen, dass Menschen dort auf den Weg gehen, wo die Wege ausgearbeitet wurden. Die ausgeschilderten und in Führern beschriebenen Pilgerrouten bringen die Menschen überhaupt erst dazu, sich auf den Weg zu machen. Das ist für mich ein ganz wesentliches Argument für ihre Daseinsberechtigung. Der häufig zu hörende Spruch "Wege entstehen, indem man sie geht" mag vielerorts gelten; für die heutigen Wege der Jakobspilger gilt er sicherlich nicht.

Die Jakobus-Vereinigungen in Deutschland koordinieren sich seit 2009 mit halbjährlichen Treffen in einer Arbeitsgemeinschaft und haben dort - nach meiner Erinnerung um 2013/14 - beschlossen, keine neuen Wege der Jakobspilger mehr zu erarbeiten, es sei denn, es handelt sich um damals bereits in Arbeit befindliche Projekte (z. Bsp. Badischer Jakobsweg, Via Imperii, Heidenstraße) oder um fehlende Verbindungen, die empfindliche Lücken schließen und zur Vervollständigung des Wegenetzes notwendig sind (z. Bsp. Braunschweiger Jakobsweg).

Mittlerweile haben wir in Deutschland ein gut ausgebautes Netz von Wegen der Jakobspilger, das vielen Menschen Pilgerwanderungen ermöglicht. Die Herausforderung besteht nicht darin, dieses Netz weiter auszubauen; sie besteht vielmehr darin, es zu erhalten und zu pflegen. Über die vielfältigen Anstrengungen, die in dieser Hinsicht unternommen werden, habe ich hier im Forum an anderer Stelle geschrieben. Es ist nicht selbstverständlich, dass dieses Wegenetz uns Pilgern auch künftig zur Verfügung steht, wenn sich nicht weiterhin viele Ehrenamtliche in Jakobus-Vereinigungen, Kirchgemeinden und Herbergen darum bemühen.

Daher gebe ich meine Stimme für "Es sollte so bleiben, wie es jetzt ist." Wenn wir das auf längere Sicht schaffen und Jüngere motivieren können, die Arbeit fortzusetzen, haben wir viel erreicht.
"70 Jahre nach dem Ende des 2. Weltkriegs sind in Europa wieder Städte von der Auslöschung bedroht."

Karl Schlögel, 2015
Alter Esel
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Re: Gibt es zu viele Pilgerwege !

Beitrag von Alter Esel »

https://www.katholisch.at/aktuelles/134 ... quantitaet

so denkt man in Österreich über den Boom der Pilgerwege
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donjohannes
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Re: Gibt es zu viele Pilgerwege !

Beitrag von donjohannes »

@kika,

naja. So denkt ein(!) Mann (Christian Kresse) in Österreich. Und er tut es als Chef der Kärnten-Werbung unter einem touristischen Gesichtspunkt und damit, dass es ihm verständlicherweise lieber wäre, ein paar wenige Wege mit "Qualität" unter dem Label "Pilgern" vermarkten zu können, als eine Vielzahl von Wegen im Portfolio zu haben, welche in Zeiten des Santiagobooms kein vergleichbares Feeling, keine Infrastruktur und daher keine Kundensatisfaktion verkaufen können.
Aber das Problem des Marketing ist nicht das Problem des Pilgerns per se. Es berührt nicht die Frage, ob es zu viele oder zu wenige PILGERwege gibt. Ich würde - gemeinsam mit dem Tenor einiger Vorredner - sagen, ein Pilgerweg ist schlicht dort, wo jemand ein Pilgerziel ins Auge fasst und den Weg als Pilger geht, nicht dort, wo der Tourismus samt Begleitindustrie rund um eine "Story" ausreichend Infrastruktur aus dem Boden gestampft hat bevor man im Anschluss um "sinnsuchende Wanderer" werben kann. Man kann das Pferd natürlich so aufzäumen - und es gibt (analog zu Weitwanderwegen) Beispiele für solche "Produktimitationen des Jakobswegs" - auch solche, wo das durchaus funktioniert (zb Franziskuswege, Via Francigena). Aber es berührt nicht die Frage, ob es nun zu viele oder zu wenige Pilgerwege gibt, sondern mehr, ob und wie man bestimmte historische oder willkürliche Routen planen, ausbauen, attraktiv gestalten und touristisch als alternatives Holiday-Konzept vermarkten kann.
Aber Pilgerwege als Wege sind historisch nicht so entstanden. Es gab zuerst immer das religiöse Ziel (Ort des Wirkens Gottes und seiner Heiligen) und dann Leute die dorthin genau deswegen aufgebrochen sind. Man nehme Altötting oder Tschenstochau - oder Santiago selbst. Das sind Pilgerziele. Und wenn jemand von zuhause aus dorthin aus religiösen Motiven als Pilger aufbricht, dann ist es seit Jahrhunderten schnurzegal, ob dieser persönliche Weg in Brochüren als "Pilgerweg" beworben wird oder nicht. Es sind Pilgerwege, einfach weil auf ihnen ein Pilger unterwegs ist. Und dort wo sich diese individuellen Wege aus allen Himmelsrichtungen gebündelt haben (durch vorhande Infrastsruktur wie Städte, Strassen, Pässe, Brücken), entstand mit der Zeit neben der bestehenden Infrastruktur neue Infrastruktur durch Notwendigkeit (Gasthäuser, Unterkünfte, Hospize auf Bergpässen etc). Organisches Wachsum, das manchmal anschwoll und manchmal abebbte. Aber die Route war nie ein Dogma, mühevoll mit Pfeilen markiert und durch ein Konsortium in einem Pilgerführer festgelegt, sondern "zielgerichtet" in einem weiteren Sinn. Sprich, wenn es entlang des Weges ein neues Zwischenziel gab - Reliquien, ein neuer Heiliger - dann nahm der Weg einen neuen Lauf.
Das(!) sind für mich die eigentlichen Pilgerwege. Und sie kennen keine Zahl, kein zuviel oder zuwenig. Sie suchen nicht krampfhaft nach historischen Routen (ein modernes Phänomen analog zum Denkmalschutz), sondern sie visieren ein Ziel an und Ziele auf dem Weg dorthin. Wäre zum Beispiel der Jakobsweg in der neueren Zeit nicht "historisch" oder "vage spirituell" belebt worden, sondern organisch in seiner ursprünglichen lebendigen religiösen Tradition (die heute zu schwach ist), dann würde in unseren Tagen die wichtigste Route aus dem Westen mit großer Wahrscheinlichkeit und ganz natürlich über Lourdes laufen, so wie man einst auf der Via Tolosana nach Saint-Gilles-du-Gard abgebogen ist.
Weil dies in etwa also der Ursprung und Modus des christlichen Pilgerns war und ist, muss man es von einer Diskussion über das moderne Derivat "Pilgern" als Produkt für Konsumenten unterscheiden, welche Stille, Wandern, geistige Impulse, Natur, Schweiss und eine frohe Form der Geselligkeit dem Strand im Bibione vorziehen. Modernes Pilgern a la Jakobsweg ist eine wunderbare Sache, die man versuchen kann, in anderen Regionen zu kopieren - mit mal mehr und mal weniger Erfolg. Aber dieses moderne Pilgern und seine Wege (selbst wenn sie historisch sind) muss man unterscheiden von den eigentlichen Pilgerwegen, zu denen nur ein jeder für sich selbst aufbrechen kann - und die daher so zahllos wie die Menschen sind.
Österreich -Santiago 1998
Liechtenstein - Jerusalem und zurück 2013-14 (http://www.4kmh.com/neo)
Triest - Cannes (Via Alpina Sacra) 2018 ( http://www.4kmh.com/vas )
Irland - Italien (Via Columbani) 2022
Alter Esel
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Re: Gibt es zu viele Pilgerwege !

Beitrag von Alter Esel »

Ich liebe Fahrradfahren :D der neueste Trend dank E-Bikes

www.radpilgern-bayern.de/radpilgerwege.htm
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chrisbee
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Re: Gibt es zu viele Pilgerwege !

Beitrag von chrisbee »

Ob den Touristiker Kresse nur die Sorge um sein Portfolio umtreibt, möchte ich mal dahingestellt lassen. Er macht sich ja auch Gedanken zur Nachfrageseite, sprich den Pilgern und damit zur Frage, was ihnen wichtig sein könnte.

Der Touristiker Kresse wird in dem Zeitungsartikel folgendermaßen zitiert: „Wenn ein Weg keine ehrliche Geschichte hat, die für den wandernden oder pilgernden Menschen spürbar und plausibel ist, sondern ein Thema oder eine Person nur für Marketingzwecke instrumentalisiert, halte ich das nicht für zweckmäßig“... Das führe u.U. zum „Verfall wirklich wertvoller Pilgerwege“.

Ich verstehe das so, dass sich Kresse für den Bedeutungserhalt des Pilgerthemas stark macht, indem er nämlich vor einer Art Verwässerung und Beliebigkeit durch immer mehr oder mehr oder weniger künstlich hergestellte Wege zurückschreckt. Und damit liegt er, würde ich meinen, schon richtig.
Wenn nämlich plötzlich immer mehr Jakobswege auftauchen (egal, wer diese Wege initiiert), vergrößert das ihre Authentizität und Originalität nicht, ganz im Gegenteil könnte dies zu mehr Unschärfe und Beliebigkeit führen (Ökonomen sprechen da auch vom Gesetz des abnehmenden Ertragszuwachses). Womit Pilgern dann tatsächlich nichts anderes mehr wäre als eine belanglose touristische Beschäftigung unter vielen anderen.

Ein zweiter Punkt: Wege sind ein guter Weg, um zu sich zu kommen. Das weiß jede und jeder, die oder der sich jemals mit der Wirkung des Gehens beschäftigt hat. Der moderne Camino nach Santiago war für sehr viele Menschen der richtige Anschub. Ob es für die heilsame Wirkung des Pilgern eines spezifischen Pilgerziels, etwa einer Reliquie bedarf? Keine Ahnung. Auf Wallfahrer mag das zutreffen. Die fahren hin – und dann wieder heim. Das Pilgern, so schreiben es einige Historiker, stand immer sehr viel stärker im Zusammenhang mit einem Hinausziehen in die Fremde – Rückkehr nicht ausgeschlossen, aber auch nicht unbedingt nötig. Entscheidend war (und ist) es, den Weg zu gehen. Umso besser, wenn es da schon einen Weg gab/gibt, das erleichtert ganz ungemein.

Sollte dieser Weg an religiösen Stätten orientiert sein? Auch keine Ahnung. Schon die mittelalterlichen Pilger folgten Wegen, die nicht von ihnen und nicht für sie gemacht wurden – nämlich den Verkehrs- und Wirtschaftswegen, die häufig sehr alt, wenn nicht gar vorgeschichtlich waren. Und an diesen Verkehrswegen entwickelte sich auch die entsprechende Infrastruktur. Wenn heute auch Touristiker an Wegführungen beteiligt sind – dann sind auch halt Touristiker beteiligt. Ob das gut oder schlecht ist, würde ich nicht bewerten wollen.

Und drittens: Auch wenn unter den Santiagopilgern nicht unbedingt viele traditionell religiös motiviert sind, hat doch gerade die kirchlicher Seite, finde ich, vom modernen Pilgerboom enorm profitiert. Unerwartet wurde sie wieder sichtbarer als Hort von Tradition und Stabilität und Seelsorge, als Orientierungspunkt und Anker in viel zu schnellen und viel zu unsicheren Zeiten. Also trotz Skandalen und Missbrauchsthemen und Kirchenaustritten durchweg positiv konnotiert. Denn sie bietet das (historische und sichtbare) Fundament und die Infrastruktur dieser modernen Hinwendung zu mehr Besinnung. Auch das sollte man beim Thema „Pilgerweg“ nicht unterschätzen.

Kurzum: Wäre ich eine Vertreterin kirchlicher Belange, dann würde ich sehr sorgsam mit diesem neu erwachten Pilger-Pflänzchen umgehen. Und den Tipp des Touristikers Kresse ernst nehmen.

Gruß chrisbee
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Pooh_der_baer
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Re: Gibt es zu viele Pilgerwege !

Beitrag von Pooh_der_baer »

chrisbee hat geschrieben: 3. Jan 2022, 14:20
Auf Wallfahrer mag das zutreffen. Die fahren hin – und dann wieder heim.

Gruß chrisbee
Dies mag evt. für den größten Teil der Wallfahrten zutreffen.
Es gibt aber auch einige Wallfahrten, bei denen die WallfahrerInnen 1 bis mehrere Tage zu Fuß unterwegs sind.
Die WallfahrerInnen weigern sich oft als "PIlger" bezeichnet zu werden.
Diese Wallfahrten sind dann als Fußwallfahrten ausgeschrieben.


Die Pilger der früheren Jahrhunderten sind von ihren Heimatorten in Richtung ihres Pilgerzieles gegangen, geritten u.ä.
Oft haben sie sich dann an bestimmten Orten getroffen, sind von dort aus weitergezogen. Evt.um zuerst an andere Orten, an denen
oft Reliquien zur Schau gestellte wurden, sich mit anderen Pilgern zu treffen.
Es machte sich niemand Gedanken über den Weg.
Heutzutage verlangen die Menschen oft eine Leitung. Sie sind es nicht gewohnt sich den Weg zu suchen.
Siehe auch die Anzahl von Wegstrecken-Apps. Es reicht nicht mehr der gelbe Pfeil, wie z.B. auf dem Cf.
Wer sich nicht erinnert, den bestraft die Zukunft.
Alter Esel
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Re: Gibt es zu viele Pilgerwege !

Beitrag von Alter Esel »

Wo ein Wille ist,ist auch ein Weg :idea:


gerade Pilgerneulinge tun sich schwer den richtigen weg zu finden :?:


die Umfrage läuft noch Drei Tage :!:
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